Ratingagenturen als Akteure im internationalen Finanzsystem sind seit der letzten Finanzkrise verstärkt in den Blickpunkt von Öffentlichkeit und Politik gerückt. Sie werden von vielen als Hauptschuldige für die Finanzkrise, wie auch für die europäische Staatsschuldenkrise angesehen. Jedenfalls spielen die Ratingagenturen eine herausragende Rolle in der Finanzwelt, sie werden gar als „private Wächter der Kreditmärkte“ bezeichnet, da ihrem Urteil für den faktischen Zugang zu den Finanzmärkten erhebliche Bedeutung zukommt. Gleiches gilt für das Aufsichtsrecht. Entscheidend in Hinblick auf eine eventuelle Haftung ist, dass sich häufig die Zinsen für Kredite oder Wertpapiere am Rating orientieren. Aufgrund des daraus resultierenden Einflusses auf die Praxis an den internationalen Finanzmärkten, stellt sich neben den vieldiskutierten Fragen nach einer zukünftigen effektiven Regulierung und Überwachung sowie der Rolle als Marktkontrollinstanz auch jene nach der Haftbarmachung der Agenturen für eventuelles Fehlverhalten. Diese soll Thema der vorliegenden Arbeit sein.
Die Frage der Haftung hat verschiedene Aspekte. Zunächst ist zwischen der Haftung gegenüber dem bewerteten Emittenten und jener gegenüber den auf das Rating vertrauenden Anlegern zu unterscheiden. Für die Haftungsgrundlagen nach deutschem Recht wird diese in den Abschnitten B.I. und B.II. dargestellt. Anschließend sollen unter B.III. die Durchsetzung dieser Ansprüche und die Probleme, welche sich hierbei ergeben, thematisiert werden. Um von diesen Schwierigkeiten abzuhelfen wurde mit Art. 35a der Rating-VO eine eigene europäische Haftungsnorm geschaffen, diese wird in Abschnitt C. aufgegriffen. Abschließend soll in Abschnitt D. noch ein kurzer Blick auf die Lage andernorts in der Welt, insbesondere in den USA, geworfen werden, bevor ein Fazit gezogen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- I. Funktion und Arbeitsweise
- II. Geschichtlicher Überblick
- III. Rolle in der Finanzkrise und Kritikpunkte
- IV. Regulierung
- V. Verhältnis von Zivil- und Aufsichtsrecht
- B. Haftung nach deutschem Recht
- I. Fehlerhaftigkeit des Ratings
- II. Haftung gegenüber bewerteten Emittenten
- 1. Vertragliche Haftung
- 2. Deliktische Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB
- 3. Haftung wegen Kreditgefährdung nach § 824 BGB
- 4. Haftung wegen Sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung nach § 826 BGB
- 5. Zusammenfassung
- III. Haftung gegenüber Anlegern
- 1. Prospekthaftung
- 2. Vertragliche Haftung
- 3. Quasivertragliche Haftung
- 4. Deliktische Haftung nach § 823 BGB
- 5. Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB
- 6. Zusammenfassung
- IV. Anspruchsdurchsetzung
- 1. Gerichtliche Zuständigkeit
- 2. Darlegungs- und Beweislast
- V. Zusammenfassung der nationalen Rechtslage
- C. Haftung nach europäischem Recht
- I. Anlass zur Neuregelung
- II. Haftung nach Art. 35a Rating-VO
- 1. Anwendungsbereich
- 2. Haftungsrelevante Zuwiderhandlungen
- 3. weitere Haftungsvoraussetzungen
- 4. Darlegungs- und Beweislast, Substantiierungserleichterungen
- 5. Haftungsbeschränkung (Art. 35a Abs. 3)
- 6. qualifiziertes Mitverschulden (Art. 35a Abs. 1 Unterabs. 2 und 3)
- 7. Auslegung und Verhältnis zu anderen Vorschriften (Art. 35a IV-VI)
- III. Zusammenfassung der europäischen Rechtslage
- D. Rechtslage in anderen Juristiktionen
- E. Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der rechtlichen Haftung von Ratingagenturen, insbesondere im Zusammenhang mit der Finanzkrise. Sie analysiert die Haftungsregime auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene und untersucht die verschiedenen Haftungsformen, die gegenüber Emittenten und Anlegern bestehen.
- Rechtliche Grundlagen der Ratingagenturen
- Haftung von Ratingagenturen gegenüber Emittenten und Anlegern
- Regulierungsmechanismen im Bereich der Ratingagenturen
- Einfluss der Finanzkrise auf die Haftung von Ratingagenturen
- Vergleichende Betrachtung der Rechtslage in verschiedenen Juristiktionen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen umfassenden Überblick über die Funktion und Arbeitsweise von Ratingagenturen, ihren historischen Hintergrund sowie ihre Rolle in der Finanzkrise. Sie beleuchtet außerdem die bestehenden Regulierungsmechanismen und das Verhältnis von Zivil- und Aufsichtsrecht.
Das Kapitel über die Haftung nach deutschem Recht untersucht die verschiedenen Haftungsformen gegenüber Emittenten und Anlegern, wobei die Schwerpunkte auf der vertraglichen und deliktischen Haftung liegen. Es analysiert die relevanten Rechtsnormen und die Beweislastverteilung.
Das Kapitel über die Haftung nach europäischem Recht beleuchtet die Entwicklung des europäischen Regulierungs- und Aufsichtsregimes für Ratingagenturen, insbesondere die Einführung des Art. 35a der Rating-VO. Es analysiert den Anwendungsbereich, die haftungsrelevanten Zuwiderhandlungen und die weiteren Haftungsvoraussetzungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themenbereiche Ratingagenturen, Haftung, Finanzkrise, Regulierung, Zivilrecht, Aufsichtsrecht, Emittenten, Anleger, Prospekthaftung, Vertragliche Haftung, Deliktische Haftung, Art. 35a Rating-VO, Europäische Union, Internationales Recht.
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- Niclas Winands (Autor), 2015, Die Haftung von Ratingagenturen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/368000