Von Sara bis Tamar. Die Ursprungsgeschichte (Gen 12-38) Israels als Geschichte starker Frauen?


Epreuve d'examen, 2016

156 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Forschungsgeschichtliche Verortung und methodische Vorüberlegungen

3. Frauengestalten in der Ursprungsgeschichte Israels - ein kurzer Überblick

4. Frauen als tragende Figuren der Handlung
4.1 Sara - zwischen Verheißung und Warten auf Erfüllung (Gen 12-23)
4.1.1 Saras Unfruchtbarkeit und die Verheißung Gottes (Gen 11,26-12,9)
4.1.2 Preisgabe und Rettung Saras in Ägypten (Gen 12,10-20)
4.1.3 Saras Kinderlosigkeit und die Geburt von Ismael durch Hagar (Gen 15-16)
4.1.4 Erneute Verheißung einer großen Nachkommenschaft (Gen 17,1-22; 18,1-15)
4.1.5 Abermalige Preisgabe Saras in Gerar (Gen 20,1-18)
4.1.6 Die Geburt Isaaks und Verstoßung Ismaels (Gen 21,1-21)
4.1.7 Die Bindung Isaaks (Gen 22,1-19)
4.1.8 Saras Tod und ihre Beisetzung (Gen 23,1-19)
4.1.9 Zwischenfazit

4.2 Rebekka - eine Frau, die weiß, was sie will (Gen 24-28)
4.2.1 Die familiäre Herkunft Rebekkas (Gen 22,20-24)
4.2.2 Brautwerbung für Isaak (Gen 24,1-61)
4.2.3 Erste Begegnung Rebekkas mit Isaak (Gen 24,62-67)
4.2.4 Geburt der Zwillingssöhne und der Verkauf des Erstgeburtsrechts (Gen 25,19-34)
4.2.5 Preisgabe und Rettung Rebekkas in Gerar (Gen 26,1-11)
4.2.6 Erschleichung des Erstgeburtssegens mit Hilfe der Mutter (Gen 27,1-40)
4.2.7 Rebekkas letzter Auftritt (Gen 27,42-46)
4.2.8 Zwischenfazit

4.3 Rahel und Lea - Rivalität zwischen ungleichen Schwestern (Gen 29-35)
4.3.1 Jakob begegnet Rahel (Gen 29,1-14a)
4.3.2 Labans Betrug an Jakob (Gen 29,14b-30)
4.3.3 Rivalität und Gebärwettstreit zwischen den Schwestern (Gen 29,31-30,24)
4.3.4 Rahel und Lea solidarisieren sich gegen ihren Vater (Gen 30,25-31,54)
4.3.5 Rahels Tod bei der Geburt Benjamins (Gen 35,16-20)
4.3.6 Zwischenfazit

5. Frauen als Opfer struktureller, physischer und sexueller Gewalt
5.1 Hagar - eine Frau am Rande der Verheißung (Gen 16,1-16; 21,9-21)
5.1.1 Hagars Schwangerschaft, ihre Flucht und die Geburt Ismaels (Gen 16,1-16)
5.1.2 Die Vertreibung Hagars und das Leben im Exil (Gen 21,9-21)
5.1.3 Zwischenfazit
5.2 Die Töchter Lots - Frauen, die sich zu helfen wissen (Gen 19)
5.2.1 Lots Gastfreundschaft und die Preisgabe seiner Töchter (Gen 19,1-11)
5.2.2 Die Rettung von Lots Familie und die Flucht aus Sodom (Gen 19,12-29)
5.2.3 Inzest und Nachkommenschaft der Töchter Lots (Gen 19,30-38)
5.2.4 Zwischenfazit
5.3 Silpa und Bilha - die Leihmütter und Nebenfrauen Jakobs (Gen 30-33.35)
5.3.1 Stellvertretendes Gebären für Rahel und Lea (Gen 30,1-13)
5.3.2 Silpa und Bilha zwischen den Fronten der Brüder Jakob und Esau (Gen 33,1-16)
5.3.3 Ruben beschläft Bilha, die Nebenfrau seines Vaters Jakob (Gen 35,22a)
5.3.4 Zwischenfazit
5.4 Dina - stummes Opfer männlicher Verfügungsgewalt (Gen 34)
5.4.1 Dinas Geburt und ihre Rolle in den genealogischen Texten (Gen 30,21; 46,5-27)
5.4.2 Die Vergewaltigung Dinas durch Sichem (Gen 34,1-4)
5.4.3 Eheverhandlungen unter den Männern (Gen 34,5-19)
5.4.4 Die Rache der Söhne Jakobs an den Sichemiten (Gen 34, 20-31)
5.4.5 Zwischenfazit
5.5 Tamar - eine Frau kämpft hartnäckig für ihr Recht (Gen 38)
5.5.1 Judas Heirat und die Geburt seiner Söhne (Gen 38,1-5)
5.5.2 Tamars Leben in der Familie Judas und ihre Witwenschaft (Gen 38,6-11)
5.5.3 Judas Begegnung mit Tamar auf dem Weg nach Timna (Gen 38,12-23)
5.5.4 Tamars Verurteilung und die Gerechterklärung Judas (Gen 38,24-26)
5.5.5 Die Fortführung der Verheißungslinie des Hauses Juda (Gen 38,27-30)
5.5.6 Zwischenfazit

6. Zusammenfassung und Bewertung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Ursprungsgeschichte Israels, die im Buch Genesis, dem ersten der fünf Bücher Mose, tra- diert wird, ist weithin als Geschichte von Männern über Männer bekannt. Im Großteil der alt- testamentlichen Forschung wird der Erzählkomplex Gen 12ff. daher auch als „Väter-“, „Erzvä- ter“ oder „Patriarchen-Erzählung“ bezeichnet. Die Verwendung solcher Termini, besonders in älteren exegetischen Kommentaren zu Gen 12ff., suggeriert, dass die Anfangsgeschichte Israels ausschließlich von Männern getragen und geschrieben wurde. Die feministische Theologin Irmtraud Fischer spricht in diesem Zusammenhang provokativ von der Geschichte Israels als His-Story. Für die historisch-kritische Exegese war das Geschlecht keine reflektierte Kategorie der Textauslegung und daher sekundär; dennoch wurden die biblischen Texte in Bezug auf das Geschlecht nicht wertneutral ausgelegt. In der exegetischen Literatur war - und ist zum Teil immer noch - das theologische Interesse überwiegend auf die männlichen Erzählfiguren inner- halb der Texte konzentriert. Dieser androzentrischen Auslegungstradition, die ausschließlich den Mann in den Blick nimmt, wird aus feministischer Perspektive vorgeworfen, die in der Ursprungsgeschichte auftretenden Frauengestalten zu marginalisieren und ihre Bedeutung auf ihre Beziehung zu den Männern - als Ehefrauen oder Töchter - zu begrenzen. Diese Formen der Ausgrenzung von Frauen aus der Geschichte Israels hat bewirkt, dass die in den Texten vorkommenden Frauenfiguren als handelnde Objekte in der Regel kaum beachtet und ihre Leis- tungen in Bezug auf den Fortgang der Geschichte - wenn sie denn überhaupt betrachtet wurden - zugunsten der männlichen Figuren abqualifiziert worden sind. Bei der Betrachtung der bibli- schen Texte zu den Ursprüngen Israels fällt allerdings auf, dass neben den Männern Abraham, Lot, Isaak, Jakob, Juda und Josef auch zahlreiche Frauen eine zentrale Rolle spielen. Neben diesem quantitativen Befund ist weiterhin bemerkenswert, dass in einigen der Erzählungen so- gar Frauen als die eigentlichen Handlungsträgerinnen oder als im Vergleich zu ihren Männern starke Figuren auftreten. In den alttestamentlichen Texten zu den Anfängen Israels lassen sich neben den starken Frauenpersönlichkeiten jedoch auch schwache Frauenfiguren in verschiede- nen, meist frauenspezifischen Unterdrückungssituationen ausfindig machen. Solche Frauenfi- guren, die bisher erstaunlicherweise kaum Eingang in die feministische Forschung gefunden haben, gehören jedoch ebenfalls zu der im Buch Genesis überlieferten Frauengeschichte und sollen daher im Rahmen dieser Arbeit im Einzelnen betrachtet und analysiert werden. Aufgrund der Fülle der Überlieferungen mit weiblichen Erzählfiguren in Gen 12ff, die oftmals auch tra- gende Figuren der Handlung sind, findet sich innerhalb der feministischen Exegese der letzten Jahrzehnte die Tendenz, die Ursprungsgeschichte Israels als Her-Story zu konstatieren. Be- sonders die österreichische Theologin und feministische Bibelwissenschaftlerin Irmtraud Fi- scher sieht darin eine von starken Frauenpersönlichkeiten geprägte Geschichte.

Angesichts der ambivalenten und zum Teil höchst heterogenen Einschätzung innerhalb der exe- getischen Forschung in Bezug auf die in Gen 12ff. auftretenden Frauengestalten hat die vorlie- gende Arbeit die Aufgabe, die überlieferten weiblichen Erzählfiguren vorzustellen und deren Bedeutung für die Geschichte Israels anhand der biblischen Texte, insbesondere der tradierten Frauengeschichten, zu erschließen und so ihre Rolle in der Volkswerdung Israels zu rekonstru- ieren. Im Rahmen der exegetischen Betrachtungen soll dabei vor allem die Frage nach den gezeichneten Geschlechterbildern prioritär behandelt werden. Inwieweit die Ursprungsge- schichte Israels schließlich als Geschichte starker Frauen gelesen werden kann, soll abschlie- ßend bewertet werden. Bevor jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit die exegetische Ana- lyse der alttestamentlichen Frauengeschichten unter besonderer Berücksichtigung der genann- ten Aspekte und im Besonderen auch des zeitgeschichtlichen Hintergrundes durchgeführt wird, sollen zunächst grundsätzliche, für die Themenstellung relevante Voraussetzungen sowie me- thodische Vorüberlegungen dargestellt werden.

2. Forschungsgeschichtliche Verortung und methodische Vorüberlegungen

Der Titel der vorliegenden Arbeit „Von Sara bis Tamar - Die Ursprungsgeschichte Israels (Gen 12-38) als Geschichte starker Frauen?“ ist der einschlägigen, größtenteils feministischen Fach- literatur entlehnt. Urheberin dieses ursprünglich als Aussage formulierten Gedankens ist, wie in der Einleitung bereits mehrfach angedeutet, die Theologin Irmtraud Fischer. Bereits in ihrer 1994 veröffentlichten Habilitationsschrift „Die Erzeltern Israels. Feministisch-theologische Studien zu Genesis 12-36“ weist Fischer darauf hin, dass gerade in diesem Textkomplex im Vergleich zu anderen Schriften des Alten Testaments - abgesehen von den Geschichten um David und dem Buch Rut die, so Fischer, was das Interesse an Frauengestalten betrifft, als ebenbürtig anzuerkennen sind - ein besonders starkes Interesse an Frauen und ihren Lebensge- schichten und ihren Schicksalen zu finden ist. Auf diesem Befund aufbauend folgten mehrere Veröffentlichungen der feministischen Bibelwissenschaftlerin und Theologin zur geschlechter- gerechten Auslegung des Textkomplexes, die allesamt miteinander gemeinsam haben, dass sie den maßgeblichen Einfluss der größtenteils als stark zu charakterisierenden Frauenpersönlich- keiten der Ursprungsgeschichte Israels konstatieren. Auch der im Rahmen der Bemühungen um ein Kompendium feministischer Bibelauslegung der feministischen Theologinnen Luise Schottroff und Marie-Theres Wacker von Fischer beigesteuerte Aufsatz „Genesis 12-50. Die Ursprungsgeschichte Israels als Frauengeschichte“ trägt maßgeblich dazu bei, die Bedeutung und die Rolle der Frau in der Geschichte der Ursprünge Israels herauszustellen. Neben Fischer zeigen auch weitere, größtenteils ebenfalls feministisch arbeitende TheologInnen wie Sharon Pace Jeansonne, Irene Nowell, Annemarie Ohler, Herta Pfister oder Dorothee Sölle - um an dieser Stelle nur ein paar Namen zu nennen - großes Interesse an den biblischen Frauenge- stalten und besonders auch an jenen, denen im Rahmen der Ursprungsgeschichte Israels eine bedeutende Rolle zukommt. Auch wenn die feministische Exegese in den vergangenen Jahr- zehnten eine enorme Bereicherung als Methode der Bibelauslegung dargestellt hat, muss sie sich der Kritik stellen, dass sie die biblischen Texte tendenziös, mit der Absicht einer Überbe- tonung der Bedeutung der Frauen, behandelt hat. Während der - bezeichnenderweise größten- teils von Männern betriebenen - exegetischen Forschung der Vergangenheit von den überwie- gend feministisch arbeitenden ExegetInnen vorgeworfen wird, die Ursprungsgeschichte Israels als Männergeschichte zu lesen, hat sich die feministische Theologie und im Speziellen die fe- ministische Exegese zum Ziel gesetzt, den Beitrag von Frauen in den biblischen Texten sichtbar zu machen und dadurch vor allem kompensatorische und kontributorische Forschung betrie- ben. Dabei ist zu beobachten, dass oftmals nur bestimmte Texte - zumeist solche, die Frauen als Handlungsträgerinnen und starke Persönlichkeiten zeigen - betrachtet wurden. Um die Be- deutung dessen, was in der Ursprungsgeschichte Israels über Frauen erzählt wird, in seiner Ge- samtheit fassen zu können, müssen allerdings auch jene Texte behandelt werden, die von Frauen als Opfer von Gewalt oder in verschiedenen, meist frauenspezifischen Unterdrückungs- situationen berichten. Der Gedanke, dass hierdurch womöglich ein zu einseitiges Bild dessen, was Frau-Sein innerhalb der Ursprungsgeschichte Israels bedeutet, gezeichnet wird, drängt sich unmittelbar auf und bleibt auch bei näherer Betrachtung der Texte bestehen. Um der Gesamtheit der Frauengeschichten Rechnung zu tragen, sollen, entgegen der bisher unternommenen Ver- suche, innerhalb der vorliegenden Arbeit auch die Texte betrachtet werden, in denen Frauen nicht als Subjekte, sondern als Objekte der Handlung auftreten. Damit soll überprüft werden, inwieweit die Charakterisierung als Geschichte starker Frauenpersönlichkeiten zutreffend ist. Dementsprechend soll bei der Betrachtung der Frauengeschichten im Rahmen der Arbeit zwi- schen Frauen als tragenden Figuren der Handlung und Frauen als Opfer struktureller, physisch- er und sexueller Gewalt differenziert und innerhalb dieser beiden Gruppen die auftretenden Frauenfiguren entsprechend ihrer Anordnung im biblischen Endtext betrachtet und analysiert werden. Um eine möglichst umfassende Darstellung der gezeichneten Frauenbilder geben zu können, was letztendlich erst eine Bewertung der von mir in Frage gestellten These Fischers ermöglicht, sollen hierbei vor allem die Texte, in denen Frauen als Erzählfiguren auftreten, in den Blick genommen werden.

Die Geschichten über die Anfänge Israels finden sich im Buch Genesis, genauer gesagt in Gen 11,27-50,26, zwischen der Urgeschichte (Gen 1-11) und der Exoduserzählung im Buch Exodus. Innerhalb der Anfänge der Geschichte Israels wird u. a. davon berichtet, wie Jakob nach dem Kampf am Jabbok in „Israel“ umbenannt und Israel schließlich zu einem Volk wird. Während im Buch Exodus die Verwendung des Wortes „Israel“ stets für das in Ägypten ansässige und von JHWH aus dem Land geführte Volk „Israel“ gebraucht wird, ist es in der Genesis eng mit der Gestalt des Jakob verbunden. Auch die Rede von den „Söhnen Israels“ steht in engem Zu- sammenhang mit Jakob, genauer gesagt mit dessen zwölf Söhnen, von denen das Volk Israel und dessen Stämmesystem abgeleitet wird. Die Geschichte über die Volkswerdung Israels beginnt jedoch nicht erst mit Jakob, sondern wird als Familiengeschichte erzählt - angefangen bei Abraham, Sara und Hagar, über Isaak und Rebekka bis hin zu Jakob, Lea, Rahel, Bilha und Silpa und deren Kindern. Im Gegensatz zu den meisten ExegetInnen soll die Ursprungsge- schichte Israels aber nicht von Gen 11,27-50,26 gefasst werden, sondern nur bis zum Beginn der Josefsgeschichte in Gen 37, da diese von der übrigen Genesisüberlieferung als eine eigen- ständige Texteinheit abhebt. Da das Ziel dieser Arbeit in der Beantwortung der Frage liegt, inwieweit die Ursprungsgeschichte Israels als Geschichte starker Frauen verstanden werden kann und innerhalb der Josefserzählung nur wenige weibliche Erzählfiguren auftreten und die- sen - mit Ausnahme von Tamar - keine größere Rolle innerhalb der Volkswerdung Israels zukommt, scheint diese Auslassung auch inhaltlich keine Probleme zu bereiten. Indem die Er- zählung von Tamar und Juda und der Geburt ihrer beiden Söhne (Gen 38,1-30) die dynastische Linie hin zum davidischen Königshaus und letztendlich auch zu Jesus vorbereitet und auch dem Segensspruch über Rut (Rut 4,11f.), Rahel und Lea, die als Gründerinnen des Hauses Israels charakterisiert werden, gezielt zur Seite gestellt wird, soll Tamar als weitere bedeutende Frau- enfigur innerhalb der Geschichte der Volkswerdung Israels analysiert und auf ihre Funktion als starke Frauenpersönlichkeit innerhalb derselben untersucht werden. Daher soll sich im Fol- genden ausschließlich mit den in Gen 12-36 überlieferten Frauengeschichten beschäftigt wer- den, wobei die in Gen 38 überlieferte Juda-Tamar-Episode aus den genannten Gründen mit in die Überlegungen einbezogen wird.

Da der Schwerpunkt der im Folgenden durchzuführenden exegetischen Untersuchungen auf der Analyse und Charakterisierung der weiblichen Erzählfiguren in den Erzähltexten von Gen 1236.38 liegen soll, bietet sich als Methode die narrative Analyse biblischer Erzählungen an, de- ren Schwerpunkt auf der Analyse der Handlung an sich sowie der handelnden Figuren liegt. Die ursprünglich aus der Literaturwissenschaft stammende Methode ist dabei als synchrone Methode zu charakterisieren, die weniger an der Entstehungsgeschichte des Textes als vielmehr an dessen gegenwärtiger Gestalt interessiert ist. Sie fragt mit Hilfe verschiedener Kategorien danach, wie der Text in seiner heutigen Gestalt und Struktur unabhängig von seiner „histori- schen Wahrheit“ verstanden werden kann. Untersucht man die Darstellungsweise der Frauen- gestalten in der Ursprungsgeschichte Israels, ist es unumgänglich, sich mit der Charakterisie- rung der weiblichen Erzählfiguren innerhalb der biblischen Texte auseinanderzusetzen. Besonders im Hinblick auf die Figurenanalyse und Charakterisierung der Erzählfiguren führt die Pro- fessorin für Englisch und Vergleichende Literaturwissenschaft Shlomith Rimmon-Kenan die klassisch-narrative Erzähltheorie weiter. In Bezug auf die Darstellung und Charakterisierung von Erzählfiguren stellt sie weiterhin heraus, dass grundsätzlich zwischen zwei Modi unter- schieden werden müsse: der direkten Definition und der indirekten Präsentation. Während der Autor bei einer direkten Definition seiner Figur bestimmte Eigenschaften selbst zuschreibt, ist bei der indirekten Präsentation der Leser/die Leserin dazu angehalten, sich aufgrund der Handlungen, der direkten Rede, der äußeren Erscheinung und der Umgebung, in der dir Figur auftritt, ein eigenes Bild von ihr zu machen. Darüber hinaus verweist Rimmon-Kenan darauf, dass es zudem auch Figureninformationen gibt, die erst durch den erschließenden Zugriff des Lesenden und durch Analogiebildung erkennbar werden. Die Gegenüberstellung der direkt oder indirekt beschriebenen Eigenschaften einer Erzählfigur mit der Bedeutung ihres Namens kann bspw. die Charakterisierung einer Erzählfigur verstärken oder aber im Kontrast zu dieser stehen. Des Weiteren kann der Vergleich des Verhaltens einer Erzählfigur mit dem von anderen Figuren die Charakterisierung der einzelnen Erzählfiguren betonen. Ein besonderes Augenmerk soll dabei vor allem auf die gezeichneten Geschlechterrollen sowie auf eine mögliche Ge- schlechterdifferenz in den Texten gelegt werden.

Dennoch ist in Bezug auf die Bibel und vor allem auf die exegetische Betrachtung der bibli- schen Texte eine umfassende Beschäftigung mit dem zeitgenössischen gesellschaftlichen Um- feld obligatorisch. Schließlich sind die biblischen Texte selbst und ihre Hinweise auf die histo- rische Gebundenheit des Erzählten ernst zu nehmen und nicht als pure Fiktion abzuqualifizie- ren. Auch wenn die Texte des Alten Testaments größtenteils keine historiographischen, sondern primär theologische Ziele verfolgen und somit nur bedingt als historische Quellen und zur Re- konstruktion der Lebenszusammenhänge von Frauen in alttestamentlicher Zeit herangezogen werden können, spiegeln sich in der Darstellungsweise der auftretenden Frauengestalten die zeitgenössischen Vorstellungen der Tradenten wider. So muss bei der exegetischen Analyse der verschiedenen Textstellen bedacht werden, dass verschiedene vorherrschende Schwierig- keiten oder Probleme, aber auch Traditionen und Sichtweisen, von den Verfassern verarbeitet wurden und aufgegriffen werden könnten. Daher ist für das Verständnis der im Folgenden un- tersuchten Textstellen die Betrachtung des soziokulturellen Hintergrundes, auf dem die Texte entstanden und auch heute noch zu lesen sind, essentiell. Deshalb soll auch im Verlauf der Arbeit immer wieder auf zeitgenössische literarische, epigraphische und archäologische Quel- len der Rechts- und Kulturgeschichte, sowie zeitnah entstandene pseudepigraphische Schrif- ten, die die Auslegungen oder Fortschreibungen von Texten der hebräischen Bibel beinhalten, verwiesen werden. Durch die Betrachtung sowohl außerkanonischer als auch außerbiblischer Quellen als Vergleichsmaterial ist es möglich, ein umfassendes Bild des zeitgenössischen Um- feldes zu erhalten und so im Vergleich mit den biblischen Texten - besonders mit jenen über die Anfänge Israels - sowohl das vorherrschende Frauenbild als auch die Bedeutung von Frauen kritisch zu reflektieren. Dabei soll - im Gegensatz zur gängigen Praxis - das zeitgenössische Umfeld und der soziokulturelle Hintergrund der Erzählungen nicht unverbunden und unreflek- tiert in einem gesonderten Kapitel, sondern im Rahmen der Textanalyse in Verbindung mit den exegetischen Erkenntnissen behandelt werden. Durch dieses Vorgehen ist es möglich, die exe- getischen und zeitgeschichtlichen Erkenntnisse direkt miteinander zu konfrontieren und gege- benenfalls auch gegeneinander abzugrenzen, wenn sie für das Verständnis einer Textstelle un- erlässlich sind. Dennoch soll die Frage der historischen Wahrheit der Erzählungen nicht im Vordergrund der Arbeit stehen, sondern lediglich ergänzend betrachtet werden.

Eine letzte methodische Vorüberlegung betrifft die Sprache. Da die Übertragung einer Sprache in eine andere - und insbesondere einer „toten“ Sprache in eine andere - immer auch eine Interpretation bedeutet, soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit an geeigneter Stelle die Wort- wahl der Einheitsübersetzung anhand der unterschiedlichen überlieferten Textfassungen kri- tisch hinterfragt werden, wobei besonders die hebräische Fassung des biblischen Textes der Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS) herangezogen werden soll, da diese sich am Ben Ascher-Text, der ältesten und vollständig erhaltenen masoretischen Bibelhandschrift (um 1000 n. Chr.), orientiert. Neben der BHS sollen aber auch die griechische Septuaginta-Fassung (LXX) und die lateinische Vulgata-Fassung in die textkritischen Überlegungen mit einbe- zogen werden. Überdies gibt es eine Reihe weiterer Manuskripte und Fassungen, wie bspw. der Samaritanische Pentateuch, die im Rahmen der Arbeit jedoch weitestgehend keine Berück- sichtigung finden und nur an wenigen Stellen dem Testverständnis dienlich sind. Eine weitere Überlegung bezüglich der Sprache betrifft den grammatikalisch zumeist inklusiven Gebrauch der maskulinen Pluralform im Hebräischen als Bezeichnung sowohl für rein männliche als auch für gemischtgeschlechtliche Gruppen. Durch die inklusive androzentrische Sprache, in wel- cher sämtliche alttestamentlichen Texte, wie auch die Texte des Neuen Testaments, verfasst sind, wird die Männlichkeit der beschriebenen Personen zur Norm. Die weibliche Form steht im hebräischen Bibeltext nur dann, wenn das Verhalten von Frauen problematisch erscheint, wenn von den außerordentlichen Taten einer Frau berichtet wird oder wenn nur ein einziges männliches Subjekt in einer Gruppe vorhanden ist. Dennoch bezieht die androzentrische Spra- che Frauen in der Regel mit ein, erwähnt diese jedoch nur dann explizit, wenn sie eine Aus- nahme oder etwas Besonderes darstellen. Der Gebrauch des generischen Maskulinums in sämt- lichen deutschen Übersetzungen der Bibel - mit Ausnahme der Bibel in gerechter Sprache - wird diesem inklusiven Gebrauch des maskulinen Plurals nicht gerecht. Daher muss bei der Arbeit mit der Einheitsübersetzung immer wieder aufgrund kontextuell-linguistischer Hinweise beurteilt werden, ob Frauen an der entsprechenden Stelle mitgemeint sind oder nicht. Beson- ders im Hinblick auf die Fragestellung der Arbeit muss daher immer wieder anhand des bibli- schen Textes beurteilt werden, wann männliche Formulierungen generisch und wann sie ge- schlechtsspezifisch zu verstehen sind - sprich: ob Frauen an der konkreten Stelle mitgemeint sind oder nicht, damit ihre Rolle auch in vermeintlichen Männerkontexten sichtbar wird.

Im Folgenden sollen nun die einzelnen Frauengeschichten innerhalb der Ursprungsgeschichte Israels genauer untersucht werden. Dabei wird - wie bereits mehrfach in diesem Kapitel ange- deutet - im Großen und Ganzen deren chronologischer Präsenz in der Ursprungsgeschichte Israels gefolgt, wobei die weiblichen Erzählfiguren entsprechend einer groben Charakterisie- rung in zwei verschiedenen Gruppen zusammengefasst wurden. Bevor jedoch die einzelnen Frauenfiguren innerhalb der Ursprungsgeschichte Israels hinsichtlich ihrer Darstellung sowie ihrer Bedeutung in der Verheißungsgeschichte untersucht werden, soll zunächst ein kurzer Überblick über die im Rahmen der vorliegenden Arbeit betrachteten Frauen und deren Verortung innerhalb der Ursprungsgeschichte gegeben werden.

3. Frauengestalten in der Ursprungsgeschichte Israels - ein kurzer Überblick

Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Erzählungen der Genesis und im Besonderen auch die Frauengeschichten in Bezug auf die Darstellung vorherrschender (weiblicher) Lebenszu- sammenhänge keine neutralen Informationsquellen sind. Die biblischen Schriften sind in einer Kultur verfasst, die als patriarchal zu beschreiben ist, wobei „patriarchal“ nicht ausschließlich die Herrschaft von Männern über Frauen meint, sondern eine Gesellschaftsordnung, die nach mehreren Kriterien positiv wie auch negativ diskriminiert. Das Geschlecht ist dabei neben dem rechtlichen Status eines der Hauptkriterien zur Bewertung des Sozialstatus einer Person, wobei Männer den Frauen und Freie den Unfreien vorangestellt sind. Das Männliche wird dabei als das normale Menschsein gedacht und Weiblichkeit im Gegensatz dazu als Sonderfall der Norm. Dieser androzentrische und weitestgehend dichotome Denkansatz, bei dem die Welt ent- lang der Trennungslinie der Geschlechter eingeteilt wird, denkt oftmals in Oppositionsklassen, wobei primär nur die männliche Seite wahrgenommen und wertgeschätzt wird. Dennoch lassen sich neben den Männer geschichten auch eine große Anzahl an Frauen geschichten innerhalb der Erzählungen über die Anfänge Israels ausfindig machen; so handelt bspw. der Erzählkom- plex Gen 12-23 nicht nur von Abraham und dessen Bundesschluss mit Gott, sondern auch von Sara und deren Konflikt mit ihrer Magd Hagar. Ähnliches lässt sich auch in Gen 24-28 und Gen 29-35 erkennen, wo nicht nur Isaak und dessen Söhne Jakob und Esau eine bedeutende Rolle innehaben, sondern auch deren Frauen Rebekka, Rahel und Lea. Besonders die Erzählungen rund um die Dreiecksbeziehung von Jakob, Rahel und Lea, beginnend mit Gen 29, in die auch deren Mägde Silpa und Bilha mit eingebunden sind, handeln fast nur noch von Frauen. Auch die in die genannten Erzählkomplexe eingebetteten Erzählungen von den Geschehnissen in So- dom (Gen 19) um die Frauen und Töchter Lots sowie die Erzählung in Sichem (Gen 34) um Dina, der letztgeborenen und einzigen Tochter Leas und Jakobs, sind als Frauengeschichten zu lesen. Gleichfalls berichtet Gen 38 nicht nur von Juda, einem der Jakobssöhne, sondern auch von Tamar, die hartnäckig für das ihr von Juda vorbehaltene Recht kämpft. Angesichts der Fülle an Frauengestalten innerhalb der Ursprungsgeschichte Israels scheint es verwunderlich, dass, wie in der Einleitung angesprochen wurde, der Textkomplex Gen 12-36.38 in der Ver- gangenheit von einem Großteil der ExegetInnen als „Väter-“, „Erzväter-“ oder „Patriarchen Erzählung“ bezeichnet wurde. Um diesem ersten quantitativen Befund Rechnung zu tragen, sollen im Rahmen der vorliegenden Arbeit solche das weibliche Geschlecht diskriminierenden, in der heutigen Forschung allerdings immer noch weit verbreiteten Begriffe, durch den auf Irmtraud Fischer zurückgehenden Begriff der (Erz-)Eltern-Erzählung (EEE) ersetzt werden, der neben den Männern in gleicher Weise auch die Frau innerhalb der Ursprungsgeschichte Israels berücksichtigt. Nachdem im Rahmen dieses kurzen Überblicks über die im Textkomplex Gen 12-36.38 auftretenden Frauengestalten bereits eine erste wichtige Beobachtung bezüglich der Quantität gemacht werden konnte, soll im Anschluss eine qualitative exegetische Analyse der biblischen Texte, die diese Frauenfiguren betreffen, erfolgen.

4. Frauen als tragende Figuren der Handlung

Zunächst sollen die Textstellen der Ursprungsgeschichte Israels betrachtet werden, in denen Frauen als tragende Figuren der Handlung auftreten und aktiv das Handlungsgeschehen beein- flussen. Zu den Texten, in denen weibliche Erzählfiguren ganz besonders im Mittelpunkt stehen und das Handlungsgefüge beeinflussen, zählen die Geschichte von Sara, der Frau Abrahams die sich im Spannungsfeld zwischen der Verheißung von Nachkommenschaft und dem Warten auf deren Erfüllung bewegt (Gen 12-23), die Geschichte von Rebekka, der Frau Isaaks, die genau weiß, was sie will und bereit ist, ihren Willen mit allen Mitteln durchzusetzen (Gen 24- 28), sowie die Geschichte von den beiden Frauen Rahel und Lea, der Frauen Jakobs, die zu- nächst miteinander um die Vormachtstellung rivalisieren, sich aber schließlich gegen ihren Va- ter verbünden (Gen 29-35).

4.1 Sara - zwischen Verheißung und Warten auf Erfüllung (Gen 12-23)

In der Geschichte von Sara geht es hauptsächlich darum, dass sie ihrem Mann Abraham auch nach vielen Jahren des gemeinsamen Lebens und entgegen der mehrfachen Verheißung Gottes keine Nachkommen geboren hat. Da Kinder und im Besonderen Söhne in der damaligen Zeit allerdings Zukunft, d. h. Sicherheit für das eigene Alter und das Fortbestehen des Stammes bedeuteten, empfindet Sara ihre Situation als unzulänglich und will auch nicht länger auf die Erfüllung der Zusage Gottes warten. Da Sara und ihr Ehemann Abraham zur überlieferten Zeit bereits sehr alt sind, beschließt sie ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und gibt ihrem Ehemann schließlich ihre ägyptische Sklavin Hagar als Frau und Leihmutter (Gen 16). Ihr Vor- haben scheint zunächst auch Früchte zu tragen, da von Hagar berichtet wird, dass sie schwanger ist. Doch es kommt zum Konflikt zwischen den beiden Frauen, und Sara muss erkennen, dass sie der göttlichen Verheißung mit ihrem eigenmächtigen Handeln nichts entgegensetzen kann. Dennoch bleibt sie gegenüber der an mehreren Stellen des alttestamentlichen Textes überlie- ferten Verheißung einer großen Nachkommenschaft (Gen 12,2; 13,16; 17,1-22; 18, 1-15) bis zuletzt skeptisch. Als Sara schließlich ihren lang ersehnten Sohn Isaak gebiert, kommt es zum endgültigen Bruch mit Hagar und deren Sohn Ismael, die auf ihren Wunsch und mit göttlicher Legitimation von Abraham aus seinem Haus vertrieben werden (Gen 21,9ff.), sodass fortan Isaak das Recht des erstgeborenen Sohns innehat. Sara, die nahezu über den gesamten Hand- lungsverlauf - mit Ausnahme der in Gen 22,1-19 überlieferten Erzählung über die Bindung Isaaks und der Erzählung von den Geschehnissen rund um Lots Familie in Sodom (Gen 14.19) entweder direkt als Subjekt oder indirekt als Objekt in die Handlung verstrickt ist, soll aufgrund ihrer herausragenden Stellung innerhalb des Erzählgefüges im Folgenden näher betrachtet werden. Entgegen der zumeist tendenziösen Betrachtung innerhalb der feministischen Forschung sollen dabei nicht nur diejenigen Texte betrachtet werden, in denen Sara expressis verbis als Hauptakteurin auftritt, sondern auch Passagen, in denen Sara als Objekt auftritt, über das gesprochen wird, oder die die Frau sprachlich unsichtbar machen.

4.1.1 Saras Unfruchtbarkeit und die Verheißung Gottes (Gen 11,26-12,9)

Von Sara, die vor der Geburtsankündigung in Gen 18 noch Sarai heißt, erfährt man das erste Mal in Gen 11,29-30 - wenige Verse nach der Einführung ihres Ehemannes Abraham, der zu diesem Zeitpunkt noch Abram genannt wurde und als letztes Glied des Semiten- bzw. erstes des Terachstammbaumes vorgestellt wird (Gen 11,26f.). Neben Sara wird auch ihre Schwägerin Milka vorgestellt, welche Nahor, den zweitältesten Sohn Terachs, heiratet. Neben den drei Söh- nen Terachs (Abraham, Nahor und Haran) wird auch Lot genannt, da dessen Vater, Terachs letztgeborener Sohn Haran, zu diesem Zeitpunkt schon verstorben war (Gen 11,27f.). An dieser kurzen Exposition wird deutlich, dass, beginnend mit der Geschlechterfolge Terachs („Tole- וֹתּ) ein neuer Erzählabschnitt anbricht, der nicht mehr zur Ur-לדוֹתdot“, abgeleitet vom Hebr. geschichte (Gen 1-11), sondern bereits zum Erzählkomplex über die Anfänge der Volkswer- dung Israels (Gen 12-50) gehört. Doch auch wenn mit der Toledot Terachs ein neuer Erzähl- abschnitt beginnt, steht sie dennoch als Verbindungsglied zwischen den beiden Überlieferungs- blöcken und ist nicht völlig losgelöst von der vorangestellten Toledot Sems zu lesen. Auffällig ist bei einem Vergleich vor allem der Umstand, dass es sich bei der Toledot Sems um eine lineare Genealogie handelt, bei der die genealogische Linie jeweils nur über einen Nachfahren zur nächsten Generation (Großvater, Vater, Sohn, Enkel) weiterläuft, während mit Beginn der

Terachs in Gen 26 eine segmentäre Genealogie zu finden ist, bei der die genealogische Linie über mehrere Nachfahren und Linien zur nächsten Generation (Vater, mehrere Söhne, die wie- derum mehrere Söhne haben) weiterläuft. Weiterhin fällt auf, dass in beiden Fällen die Linie jeweils nur durch den erstgeborenen Sohn bzw. die Söhne fortgeführt und der weibliche Teil der Nachkommen im Kollektiv der weiteren Kinder nur in der die einzelnen Generationen ab- schließenden Wendung „und er zeugte weitere Söhne und Töchter“ (Gen 11,11.13.15.17 19.21.23.25) bedacht wird. Auch die Ehefrauen und Mütter der Großväter, Väter, Söhne, Enkel finden in der linearen Genealogie keine Erwähnung, während sie in der segmentären Genealo- gie explizit und namentlich erwähnt werden. Damit sind in Gen 11,26ff. bereits alle Grün- dungsfiguren jener Sippen vorgestellt, die in der Folge die direkte Verheißungslinie bilden, die auf das Volk Israel hinausläuft: Abrahams und Saras, aus deren genealogischer Linie die Stammväter Isaak und Jakob entspringen, sowie Nahor und Milka, auf deren genealogische Linie die Stammmütter Rebekka, Rahel und Lea zurückgeführt werden können. Warum an die- ser Stelle und auch im weiteren Verlauf des Erzählgefüges der Ursprungsgeschichte Israels die Toledot der Söhne Terachs nicht angeführt wird, bleibt fragwürdig und wirft noch heute in der exegetischen Forschung einige Fragen auf, die im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht beant- wortet werden können. Die den kurzen genealogischen Abschnitt abschließende Information über Saras Unfruchtbarkeit wird bereits hier thematisiert und problematisiert; während von den anderen Paaren eine solche Zustandsbeschreibung die Fruchtbarkeit betreffend fehlt, ist diese bei Sara und Abraham allgegenwärtig und wird auch im folgenden Erzähltext immer wieder - bis zur Geburt ihres Sohnes Isaak - erwähnt. Diesbezüglich ist weiterhin bemerkenswert, dass die Kinderlosigkeit zwar augenscheinlich das Paar als solches betrifft, aber in den biblischen Texten überwiegend auf die Frau bezogen und somit als weibliches Problem betrachtet wird. Dies erscheint jedoch kaum verwunderlich, wenn man sich genauer mit dem soziokulturellen Hintergrund der Erzählungen beschäftigt: Innerhalb der patriarchal organisierten Gesellschaft wird der Wert und die Stellung der Frau maßgeblich daran bemessen, ob sie Kinder gebiert und wie hoch deren Anzahl ist. Denn vom Besitz von Kindern und im Besonderen von Söhnen hängt nicht nur die Ehre einer Frau im Hause ihrer Familie wie auch innerhalb der Gesellschaft ab, sondern vielmehr auch die soziale Absicherung der Famile. Innerhalb der Wertskala der Frau ist in gewisser Weise, wie der evangelische Theologe und Professor für Altes Testament und Biblische Archäologie Wolfgang Zwickel konstatiert, eine Dreigliederung zu beobachten: Auf Frauen, die mindestens einen Sohn geboren hatten und das höchste Ansehen genossen, folgten diejenigen, die nur eine Tochter geboren hatten, und schließlich die Frauen, die bisher ohne Kinder geblieben sind. Schon anhand dieser Beobachtungen und mit Blick auf die Notiz der Unfruchtbarkeit Saras wird deutlich, welch bedauerliches Schicksal ihr widerfährt und wel- cher Druck auf ihr als kinderlose Frau lasten muss. Die hier angesprochene Problematik ist bereits ein erster Hinweis auf eines der Themen, von dem der Erzählkomplex Gen 12-23 handeln wird: Die Liste von Zeugungen von Sem bis Terach hört mit Saras Unfruchtbarkeit plötzlich auf, und als ob das nicht deutlich genug wäre, wird es weiterhin durch die Paralleli- sierung „unfruchtbar - sie hatte keine Kinder“ betont. Weiterhin fällt bei Sara auf, dass sie im Gegensatz zu Milka nicht näher über ihren Vater bestimmt wird, was häufig darauf zurück- geführt wird, dass, wie von Gen 20,12 unterstellt, Sara und Abraham den gleichen Vater, nicht aber die gleiche Mutter haben und somit Halbgeschwister sind. Nachdem alle für die weitere Handlung bedeutsamen Personen eingeführt sind, wird im biblischen Endtext davon berichtet, dass Terach zusammen mit seinem Sohn Abraham, dessen Frau Sara und seinem Enkel Lot aus Ur in Chaldäa auswandert, um in das Land Kanaan zu ziehen (Gen 11,31). Als sie aber nach Haran kamen, blieben sie und siedelten sie sich dort an.

Mit Gen 12,1 setzt ein neuer Erzählstrang ein, der zwar das Vorangegangene voraussetzt, mit diesem aber vollends kontrastiert. Während die LeserInnen in Gen 11,30 von der Unfruchtbar- keit Saras erfahren haben, lesen sie in Gen 12,2 von der Verheißung Gottes, die dem Ehepaar Kinderreichtum verspricht. Fischer weist ebenfalls darauf hin, dass das erste, was die Bibel von Sara zu berichten weiß, in krassem Widerspruch zu dem steht, was JHWH zu Abraham spricht, nämlich, dass er eines Tages ein großes Volk sein wird. Neben der Zusage einer großen Nach- kommenschaft ergeht an Abraham auch die Verheißung von Land; auch hier zeigt sich wieder ein merklicher Kontrast: Abraham, der gerade erst in Haran eine neue Heimat gefunden zu haben schien (Gen 11,31), soll sich von dieser neugewonnenen Heimat trennen, um in einem Land, das ihm erst noch gezeigt werden soll, zu leben (Gen 12,2). Die hier gezeichnete Span- nung zwischen den Aussagen verlangen sowohl von Abraham als auch von Sara ein hohes Maß an Vertrauen und Glauben an diese Zusage. Nichtsdestotrotz brechen sie alsbald auf und ziehen zusammen mit Lot in eine ungewisse Zukunft.

4.1.2 Preisgabe und Rettung Saras in Ägypten (Gen 12,10-20)

Kaum sind Abraham und Sara im Land der Verheißung angelangt, kommt es zu einer schweren Hungersnot, die Abraham dazu veranlasst, das Land, in das er gerade erst von Gott geschickt wurde, wieder zu verlassen (Gen 12,10). Der masoretische Text grenzt die nun folgende Preis- gabeerzählung von dem zuvor Erzählten mit einer Petucha ab, einem Zeichen, das den bibli- schen Text gliedert und bestimmte Einschnitte markiert. Hieran wird deutlich, dass das Fol- gende von der zuvor berichteten Wanderung abzugrenzen ist und als ein neuer Aufbruch auf- gefasst werden muss. Abraham zieht daraufhin in Richtung Ägypten, in der Hoffnung, dort bleiben zu können und somit dem Hungertod zu entkommen. Ägypten ist in der alttestamentli- chen Zeit und auch noch in der späten Antike das klassische Ausweichland für die immer wie- der von Hungersnot bedrohten Bewohner des gesamten Vorderen Orients, da seine Fruchtbar- keit nicht von den Regenfällen in der Region, sondern einzig und alleine von der periodisch auftretenden Nilschwemme abhing. Kurz vor der Ankunft im rettenden Land Ägypten be- kommt Abraham jedoch Angst davor, dass die Fremdlinge seine schöne Frau Sara begehren und ihn deswegen aus dem Weg schaffen wollen und töten könnten. Diese Angst entspringt dem gängigen Vorurteil der sexuellen Haltlosigkeit sowie der hohen Gewaltbereitschaft von „Ausländern“ und wird nicht nur an dieser Stelle, sondern auch an weiteren alttestamentlichen Texten problematisiert. Aus mehreren ägyptischen Dokumenten ist inzwischen ersichtlich, dass „Fremde“ - vor allem Frauen - in Ägypten zwar geduldet und von der Bevölkerung wei- testgehend akzeptiert wurden, jedoch keinerlei Bürgerrechte genossen und dadurch der Willkür der mächtigen Schutzherren mehr oder weniger ausgeliefert waren, wodurch die Angst Abra- hams nicht ganz unbegründet erscheint. Dieser Angst verleiht er schließlich auch Ausdruck und bittet Sara, seine Frau, sich als seine Schwester auszugeben, um so sein Leben zu retten. Seine Forderung ist dabei an Selbstbezogenheit kaum zu übertreffen: „Sag doch, du seiest meine Schwester, damit es mir deinet wegen gut geht und ich um deinet willen am Leben bleibe“ (Gen 12,13). Nicht etwa die reale Bedrohung oder Erpressung treibt Abraham dazu, Sara als seine Frau auszugeben und dem Pharao als seine Schwester und somit „heiratsfähiges Material“ zu präsentieren, sondern einzig die Angst, dass es u. U. zu seiner Ermordung durch die Fremden kommen könnte. Dabei trägt allein Sara das Risiko, weshalb Fischer an dieser Stelle die etwas tendenziösere Übersetzung „damit ich lebe auf deine Kosten“ präferiert. Willi-Plein dagegen betont, dass die formal als Gegensätze gegenüberstehenden Folgen für Abraham („sie werden mich erschlagen “) und Sara („ dich aber am Leben lassen “) voraussetzen, dass das eine genauso schlimm ist wie das andere; während Abraham befürchten muss ermordet zu werden, wird sich die Frau in der Fremde als sexuell bedroht erleben. Damit konstatiert Willi-Plein, dass Abra- ham nicht eine rücksichtslose und gänzlich selbstbezogene Forderung an seine Frau herantrage, sondern vielmehr versuche, für beide einen Plan zu finden, der keinem Schaden bzw. beiden nutzen solle. Ob der alttestamentliche Text dies tatsächlich intendiert, möchte ich an dieser Stelle in Frage stellen, weil Sara sprachlos dargestellt wird und dadurch ihr Opferstatus bereits an dieser Stelle vom Verfasser hervorgehoben wird und für den Rest der Erzählung festge- schrieben scheint. Entgegen Willi-Plein bemerken weiterhin Blum, Crüsemann und Seebass, dass in dieser Passage nicht nur das Wort „Frau“ quantitativ dominiert, sondern dass auch Sara die zentrale Figur ist. Obwohl einzig Abraham, der Pharao, seine Beamten und JHWH in der vorliegenden Perikope als handelnde Figuren in Erscheinung treten, ist es doch Sara, die den Fluchtpunkt der Erzählung bildet. Auch Fischer weist in ihren Ausführungen darauf hin, dass Sara, wenngleich sie durch den Tradenten auch völlig passiv gezeichnet wird und nie als Sub- jekt einer Handlung oder Rede auftritt, ab hier im Mittelpunkt der Geschehnisse steht.

Die Art, wie Abraham Sara sieht, nämlich als schöne und begehrenswerte Frau, wird von den Ägyptern bestätigt, die dem Pharao sogleich von Sara berichten und ihre äußere Erscheinung rühmen (Gen 12,15). Entgegen den Befürchtungen und Phantasien Abrahams zeigt sich der Pharao jedoch nicht als jener lüsterne und sexuell zügellose Fremde, der die Ehemänner ermordet, um an ihre schönen Frauen heranzukommen; durch den Verfasser wird er vielmehr als großzügiger und kultivierter Mann charakterisiert, der Recht und Anstand achtet und für eine schöne Frau bereit ist, einen hohen Brautpreis zu zahlen. Im Gegensatz dazu steht Abraham nun in einem relativ schlechten Licht - nicht nur, weil er sich von seiner Angst hat leiten lassen anstatt Stärke zu zeigen, sondern vielmehr auch, weil er die zuvor erhaltene Verheißung allzu leicht preisgibt. Dennoch scheint sein Plan aus seiner Sicht aufzugehen und Früchte zu tragen. Während er wegen Sara („um ihret willen“) gut behandelt wird und zahlreiche Geschenke vom Pharao erhält (Gen 12,16), verschwendet er keinen Gedanken mehr an seine Frau. Von Sara, die in den Harem des Pharaos aufgenommen wurde, erfahren die LeserInnen unterdessen nichts mehr. Erst durch das rettende Eingreifen JHWHs in Gen 12,17 wird Saras Schicksal wieder aufgegriffen; JHWH schlägt das Haus des Pharaos mit schweren Plagen, woraufhin dieser erst erkennt, was Abraham ihm auf Kosten seiner Frau antat. Fischer weist an dieser Stelle darauf hin, dass die Bestrafung des eigentlich von subjektiver Schuld freien Pharaos durch JHWH die Vorstellung einer objektiven Sündhaftigkeit aufgrund des Ehebruchs, auch wenn dieser unwis- sentlich seitens des Pharaos begangen wurde, voraussetzt. Hier tritt JHWH in seiner Eigen- schaft als Anwalt der Unterdrückten auf, der zugunsten Saras und nicht etwa um Abrahams oder des Pharaos willen handelt. Auch angesichts des Unrechts, das Abraham ihm angetan hat, wirkt er überlegen und zeichnet sich durch seine Kooperationsbereitschaft aus. Er verlangt we- der den Brautpreis zurück, noch lässt er sich zu einer Gewalttat gegenüber Abraham hinreißen

- was angesichts der Schwere des gegen ihn verübten Unrechts durchaus verwunderlich erscheint. Scharbert weist darauf hin, dass der Pharao durch die Plagen um die Macht des Gottes Abrahams weiß und erkennt, dass Abraham unter dessen Schutz steht. Dass die Geschichte gut ausgeht und er mit seiner Frau wieder ins Verheißungsland zurückkehren kann, ist ausschließlich dem Eingreifen JHWHs zugunsten Saras zu verdanken. Die Preisgabe der Frau und ihre Rettung durch JHWH sind daher - entgegen Willi-Pleins These - das Hauptthema, und Sara ist dementsprechend auch die Hauptperson der Erzählung.

Liest man die Geschichte im Kontext der Genesis, dann gibt Abraham durch sein Handeln nicht nur seine Frau preis, sondern mit ihr auch die Erfüllung der Nachkommenschaftsverheißung (Gen 12,2.7) und mit dem Verlassen Kanaans auch die Landverheißung (vgl. Gen 12,1.7.10). An dieser Perikope wird deutlich, dass Abraham zunächst nicht als der Held auftritt, zu dem man ihn später in der exegetischen Tradition gemacht hat. Sein ganzes Handeln ist von der Angst bestimmt, wegen seiner schönen Frau sterben zu müssen. Sara ist dabei ein stummes Opfer der Willkür ihres Mannes, der auf ihre Kosten seine Probleme zu lösen versucht. Willi- Plein charakterisiert daher die Erzählung über die Preisgabe Saras in Ägypten nicht als eine der typischen Männer geschichten innerhalb des Erzählkomplexes der EEE, da weder die Gefähr- dung der Frau im Vordergrund steht noch die Frau als Handlungsträgerin vorgestellt wird. Obwohl Sara nicht aktiv in das Geschehen eingreift und nur als Objekt der Erzählung auftritt, dreht sich m. E. dennoch, und entgegen Willi-Pleins These, die gesamte Erzählung um sie. Die Preisgabe der Frau und ihre Rettung durch JHWH - und nicht etwa der Erfolg der List Jakobs stellen den Fluchtpunkt der Erzählung Gen 12,10-20 dar, die sich damit als Rettungserzählung für die Ahnfrau und als Geschichte des Versagens für den Erzvater erweist. Auch wenn die in Gen 12,1ff. tradierte Verheißung sprachlich allein an Abraham ging, wird bereits hier erkenn- bar, dass die Verheißung selbst nicht nur an Abraham, sondern vielmehr an das Ehepaar Abra- ham und Sara ergeht.

4.1.3 Saras Kinderlosigkeit und die Geburt von Ismael durch Hagar (Gen 15-16)

Nach der Preisgabe Saras in Ägypten kehrt das Paar gemeinsam mit Lot, dem Neffen Abrahams, nach Kanaan zurück, wo es sich jedoch bald, nach einem Streit, von ihm trennt. Während Sara und Abraham sich bei Mamre niederlassen, zieht Lot gen Osten und lässt sich schließlich in der Stadt Sodom nieder (Gen 13; Vgl. zu den weiteren Geschehnissen in Sodom Kapitel 5.2). Wäh- rend die Kinderlosigkeit Abrahams und Saras in den vorangegangenen Kapiteln nicht mehr erwähnt wurde, wird diese mit zunehmendem Alter der beiden zusehends zum Problem inner- halb der Ehe, insofern als die von Gott verheißene Nachkommenschaft biologisch immer un- wahrscheinlicher erscheint. Angesichts ihres und Abrahams Alter vermag Sara nicht so recht an die Erfüllung der wiederholten Zusage zu glauben, dass ihre Nachkommenschaft so zahl- reich wie die Sterne und Abrahams „ leiblicher Sohn“ (Gen 15,5) der Erbe seines Vermögens sein werde. Sie befindet sich in einem Zwiespalt: Zum einen sieht sie in Gott jemanden, der mächtig genug ist, ihr Kinder vorzuenthalten, zum anderen aber als nicht mächtig genug, ihr im hohen Alter noch den Wunsch nach Kindern zu erfüllen. In Gen 16 erreicht Saras Verzweif- lung einen ersten Höhepunkt: Sie will nicht länger auf die Erfüllung der Verheißung warten und beschließt, selbst tätig zu werden und Abraham ihre Sklavin Hagar zu geben, damit diese ihr stellvertretend einen Sohn gebiert (Gen 16,2). Es geht also nicht primär um ein gemeinsames Kind, sondern vielmehr um ein Kind, das für sie, Sara, steht. Wenngleich auch die Institution des stellvertretenden Gebärens kein im Alten Testament kodifiziertes Recht darstellt, lassen sich in zahlreichen außerbiblischen Rechtstexten Nachweise hierfür finden. In einem Großteil der außerbiblischen altorientalischen Texte sind gebärunfähige Ehefrauen sogar rechtlich dazu verpflichtet, ihrem Mann eine Sklavin o. Ä. zuzuführen, um ihm auf diese Weise Nachkom- menschaft zu verschaffen. So sieht bspw. eine neuassyrische Urkunde (ND 2307.41-46) im Falle der Unfruchtbarkeit der Frau und einer damit einhergehenden Kinderlosigkeit der Ehe stellvertretendes Gebären einer Sklavin für die Hauptfrau vor: „Wenn Subetu nicht schwanger wird und nicht gebiert, wird sie eine Sklavin nehmen. Sie wird (sie) an ihrer Stelle an ihren Platz setzen. Sie wird Söhne gebären, und die Söhne werden ihre Söhne sein.“ Ähnliches ist auch in Bezug auf Prostituierte im Codex-Lipit-Ischtar, einer in sumerischer Sprache überlie- ferten Rechtstextsammlung, überliefert. Auch wenn die Ehe schon in alttestamentlicher Zeit im Idealfall monogam war (Gen 2,24; Spr 5,15ff.; 12,4; 18,22; Pred 9,9; Mal 2,14), berichtet das Alte Testament mehrfach von polygamen bzw. polygynen Beziehungen zur Sicherung des Fortbestehens einer Familie. Besonders im Rahmen der Erzählungen rund um die Erzeltern in Gen 22,20-24; 25,6; 29,21-30 und Gen 36,2-3.12 ist von solchen Beziehungen die Rede. Die hier vorliegende Form des polygynen Zusammenlebens ist dabei vor allem dadurch charakteri- siert, dass eine freie Frau ihre Sklavin zu einer weiteren Frau ihres Mannes macht, wobei die unfreie im Vergleich zur freien Frau eine untergeordnete Position innehat und dass das innerhalb dieser Konstellation geborene Kind als das der Ehefrau angesehen wird. Dies wird in besonderer Weise im Codex Hammurapi, einer der ältesten Gesetzessammlungen der Welt, im Rahmen des Paragraphen 146 zum stellvertretenden Gebären betont: „Wenn ein Bürger eine naditu -Priesterin heiratet, sie ihrem Ehemann eine Sklavin gibt, und diese Kinder gebiert, wenn dann nachher diese Sklavin sich mit ihrer Herrin gleichstellt, darf ihre Herrin, weil sie Kinder geboren hat, sie nicht für Geld verkaufen, aber sie darf sie mit einer Sklavenmarke versehen und sie zu den Sklavinnen zählen“. In diesem Paragraph klingt bereits das im weiteren Verlauf der Sara-Hagar-Erzählung geschilderte Problem an. Als Hagar schwanger ist, kommt es näm- lich zum Konflikt zwischen den beiden Frauen, weil Sara in Hagars Augen durch ihre Kinder- losigkeit gleichsam minderwertig wurde und Hagar ihr das wohl auch in irgendeiner Weise, die jedoch im biblischen Endtext nicht konkret genannt wird, zu spüren gibt (Gen 16,4f.). Hagar, die zuvor nicht nur als Arbeitskraft, sondern auch sexuell ausgebeutet wurde, sieht in ihrer Schwangerschaft eine Chance, um die Fesseln der Sklaverei abzulegen. Für sie verändert sich die Sicht der sozialen Rangordnung; der Status der Herrin ist nicht mehr unumstritten, und Hagar versucht dies für sich auszunutzen. Während Sara Abraham für den Konflikt verant- wortlich macht, sieht dieser bei sich keine Schuld und legt das Schicksal Hagars in Saras Hände. Damit lässt er die Unterdrückung Hagars durch Sara zu, was letztendlich dazu führt, dass Hagar in die Wüste flieht, wo sie jedoch bald darauf durch einen Boten Gottes zur Rückkehr bewegt wird. Nach ihrer Rückkehr in das Haus der Herrin gebiert Hagar Ismael. Der Versuch, durch Hagar zu einem eigenen Kind zu kommen, ist jedoch missglückt. Im Gegensatz zu der, nur wenige Kapitel zuvor überlieferten, Preisgabeerzählung in Ägypten tritt Sara in dieser Erzäh- lung als eigenständige, selbstbestimmt handelnde und sogar über ihren Mann bestimmende Frau auf. Sie wird dabei nicht weniger selbstsüchtig als ihr Mann dargestellt, was nicht zuletzt auch zum Scheitern ihres Planes geführt hat.

4.1.4 Erneute Verheißung einer großen Nachkommenschaft (Gen 17,1-22; 18,1-15)

Unmittelbar nach dem missglückten Versuch, durch Hagar bzw. durch die Rechtsinstitution des stellvertretenden Gebärens zu einem Kind zu kommen, wird im fortlaufenden Erzählzusam- menhang zweimal, nämlich in Gen 17, 1-22 und Gen 18,1-15, davon berichtet, dass Gott seine Zusage der Nachkommenschaft wiederholt und dem Paar verspricht, diese noch im Laufe des Jahres zu erfüllen. Besonders in der ersten der beiden Erzählungen steht Abraham dabei ganz im Zentrum der Aufmerksamkeit, während Sara nur das Objekt ist, über das geredet wird. Auf- fällig hierbei ist jedoch, dass diese Zusage zwar primär an Abraham als direkten Adressaten ergeht, der verheißene Sohn jedoch nicht ihm, sondern seiner Frau Sara versprochen wird. Den- noch, so wendet Blum ein, wird im vorliegenden Kapitel, trotz der Berücksichtigung Saras in Bezug auf die Nachkommenschaft, das Wichtige, wie die Bundes- und Landzusage, ausschließ- lich zum Mann gesprochen. Im Zentrum der Erzählung stehen zugegeben Abrahams Bund mit Gott und die Beschneidung als dessen Zeichen, wobei die Zusage der Erfüllung der Soh- nesverheißung an die Frau trotzdem nicht außer Acht gelassen und dadurch marginalisiert wer- den darf: Mit der Bundesformel, die einem Kontrakt gleichkommt, und der Beschneidung als Zeichen des Bundes, erhalten die schon bekannten Verheißungen (Vgl. Gen 12,1-9; 15, 1ff.) in sprachlicher Abwandlung eine vertragliche und somit auch verbindliche Grundlage. Seebass betont weiterhin, dass, so wenig Sara auch beim Bundeszeichen berücksichtigt werden konnte, (Gen 17,1-14), so sehr sie daraufhin als Frau der Verheißung und der Erwählung hervorgehoben wird (Gen 17,15-22), sodass man an dieser Stelle keinesfalls von einer Zurücksetzung der Frau sprechen kann. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch daran, dass sich ab diesem Zeitpunkt eine אַ) wirdברםÄnd erung der beiden Namen in der biblischen Geschichte vollzieht: Abram (hebr. שׂ) (Gen 17,15).רהשׂ) zu Sara (hebr. ריאַ) (Gen 17,5) und Sarai (hebr. ברהםzu Abraham (hebr. Bemerkenswert ist hierbei auch der Umstand, dass der zwischen JHWH und Abraham geschlos- sene Bund nicht nur Abraham - was frei übersetzt so viel wie „Vater einer Menge“ bedeutet - zu einem anderen werden lässt, sondern auch Sara. Während die Namensänderung bei Abraham direkt auf den Bund („Du wirst Stammvater einer Menge von Völkern“; Gen 17,4) anspielt und eine Funktionsaussage ist, schwingt bei der Umbenennung Saras, was mit „Herrin“ oder „Fürs- tin“ übersetzt werden kann, zum einen der Hinweis auf ihre Position innerhalb des Familien- bundes und zum anderen aber auch die Zusage, dass ihr Stamm derjenige ist, der herrschen wird, mit. Mit der Namensänderung geht auch eine qualitative Veränderung der Beziehung zwischen Gott und Abram bzw. Abraham einher. Ob dies auch auf Sara zutrifft, ist indes nicht genau zu sagen. Fischer stellt dies entschieden in Frage, da es nicht Gott selber ist, der Sara umbenennt, sondern ihr Mann. Abraham wird somit die Definitionsmacht über seine Frau zugestanden; er wird zum Mittler Gottes für Sara. Wenngleich auch die sprachliche Gestaltung der Zusagen an Sara als direkte Reden an Abraham gekennzeichnet sind und daher nur durch den Mann vermittelt an die Frau ergehen, stehen sie in ihrer Kraft denen an Abraham in nichts nach. Diese Einschätzung entspricht dem masoretischen Text, der die Verheißung in gleicher יצאWeise auf Abraham wie auch auf Sara bezieht: Über Abraham heißt es in Gen 17, 6 bspw. „וּ מלכי עמּים מנּמּה יהי“ und in Bezug auf Sara in Gen 17, 16 „וּוהפרתי את 7מאדוּ נתתּי 7לגויםוּ מלכים מ7מּ וּ“, was nur eine geringfügige Variation dessen ist, was über Abraham berichtetברכתּיה והיתה לגוים wird. Der Samaritanische Pentateuch hingegen ändert diese Stelle zu Ungunsten Saras, indem ) schreibt.70 Sara wird hier nur nochברכתּיוּ) die männliche Form (וּברכתּיהer statt der weiblichen ( in Bezug auf Abraham gesegnet, wodurch die eigentlich gleich gestaltete Verheißungszusage ausschließlich an den Mann ergeht. Der samaritanische Text nimmt hier eine Geringschätzung der Frau vor und ist ab der betrachteten Stelle hochgradig tendenziös. Dieser Tendenz folgt auch die Septuaginta, die den biblischen Text dahingehend abändert, dass sie Gen 17,16b auf den Sohn Abrahams, den Sara für ihn gebiert, bezieht. Hier ist es also nicht Sara, die gesegnet wird, sondern ihr Sohn, aus dem die Völker und Könige hervorgehen werden. Auch die Vul- gata-Übersetzung bezeugt diese Leseart, sodass es kaum verwunderlich ist, dass Isaak weithinbesonders aber in älteren exegetischen Werken - als derjenige angesehen wird, an den die Verheißung ergeht. An dieser Stelle ist deutlich zu sehen, dass die Übertragung einer Sprache in eine andere immer auch eine Interpretation bedeutet und eine erkennbare Akzentverschie- bung, in diesem Fall zu Ungunsten der Frau, zur Folge haben kann. Die Einheitsübersetzung wie auch die Bibel in gerechter Sprache folgen an dieser Stelle jedoch dem masoretischen Text: Gott segnet Sara, verheißt, dass Sara Abraham einen Sohn gebären wird, sodass von ihr Völker und Könige über Völker entstammen (Gen 17,15f.). Seebass sieht hierin eine eindeutige Hoch- wertung der Frau. Dementgegen erkennen vor allem feministisch Arbeitende ExegetInnen - insbesondere mit Blick auf Gen 18 - in dieser Perikope eine deutliche Geringschätzung der Frau. Fischer weist bspw. darauf hin, dass Sara nur wegen, durch und mir ihrem Mann in die Gemeinschaft Gottes aufgenommen wird und nicht als eigenständiges Subjekt, was einer wirk- lichen Gleichberechtigung von Mann und Frau entsprechen würde. Auch die US- amerikanische feministische Theologin Sharon Pace Jeansonne sieht Sara in einer untergeord- neten Rolle. Bedenkt man jedoch, dass es sich hierbei eigentlich um eine der Männer geschich- ten innerhalb der EEE handelt, überrascht es, dass Sara in Anbetracht des vorherrschenden Androzentrismus, eine doch recht große Bedeutung innerhalb der Verheißung zukommt. Dies wird auch besonders im Vergleich zu Hagar deutlich, deren Sohn Ismael im Rahmen der erneu- ten Verheißung berücksichtigt wird, während sie selbst nicht einmal als dessen Mutter Erwäh- nung findet. Obwohl innerhalb von Gen 17 Sara nicht als Handlungsfigur auftritt, erhält sie, wenn auch nur durch ihren Ehemann vermittelt, nicht nur die Geburtsankündigung, sondern auch einen Segen, der in keiner anderen Erzählung mit einer derart umfassenden, für die Volks- geschichte bedeutsamen Zusage bedacht ist.

Auf die in Gen 17 geschilderte Ankündigung der Geburt Isaaks an Abraham folgt in Gen 18 eine Wiederholung dieser Zusage, die hier jedoch primär an Sara ergeht. In der zweiten der Verheißungserzählung - die literarhistorisch die ältere der beiden Erzählungen ist - wird Sara im Gegensatz zu Gen 17 noch mehr in den Blick genommen und steht sogar am Ende ganz im Mittelpunkt der Ereignisse; was als Männer geschichte zu beginnen scheint, endet also als Frau- en geschichte. Schon Vers 1a („Der Herr erschien Abraham bei den Eichen von Mamre.“), der als eine Art Überschrift dient, welche den LeserInnen einen Informationsvorsprung im Hinblick auf die nachfolgende Handlung gibt, verweist darauf, dass es im Folgenden um Abraham gehen soll. Während dementsprechend in Gen 18,1-6 ausschließlich davon berichtet wird, wie Ab- raham bei den Eichen von Mamre drei wandernde Fremde zur Einkehr in sein Zelt bewegt, handeln die darauffolgenden Verse zusehends von Sara. Auch wenn der Besuch der drei Män- ner zunächst Abraham gilt, fällt auf, dass sich das Gespräch der Männer immer mehr auf Sara konzentriert. Sara, die wie dies wohl zur damaligen Zeit für Frauen üblich war, nicht am Gast- mahl der Männer teilnehmen darf, lauscht dem Gespräch der Männer heimlich am Zelteingang. Hierdurch scheint sie an den Rand der Erzählung gedrängt, wohingegen Abraham und die drei bis zu diesem Zeitpunkt nicht weiter charakterisierten Männer in deren Zentrum stehen. Dies ändert sich jedoch schlagartig mit der in Gen 18,10 überlieferten Erneuerung der Zusage eines Sohnes. Ihre Position am Zelteingang ist also nicht präskriptiv als den Frauen angewiesener Ort zu deuten, sondern dient vielmehr dazu, sie an dieser Stelle umso bedeutender hervortreten zu lassen. Wenn auch hier die Verheißung auf sprachlicher Ebene wieder nur an Abraham ergeht, richtet sich die Zusage ausschließlich an seine Frau; denn nicht Abraham wird einen Sohn haben, sondern Sara. Abrahams Frau, die dem Gespräch aus einiger Entfernung lauscht, hört auch die Zusage und muss bei dem Gedanken daran, dass sie trotz ihres hohen Alters noch im selben Jahr einen Sohn haben wird, still in sich hineinlachen (Gen 18,12).

Die in Vers 11 vorgeschaltete Notiz, dass es Sara längst nicht mehr so ergeht, wie es Frauen eben zu ergehen pflegt, wie auch die in Vers 13 nachgeschaltete Notiz, dass sie schon alt und verbraucht sei, müssen dabei als Hinweis darauf gelesen werden, dass sie schon längst keine Menstruation hatte - was wiederum voraussetzt, dass der Verfasser des Textes um den Zusam- menhang zwischen Altern, Menstruation und Fruchtbarkeit wusste. Trotz der Tatsache, dass sowohl in Gen 18,11 als auch in Gen 18,13 eindeutig darauf verwiesen wird, wie unwahrschein- lich eine Schwangerschaft für Sara aufgrund ihres hohen Alters ist, wird ihr Lachen in der exe- getischen Literatur auf unterschiedliche Weise gedeutet. Während die meisten ExegetInnen Sa- ras Lachen in Bezug auf die genannten Notizen und die Reaktion der drei Männer, die sich spätestens mit Vers 14 als Boten Gottes offenbaren, als Zeichen des Unglaubens deuten („Sara lachte, so wie man über ein Hirngespinst lacht“), betont Fischer, dass Saras Lachen nicht als Unglauben gegenüber Gott zu deuten sei, da sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, wer ihr Gegenüber ist. Auch Krauss und Küchler weisen darauf hin, dass Saras Lachen weniger auf Gott als vielmehr auf die Diskrepanz zwischen der menschlichen Erfahrung und der Möglich- keit einer Erfüllung der unerwarteten Ankündigung bezogen ist. Die evangelische Theologin und freiberufliche Dozentin für Bibelwissenschaften und theologische Gender Studies Ulrike Bail sieht im Lachen Saras noch eine weitere Dimension: Bail betont, dass Lachen in den meis- ten alttestamentlichen Texten eine starke erotisch-sinnliche Konnotation habe und dass daher in Saras Lachen bereits die Vorfreude auf eine erfüllte Liebeslust, mit der sie nicht mehr ge- rechnet habe, impliziert sei. Gunkel bezieht Saras Lachen hingegen direkt auf Gott und inter- pretiert es dahingehend, dass sie sich über seine Worte lustig mache. Darüber hinaus stellt er fest, dass es kaum verwunderlich sei, dass die Reaktion von Sara und nicht von Abraham kommt, dessen Gefühle an dieser Stelle völlig ausgeblendet werden, da es sich nicht gezieme, über einen solch gottesfürchtigen Mann wie Abraham derartiges zu behaupten. Dementgegen ist jedoch anzufügen, dass auch Abrahams erste Reaktion auf die erneute Verheißung eines Nachkommens für ihn und seine Frau Sara in Gen 17 Lachen war. Abrahams Lachen wird dabei jedoch im Gegensatz zu Saras meist positiv, als Ausdruck seiner Freude über die Verheißung, gedeutet.

Die Auslegung, dass Abrahams Lachen ein anderes sein soll als Saras ist jedoch tendenziös und entspricht nicht dem Textbefund, da Abrahams Lachen, wie auch später das Lachen Saras auf das Alter des Paares bezogen werden (Vgl. Gen 17,17). Nicht zuletzt ist es auch beider Lachen ) ge-יצחק), das als Anspielung auf den Namen des verheißenen Sohnes Isaak (hebr. צחק(h e br. lesen werden muss. Betrachtet man nun die beiden unmittelbar aufeinanderfolgenden Verhei- ßungserzählungen im Vergleich, fällt auf, dass die männliche Erfahrung als die primäre vorge- stellt wird, wohingegen die der Frau die eigentlich ältere und somit die ursprünglichere ist. Fischer betont jedoch weiterhin, dass die Voranstellung von Gen 17 auf der Endtextebene eine nicht zu unterschätzende Korrektur darstelle: In Bezug auf Isaak ist es nicht mehr die Frau, der seine Geburt zuerst angekündigt wird, sondern der Vater; sein Name wird auch nicht mehr nur durch das Lachen Saras erklärt, sondern vor allem in Anklang an jenes des Vaters. Deutlich wird anhand der beiden Erzählungen allerdings einmal mehr, dass Abraham nicht mit irgend- einer Frau die Verheißung Gottes erfüllen kann, sondern ausschließlich mit seiner Frau Sara. Für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit ist es jedoch wichtig festzuhalten, dass Sara die eigentliche Trägerin der Verheißung ist und auch der Name Isaaks ursprünglich mit ihrer Le- benserfahrung in einem engen Zusammenhang steht.

4.1.5 Abermalige Preisgabe Saras in Gerar (Gen 20,1-18)

Zwischen den beiden Verheißungen (Gen 17,1-22; 18,1-15) und der Erzählung über die Geburt Isaaks (Gen 21,1-8) ist jedoch eine Variation der bereits aus Gen 12,10-20 bekannten Preis- gabeerzählung überliefert. Wiederum gibt Abraham hier seine Frau Sara als seine Schwester aus, diesmal allerdings gegenüber Abimelech, dem König von Gerar - wahrscheinlich, um die Erwartung auf die angekündigte Geburt Isaaks noch einmal zu steigern. War in Gen 12,10ff. noch von einer Hungersnot die Rede, fehlt hier eine solche Angabe. Warum Abraham von dort vermutlich ist an dieser Stelle Mamre gemeint - aufbricht, in den Negeb zieht und sich zwischen Kadesch und Schur aufhält, bleibt für die LeserInnen unklar (Gen 20,1). Seebass be- tont, dass ein solcher Aufenthalt unterschiedlich motiviert sein kann; er nennt neben Hungers- nöten auch den Warenaustausch bzw. die Notwendigkeit, sich mit Gütern aus dem Kulturland zu versorgen, als eine weitere mögliche Motivation. Auch über den Grund, warum Abraham seine Frau an der vorliegenden Stelle erneut als seine Schwester ausgibt, erfahren die LeserIn- nen nichts. Vermutlich ist aber aufgrund der Anspielung, dass Abraham sich in Gerar als Frem- der aufhält, ebenso wie in Gen 12, die Angst Abrahams als der treibende Motor zu verstehen. Erst in Gen 20,11 („Ich sagte mir: Vielleicht gibt es keine Gottesfurcht an diesem Ort und man wird mich wegen meiner Frau umbringen “) wird auf den Grund verwiesen, wodurch die Aus- lassung zu Beginn der Erzählung als erzählerisches Mittel zum Spannungsaufbau zu verstehen ist. Fischer geht weiterhin davon aus, dass die ursprünglichen AdressatInnnen die Erzählung der Preisgabe Saras in Ägypten bereits kannten, wodurch eine erneute Erläuterung der näheren Umstände nicht notwendig gewesen sei.

Wie auch in Ägypten lässt der König Sara holen und nimmt sie in seinen Harem auf. Besonders Jeansonne betont an dieser Stelle, dass die allzu leichte Preisgabe Saras, gerade nach der dop- pelt überlieferten Zusage der Geburt eines Sohnes im Verlauf des Jahres, als fragwürdig zu charakterisieren sei. Daher scheint es kaum verwunderlich, dass nach der die ersten zwei Verse umfassenden Einleitung direkt die Rettung der abermals preisgegebenen Frau einsetzt: Des Nachts kommt Gott zu Abimelech und spricht zu ihm im Traum, dass er wegen der Frau, die er sich genommen hat - gemeint ist hier Sara - sterben müsse, da sie bereits verheiratet ist (Gen 20,3). Der Traum Abimelechs ist dabei einer Reihe von Offenbarungen Gottes in einem Traum zuzuordnen. Insgesamt ist das Traum-Motiv 18-mal im Alten Testament tradiert und dort besonders im Buch Genesis und Daniel zu finden. Auch die Offenbarung Gottes im Traum an einen Nicht-Israeliten findet sich noch an weiteren Stellen, bspw. in Gen 31,24 (Laban) und Dan 2,28.45 (Nebukadnezzar). Gott (nicht JHWH!) zeigt sich damit als ein universaler Gott, der seine Macht nicht nur auf Israel beschränkt. Abimelech wird im Folgenden als gottesfürch- tig beschrieben, wodurch sich ein weiteres Mal die Befürchtung Abrahams bezüglich der Gott- losigkeit der Fremden als unzutreffend erweist. Abimelech, der von sich selbst sagt, er habe mit arglosem Herzen und reinen Händen gehandelt, gibt Sara, von der ausdrücklich gesagt wird, dass er ihr nicht nahegekommen sei, zurück. Zuvor lässt er jedoch Abraham zu sich kommen, um diesen zu befragen und den Grund für die Verleugnung Saras als seine Ehefrau zu erfahren. Anders als der Pharao in Gen 12 bekommt Abraham die Chance sich zu erklären. Abrahams Verteidigung beruht dabei im Wesentlichen auf zwei Argumenten: seiner Angst, dass es keine Gottesfurcht an diesem Ort gebe, und dass Sara tatsächlich seine Schwester - wenn auch nur seine Halbschwester - sein könnte. Sara wird dadurch zur Mittäterin und die Geschwisterlüge zur (Halb-)Wahrheit: Sara ist tatsächlich die Halbschwester Abrahams, da sie eine Tochter von Abrahams Vaters ist, nicht aber seiner Mutter (Gen 20,12). Allerdings findet sich - mit Aus- nahme von Jub 7,9 - kein weiterer Hinweis auf den Geschwisterstatus von Sara und Abraham, wodurch der Einschub als eine „Ad-hoc-Erfindung“ des Tradenten zur Ehrenrettung Abra- hams zu verstehen ist. Saras bedauernswertes Schicksal wird dabei instrumentalisiert und ihr Opferstatus zugunsten Abrahams in einen Status der Mittäterschaft umgeschrieben. Auch wird Sara nicht um ihretwillen gerettet, sondern vielmehr Abraham wegen. In dieser Variation der Preisgabeerzählung erkennt man eindeutig die Tendenz, Abraham ins Zentrum der Gescheh- nisse zu stellen. Aus dem rettenden Eingreifen Gottes für Sara ist die schützende Bewahrung der ehelichen Verhältnisse vor dem Skandalon des Ehebruchs geworden und aus Gottes befrei- endem Handeln für die unterdrückte Frau ein Handeln zugunsten Abrahams, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass die Rückgabe der Frau mit zahlreichen Geschenken verbunden ist. Dadurch, dass sich Abimelech als gottesfürchtiger Mann erweist und versucht, sich mit allen Mitteln als ein gerechter Mensch erscheinen zu lassen, tritt Abraham, der hier ausdrücklich von Gott selbst als Prophet bezeichnet wird, für ihn ein, sodass Abimelech wie auch seine Frau und seine Dienerinnen wieder „gebären“ können. Denn Gott hatte ihnen zuvor aufgrund der Ver- fehlung den Mutterschoß verschlossen. Auffällig ist hierbei, dass an dieser Stelle die Unfrucht- barkeit des Mannes mit seinen Frauen zusammengedacht wird, was durch die grammatikalisch ) angedeutet wird. Die Impotenz Abi-ויּלדmaskuline Pluralform des Verbs „gebären“ (hebr. וּ melechs - von der in einer von Männer dominierten Gesellschaft, in der Unfruchtbarkeit stets mit dem weiblichen Geschlecht zusammengedacht wurde, offenbar nur indirekt gesprochen werden durfte - hat an dieser Stelle den Zweck einer Lesehilfe, sodass Saras bald darauffolgende Schwangerschaft und die Geburt Isaaks einzig auf Abraham und nicht auf Abimelech zurückgeführt werden können. Betrachtet man Gen 20,1ff. im Vergleich zu Gen 12,10ff. fällt auf, dass hier ein sexueller Übergriff des Herrschers expressis verbis ausgeschlossen wird, wäh- rend dies in Gen 12 durchaus mitgedacht werden kann. Auch wird Sara nicht vollends in einer Opferrolle dargestellt, sondern vielmehr als Mittäterin, die von sich selbst behauptet, die Schwester Abrahams zu sein. Dennoch scheint es sich bei der Notiz über den Geschwisterstatus des Ehepaares um einen nachträglichen Einschub zu handeln, wodurch die Schwere der erneu- ten Preisgabe Saras durch Abraham angesichts der vorangegangenen Zusage der Nachkom- menschaft abgemildert werden soll. Sara erscheint hier nicht nur als Opfer durch die Preisgabe, sondern auch als Opfer einer androzentrischen Überarbeitung zugunsten des Erzvaters.

4.1.6 Die Geburt Isaaks und Verstoßung Ismaels (Gen 21,1-21)

Gen 21,1-8 berichtet schließlich von der Erfüllung der Sohnesverheißung in bemerkenswert knapper Form. Dies stellt auch Fischer heraus, wenn sie schreibt: „Nach den beiden Texten Gen 17.18 würde man eine ausführliche Erzählung um die Geburt erwarten, die von der Wiederkehr des Gastes, der sich des Eintreffens seines Wortes vergewissert, abgeschlossen wird“. In kunstvoller, wenn auch komprimierter Form wird zunächst JHWHs Handeln an Sara beschrie- ben. Dabei wird Sara durch die Satzstellung als Subjekt der ersten Szene der Erzählung beson- ders hervorgehoben. Nachdem jedoch geschildert wurde, dass sich der Herr Saras annahm, wie er gesagt hatte, und sie schwanger wurde, rückt immer mehr Abraham ins Zentrum der Erzählung. Schließlich ist es auch nicht Sara, der Isaak geboren wird, sondern Abraham (Gen 21,2b). Auch wenn Gottes Handeln an Sara und die damit einhergehende Erfüllung der Verhei- ßung zweimal betont wird, ist Abraham derjenige, dem letztendlich die Geburt des Sohnes ge- widmet ist. Auch nicht Sara ist es, die den geborenen Sohn benennt, sondern - in Rückbezug auf Gen 17 - Abraham (Gen 21,3). Die Beschneidung im Alter von acht Tagen wird ebenfalls von Abraham vorgenommen (Gen 21,5). Mit insgesamt sieben Suffixen, die Isaak auf Abraham beziehen, wird zum einen mit aller Deutlichkeit ausgeschlossen, dass Abimelech der Vater des Kindes sein kann; zum anderen werden Saras Mutterschaft und die damit verbundene Gotteser- fahrung, die zu Beginn noch betont wurde, nebensächlich. Erst Vers 6 setzt den Text mit Sara als Subjekt fort und berichtet über die Gefühlslage Saras angesichts der so lang ersehnten Er- füllung der Verheißung. Während bisher die für eine alttestamentliche Geburtserzählung typische Namensbegründung fehlte, deutet sich diese in den Saras Worten an: „Gott ließ mich la- chen; jeder, der davon hört, wird mit mir lachen“ (Gen 21,6). Durch das Wortspiel des Namens , die sich im Lachen Saras und in demצחק) mit der zweimal erwähnten Wurzel יצחקIsaak (hebr. Lachen all derjenigen, die von ihrer Geschichte erfahren, wiederfindet, wird der Name durch die Erfahrung der Mutter und nicht etwa, wie in Gen 17 angedeutet, durch die des Vaters be- gründet. Saras Lachen und das der Anderen sind dabei als Ausdruck der Freude zu verstehen- und nicht etwa, wie von Gunkel konstatiert, als ein Lachen aus Scham darüber, in einem solch hohen Alter noch Mutter geworden zu sein. Allerdings ist es aufgrund der Uneinheitlichkeit von Gen 21,1-8 und des Subjektwechsels - von Sara über Abraham wieder zurück zu Sara - bis heute in der exegetischen Forschung umstritten, wer eigentlich die Namensgebung vollzieht und ob die Episode als Fortsetzung von Gen 17 oder Gen 18 zu lesen ist. Wahrscheinlich sind an dieser Stelle beide Verheißungstraditionen verarbeitet worden, was im Hinblick auf die Un- einheitlichkeit am plausibelsten erscheint. Dies spiegelt sich auch in der Tatsache wider, dass sowohl Abraham als auch Sara als Subjekte der Erzählung auftreten, wobei der Einschub der Verse 3-5 den Mann ins Zentrum der Handlung stellt und das Kind ausschließlich auf ihn be- zieht. Dennoch ist Sara als Verheißungsträgerin hier ebenso wichtig; ihre Erfahrung ist es, die sich in der Namensgebung des Kindes widerspiegelt Mit der Geburt von Isaak scheint zwar die Verheißung erfüllt zu sein und die Geschichte von Abraham und seiner Frau Sara ihren vorläu- figen Höhepunkt erreicht zu haben, doch ist diese noch lange nicht zu Ende. Sie erreicht viel- mehr ein neues Stadium, das von allen im Familienverband Lebenden eine Neuorientierung verlangt. Sara, die nun selbst Mutter eines Sohnes ist, wird bewusst, dass ihr Sohn nach gel- tendem Recht das Erbe mit Abrahams erstgeborenen Sohn Ismael wird teilen müssen. Dass der Sohn der Verheißung nicht auch der Erstgeborene und somit auch nicht der Haupterbe seines Vaters ist, kann und will Sara nicht akzeptieren. In Gen 21,8ff., wie bereits schon in Gen 16,1- 16, tritt sie wiederum als treibende Kraft gegen Hagar und ihren Sohn Ismael auf und sorgt dafür, dass Abraham schließlich Ismael samt seiner Mutter fortschickt.

4.1.7 Die Bindung Isaaks (Gen 22,1-19)

Bereits die verschiedenen Überschriften der Perikope - „Abrahams Opfer“, „Die Opferung Isaaks“, „Die Bindung Isaaks“ oder „Die Prüfung Abrahams“ - bereiten auf den Inhalt des Textes vor: Abraham wird von Gott auf die Probe gestellt, indem er den ihm übriggebliebenen Sohn Isaak als Opfer darbringen soll. Gen 22,1-19 zählt zu den schwierigsten und skandalöses- ten, zeitgleich aber auch zu den bekanntesten und theologisch bedeutendsten Texten des Alten Testaments, weil hier massiv die Frage nach dem Verhältnis zwischen Gott und den Menschen gestellt wird. Auffällig ist dabei, dass der Text ausschließlich von Abraham handelt und Sara mit keinem Wort erwähnt. Dabei ist es ihr Sohn, für den sie so lange gekämpft hat und der nun geopfert werden soll. Angesichts ihres leidenschaftlichen Kampfs um die Vormachtstellung Isaaks und die Übertragung des Erstgeburtsrechts von Ismael erscheint ihr Fehlen merkwürdig. Fischer sieht dies jedoch darin begründet, dass sie aufgrund der zweimaligen Preisgabe durch ihren Ehemann nicht mehr von Gott auf die Probe gestellt werden müsse. Abraham hingegen, der im Verlauf der Erzählungen alle Menschen um sich herum allzu leicht preisgegeben hat, soll nun am eigenen Leib erfahren, was er den Menschen - besonders den Frauen - in seinem Umfeld angetan hat. Da der Tod eines alten Mannes jedoch dem Lauf der Dinge entsprochen hätte, trachtet Gott nach dem Leben seines Sohnes Isaak, der jedoch im letzten Augenblick durch einen Engel des Herrn gerettet und vor dem Tod bewahrt wird (Gen 22,11). Besonders an dieser Stelle fällt die Parallelität zur Vertreibung Hagars und ihres Sohnes Ismael auf, auf die im weiteren Verlauf der Arbeit noch näher eingegangen werden soll. Warum Sara in dieser Erzählung, die zu den typischen Männertexten gezählt wird, jedoch keine Rolle spielt, ist fraglich und muss auf Basis des biblischen Textes letztendlich unbeantwortet bleiben.

4.1.8 Saras Tod und ihre Beisetzung (Gen 23,1-19)

Unmittelbar auf die Erzählung der Beinahe-Opferung Isaaks folgt die Erzählung über den Tod und das Begräbnis Saras. Dadurch, dass der Tod Saras so plötzlich und unvermittelt eintritt, bringt die jüdische Tradition diesen mit dem Schrecken über die Nachricht von der (Beinahe-) Opferung Isaaks in Verbindung. Über den Tod von Frauen, wie auch über Frauenbegräb- nisse, berichtet das Alte Testament in den seltensten Fällen, weshalb die vorliegende Erzählung eine Besonderheit im biblischen Kontext darstellt. Neben Sara erfahren die LeserInnen nur noch von Rebekka, Rahel, deren Schwester Lea sowie von Mirjam, dass sie nach ihrem Tod in einer Grabstätte beerdigt werden. Die Angabe ihres Todes weist jedoch noch eine weitere Besonder- heit auf: Es ist das erste und einzige Mal, dass die Bibel das Lebensalter einer Frau genau an- führt. Warum gerade Sara diese Ehre zuteilwird, bleibt ungewiss; wahrscheinlich aber soll durch ihr Lebensalter noch einmal ihre Wichtigkeit betont werden. Als Sara stirbt, betrauert Abraham erst einmal standesgemäß seine Frau und ersucht schließlich die autochthone Bevöl- kerung von Hebron, ihm einen geeigneten Grabplatz für seine Tote zu verkaufen. Das Angebot, die Grabhöhle als Geschenk zu akzeptieren, nimmt der Erzvater nicht an, wodurch der recht- mäßig erworbene Grabplatz zum ersten Besitz Abrahams im verheißenen Land wird und Sara damit zur ersten Erbin der Landverheißung (Gen 23,7ff.). Seither ist die Höhle von Machpela bei Mamre im Besitz der Erzeltern Sara und Abraham; sie ist deren Grabstätte sowie die Grab- stätte der nachfolgenden Generationen. Mit Ausnahme von Rahel lässt die Genesis in dieser Höhle alle bedeutenden Paare der Ursprungsgeschichte Israels bestatten.

4.1.9 Zwischenfazit

Sara kommt als Empfängerin der göttlichen Verheißung und als Erzmutter der über Isaak ver- laufenden Hauptverheißungslinie in diesem Erzählkomplex eine bedeutende Rolle zu, was an- gesichts der üblichen patrilinearen und androzentrischen Struktur der genealogischen Erzäh- lungen überrascht. Wenngleich die sprachliche Gestaltung der Zusagen an Sara als direkte Re- den an Abraham gestaltet sind und daher ausschließlich durch den Mann vermittelt an die Frau ergehen, stehen sie in ihrer Kraft denen an Abraham in nichts nach. Auch die Namensgebung für Isaak, die sowohl mit Abraham als auch mit Sara in direkte Verbindung gebracht werden kann (Gen 17,17; 18,12ff.), ist ein weiteres Beispiel für die gleichrangige Behandlung der bei- den. Dabei ist auffällig, dass die konkrete Geburtszusage direkt an Sara ergeht, während die eher allgemein formulierten Zusagen von Land und einer großen Nachkommenschaft meist an Abraham allein gerichtet sind - so auch in Gen 12,1-3 und Gen 15. Dennoch ist Sara als Frau in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft teilweise auch ohnmächtig den Entscheidungen der Männer ausgeliefert, was besonders anhand der Preisgabeerzählungen in Gen 12,10-20 und Gen 20,1-18 gezeigt werden konnte. Nichtsdestotrotz tritt sie nicht nur als Opfer der patriar- chalen Strukturen auf, sondern wird zur (Mit-)Täterin bei der Vertreibung Hagars und Ismaels zugunsten des von Gott verheißenen Sohnes Isaak. Für die ihm Rahmen der vorliegenden Ar- beit gestellte Frage nach der Bedeutung von Frauen und deren Darstellung innerhalb der Ur- sprungsgeschichte bleibt letztendlich festzuhalten, dass die Heilsgeschichte ganz von Sara und ihrem Handeln abhängig zu sein scheint; ohne Sara besteht keine Zukunft für die Verheißung Gottes. Selbst in den Situationen, in denen sie passiv gezeichnet wird, ist sie der entscheidende Faktor, da alleine durch sie die Verheißung erfüllt werden kann. Darüber hinaus wird Sara zur ersten Erbin der Landesverheißung, nämlich indem sie in der Höhle von Machpela, dem ersten rechtmäßig durch Abraham erworbenen Stück Land, beigesetzt wird.

4.2 Rebekka - eine Frau, die weiß, was sie will (Gen 24-28)

Rebekka, die Tochter Betuëls, eines Neffen Abrahams, und Schwester Labans steht von Gen 24 an im Mittelpunkt der Erzählungen. Auch wenn Abraham noch lebt, wird sie zusehends zur Hauptfigur der nachfolgenden Handlungen. Die Geschehnisse in Gen 24 sind daher als Binde- glied zwischen den Abraham-Sara- und den Isaak-Rebekka-Erzählungen zu verstehen und be- schreiben die Suche nach der richtigen Frau für Isaak, damit dieser die Verheißungslinie Abra- hams fortsetze. Abraham beauftragt mit der Suche den Großknecht seines Hauses, der mit der Hilfe Gottes auf Rebekka trifft, die sich als zuvorkommende und hilfsbereite Frau und damit als perfekte Heiratskandidatin für Isaak, den Sohn Abrahams und Saras, erweist. Entschlossen, die Reise ins Ungewisse anzutreten, folgt Rebekka dem Knecht Abrahams, um einen ihr völlig fremden Mann zu heiraten. Rebekka wird Ersatz und Nachfolgerin von Sara, der Frau Abra- hams und Mutter Isaaks, und bekommt bald darauf von ihrem Ehemann Zwillinge (Gen 25,19- 34). Nicht weniger entschlossen als bei der Entscheidung, dem Knecht ins Unbekannte zu fol- gen, wird Rebekka in ihrem Bestreben - dem von ihr konsultierten Geburtsorakel entsprechend , ihrem jüngeren Sohn Jakob zum väterlichen Segen zu verhelfen, dargestellt (Gen 27). Dennoch wird die entschlossene Frau Rebekka in Gen 26,1-11 - ebenso wie Sara zuvor in Gen 12,10-20; 20,1-18 - unverschuldet zur preisgegebenen Ahnfrau. Wie auch schon bei Sara hat dies jedoch keine weitreichenden Konsequenzen für Rebekka. Am Ende der Erzählung erfahren die LeserInnen nur noch vom Abschied des geliebten Sohnes Jakob, der nach dem Segensbetrug vor dem verärgerten Bruder um sein Leben fürchten muss und deshalb von Rebekka in ihre alte Heimat, zu ihrem Bruder Laban, geschickt wird (Gen 27,41ff.).

4.2.1 Die familiäre Herkunft Rebekkas (Gen 22,20-24)

Im Gegensatz zu Saras familiärer Herkunft, die weitestgehend, bis auf die kurze Notiz ihrer Geschwisterschaft mit Abraham in Gen 20,1, unklar bleibt, ist bei Rebekka eine genaue fami- liäre Verortung anhand der alttestamentlichen Texte möglich. Rebekkas Name taucht zum ers- ten Mal im biblischen Endtext in der in Gen 22,20-24 überlieferten Liste der Nachkommen- schaft Nahors und Milkas auf. Gen 22,20-24 bildet dabei die Fortsetzung des genealogischen Textes in Gen 11,26ff., wobei es sich hierbei rein formal nicht um eine Toledot im eigentlichen Sinne, sondern vielmehr um eine im nominalen Stil verfasste Aufzählung, eingeleitet durch eine Geburts- und Zeugungsnotiz Milkas, handelt. Auffällig ist bei der Aufzählung der Nach- kommen Nahors und Milkas, dass sie drei erstgeborenen Söhne durch weitere Angaben näher vorgestellt werden („Uz, seinen Erstgeborenen, dessen Bruder Bus sowie Kemuël, den Stamm- vater der Aramäer“; Gen 22,21), während die übrigen fünf nur durch Kopula und Akkusativar- tikel miteinander verbunden werden („ferner Kesed, Haso, Pildasch, Jidlaf und Betuël“; Gen 22,22). Bei Betuël, dem letztgenannten Sohn des Paars, wird die genealogische Liste noch um die Enkelgeneration, genauer gesagt um die Zeugung Rebekkas, erweitert. Bemerkenswert ist hierbei die Tatsache, dass der Betuëlsohn Laban, der im weiteren Verlauf der Ursprungsge- schichte Israels ebenfalls von großer Bedeutung sein wird, keine Erwähnung findet. Durch die resümierende Gebärnotiz Milkas in Vers 23 wird die Liste der acht Söhne abgeschlossen. Es scheint, als würde die Liste von zwei Frauen dominiert, nämlich von Milka und deren Enkel- tochter Rebekka, wobei besonders Rebekka der Fluchtpunkt und ihre Erwähnung der Höhe- punkt sowie das Ziel der kurzen genealogischen Episode sind. Diese ungewöhnliche Kon- zentration eines genealogischen Textes auf das weibliche Geschlecht und insbesondere auf die weibliche Nachkommenschaft ist im Hinblick auf die sonst überwiegend androzentrischen Ge- nealogien höchst ungewöhnlich für die Genesis und weist bereits jetzt auf die spätere Bedeu- tung Rebekkas hin. Auch in Gen 24,24.28 spiegelt sich die Konzentration auf die weibliche Linie der Genealogie wider, indem bei der erneuten Vorstellung Rebekkas die Mutter vor dem Vater genannt wird und Rebekka in das „Haus ihrer Mutter“ - und nicht, wie üblich, in das Vaterhaus - zurückläuft. In Vers 24 werden schließlich noch die weiteren Söhne Nahors auf- gelistet, die ihm eine Nebenfrau namens Rëuma geboren hat, welche aber für den weiteren Verlauf der Ursprungsgeschichte Israels, wie auch für die vorliegende Arbeit, nicht von weite- rem Interesse sind.

4.2.2 Brautwerbung für Isaak (Gen 24,1-61)

Die Geschichte von der Brautschau und Verheiratung Rebekkas mit Isaak ist eines der längsten Kapitel des Alten Testaments überhaupt. Im biblischen Text erfährt man, dass der hochbetagte Abraham den Großknecht seines Hauses zurück in das Land seiner Verwandtschaft, genauer gesagt in die Stadt Haran schickt, um dort für seinen Sohn Isaak eine Frau zu finden (Gen 24,3ff.). Dass Abraham für Isaak eine Frau aus seiner eigenen Sippe bevorzugt, ist kaum ver- wunderlich, da das Alte Testament in Bezug auf die Erzelternpaare endogame Eheschließungen bevorzugt, wie die von Sara und Abraham (Gen 20,12) oder Milka und Nahor (Gen 11,29), die beide aus der Sippe des Ehemannes entstammen. Wie wichtig es Abraham ist, seinen Sohn mit einer Frau seiner Stammsippe zu verheiraten, zeigt sich auch darin, dass er seinen Knecht einen Eid ableisten lässt. Hierbei muss der Knecht seine Hand unter die Hüfte seines Herren Abraham legen. Was aus heutiger Sicht befremdlich wirkt, war ein weit verbreiteter altorientalischer Schwurgestus, hinter dem „die Vorstellung stehen [mag], dass der Eidleistende bei seiner Man- neskraft schwört, die verdorren soll, wenn er den Eid bricht“. Der Abschnitt, der vom Auftrag Abrahams erzählt (Gen 24,1.9), ist als Vermächtnis Abrahams zu lesen, das als Bindeglied zwi- schen den beiden großen Erzählkreisen um Abraham und Sara und um Isaak und Rebekka fun- giert. Auffällig ist hierbei, dass Abrahams einziges Anliegen in Bezug auf die Verheiratung seines Sohnes Isaak das der endogamen Eheschließung, eine Heirat innerhalb der eigenen so- zialen Gruppe bzw. Gemeinschaft, ist. Dazu muss aber nicht nur der Knecht das verheißene Land verlassen und nach Osten zu der dort verbliebenen Verwandtschaft ziehen (Gen 24,10), sondern auch eine Frau finden, die bereit ist, mit ihm zu kommen und ihr Heimatland zu ver- lassen, um fortan in Kanaan zu wohnen.

Auf seinem Weg rastet der Knecht an einem Brunnen und lernt eine junge Frau mit dem Namen Rebekka kennen. Als der Knecht Abrahams sie um einen Schluck Wasser aus ihrem Krug bittet, gibt sie auch seinen Kamelen zu trinken (Gen 24,16ff.), was er als göttliches Zeichen dafür deutet, dass Rebekka die richtige Frau für Isaak ist. Während Abraham nur die Bedingung gestellt hat, dass die künftige Schwiegertochter aus der näheren Verwandtschaft, sprich: aus dem Hause Labans, stammen sollte, wird Rebekka darüber hinaus noch mit zahlreichen weite- ren Qualitäten beschrieben. Neben der Charakterisierung Rebekkas als virgo intacta wird sie als arbeitsfähig, jung und schön beschrieben, was den Vorstellungen des Erzählers von einer idealen Braut für Isaak entspricht. Bemerkenswert ist diesbezüglich, dass Gen 24,16 der einzige בּ („Jungfrau“) ist, derתוּלהBeleg in der erzählenden Literatur des Pentateuchs für den Begriff („noch kein Mann hatte sie erkannt“) sogarידעz הּא ואיdurch den direkt anschließenden Zusatz שׁ noch explizierend erläutert wird. Verwunderlich erscheint die explizite Betonung der Jungfräu- lichkeit Rebekkas vor allen Dingen deshalb, weil sowohl die biblischen als auch die gemein- orientalischen Gesetze klar die Erwartung erkennen lassen, dass eine Frau jungfräulich in die Ehe gehe. Warum hier Rebekkas Jungfräulichkeit derart hervorgehoben wird, bleibt unklar; allerdings vermuten die ExegetInnen, dass an dieser Stelle die außerordentlich hohe Wertschätzung der vorehelichen Unberührtheit der Frau zum Ausdruck kommen und Rebekka dadurch als ideale Heiratskandidatin herausgestellt werden soll. Dass die Begegnung mit Rebekka durch den Knecht Abrahams als Führung Gottes und als Zeichen seiner Huld und Treue gedeutet wird (Gen 24,26f.), scheint angesichts der perfekten Passung Rebekkas kaum verwunderlich. Auch Rebekkas Familie geht davon aus, dass Gott seine Hände mit im Spiel hat; Rebekkas Lebensweg, so scheint es ihnen, ist von Gott vorgezeichnet (Gen 24,50).

Nachdem auch die Familie ihr Einverständnis zu einer Heirat gegeben hat (Gen 24,50f.), ist allerdings noch offen, ob Rebekka überhaupt mit dem Knecht mitgehen will, da gemäß den Bräuchen in der patriarchalisch organisierten Familie über die Heirat Rebekkas verhandelt wird, ohne dass diese bisher überhaupt in das Gespräch einbezogen ist. Nun lassen die Fa- milienmitglieder jedoch Rebekka rufen und fragen sie - was für die damaligen Sitten unge- wöhnlich war -, ob sie mit dem Knecht Abrahams und seinen Leuten ziehen wolle. Daraus, so Pfister, lasse sich schließen, dass die Sippe Rebekka in besonderer Weise anerkennt und ihre Entscheidungen achtet und respektiert. Aufgrund der Tatsache, dass Rebekka nach der An- kunft des Knechtes nicht ins Vaterhaus, sondern ins das Haus ihrer Mutter läuft, um dort alles zu erzählen, was am Brunnen vorgefallen ist, kann man auch von einer besonderen Wertschät- zung der Frauen des im Osten verweilenden Familienzweigs sprechen. Obwohl ihre Mutter und ihr Bruder den Abschied noch etwas hinauszögern scheinen wollen (Gen 24,55), erklärt sich Rebekka, als sie befragt wird, bereit, sofort aufzubrechen (Gen 24,55). Hier zeigt sich eine deutliche Parallele zu Abraham, der dem Ruf Gottes, in ein ihm unbekanntes Land zu ziehen (Gen 12,1ff.), ebenfalls ohne Zögern folgt. Auch der Segenswunsch, die Mutter von Zehn- tausenden zu werden, die das Tor ihrer Feinde besitzen sollen, mit dem Rebekka entlassen wird (Gen 24,60), zeigt eine Parallele zu Abraham, da dieser Segenswunsch nahezu identisch mit

U. a. Blum, Erhard: Die Komposition der Vätergeschichte, Neukirchen-Vluyn 1984 (Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament, 57); Noth, Martin: Überlieferungsgeschichte des Pentateuch, 3. Aufl., Stuttgart 1966, S. 162ff.; von Rad, Gerhard: Theologie des Alten Testaments, Bd. 1, 8. Aufl., München 1982, S. 179ff.; Scharbert, Josef: Genesis 12-50, Würzburg 1986 (Die Neue Echter Bibel. Kommentar zum Alten Testament mit der Einheitsübersetzung, 16), S. 121ff.

Mit dem Wortspiel His-Story, das übersetzt so viel wie „seine Geschichte“ heißt, nutzt Fischer eine in der feministisch-theologischen Forschung etablierte Bezeichnung für eine Konzentration der Geschichtsschreibung ausschließlich auf das männliche Geschlecht und dessen Sichtweise. (Vgl. Fischer, Irmtraud: Gottesstreiterinnen. Biblische Erzählungen über die Anfänge Israels, 4. Aufl., Stuttgart 2013, S. 10; sowie dies.: Das Geschlecht als exegetisches Kriterium zu einer gender-fairen Interpretation der Erzeltern-Erzählungen, in: Wénin, André (Hg.): Studies in the Book of Genesis. Literature, Redaction and History, Leuven 2001 (Bibliotheca Ephemeridum Theologicarum Lovaniensium, 155), S. 135-152, hier S. 139.)

Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Einschätzung des evangelischen Theologen Martin Noth, der die in der Ursprungsgeschichte Israels auftretenden Frauengestalten nicht als eigenständige Überlieferungsgestalten sieht, da diese „nur in Beziehung zu dieser oder jener männlichen Gestalt [auftreten]“ (Noth: Überlieferungsgeschichte des Pentateuch, S. 164.).

In diesem Zusammenhang und auch im weiteren Verlauf der Arbeit soll der Begriff Frauengeschichte stellver- tretend für die Summe an Texten stehen, in denen Frauen im Mittelpunkt des Interesses und Geschehens stehen.

Im Gegensatz zur traditionell männlichen Geschichtsschreibung (His-Story) bezeichnet der Ausdruck Her-Story, der übersetzt so viel wie „ihre Geschichte“ bedeutet, ein Konzept von Geschichte, das „die Vergangenheit radikal vom Standpunkt der Frauen aus beleuchtet und Leistungen und Erfahrungen von Frauen in den Mittelpunkt rückt“ (Opitz, Claudia: [Art.] Geschichte (der Frauen)/Her-Story, in: Kroll, Renate (Hg.): Metzler Lexikon Gender Stu- dies Geschlechterforschung. Ansätze - Personen - Grundbegriffe, Stuttgart 2002, S. 149-151, hier S. 149.).

Vgl. besonders Fischer, Irmtraud: Genesis 12-50. Die Ursprungsgeschichte Israels als Frauengeschichte, in: Schottroff, Luise/Wacker, Marie-Theres (Hg.): Kompendium Feministische Bibelauslegung, 2. korr. Aufl., Gütersloh 1999, S. 12-25.

Trotz der in den letzten Jahrzehnten aufgekommenen Kritik an der Bezeichnung „Altes Testament“ für die Hebräische Bibel soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit an dieser festgehalten werden. Entgegen dem Vorwurf, dass bei der Nutzung des Begriffes „alt“ als Pendant zu „neu“ immer die Bedeutung veraltet oder überholt mitschwingt, soll an dieser Stelle auf die positive Konnotation des Wortes „alt“ im Sinne von altehrwürdig, kostbar und bewährt hingewiesen werden. Das Wortpaar „alt“ und „neu“ soll dementsprechend als korrelativ und, entgegen der Kritik, nicht als oppositionell verstanden werden. (Vgl. zur Diskussion auch Zenger, Erich: Einleitung in das Alte Testament, 8., vollst. überarb. Aufl., Stuttgart 2012, S. 11-21.)

Jeansonne, Sharon Pace: The Women of Genesis. From Sarah to Potiphar’s Wife, Minneapolis 1990.

Nowell, Irene: Evas starke Töchter. Frauen im Alten Testament, Darmstadt 2003.

Ohler, Annemarie: Frauengestalten der Bibel, 2. Aufl., Würzburg 1987.

Pfister, Herta: Der an uns Gefallen findet. Frauen im Alten Testament, 2. Aufl., Freiburg i. Br. 1986.

Sölle, Dorothee: Gottes starke Töchter. Große Frauen der Bibel, 3. Aufl., Ostfildern 2013.

Die kompensatorische Forschung versucht bedeutenden Männern bedeutende Frauen an die Seite zu stellen, während die kontributorische darauf abzielt, den Beitrag von Frauen in allen Lebensbereichen sichtbar zu machen. (Vgl. Lerner, Gerda: Welchen Platz nehmen Frauen in der Geschichte ein? Alte Definitionen und neue Aufgaben, in: List, Elisabeth/Studer, Herlinde (Hg.): Denkverhältnisse. Feminismus und Kritik. Frankfurt a. M. 1989, S. 334- 352.)

Hierbei wird im Wesentlichen der Einteilung Fischers (vgl. Fischer: Genesis 12-50, S. 12-26) gefolgt.

Vgl. hierzu u. a. Blum: Die Komposition der Vätergeschichte, S. 230f. und Westermann, Claus: Genesis, Bd. 3, Neukirchen-Vluyn 1982 (Biblischer Kommentar Altes Testament, I/3), S. 8ff.

Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 159.

Hierbei soll sich vor allem an der von Shlomith Rimmon-Kenan aufgestellten Erzähltheorie „Narrative Fiction“ und den von ihr genannten Analysekategorien orientiert werden. (Vgl. Rimmon-Kenan, Shlomith: Narrative Fiction, 2. Aufl., London 2002.)

Vgl. Rimmon-Kenan: Narrative Fiction, S. 59ff.

Vgl. Ebd., S. 67ff.

Während der Begriff Geschlechterrolle die Summe der von einem Individuum erwarteten Verhaltensweisen als Frau bzw. als Mann und damit ein überindividuelles, relativ stabiles und vorhersagbares geschlechtsspezifisches Verhaltensmuster beschreibt, steht bei der Theorie der Geschlechterdifferenz die Analyse der Beziehungen zwischen Männern und Frauen in ihrer Vielfalt sowie das hierarchische Verhältnis zwischen den Geschlechtern, wie es auf allen Ebenen des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens zum Tragen kommt, im Vordergrund. (Vgl. Feldmann, Doris/Habermann, Ina: [Art.] Geschlechterrolle, in: Kroll, Renate (Hg.): Metzler Lexikon Gender Studies Geschlechterforschung. Ansätze - Personen - Grundbegriffe, Stuttgart 2002, S. 158-159, hier S. 158; Kroll, Renate: [Art.] Geschlechterdifferenz, in: dies. (Hg.): Metzler Lexikon Gender Studies Geschlechterforschung. Ansätze - Personen - Grundbegriffe, Stuttgart 2002, S. 153-154, hier S. 153.)

Der Begriff „pseudepigraphische Schriften“ soll an dieser Stelle und im weiteren Verlauf der Arbeit als Synonym zu den ebenfalls in der Fachliteratur genutzten Bezeichnungen „apokryphe Schriften“, „außerkanonische Schriften“ und „zwischentestamentliche Literatur“ gebraucht werden.

Nachfolgend zitiert nach:Ellinger, Karl u. a. (Hg.): Biblia Hebraica Stuttgartensia, 5., verb. Aufl., Stuttgart 1997.

Nachfolgend zitiert nach: Rahlfs, Alfred u. a. (Hg.): Septuaginta, 2., durchges. und verb. Aufl., Stuttgart 2006.

Nachfolgend zitiert nach: Weber, Robert/Gryson, Roger (Hg.): Biblia Sacra Vulgata, 5., verb. Aufl., Stuttgart 2007.

Nachfolgend zitiert nach: von Gall, August (Hg.): Der hebräische Pentateuch der Samaritaner, Bd. 1, Gießen 1914.

Vgl. Fischer, Irmtraud: Gender-faire Exegese. Gesammelte Beiträge zur Reflexion des Genderbias und seiner Auswirkungen in der Übersetzung und Auslegung von biblischen Texten, Münster 2004 (Exegese in unserer Zeit, 14), S. 102f.; Schottroff, Luise u. a.: Feministische Exegese. Forschungserträge zur Bibel aus der Perspektive von Frauen, Darmstadt 1995, S. 90; zur Problematik des inklusiv androzentrischen Sprachgebrauchs auch ausführli- cher Bate, Barbara: Generic Man, Invisible Woman. Language Thought and Social Change, in: University of Mi- chigan Papers in Women’s Studies 2 (1975), S. 2-13, online unter http://files.eric.ed.gov/fulltext/ED105542.pdf [zuletzt eingesehen am 11.08.2016].

Vgl. Fischer: Gender-faire Exegese, S. 102; Schüssler Fiorenza, Elisabeth: Zu ihrem Gedächtnis... Eine feministisch-theologische Rekonstruktion der christlichen Ursprünge, München 1988, S 75f.

Vgl. Schüssler-Fiorenza, Elisabeth: Gender, Sprache und Herr-schaft. Feministische The*logie als Kyriarchatsforschung, in: Jost, Renate/Raschzok, Klaus (Hg.): Gender - Religion - Kultur. Biblische, interreligiöse und ethische Aspekte, Stuttgart 2011 (Theologische Akzente, 6), S. 17-35, hier S. 19f.

Vgl. Fischer: Das Geschlecht als exegetisches Kriterium zu einer gender-fairen Interpretation der ErzelternErzählungen, S. 135ff.

Vgl. Fischer, Irmtraud: Die Erzeltern Israels. Feministisch-theologische Studien zu Genesis 12-36, Berlin 1994 (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 222), S. 3.

Vgl. Weimar, Peter: Die Toledot-Formel in der priesterschriftlichen Geschichtsdarstellung, in Biblische Zeitschrift 18 (1974), S. 65-93, hier S. 71.

Vgl. Hieke, Thomas: Die Genealogien der Genesis, Freiburg i. Br. 2003 (Herders Biblische Studien, 39), S. 19f.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 41.

Vgl. Seebass, Horst: Genesis II. Vätergeschichte I (11,27-22,24), Bd. 2/1, Neukirchen-Vluyn 1997, S. 4; hierzu auch genauer Weimar: Die Toledot-Formel in der priesterschriftlichen Geschichtsdarstellung, S. 90.

Vgl. Fischer, Irmtraud: [Art.] Kinderlosigkeit, in: Görg, Manfred/Lang, Bernhard (Hg.): Neues Bibel-Lexikon, Bd. 2, Zürich 1995, Sp. 473-474, hier Sp. 473f.; dies.: Mütter und Kinder im Alten Testament, in: Welt und Umwelt der Bibel 6 (1997), S. 4-9, hier S. 5.

Vgl. Zwickel, Wolfgang: Frauenalltag im biblischen Israel, Stuttgart 2005, S. 55.

Vgl. hierzu auch Kapitel 4.1.3 sowie Kapitel 5.1.1.

Vgl. Bal, Mieke u. a.: Und Sara lachte. Patriarchat und Widerstand in biblischen Geschichten, Münster 1988, S.33; Krauss, Heinrich/Küchler, Max: Erzählungen der Bibel. Das Buch Genesis aus literarischer Perspektive, Bd. 2, Fribourg 2004, S. 15.

Vgl. Seebass: Genesis II, Bd. 2/1, S. 7.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 347; dies.: Gottesstreiterinnen, S. 18.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 119; Willi-Plein, Ina: Das Buch Genesis. Kapitel 12-50, Stuttgart 2011 (Neuer Stuttgarter Kommentar Altes Testament, 1/2), S. 25.

Dass es in Kanaan sowie in der näheren Umgebung immer wieder zu Hungersnöten gekommen ist, die die Bewohner dazu veranlasst haben, in ein anderes Land - vorzugsweise Ägypten - zu ziehen, belegen nicht nur weitere biblische Texte (u. a. Gen 26,1ff.; 42,5; 43,1ff.; 47,4), sondern auch ägyptische Bilder und Texte. (Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 123; dies.: Sara als Gründerin des Volkes Israel. Zur Befreiung einer aus männ- lichem Blick gezeichneten Erzählfigur aus dem Korsett des gender-bias in der Exegese, in: Kampling, Rainer (Hg.): Sara lacht... Eine Erzmutter und ihre Geschichte. Zur Interpretation und Rezeption der Sara-Erzählung, Paderborn 2004, S. 11-26, hier S. 16; Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 25; Willi-Plein: Das Buch Genesis, S. 33f.)

Vgl. hierzu in besonderer Weise auch Kapitel 5.4.2.

Vgl. Scharbert: Genesis 12-50, S. 130.

Das Motiv wird noch an zwei anderen Stellen (Gen 20,1-18; 26,1-11) aufgenommen und verarbeitet, wobei es jedes Mal einer der Erzväter ist, der befürchtet, dass ihn jemand töten könnte, um an seine als schön charakterisierte Frau heranzukommen und diese zu heiraten; vgl. hierzu auch Kapitel 4.1.5 und 4.2.5.

Dass Abraham seine Ehefrau dabei als seine Schwester ausgibt, scheint abwegig, jedoch charakterisiert sowohl das Alte Testament (Gen 20,12) selbst als auch das Jubiläenbuch, kurz Jub (nachfolgend immer zitiert nach:Berger, Klaus (Hg.): Das Buch der Jubiläen, Gütersloh 1981 (Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, II/3)), eine antike jüdische Schrift, die um 150 v. Chr. abgefasst wurde, Sara tatsächlich als Tochter des Vaters Abrahams (Jub 7,9). Die dadurch konstatierte Geschwisterbeziehung wird im Jubiläenbuch, anders als in der Genesis, bereits von Anfang an vorausgesetzt, was Abrahams Handeln in einem anderen (besseren!) Licht erscheinen lässt.

Vgl. Fischer, Irmtraud: Sara. Frauen unter der Verheißung, in: Walter, Karin (Hg.): Zwischen Ohnmacht und Befreiung. Biblische Frauengestalten, Freiburg i. Br. 1988, S. 23-32, hier S. 24f.; hierzu auch Crüsemann (vgl. Crüsemann, Frank: „... er aber soll dein Herr sein.“ (Gen 3,16). Die Frau in der patriarchalischen Welt des Alten Testaments, in: ders./Thyen, Hartwig (Hg.): Als Mann und Frau geschaffen. Exegetische Studien zur Rolle der Frau, Gelnhausen u. a. 1978, S. 74f.) der diese Stelle mit einer ähnlichen Akzentuierung übersetzt.

Vgl. Willi-Plein: Das Buch Genesis, S. 37.

Vgl. Blum: Die Komposition der Vätergeschichte, S. 308; Crüsemann: „... er aber soll dein Herr sein.“, S. 75f.; Seebass: Genesis II, Bd. 2/1, S. 25.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 124.

Die Groß- und Kleinviehherden, Esel, Kamele, Sklaven und Mägde, die Abraham in Gen 12,17 vom Pharao als Geschenk erhält, sind dabei als angebrachter Brautpreis für die Verheiratung einer Schwester zu verstehen und dienen zum einen der rechtlichen Legitimation der Heirat, zum anderen aber auch der Betonung des Reichtums der Erzeltern. (Vgl. Jacob, Benno: Das Buch Genesis, Nachdr. d. Orig.-Ausg. v. 1934, Stuttgart 2000, S. 351; Westermann, Claus: Genesis, Bd. 2, Neukirchen-Vluyn 1981 (Biblischer Kommentar Altes Testament, I/2), S. 192; zum Eherecht vertiefend Boecker, Hans Jochen: Recht und Gesetz im Alten Testament und im Alten Orient,

2., durchges. u. erw. Aufl., Neukirchen-Vluyn 1984, S. 94ff.; Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 80ff.)

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 130.

Vgl. Scharbert: Genesis 12-50, S. 130.

Dass die betrachtete Episode die sexuelle Zügellosigkeit der Ausländer und die Schlauheit wie auch die Gerissenheit des Ahnvaters Abraham belegen soll, wie in anderen exegetischen Kommentaren und Werken oftmals behauptet wird, ist angesichts des Textbefundes zu verwerfen. Dementsprechend ist auch eine Interpretation, nach welcher Sara nicht ihretwegen, sondern der Ehe mit Abraham wegen von Gott aus ihrer unzulänglichen Situation gerettet wird, abzulehnen. (Vgl. Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 165.)

Vgl. Blum: Die Komposition der Vätergeschichte, S. 310f.; Heister, Maria-Sybilla: Frauen in der biblischen Glaubensgeschichte, 3., durchges. Aufl., Göttingen 1990, S. 15; von Rad, Gerhard: Das erste Buch Mose. Genesis, Bd. 2, 9., überarb. Aufl., Göttingen 1972 (Das Alte Testament Deutsch, 2/4), S. 129.

Willi-Plein charakterisiert Gen 12,10-20 im Gegensatz dazu als „Asylantengeschichte“, wobei der Handelnde (Abraham) als Patron einer gegenüber den Bewohnern des Kulturlandes prinzipiell rechtlosen Gruppe angehört. (Vgl. Willi-Plein: Das Buch Genesis, S. 34.)

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 98.

Zitiert nach: Radner, Karen: Neuassyrische Texte, in: Janowski, Bernd/Wilhelm, Gernot: Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. Neue Folge, Bd. 1, Gütersloh 2004, S. 71-88, hier S. 76.

„Wenn die Ehefrau jemandes ihm keine Kinder gebiert, (aber) eine Prostituierte von der Straße [...], (dann) soll er diese Prostituierte [...] versorgen; die Kinder, welche die Prostituierte ihm geboren hat, sind seine Erben; aber solange seine Ehefrau lebt, soll die Prostituierte nicht mit dieser seiner ebenbürtigen Frau im Haus zusammenwohnen.“ (Zitiert nach: Démare-Lafont, Sophie: Die rechtliche Stellung von Frauen in den juristischen Texten des Alten Orients, in: Fischer, Irmtraud u. a. (Hg.): Tora, Stuttgart 2010 (Die Bibel und die Frauen. Eine exegetischkulturgeschichtliche Enzyklopädie, 1.1), S. 110-132, hier S. 113.)

Inwieweit das hier gezeichnete Ideal einer monogamen Beziehung im gesellschaftlichen Leben realisiert wurde, bleibt fragewürdig. Aufgrund der im Rahmen der Arbeit dargestellten Befunde zur in großen Teilen der Bevölke- rung praktizierten Polygamie bzw. Polygynie ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um die gängige Ehepraxis gehandelt haben dürfte. (Vgl. vertiefend Friedl, Corinna: Polygynie in Mesopotamien und Israel. Sozialgeschicht- liche Analyse polygamer Beziehungen anhand rechtlicher Texte aus dem 2. und 1. Jahrhundert v. Chr., Münster 2000 (Alter Orient und Altes Testament. Veröffentlichungen zur Kultur und Geschichte des Alten Orients und des Alten Testaments, 277), S. 41ff.)

Vgl. Friedl: Polygynie in Mesopotamien und Israel, S. 158; im Gegensatz dazu die polygyne Ehe zweier freier Frauen, was am Beispiel der Schwestern Rahel und Lea im weiteren Verlauf der Arbeit noch thematisiert wird. (Vgl. hierzu besonders Kapitel 4.3.2 und 4.3.3.)

Zitiert nach: Borger, Rykle: Akkadische Rechtsbücher, in: Kaiser, Otto (Hg.): Rechts- und Wirtschaftsurkunden Gütersloh 1982 (Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, 1), S. 32-95, hier S. 60.

Vgl. Bal: Und Sara lachte, S.46; Fischer: Genesis 12-50, S. 14.

Vgl. zur Perikope Gen 16,1ff. ausführlicher auch Kapitel 5.1.1.

Vgl. Blum: Die Komposition der Vätergeschichte, S. 422.

Auch wenn durch die Beschneidung der Fokus eindeutig auf dem männlichen Geschlecht liegt (vgl. zur Problematik der Exklusivität des Vollzuges des den Männern vorbehaltenen Bundeszeichens und einer dadurch Bedingten Geringschätzung der Frauen Plaskow, Judith: Und wieder stehen wir am Sinai. Eine jüdisch-feministische Theologie, Luzern 1992, S. 112) und Frauen das Bundeszeichen nicht tragen, partizipieren diese dennoch an der Verheißung, was am Beispiel von Sara gezeigt wird.

Vgl. Seebass: Genesis II, Bd. 2/1, S. 98.

Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 42f.; zur Bedeutung des Eigennamens Sara auch Noth, Martin: Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namensgebung, reprograf. Nachdr. d. Ausg. v. 1928, Hildesheim 1966 (Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen Testament, 46), S. 10.

Vgl. Fischer: Gender-faire Exegese, S. 117; dies.: Genesis 12-50, S. 14.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 11.

Vgl. Ebd.

„καὶ εὐλογήσω αὐτόν, καὶ ἔσται εἰς ἔθνη, καὶ βασιλεῖς ἐθνῶν ἐξ αὐτοῦ ἔσονται“; entgegen dieser Färbung des Textes die vor allem bei der von Rahlfs herausgegebenen Septuaginta-Ausgabe zu finden ist, betont die kritische Ausgabe der Göttinger Septuaginta von Wevers (vgl. Wevers, John William (Hg.): Septuaginta, Bd. 1, Göttingen 1974 (Vetus Testamentum Graecum Auctoritate Academiae Scientiarum Gottingensis, 1)), dass sie die Ausführungen in Gen 17,16 eindeutig auf Sara bezieht.

Fischer geht davon aus, dass durch eine erste Abänderung des masoretischen Textes die erste Akzentverschiebung im samaritanischen Text zu erklären ist, diese dann Eingang in die Septuaginta und Vulgata gefunden hat und schließlich dahingehend noch verstärkt wurde, dass allein Isaak derjenige ist, an den die Verheißung geht. (Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 11.)

Vgl. Seebass: Genesis II, Bd. 2/1, S. 108.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 11f.; dies.: Genesis 12-50, S. 15; dies.: Gottesstreiterinnen, S. 41ff.

Vgl. Jeansonne: The Women of Genesis, S. 22.

Vgl. Fischer: Sara als Gründerin des Volkes Israel, S. 20.

Vgl. Blum: Die Komposition der Vätergeschichte, S. 274; sowie Gunkel, Hermann: Genesis, 8. Aufl., Göttingen 1969 (Göttinger Handkommentar zum Alten Testament, I/1), S. 193.

Vgl. May, Melanie Ann: 1. Mose 18,1-15. Saras Lachen, in: Schmidt, Eva Renate u. a. (Hg.): Feministisch gele- sen. Ausgewählte Bibeltexte für Gruppen und Gemeinden, Gebete für den Gottesdienst, Bd. 1, Stuttgart 1988, S. 33-38, hier S. 33f.

Vgl. Fischer: Sara als Gründerin des Volkes Israel, S. 21.

Pfister: Der an uns Gefallen findet, S. 13.

Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 40.

Vgl. Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 62.

Vgl. Bail, Ulrike: Lustvolles Juchzen. Sara am Wendepunkt (Gen 18,12), in: FAMA-Die feministisch-theologi- sche Zeitschrift der Schweiz 3 (2008), S. 10-11, hier S. 11.

Vgl. Gunkel: Genesis, S. 199.

Vgl. Ebd.

Vgl. Heister: Frauen in der biblischen Glaubensgeschichte, S.25; May: Saras Lachen, S. 35f.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S 21; dies.: Gottesstreiterinnen, S. 41.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S 13.

Während Westermann (vgl. Westermann: Genesis, Bd. 2, S. 391) meint, dass die genaue Verortung Abrahams nicht eindeutig festgelegt werden könne, bezieht sich „von dort“ wahrscheinlich auf Mamre bzw. Hebron, den Wohnort Abrahams, der zwar zuletzt in Gen 18,1 genannt wird, zu dem er aber in Gen 18,33 zurückkehrt. Da Abraham in Gen 19 keine Erwähnung findet, ist davon auszugehen, dass Gen 20, hinsichtlich der Handlung, direkt auf Gen 18,33 folgt. (Vgl. hierzu auch Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 78; von Rad: Das erste Buch Mose, Bd. 2, S. 179; Seebass: Genesis II, Bd. 2/1, S. 159f.)

Gerar lag vermutlich 25 km südöstlich vom heutigen Gaza, an der Grenze zum damaligen direkten Einflussbe- reichs Ägyptens, und war zur Zeit der Patriarchen vermutlich ein städtisches Zentrum, dessen politischer Einfluss sich auf die ganze Gegend erstreckte. Daher sind beide von Seebass genannten Gründe als plausibel einzuschätzen und als Motiv des Aufenthaltes denkbar. (Vgl. Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 255; Seebass: Genesis II, Bd. 2/1, S. 163.)

Die Septuaginta ergänzt an dieser Stelle „ἐφοβήθη γὰρ εἰπεῖν ὅτι Γυνή µού ἐστιν, µήποτε ἀποκτείνωσιν αὐτὸν οἱ ἄνδρες τῆς πόλεως δι᾽ αὐτήν“, was als direkte Anspielung auf Gen 12, 10ff. und Gen 26,1ff. zu verstehen ist.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 138ff.; dies.: Gender-faire Exegese, S. 118; hierzu auch Willi-Plein: Das Buch Genesis, S.105.

Vgl. Jeansonne: The Women of Genesis, S. 24f.

Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 148.

Vgl. Bal: Und Sara lachte, S. 65; Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 89f.; dies.: Gender-faire Exegese, S. 118; dies.: Genesis 12-20, S. 16; Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 81.

Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 54.

Vgl. Willi-Plein: Das Buch Genesis, S. 108.

Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 54f.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 22.

Vgl. Gunkel: Genesis, S. 227; dementgegen Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 55; May: Saras Lachen, S. 36f. Vgl. Willi-Plein: Das Buch Genesis, S.189.

Vgl. zur Perikope Gen 21,9ff. ausführlicher auch Kapitel 5.1.2.

Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 67.

Vgl. hierzu ausführlicher auch 5.1.2.

Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 70; Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 106.

Vgl. Jacob: Das Buch Genesis, S. 505; Seebass, Horst: Genesis II. Vätergeschichte II (23,1-36,43), Bd. 2/2, Neukirchen-Vluyn 1999, S. 226f.

Da der Tradent nicht müde wird zu betonen, dass es sich bei der Höhle bzw. dem Grab um das Eigentum Abrahams handelt, das er rechtmäßig von einem Bewohner des Landes mit dem Namen Efron erworben hat, wird die Bedeutung und Dimension des Kaufes deutlich; mit der Höhle von Machpela beginnt sich die Landesverheißung langsam zu erfüllen. (Vgl. Fischer: Gender-faire Exegese, S. 120f.; Jeansonne: The Women of Genesis, S. 29; Krauss/Küchler: Erzählungen der Bibel, Bd. 2, S. 109f.)

Vgl. zur Bestattung Rahels auch Kapitel 4.3.5.

Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 46f.

Vgl. Fischer: Zur Bedeutung der Frauentexte in den Erzeltern-Erzählungen, in: dies. u. a. (Hg.): Tora, Stuttgart 2010 (Die Bibel und die Frauen. Eine exegetisch-kulturgeschichtliche Enzyklopädie, 1.1), S. 238-275, hier S. 259.

Vgl. Schroer, Silvia/Staubli, Thomas: Die Körpersymbolik der Bibel, 2., überarb. Aufl., Gütersloh 2005, S. 127. Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 74; Pabst, Irene: Szenen zweier Ehen. Beobachtungen zu den Erzelternpaaren Rebekka und Isaak und Rahe/Lea und Jakob, in: Klinger, Elmar u. a. (Hg.): Paare in antiken religiösen Texten und Bildern. Symbole für Geschlechterrollen damals und heute, Würzburg 2002, S. 93-133, hier: S. 96. Vgl. Fischer: Die Erzeltern Israels, S. 79.

Da das Wasserholen in alttestamentlicher Zeit eine typische Frauenarbeit war (Gen 20,1-14; 24,16-21; Ex 2,15- 17), traf man in der Regel auch Frauen und Mädchen am Brunnen an. Zwickel charakterisiert den Brunnen daher als Ort, an dem sich Männer und Frauen in der Öffentlichkeit kennenlernen, Gespräche miteinander führen oder Neuigkeiten austauschen konnten. Der Gang zum Brunnen, betont er weiterhin, stelle nahezu die einzige Mög- lichkeit für die Knüpfung von Außenkontakten dar. (Vgl. Schmid, Herbert: Die Gestalt des Isaak. Ihr Verhältnis zur Abraham- und Jakobstradition, Darmstadt 1991 (Erträge der Forschung, 274), S. 65f.; Zwickel: Frauenalltag im biblischen Israel, S. 70.)

Vgl. Engelken, Karen: Frauen im alten Israel. Eine begriffsgeschichtliche und sozialrechtliche Studie zur Stel- lung der Frau im Alten Testament, Stuttgart 1990 (Beiträge zur Wissenschaft vom Alten und Neuen, 130), S. 6. In der alttestamentlichen Zeit muss ein besonderes Interesse daran bestanden haben, dass die Töchter bis zur Brautwerbung Jungfrauen blieben. Dies zeigt sich besonders auch in den Rechtstexten zur Verführung einer un- verlobten Jungfrau (Ex 22,15f. und Dtn 22,28f.) und denen zur Eheschließung (Dtn 22,13-27). In allen Fällen muss, soweit es nicht die Schuld der Frau ist, dem Vater vom Angeklagten der volle oder in besonders schweren Fällen der doppelte Brautpreis für eine Jungfrau gezahlt werden. (Vgl. Engelken: Frauen im alten Israel, S. 6f.; hierzu auch Frevel, Christian: [Art.] Sexualität (AT), in: Berlejung, Angelika/Frevel, Christian (Hg.): Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, 4., aktual. und erw. Aufl., Darmstadt 2015, S. 393- 396, hier S. 393f.; Pabst: Szenen zweier Ehen, S. 97.)

Vgl. Nowell: Evas starke Töchter, S. 29.

Vgl. Pfister: Der an uns Gefallen findet, S. 19; hierzu auch Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 79; Jeansonne: The Women of Genesis, S. 61; Nowell: Evas starke Töchter, S. 29; Sölle: Gottes starke Töchter, S. 22. Vgl. Fischer: Gottesstreiterinnen, S. 79f.; Jeansonne: The Women of Genesis, S. 61f.; Pabst: Szenen zweier Ehen, S. 98.

Fin de l'extrait de 156 pages

Résumé des informations

Titre
Von Sara bis Tamar. Die Ursprungsgeschichte (Gen 12-38) Israels als Geschichte starker Frauen?
Université
Saarland University
Note
1,0
Auteur
Année
2016
Pages
156
N° de catalogue
V367926
ISBN (ebook)
9783668463370
ISBN (Livre)
9783668463387
Taille d'un fichier
1009 KB
Langue
allemand
Mots clés
Genesis Gender-Studies Geschlecht Frauenfiguren Exegese Altes Testament
Citation du texte
Dorothea R.B.J. Matheisen (Auteur), 2016, Von Sara bis Tamar. Die Ursprungsgeschichte (Gen 12-38) Israels als Geschichte starker Frauen?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367926

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