Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Aktuelle Probleme mit Doping im Hochleistungssport
2 Das Argument “Warum Doping im Sport legalisiert werden sollte“ und die Bewertung desselben
2.1 Die Argumentationskette der Autoren
2.2 Definitionen
2.3 Rekonstruktion des Arguments
2.4 Bewertung und Attackieren des Arguments
2.4.1 Überprüfung der Validität
2.4.2 Widerlegung durch ein Reductio ad absurdum-Argument
2.4.3 Widerlegung durch ein Gegenbeispiel
2.5 Zusammenfassung und Fazit
3 Ausblick auf die Zukunft der Dopingproblematik
Literaturverzeichnis
1 Aktuelle Probleme mit Doping im Hochleistungssport
Dass der internationale Hochleistungssport ein Dopingproblem hat, wurde der Weltöffentlichkeit beispielsweise im vergangen Jahr durch die zwei sogenannten McLaren-Berichte vor Augen geführt. Richard McLaren zeigte dabei im Auftrag der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) russisches Staatsdoping rund um die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotchi auf (McLaren 2016a, 2016b). Ähnliches berichtete zudem bereits die New York Times (Ruiz und Schwirtz 2016). Andere Beispiele für Probleme mit Doping in näherer Vergangenheit sind unter anderem die positiven Dopingtests bei jamaikanischen Sprintern während der Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking, die jedoch keine Sanktionen nach sich zogen (Seppelt und Neumann 2017) oder der US-amerikanische Radsportler Lance Armstrong, der 2013 zugab, bei all seinen sieben Tour de France-Siegen zwischen 1999 und 2005 gedopt gewesen zu sein, ohne ein einziges Mal bei einer Dopingkontrolle offiziell positiv aufgefallen zu sein (Rory 2013). Diese Beispiele zeigen grundsätzliche Probleme des Hochleistungssports im Hinblick auf Doping: Zum Teil staatlich unterstütze Dopingprogramme, positive Tests ohne Auswirkungen und durch verbotene Dopingmittel erfolgreiche Sportler, denen nichts nachgewiesen werden konnte. Da sich viele in der Sportwelt dieser Probleme bewusst sind, wurden in den letzten Jahren verschiedene Vorschläge gemacht, diese Themen anzugehen. Der mittlerweile dreifache Weltmeister und Olympiasieger von London 2012 im Diskuswerfen, Robert Harting, schlug beispielsweise bereits 2009 eine Legalisierung von Doping vor (Hungermann 2009). Auch unter Wissenschaftler hat sich in den letzten Jahren eine Denkweise herausgebildet, die für eine Freigabe von Dopingsubstanzen im Sport plädiert (beispielsweise Kious 2008; Ricks 2012; Smith 2012; Tamburrini 2000 und insbesondere Savulescu น. a. 2004). Andere Stehen einer Legalisierung allerdings kritisch gegenüber und wollen Doping nach wie vor verboten sehen (beispielsweise Chwang 2012; Haugen 2011; Hoberman 2006; Wiesing 2010).
Die vorliegende Arbeit will deshalb die Qualität des Arguments, wonach Doping im Sport legalisiert werden soll, untersuchen. Dazu wird im folgenden das entsprechende Argument von Savulescu et al. ihres Artikels „Why we should allow performance enhancing drugs in sport“ (Savulescu น. a. 2004) analysiert. Die Autoren fordern in diesem Text, Doping im Sport zu erlauben (Savulescu น. a. 2004: 666). Für die weitere Analyse wird zunächst die Argumentationskette der Autoren dargestellt. Anschließend folgen Definitionen wichtiger Begriffe, um Missverständnissen in der anstehenden Analyse vorzubeugen. Danach wird das Argument rekonstruiert und in eine formale Form gebracht, um die weitere Untersuchung zu erleichtern. Es folgen die Bewertung und das Attackieren des Arguments, um die Qualität desselben festzustellen. Dazu werden drei verschiedene Methoden verwendet:
(1) Überprüfung der Validität mittels einer Wahrheitstabelle {vgl. 2.4.1)
(2) Widerlegung des Arguments mittels eines Reductio ad ab surdum-Arguments {vgl. 2.4.2)
(3) Widerlegung des Arguments mittels eines Gegenbeispiels {vgl. 2.4.3)
Dem Autor dieser Arbeit ist bewusst, dass bereits eine erfolgreiche Methode der drei gelisteten für die Widerlegung des Arguments ausreichen würde. Da in dieser Arbeit aber verschiedene Methoden anhand des genannten Arguments demonstriert werden sollen, werden alle drei Methoden auf das Argument angewendet.
Ein zusammenfassendes Fazit schließt die Analyse des Arguments ab. Dieses zeigt final, ob das Argument von Savulescu et al. haltbar ist oder nicht. Am Ende folgt ein kleiner Ausblick auf die Zukunft der Dopingproblematik im Hochleistungssport.
2 Das Argument “Warum Doping im Sport legalisiert werden sollte“ und die Bewertung desselben 2.1 Die Argumentationskette der Autoren
In ihrem Artikel “Why we should allow performance enhancing drugs in sport” fordern Savulescu et al. die Freigabe von leistungssteigemden Mitteln, also Doping[1], im Sport (Savulescu น. a. 2004: 666). Ihre Argumentationskette ist dabei wie folgt aufgebaut:
Am Anfang steht die Erkenntnis, dass die Einnahme von Doping im Sport nicht neu aber immer effektiver würde. Die Autoren stellen fest, dass auch Olympioniken davon ausgingen, dass die erfolgreichsten Sportler verbotene Substanzen verwenden (Savulescu น. a. 2004: 666)
- Da der Versuch, diese Mittel zu eliminieren, gescheitert sei, sei ทนท ein neues analytisches Argument nötig, das festlegen soll, was jetzt zu tun sei (Savulescu น. a. 2004: 666)
Weil Dopingmittel immer effektiver würden und die Wahrscheinlichkeit eines Dopingtests für jeden einzelnen Sportler sehr gering sei, finden sich die Athleten in einer Art Gefangenendilemma wieder, das sie zum betrügen führe (Savulescu น. a. 2004: 666; vgl. auch Haugen 2004 und Haugen น. a. 2013)
- Bereits in einigen Jahren würde es viele unentdeckbare Dopingmittel geben, was das Ziel eines sauberen Sport unerreichbar mache (Savulescu น. a. 2004: 666)
- Wenn Doping ทนท legalisiert würde und frei verfügbar wäre, gäbe es keinen Betrug mehr (Savulescu น. a. 2004: 666)
Als Zwischenfazit ziehen Savulescu et al., dass durch die Erlaubnis, jeden Sportler Doping nutzen zu lassen, gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen geschaffen würde. Dadurch würden die Effekte von genetischer Eingleichheit beseitigt. So schaffe die Freigabe von Doping Gleichheit und sei in keiner Weise unfair (Savulescu น. a. 2004: 668)
- Des Weiteren führe die Freigabe von Doping zu einer Reduktion der ökonomischen Diskriminierung zwischen armen und reichen Athleten (Savulescu น. a. 2004: 668)
Savulescu et al. liefern im weiteren Verlauf eine Einschränkung: Das Limit für Doping im Sport liege bei der Sicherheit. Elm diese zu gewährleisten, sollten nur solche Dopingsubstanzen erlaubt werden, die für die Gesundheit der Athleten sicher sind; unsichere sollten verboten bleiben (Savulescu น. a. 2004: 668)
Eine weitere Grenzen ziehen die Autoren, in dem sie Doping für Kinder nicht erlauben wollen (Savulescu น. a. 2004: 669)
Als Zusammenfassung und Fazit sehen Savulescu et al., dass die dann legalisierte Leistungssteigerung durch Doping nicht gegen den Sportsgeist verstieße. Im Gegenteil sei sie sogar Teil des Sportsgeists. Den besseren Athleten zu finden, sei in ihren Augen menschlich. Deshalb sollten Sportler die Wahl bezüglich Dopings haben, wobei ihre Gesundheit an erster Stelle Stehen müsse. Aber die Einnahme von Dopingmitteln sei nicht unbedingt Betrug: Die Legalisierung von Doping im Sport wäre im Gegenteil sogar fairer und sicherer (Savulescu น. a. 2004: 670)
2.2 Definitionen
Um Missverstände im weiteren Verlauf auszuschließen, werden ทนท einige Begriffe und Formulierungen trennscharf definiert.
1. „[Performance enhancing drugs“ oder kurz „drugs“ (Savulescu น. a. 2004: 666) wird mit Doping übersetzt und beschreibt dabei verbotene leistungssteigernde Substanzen und Methoden im Sport (Tamburrini 2000: 200f.)
2. ,,[S]port“ bezieht sich in dieser Arbeit nur auf Hochleistungssport und nicht auf Alltags- oder Amateursport, da sich die Autoren in ihrem Artikel auch nur auf diesen Teilbereich fixieren (Savulescu น. a. 2004: 666)
3. ,,[L]evel the playing field“ (Savulescu น. a. 2004: 668) soll als “Schaffung gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen“ verstanden werden
4. ,,[F]airer“ (Sinnott-Armstrong und Fogelin 2014: 666, 2014: 670) bezieht sich auf gleichen Wettkampf zwischen allen Athleten
5. ,,[S]afer“ (Sinnott-Armstrong und Fogelin 2014: 666, 2014: 670) soll in dieser Arbeit, wie auch bei Savulescu et ab, lediglich auf gesundheitliche Aspekte Bezug nehmen
2.3 Rekonstruktion des Arguments
Im nächsten Schritt wird das Argument des Textes rekonstruiert und für die weitere Analyse in eine formale Form gebracht. Savulescu et al. argumentieren, dass durch die Legalisierung von Doping im Sport gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen geschaffen werden (Savulescu น. a. 2004: 668). So wird durch die Legalisierung von Doping im Sport der Sport an sich fairerer und sicherer (Savulescu น. a. 2004: 670). Deshalb sollte Doping im Sport erlaubt werden (Savulescu น. a. 2004: 666). Für ihre Schlussfolgerung liefern die Autoren also zunächst zwei Prämissen:
Die erste Prämisse lautet:
(1) Wenn Doping erlaubt ist, gibt es gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen Die zweite Prämisse lautet:
(2) Wenn Doping erlaubt ist, ist der Sport fairer und sicherer Die daraus folgende Schlussfolgerung lautet:
(3) Deshalb sollte Doping im Sport erlaubt sein
Übersichtlicher sieht das wie folgt aus:
(1) Wenn Doping erlaubt ist, gibt es gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen
(2) Wenn Doping erlaubt ist, ist der Sport fairer und sicherer
(3) Doping sollte im Sport erlaubt sein
In der anschließenden Bewertung und des Attackierens der Argumentstationslinie von Savulescu et al. soll sich weniger auf die einzelnen Schritte der Argumentationskette fixiert werden. Schwerpunkt soll sondern vielmehr auf eine kritische Auseinandersetzung mit dem eben rekonstruierten Argument an sich gelegt werden. Um dieses Argument entsprechend bewerten und attackieren zu können, ist eine formalere Form nötig. Deshalb werden ทนท die Prämissen und die Schlussfolgerung substituiert, um eine abstraktere Form zu schaffen, mit der im Anschluss weitergearbeitet werden kann.
- Doping erlaubt in Sport = c
Gleiche Wettbewerbsvoraussetzung = p Sport ist fairer und sicherer = q
[...]
[1] Eine genauere Definition wichtiger Begriffe folgt unter 2.2 Definitionen