Per Kredit in die Armut. Über die Nachteile von Mikrofinanzierung in Südostasien


Trabajo, 2017

18 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Gliederung

1.0 Einleitung
1.1 Muhammad Yunus Idee von der Armutsreduzierung
1.2 Warum helfen Mikrokredite in Südostasien nur selten dauerhaft aus der Armut?

2.0 Analyse
2.1 Aktueller Forschungsstand und Literaturbericht
2.2.1 Warum Geld nicht die Armut bekämpft
2.2.2 Mikrofinanz - der Weg in den Tod?

3.0 Ergebnisse
3.1 Zusammenfassung
3.2 Ausblick

4.0 Anhang
4.1 Verzeichnis der verwendeten Quellen und Literatur

1.0 Mit fünf US-Dollar raus aus der Armut?

1.1 Muhammad Yunus Idee von der Armutsreduzierung

Dauerhafter Frieden könne nur erreicht werden, wenn große Bevölkerungsgruppen Wege finden, um aus der Armut auszubrechen. Mikrokredite seien ein Mittel dazu (FAZ 2006). So begründete das Friedensnobelpreiskomitee im Herbst 2006 die Vergabe des Friedensnobelpreises an Muhammad Yunus und die von ihm gegründete Grameen-Bank. Jene Bank, die sich auf die Vergabe von Mikrokrediten an arme Menschen spezialisiert hat. Für Yunus und die Grameen-Bank war die Verleihung in Oslo der internationale Durchbruch, diesem folgten nicht nur zahlreiche weitere Preisverleihungen, auch namhafte Investoren kündigten ihre Mithilfe an. Mikrofinanzierung sollte fortan die Lösung bei der Bekämpfung von Armut in Ländern der Dritten Welt sein.

Denn Mikrokredite wirken sich positiv „auf die Einkommenshöhe, -verteilung und - stabilität“ (Maeser 2008: 26) der Menschen aus und fördern zusätzlich die „Arbeitsproduktivität der armen Bevölkerungsteile“ (Maeser 2008: 26). Die GrameenBank bot einen bis dahin kaum präsenten Ansatz, nämlich die wirtschaftliche Förderung durch Ausübung selbstständiger Tätigkeit im Rahmen der Entwicklungspolitik.

Wirtschaftsprofessor und Vorsitzender der Grameen-Bank Yunus verwies auf die Erfolge der Bank in den vergangenen Jahren, so gehen im Durchschnitt 200 US- Dollar an 4,5 Millionen Kreditnehmer, die Kredite belaufen sich so auf über insgesamt eine halbe Milliarde jährlich (Hafenmayer/ Stefanska 2011: 235). Bereits kleine Beträge können den Armen helfen, eine Existenz aufzubauen und so dauerhaft der Armut zu entfliehen.

Yunus selbst entstammte einer wohlhabenden, bengalischen Familie, studierte in den Vereinigten Staaten und lehrte Wirtschaftswissenschaften in Bangladesch, ehe er sich entschied, die wohl bekannteste Bank für die Vergabe von Mikrokrediten Mitte der 70er Jahre zu gründen.

In den folgenden Jahren erweiterte die Grameen-Bank ihr Angebot durch „Wohnungsbaudarlehen, Studiendarlehen, Pensionsfonds, Darlehen für den Kauf von Mobiltelefonen für die Telephone Ladies in den Dörfern, Darlehen an Bettler als Grundlage für eine Vertretertätigkeit“ (Hafenmayer/ Stefanska 2011: 235) und vieles mehr. Längst hat sich die Mikrofinanz als Teil der Entwicklungspolitik etabliert, Yunus und die Grameen-Bank sind Pioniere für die wirtschaftliche Förderung der Armen. So befreite Yunus die Armen nicht nur aus der Armut, sondern stärkte auch die Emanzipation in dem muslimischen Land, die Selbstständigkeit der Kreditnehmer und den Unternehmersinn der neuen Existenzgründer.

Der Begriff der Hilfe zur Selbsthilfe erreichte dadurch ein neues, modernes und gleichzeitig zukunftsfähiges Niveau. Durch die Verleihung des Friedensnobelpreises 2006 ist „der Mikrofinanzsektor rasant gewachsen“ (Mader 2013: 12), Yunus löste mit seinem Konzept der modernen Armutsbekämpfung einen regelrechten Boom aus. Die Investitionen schossen in die Höhe, die Anzahl der Kreditnehmer wuchs und längst verliehen nicht nur Banken in Südostasien Mikrokredite an Arme, auch in Afrika und Südamerika wurde Yunus Konzept umgesetzt.

1.2 Warum helfen Mikrokredite in Südostasien nur selten dauerhaft aus der Armut?

Beeindruckende Erfolgsgeschichten, ein Zulauf namhafter Investoren aus dem Ausland und immer mehr Kreditnehmer - Yunus Konzept von der Armutsbekämpfung schien lange Zeit Erfolg zu haben, bis der Erfolg von Wissenschaftlern gemessen wurde. In jüngster Vergangenheit erhielt das Konzept deutliche Risse: Studien wiesen nach, dass Armut in den asiatischen Regionen durch Mikrokredite nicht gelindert werden konnte und die Anzahl der in Armut lebenden Personen teilweise anstieg. Die teuer verzinsten Mikrokredite fördern dagegen die Armutsspirale. Da zahlreiche Mikrokreditnehmer ihre Schulden nicht begleichen konnten, sahen sie als letzten Ausweg sogar den Selbstmord und brachten sich um. Ein Ende der Armut in Südostasien dagegen ist nicht abzusehen. Wohl aber deutliche Kritik am Konzept der Mikrokreditfinanzierung. Die Frage der vorliegenden Arbeit, warum die Mikrokredite in Südostasien nur selten helfen, erfährt daher ihre Berechtigung.

2.0 Analyse

2.1 Aktueller Forschungsstand und Literaturbericht.

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler das Konzept der Mikrokredite im südostasiatischen Raum analysiert und verschiedene Untersuchungen vorgenommen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Mikrokredite in der modernen Entwicklungspolitik eine wesentliche Rolle eingenommen haben (Maeser 2008: 25) und für Kreditnehmer besonders attraktiv sind, da sie ihren individuellen Bedürfnissen angepasst sind. Denn normale Kredite sind häufig „zu teuer, ihre Auszahlung dauert zu lange, die Sicherheiten die verlangt werden sind zu hoch und die Antragsmodalitäten zu kompliziert“ (Jessen 1990: 73).

Besonders für weibliche Kreditnehmer sind Mikrokredite äußerst interessant (Isbrand/ Lübke/ Mock-Bieber 1990: 145). Die Forschung erkennt hierbei einen Zusammenhang, so rückten Frauen erst in den 70er Jahren in den Mittelpunkt der Entwicklungspolitik, durch Mikrokredite wollte man nicht nur die finanzielle Unabhängigkeit der Frau stärken, sondern auch die Emanzipation der Frauen in Südostasien voranbringen (Klas 2011: 145). Erkennbar wird, dass die Mikrokredite hierbei auf einen vielschichten Ansatz zur Linderung der Armut setzen. Doch Wissenschaftler analysierten nicht nur die Strukturen der Mikrofinanz in Asien, jährlich werden die wachsenden Investitionen und Gelder der Mikrofinanz überprüft. Im südostasiatischen Raum zählen heute über 100 Millionen Kunden zur Mikrofinanzindustrie, die ausgezahlten Kredite belaufen sich hierbei auf über 60 Milliarden US-Dollar (Klas 2011: 32). Allein in Bangladesch, das etwa 160 Millionen Einwohner umfasst, sind über 30 Millionen Menschen mit einem durchschnittlichen Kreditvolumen von 80 US-Dollar bei einem Mikrofinanzinstitut als Kunden (Klas 2011: 59) registriert.

Jene hohen Zahlen geben für Wissenschaftler Anlass zur Spekulation. Warum haben diese großen Summen nicht zu einem spürbaren Anstieg an Wohlstand, Bildung und Unternehmertum geführt? Warum sind die Analphabetenrate, die Sterblichkeitsrate und Armut noch immer so ausgeprägt?

Nach dem Mikrofinanz-Boom im vergangenen Jahrzehnt wurden diese Analysen ab 2011 in ihrer Betrachtung deutlich kritischer. Besonders das Buch „Die Mikrofinanz- Industrie. Die große Illusion oder das Geschäft mit der Armut“ des Journalisten Gerhard Klas zeigt deutliche Kritik am Mikrofinanz-Konzept von Muhammad Yunus und der Grameen-Bank. Insbesondere der Grameen-Bank wirft Klas vor, „streng marktwirtschaftlich“ (Klas 2011: 51) zu agieren und so die Armutsspirale zusätzlich zu fördern. Doch nicht nur Klas beschäftigt sich intensiv mit den Nachteilen der Mikrofinanzierung, auch der Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung und Volkswirt Philip Mader sieht deutliche Kritik an der „neoliberalen Entwicklungspolitik und der Mikrofinanz“ (Mader 2013: 17) angebracht.

Mader entwarf hierzu verschiedene Gegenmodelle, welche die negativen Erscheinungen der Mikrofinanzierung ausblenden könnten, berief 2013 das erste Kritikertreffen in Köln ein, lud zum kritischen Diskurs über Yunus Modell der Mikrofinanzierung und die Grameen-Bank ein. So kommt Philip Mader zu dem Fazit, „dass Finanzmärkte die heute bestehende ungleiche Vermögensverteilung tendenziell verschlimmern - selbst dort, wo sie unter dem Vorzeichen der Armutsreduktion arbeiten” (Mader 2013: 17). So könne der Aufbau von Schulden nicht für soziale Gerechtigkeit sorgen (Mader 2013: 17).

Auch die vorliegende Arbeit hat den Anspruch, die Mikrofinanzierung in den südostasiatischen Regionen kritischer zu analysieren und beleuchtet hierbei verschiedene Aspekte. Zum einen soll geprüft werden, inwieweit die Armut in jenen Regionen wirklich gesenkt werden konnte, zum anderen soll gezeigt werden, wie die Mikrofinanzierung die Armutsspirale fördert und welche entwicklungspolitischen Aspekte ebenso wichtig zur Reduktion der Armut sind, von der Mikrofinanzierung aber kaum berücksichtigt werden.

In einem abschließenden Fazit werden jene Ergebnisse zusammengefasst und ein Ausblick auf die Zukunft der Mikrofinanz in Südostasien gegeben.

2.2.1 Warum Geld nicht die Armut bekämpft.

Das Bruttoinlandsprodukt in Bangladesch stieg in den vergangenen Jahren von 523,03 US-Dollar (2006) auf 1.403,97 US-Dollar an (2016) (Statista 2016 a), dem Kernland der Mikrofinanz, und verdreifachte sich dadurch beinahe. Dennoch wurde Bangladesch 2016 im Ranking der zehn fragilsten Staaten Asiens erfasst (Statista 2016 b). Eine konstant hohe Inflationsrate, eine ebenso hohe Arbeitslosenrate, die große Gefahr einer verheerenden Naturkatastrophe und das niedrige Bildungsniveau rechtfertigen dieses Ergebnis.

Noch immer leben schätzungsweise 40 Prozent der Menschen in Bangladesch in großer Armut, ohne die Aussicht auf Besserung.

In seinem Essay „Scheitern auf Raten“ fasst Wirtschaftswissenschaftler Philip Mader zusammen, dass eine Reihe von groß angelegten Studien in den letzten Jahren keine Verbesserung der Lebensumstände und nur geringfügig mehr Unternehmertätigkeit durch die Mikrokreditvergabe belegen konnten (Mader 2011: 12).

Dabei geht Mader noch einen Schritt weiter und befindet, dass die Vergabe von Mikrokrediten die Armut sogar fördert und jene „Basarwirtschaft, die schon heute bestenfalls eine Notlösung für Leute darstellt, die sonst gar keine Arbeit hätten“ (Mader 2011: 14) ausbaut. Die durch Mikrokredite entstandenen neuen Kleinstbetriebe können laut Mader kein nachhaltiges Wirtschaftswachstum stärken, deshalb sei die Armutsrate in Bangladesch noch immer sehr hoch.

So zählt Bangladesch zu den ärmsten Nationen der Welt, gleichzeitig ist jenes Land das Hauptzentrum der Mikrofinanz. Dieser vermeintliche Widerspruch verdeutlich, dass die Rahmenbedingungen und Möglichkeiten durch die Mikrofinanz nicht außer Acht gelassen werden dürfen (Maeser 2008: 26). Nicht die Höhe der auszuzahlenden Beträge ist entscheidend, sondern der Rahmen innerhalb dessen gewirtschaftet werden kann. In der Regel ist dieser stark beschränkt. Ob überhaupt ein Mikrokredit erteilt wird, hängt maßgeblich vom Verwendungszweck ab. So werden häufig nur Gewerbeideen gefördert, die im produktiven Sektor tätig sind um so eine rasche Kreditrückzahlung zu ermöglichen (Peters 2011: 10). Für Unternehmensideen aus dem technologischen Bereich und Start-Ups werden häufig keine Mikrokredite erteilt. Jene wären aber bei langfristigem Erfolg und dem Ziel die Armut dauerhaft hinter sich zu lassen unabdingbar. Stattdessen werden kleine Unternehmertätigkeiten gefördert, wie beispielsweise Obst- und Gemüseanbau, Bäckereien, kleine Restaurants oder Verkäufer von tierischen Erzeugnissen erhalten Unterstützung.

Doch jene Geschäftszweige sind von zahlreichen äußeren Faktoren wie z.B. erfolgreichen Ernteerträgen, guten Wetterbedingungen und einer kontinuierlichen Nachfrage abhängig. Gerade in den vergangenen Jahren, kam es immer wieder zu großen Ernteeinbußen aufgrund schlechter Wetterbedingungen, zudem wächst die Nachfrage an internationalen Produkten, was zu Folge hat, dass heimische Erzeugnisse kaum gekauft werden.

Die vergebenen Mikrokredite fördern daher eine Branche, die geringe Zukunftschancen bietet. Nicht nur die von der Mikrofinanz geförderten Branchen sind ein Indiz für die wachsende Armut innerhalb der Bevölkerung, auch die Kommerzialisierung des Mikrofinanz-Geschäftes ist Beweis dafür, dass es den Kreditgebern weniger um die Bekämpfung der Armut, als vielmehr um eine Vermarktwirtschaftlichung kleiner Kredite in Dritte Welt Ländern geht. Armut ist für Investoren längst zum lukrativen Geschäft geworden. Der Journalist Gerhard Klas kritisiert besonders die ausländischen Investoren, die über die Mikrofinanz große Gewinne schöpfen. „Mikrokredite sind - wenn auch noch von bescheidenem Volumen im Vergleich zu anderen Sektoren der Finanzwirtschaft - zu einem Anlageprodukt kommerzieller Investoren geworden“ (Klas 2011: 51) lautet das Urteil von Journalist Klas.

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche, wohlhabende Investoren aus dem Ausland das Mikrokreditgeschäft für sich entdeckt. Dadurch stieg zwar das auszuschüttende Volumen an Krediten, allerdings wurden auch die Regularien strenger und die Zinsbeträge höher. Für arme Menschen, die dringend auf die Kreditvergabe angewiesen sind, wurde die Hürden einen Kredit zu erhalten größer. Als Beispiel nennt Klas hierbei die Grameen-Bank, welche für kleine Kredite bereits 20 Prozent Zinsen verlangt (Klas 2011: 65). Im Vergleich zu anderen Banken schneidet die von Yunus gegründete Bank jedoch noch günstig ab, andere Kredithäuser verlangen das Doppelte bis Dreifache an Zinsen für die Vergabe von Krediten.

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Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Per Kredit in die Armut. Über die Nachteile von Mikrofinanzierung in Südostasien
Universidad
LMU Munich
Calificación
1,7
Autor
Año
2017
Páginas
18
No. de catálogo
V367613
ISBN (Ebook)
9783668459779
ISBN (Libro)
9783668459786
Tamaño de fichero
449 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Wirtschaft, Ökonomie, Mikrokredit, Mikrofinanz, Muhammad Yunus, Ostasien, Asien, Wirtschaft Asien, Armut, Armutreduzierung, Armutsbekämpfung, Dritte Welt
Citar trabajo
Verena Rau (Autor), 2017, Per Kredit in die Armut. Über die Nachteile von Mikrofinanzierung in Südostasien, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367613

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