Wie trauern Kinder und wie können sie dabei begleitet werden? Verlustereignisse, Tod und Trauer im Kindesalter


Studienarbeit, 2014

24 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Kinder und die Notwendigkeit zu trauern
2.1 Tabuisierung des Todes gegenüber Kindern
2.2 Belastung durch kindliche Verlustereignisse
2.3 Folgen nicht bewältigter Trauer bei Kindern

3. Wie Kinder trauern

3.1 Begegnungen mit dem Tod

3.2 Altersentsprechende Entwicklung des kindlichen Todeskonzepts

3.3 Der Trauerprozess von Kindern
3.3.1 Anwendbarkeit gängiger Trauermodelle
3.3.2 Typische Trauerreaktionen von Kindern

4. Begleitung trauernder Kinder
4.1 Unterstützung im Familien- und privaten Kontext
4.2 Pädagogische Methoden und Materialien

5. Zusammenfassung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Kindern zu vermitteln, dass jemand gestorben ist, löst oft bei Erwachsenen Hilflosigkeit aus. Dennoch ist es wichtig, Kinder über Todesvorgänge zu informieren und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen mit den Themen Sterben, Tod und Trauer umzugehen. Ein Kind in dieser Angelegenheit so zu behandeln als sei es zu klein, resultiert in Verunsicherung und Angst vor dieser Thematik.

Im ersten Kapitel wird die Notwendigkeit der Trauer vor dem Hintergrund beleuchtet, welche Folgen die Tabuisierung der Themen Sterben, Tod und Trauer sowie nichtbewältigte Trauer haben kann. Es wird erörtert, welchen Einfluss kindliche Verlustereignisse tatsächlich auf die Psyche und den Körper des Kindes haben.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich konkret damit, wie Kinder Trauer aus- und erleben. Mehrere Faktoren beeinflussen die Entstehung eines ersten Todeskonzeptes – teilweise abhängig und teilweise unabhängig von der emotionalen Reife des Kindes. Eine kognitive und altersentsprechende Entwicklung des Konzepts vom Tod entsteht in Verbindung mit mehreren Subkonzepten. Es wird darauf eingegangen, welche Vorstellungen vom Tod im Laufe der psychosozialen Entwicklung entstehen. Dabei ist anzumerken, dass der individuelle Entwicklungsrahmen eines Kindes die hier vorgenommene Einteilung in Altersgruppen nicht so streng zulässt.

Anschließen wird beschrieben inwiefern gängige Trauermodelle auf trauernde Kinder übertragen werden können und welche typischen Trauerreaktionen bei Kindern vorherrschen.

Kapitel drei beinhaltet schließlich Ausführungen dazu, wie trauernde Kinder in verschiedenen Kontexten begleitet werden können und wie der Umgang im Alltag gestaltet werden sollte.

Der Begriff „Kind“ bezieht sich hier im Übrigen auf das Lebensalter von bis zu ca. 14 Jahren.

2. Kinder und die Notwendigkeit zu trauern

2.1 Tabuisierung des Todes gegenüber Kindern

Erwachsenen fällt es gegenüber Kindern besonders schwer über Verlust und Tod zu sprechen (Ennulat, 2003, Hoffmann, 1995, Kelley, 2001). Kinder sollen damit vor einer Konfrontation geschützt werden. Hierbei sind es aber auch die Eltern, die es vermeiden, sich damit selbst auseinanderzusetzen. Sie sehen sich mit den eigenen Ängsten konfrontiert, wenn Kinder konkrete und direkte Fragen zu dem Thema stellen (Schweitzer & Niedermann, 2000, Tausch-Flammer & Bickel, 1995).

Infolge dessen wird gerade jüngeren Kindern eine wichtige Möglichkeit genommen sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Durch eine Tabuisierung wird die Entwicklung eines Todeskonzepts in Verbindung mit einer realistischen Todesvorstellung derart beeinflusst, dass falsche Annahmen bestärkt werden können. Wenn Fragen nicht beantwortet werden, können mit dem Tod verbundene Ängste auch nicht angesprochen werden. Eltern vermitteln ihren Kindern damit, dass Trauer unerwünscht ist (Weber & Fournier, 1985).

Mögliche Folgen können aggressive Handlungen und psychosomatische Symptome sein. Eine fehlende Heranführung an das Thema kann des Weiteren zu starken Entfremdungsprozessen im Umgang mit Sterben und Tod, aber auch mit Krankheiten führen (Dittrich, 1988, Freese 2001).

Auch wenn Kinder ihre Eltern beim Trauern nie beobachten konnten, kann Trauer in Konsequenz als Gefühl empfunden werden, das bedrohlich ist und umgangen werden sollte (Weber & Fournier, 1985). Die Trauerfähigkeit des Kindes wird dadurch also maßgeblich beeinflusst, denn die Beteiligung an der Trauer nach dem Verlust eines (beispielsweise) engen Familienangehörigen setzt Maßstäbe am künftigen Umgang mit Verlusten und Bewältigungsprozessen.

Es ist belegt, dass es hilfreich ist, Kinder in Trauerrituale wie Trauerfeiern oder Bestattungen einzubeziehen. Bestehende Ängste können dadurch gemildert und der Tod kann hierbei als etwas Realistisches und Endgültiges akzeptiert werden. Ein weiterer wichtiger Faktor von Trauerritualen als Möglichkeit der Auseinandersetzung mit Tod und Sterben ist das dabei entstehende Gefühl von Verbundenheit mit der Familie und weiteren nahestehenden Menschen (Kranzler, Shaffer, Wasserman & Davies, 1989).

2.2 Belastung durch kindliche Verlustereignisse

Dass eine Tabuisierung Kindern gegenüber stattfindet, ist auch der Beobachtung geschuldet, dass diese auf ein Todesereignis anders reagieren als erwachsene Menschen. Kinder weinen beispielsweise beim Tod einer nahestehenden Person häufig nicht, was Eltern irritiert und zum Trugschluss führt, dass keine hohe Belastung stattfindet. (Hierauf wird in Pkt. 2.3.2 „Typische Trauerreaktionen von Kindern“ näher eingegangen) Das Gegenteil ist der Fall:

Die 1967 von den Psychiatern Thomas Holmes und Richard Rahe entwickelte Social Readjustment Rating Scale (SRRS) gibt die Stresswerte verschiedener Lebensereignisse an. Je nach Höhe des Wertes ist nach dieser Skala der Stress umso ausgeprägter, je mehr Lebensbereiche neuen Umständen angepasst werden müssen. Personale Ereignisse zählen hier als jene, die eine hohe Belastung darstellen. (Holmes & Rahe, 1967) Auch wenn sich diese Skala auf Angaben von erwachsenen Menschen stützt, gilt für Kinder und Jugendliche eine ähnliche hohe Belastung durch Verlustereignisse (Yeaworth, York, Hussey, Ingle & Goodwin, 1980). Bestätigt wird dies durch die Studie von Coddington (1972) in Zusammenarbeit mit Experten aus verschiedenen Bereichen der Kinderbehandlung und –betreuung.

Eine Differenzierung von Dauer und Ursache des Verlusts ist dabei notwendig, da die Folgen sich unterscheiden (Canetti et al, 2000).

Trennung und Tod stellen für Kinder eine existenzielle Bedrohung von Geborgenheit und Sicherheit dar, gerade wenn es sich um den Verlust eines Elternteils handelt. Für das Kind ist dies ein kritisches Lebensereignis mit mittel- und längerfristigen Konsequenzen, welches sich von den normalen Entwicklungsaufgaben deutlich abhebt (Tomori, 2000).

Umso wichtiger ist es für Kinder Trauer ausleben zu können.

2.3 Folgen nicht bewältigter Trauer bei Kindern

Trauerreaktionen sind notwendig und nicht als pathologisch einzuordnen. Trauer als Reaktion auf Verluste ist eine lebensnotwendige Fähigkeit zur Bewältigung des Erlebten. Auch für Kinder bedeutet das, nach entsprechend extremen Veränderungen der Lebenssituation mit Hilfe der individuellen Reaktion wieder einen stabilen Zustand zu finden (Canacakis, 2007).

Können oder dürfen Kinder ihre Trauer nicht ausdrücken, wirkt sich das unter Umständen derart aus, dass sie sich anderen gegenüber verschließen oder mit Aggression reagieren. Diese kann sich gegen sich selbst, andere oder auch den Verstorbenen richten.

Folgen verdrängter Trauer können neben Verhaltensauffälligkeiten auch psychosomatische Auswirkungen haben wie beispielsweise Konzentrationsschwierigkeiten, Neurodermitis, Bauchschmerzen oder Albträume.

Möglich ist auch Regression – also der Rückfall auf eine andere Entwicklungsstufe. Ein typisches Zeichen hierfür wäre das Bettnässen.

Häufig ziehen sich Kinder, die Trauergefühle nicht zeigen, auch emotional zurück. Sie spüren vor allem positive Gefühle nicht mehr (ebda.).

Weitere Anzeichen wie ängstlich-anklammerndes Verhalten, Versagensängste, Antriebs- und Interesselosigkeit, Leistungsverweigerung, Essstörungen sowie Schlafstörungen können Hinweise für die Entwicklung einer Depression im Kindesalter sein (Heimann & Hopf, 2008).

Gerade vor diesem Hintergrund ist es notwendig Kinder am Trauerprozess teilhaben zu lassen und ihnen zu vermitteln, dass Trauerreaktionen wichtig und angemessen sind.

3. Wie Kinder trauern

3.1 Begegnungen mit dem Tod

Um ein Todeskonzept entwickeln zu können sind neben dem Alter des Kindes Einflussfaktoren wie die emotionale Reife und die Erfahrungen, wie es dem Tod zunächst begegnet, entscheidend. Nach Plieth (2002) gibt es auf dieser Ebene direkte, indirekte und fiktive Erfahrungen und Begegnungen mit dem Tod.

Eine direkte Begegnung geschieht durch den Tod eines Haustieres oder nahestehenden Menschen. Wenn dann der Trauerprozess zugelassen wird, kann ein konkretes Todeskonzept entstehen. Trotz der damit verbundenen emotionalen Belastung findet somit eine der Entwicklung zuträglichen Auseinandersetzung statt.

Eine indirekte Erfahrung wiederum meint die Konfrontation mit dem Tod in Verbindung mit Medien, Spielen oder auch durch beiläufige Erwähnungen von erwachsenen Menschen. Findet hierbei keine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Thema statt, wird der Entwicklung eines Todeskonzepts dahingehend Raum gelassen, als dass der Tod als eine reversible Angelegenheit verstanden wird. Phrasen und Metaphern, die den Tod im übertragenden Sinne umschreiben, sollen Kinder vor der Realität schützen, geben aber ein ungenaues, surreales Bild vom Tod. Beispiele hierfür sind: „xy ist entschlafen/eingeschlafen“ (schürt Ängste vor dem Einschlafen) oder „xy ist jetzt im Himmel“ (verwirrt, weil zwischen realem und metaphysischem Himmel nicht unterschieden werden kann).

In der Phantasie des Kindes, beim Lesen und Geschichten erzählen kommt die fiktive Erfahrung zum Ausdruck. Sie gibt die Möglichkeit festzustellen, wie der Tod zum jetzigen Zeitpunkt seitens des Kindes eingeordnet wird und ist geeignet für die präventive Auseinandersetzung mit dem Thema

Diese drei Faktoren beeinflussen also unter anderem die Reifung eines kindlichen Todeskonzepts. Weitere Einflussfaktoren sind der kulturelle und religiöse Hintergrund sowie das soziale Umfeld (Schweitzer & Niedermann, 2000, Specht-Tomann & Tropper, 2001).

Die kognitive und altersentsprechende Entwicklung von der Vorstellung über den Tod wird im Folgenden erläutert.

3.2 Altersentsprechende Entwicklung des kindlichen Todeskonzepts

Bis sich ein vollständiges realistisches Konzept über den Tod und das Sterben entwickelt hat, bestehen im Verlauf der psychosozialen Entwicklung verschiedene Vorstellungen über den eigenen Tod und den Tod anderer.

Vier Subkonzepte werden in der Literatur in diesem Zusammenhang stets genannt: Irreversibilität, Kausalität, Nonfunktionalität und Universalität. Für das Verständnis des Todes sind diese Komponenten grundlegend.

Irreversibilität ist die Unumkehrbarkeit, die Endgültigkeit des Todes. Eine Rückkehr in das Leben gibt es nicht.

Die Kausalität beschreibt die Erkenntnis, dass der Tod verschiedene Ursachen haben kann, die biologisch oder physikalisch erklärbar sind.

Unter Nonfunktionalität versteht man den Verlust aller Lebensfunktionen, der den Tod herbeiführt.

Universalität schließlich bezieht sich auf die Unausweichlichkeit des Todes für alles Lebende.

(Wintsch, 1996, Wittkowski, 1990)

Diese Subkonzepte werden durch die altersspezifische und kognitive Entwicklung des Kindes beeinflusst. Das kindliche Todeskonzept verändert sich je nach individuellem Entwicklungsrahmen im Laufe des Lebensalters. Die Einteilung in Altersgruppen erfolgt auf Grundlage statistischer Häufigkeiten (Baumgart, 2007).

Kinder im Alter von bis zu ca. 3 Jahren

Zunächst können Gedanken und Vorstellungen zu diesem Zeitpunkt nicht verbalisiert werden („Hindernis der Sprachbarriere“). Sie haben kein Vorverständnis darüber, dass es eine zeitliche Begrenzung des Lebens gibt. Der Tod ist gleichzusetzen mit einem vorübergehenden Verschwinden, einer Abwesenheit (Subkonzept der Irreversibilität) (Eichinger & Spölgen, 1996). Zwar ist der Begriff Tod kognitiv in dieser Altersspanne nicht erfassbar, das Gefühl des Vermissens, bzw. Trennungsschmerz ist aufgrund der ausgebildeten Objektpermanenz des Kindes jedoch vorhanden. Dieses Gefühl bezieht sich ausschließlich auf die Trennung von einer nahestehenden Bezugsperson. Zudem sind sie in der Lage die Emotionen der Eltern zu wahrzunehmen (Baumgart, 2007, Wintsch, 1996).

Kinder im Alter von ca. 3 bis ca. 5 Jahren

Ab ungefähr drei/vier Jahren prägt sich mit der fortschreitenden Entwicklung des Denk- und Sprachvermögens und der Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen sich selbst und anderen eine Vorstellung von Sterben und Tod aus. Die Entdeckung, in der Lage zu sein Dinge in der Realität zu beeinflussen, führt auch zum Bewusstsein darüber, dass etwas zerstört werden kann. Damit wird in dieser Phase der Entwicklung eines Todeskonzepts das magisch-omnipotente Denken in den Mittelpunkt gerückt (Gudas, 1993). Gleichzeitig sind die Subkonzepte der Universalität und Irreversibilität noch nicht präsent. Nahestehende Personen werden in der Vorstellung des Kindes vom Tod ausgeschlossen und eine Person kann „ein bisschen tot“ sein. Objekten und verstorbenen Menschen wird Lebendigkeit zugeschrieben (animistisches Denken) (Thompson & Payne, 2000).

Alles, was das Kind in dieser Phase sieht und hört hat Wirklichkeitscharakter. Es muss eine Änderung bei Personen oder Gegenständen miterlebt haben um zu akzeptieren, dass ein Wandel stattgefunden hat (Specht-Tomann & Tropper, 2000).

Kinder im Alter von ca. 5 bis ca. 9 Jahren

Die Realisierung, dass zwischen Leben und Tod Unterschiede bestehen und die Konzepte von Irreversibilität, Kausalität und Nonfunktionalität werden nach und nach gefestigt. Das Verständnis davon, dass der Tod Ursachen wie Gewalt oder Unfälle haben kann und mit dem Aufhören der Körperfunktionen verbunden ist, entwickelt sich. Hingegen die Vorstellung davon, dass Krankheit oder ein hohes Alter Todesursachen sein können, ist noch unausgereift.

Der Tod wird gegenüber anderen Personen auch als Vernichtungswunsch geäußert, was ein entwicklungsbedingtes Verhalten (magisches Denken) darstellt und den Wunsch nach Ruhe und dem Entkommen aus einer Situation ausdrücken soll (Schweitzer & Niedermann, 2000). Tod gilt für das Kind weiterhin als Bestrafung „böser“ Menschen.

In dieser Zeit entwickelt sich das volle Verständnis vom Tod. Die Frage, was nach dem Tod kommt, taucht ebenso auf (Pisarski & Pisarski, 2008).

Kinder und junge Jugendliche im Alter von ca. 9 bis ca. 12 Jahren

Es kann davon ausgegangen werden, dass in dieser Altersspanne die Themen Tod und Sterben vollständig verstanden werden. Das Kind kann jetzt Todeskonzepte und –ursachen begreifen und anerkennen. Auch das Interesse an biologischen Aspekten des Todes wächst und die eigene Sterblichkeit wird realisiert und akzeptiert (Bürgin, 1991).

Jugendliche ab ca. 13 Jahren

Die Beschäftigung mit der eigenen Sterblichkeit wird in Verbindung mit der Identitätssuche mehr und mehr relevant. Die Todesvorstellung lässt sich nun mit der von erwachsenen Menschen vergleichen. Das Subkonzept der Universalität wird vollständig anerkannt. Der Gedanke an den eigenen Tod kann Ängste auslösen, die sich Zynismus, Ablehnung von offener Auseinandersetzung oder auch Verleugnung niederschlagen. Auch Suizid- und Immortalitätsphantasien sind normale Bestandteile der Entwicklung des Todeskonzepts im Jugendalter (Fleck-Bohaumilitzky, 2004).

3.3 Der Trauerprozess von Kindern

Trauerprozesse verlaufen aufgrund einzigartiger Fähigkeiten und Eigenschaften nicht nur bei Kindern individuell. Einen konkreten zeitlichen Rahmen zu setzen spräche gegen den individuellen Trauerverlauf, auf den aktiv eingewirkt werden kann (Attig, 1991).

Im klassischen Fall beinhaltet der Trauerprozess stets die Erkenntnis und Akzeptanz der Irreversibilität des Ablebens eines Menschen sowie die Wiederaufnahme neuer Bindungen. Je intensiver die Bindung war, desto länger und schwieriger erfolgt die Ablösung (ebda.).

3.3.1 Anwendbarkeit gängiger Trauermodelle

Bestimmte Muster und Abläufe sind bei Trauerprozessen dennoch zu beobachten. Hierbei kann man lineare und zyklische Modelle, die sich jeweils auf unterschiedliche Trauersituationen beziehen.

Kritiker sehen beispielsweise lineare Modelle (z.B. von John Bowlby) als ungeeignet an, da Trauer nicht in einem chronologischen Prozess erfolgt, sondern einzelne Phasen übersprungen werden, zwischen Phasen gewechselt werden und in Trauerphasen zurückgefallen werden kann. Dennoch werden durch Trauermodelle häufige und typische Verläufe herausgearbeitet, die ein grobes Muster zur Orientierung darstellen (Nestele, 1998).

Die bekannten Trauermodelle (Bowlby, Kast, etc.) eignen sich für erwachsene Menschen, für die sie konzipiert wurden. Auch bei Jugendlichen sind solche Modelle anwendbar, da diese über ein ähnliches Todeskonzept und Trauerverhalten wie Erwachsene verfügen. Kinder hingegen durchleben häufig keinen phasenhaften Trauerprozess, sondern einen Wechsel zwischen Zeiten ohne beobachtbare Trauer und Zeiten starker Trauer (Franz, 2002, Wintsch 1996).

3.3.2 Typische Trauerreaktionen von Kindern

Trauer bei Kindern zeigt sich durch verschiedene Reaktionen, die individuell und variabel sind. Ausbrüche von Angst, Traurigkeit, Protest und Wut können hierbei immer wieder an- und abschwellen, was ein Zeichen dafür ist, dass trauernde Kinder sich den Situationen entziehen, die sie überwältigen oder als zu anstrengend empfinden. Vor allem Abläufe wie Schlafen oder Essen sind dabei gestört (Clark, Pynoos & Goebel, 1994).

Wenn Kinder Trauer ausdrücken, entsteht häufig der Eindruck, dass sie gar nicht trauern. Begründet wird dies oft damit, dass Kinder Trauer nicht durch Weinen oder Worte zeigen. Vielmehr kommen andere Ausdrucksmöglichkeiten wie Schreien, Toben, Spielen oder auch Malen zum Vorschein (Canacakis, 2007).

Das kindliche Verhalten ist dabei also die wichtigste Ausdrucksform. Nicht alle Kinder möchten oder wollen über ihre Trauergefühle reden.

Gesellschaftliche Normen sind für die Trauerreaktionen für Kinder irrelevant. Sie drücken ihre Gefühle und Gedanken zum Beispiel im Spiel aus.

Es kann durchaus passieren, dass der Tod zunächst verleugnet wird. Gefühle werden häufig versteckt – auch um die eigenen Eltern zu schützen.

Wie bereits beschrieben, werden Abläufe einerseits gestört, andererseits gibt es Kindern Sicherheit, an alltäglichen Abläufen festzuhalten. Diese Reaktion ist wiederum Beispiel für die scheinbare Nicht-Betroffenheit von Kindern (ebda.).

Im Folgenden werden beispielhaft einige typische Reaktionen in nicht vollständiger Aufzählung und deren Anzeichen umrissen:

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Wie trauern Kinder und wie können sie dabei begleitet werden? Verlustereignisse, Tod und Trauer im Kindesalter
Hochschule
Hochschule Zittau/Görlitz; Standort Görlitz
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
24
Katalognummer
V367946
ISBN (eBook)
9783668463035
ISBN (Buch)
9783668463042
Dateigröße
697 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Trauer, Sterben, Kinder, Kindheit, Tod, Entwicklung, Trauerarbeit, Tabu, Tabuisierung, trauern, Verlust, Belastung, Bewältigung, bewältigen, Todeskonzept, kindlich, Trauermodell, Trauerreaktion, altersentsprechend, pädagogisch, Methoden, Material, Unterstützung, Familie, Eltern, Folgen, Verlustereignisse, Kindesalter, Panneitz, Nadine Panneitz, Kinder und Trauer, Begleitung, Kinder begleiten, Kinder trauern, Tod und Trauer
Arbeit zitieren
Nadine Panneitz (Autor:in), 2014, Wie trauern Kinder und wie können sie dabei begleitet werden? Verlustereignisse, Tod und Trauer im Kindesalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367946

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