Fabeln als Lektüre im Lateinunterricht. Möglichkeiten der didaktischen Umsetzung

Vergleich der Wertvorstellungen von Phaedrus und Wilhelm Busch


Examination Thesis, 2015

99 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Index

1. Index

2. Introductio

3. De auctore et opere suo
3.1. Vita Phaedri
3.2. Historia brevis traditionis operis memoriaeque sui

4. Quod fabulae sunt?
4.1. Origo et inertium fabulae
4.2. Notae gentis fabulae

5. De Fabulis Phaedri
5.1. Constructio fabularum Phaedri
5.1.1. Imago et fabula docet
5.1.2. Partitio fabularum
5.2. Argumentum fabularum Phaedri
5.2.1. Praeceptum in fabulis
5.2.2. Demonstratio vitae realis
5.2.3. Praeceptum duplex et fabula docet

6. De Maxo et Mauritio Gulielmi Busch
6.1. De Auctore Gulielmo Busch
6.2. Praecepta in septem fabullis
6.2.1. Praefatio
6.2.2. Dolus primus
6.2.3. Dolus alter
6.2.4. Dolus tertius
6.2.5. Dolus quartus
6.2.6. Dolus quintus
6.2.7. Dulus sextus
6.2.8. Dolus ultimus
6.2.9. Conclusio
6.3. Editiones Maxi et Mauritii

7. Exemplum consilii ad docendum Phaedrum atque Busch
7.1. Considerationes de consilio hoc
7.2. Recogitationes primae de serie docendi Phaedrum
7.3. Series docendi
7.3.1. Prima hora
7.3.2. Hora altera
7.3.3. Hora tertia
7.3.4. Hora quarta
7.3.5. Hora quinta
7.3.6. Hora sexta
7.3.7. Hora septima
7.3.8. Hora octava
7.3.9. Hora nona ultimaque

8. Conclusio finalis

9. Index litterarum
9.1. Phaedrus
9.1.1. Fabelbücher und Kommentare
9.1.2. Monographien
9.1.3. Fachwissenschaftliche Beiträge
9.1.4. Fachdidaktische Beiträge und Monograhien
9.2. Wilhelm Busch
9.2.1. Textausgaben und Kommentare
9.2.2. Übersetzungen
9.2.3. Fachwissenschaftliche Monographien
9.2.4. Fachwissenschaftliche Beiträge
9.2.5. Fachdidaktische Beiträge und Monographien
9.3. Nachschlagewerke
9.3.1. Weitere Autoren
9.3.2. Encyclopädien und Lexika
9.3.3. Fachwissenschaftliche Monographien
9.3.4. Fachdidaktische Monographien und Lehrpläne

Appendix

2. Introductio

Unsere Ansichten über DAS KLASSISCHE LATEIN sind geprägt von den Autoren der sogenannten Goldenen Latinität.1 Angeführt wird sie von den beiden politischen Rivalen Caesar und Cicero und reicht zu den Werken von Livius, Sallust, Ovid, Horaz und Vergil. Andere große Autoren, wie Seneca, Plinius, Martial und der Historiker Tacitus, hingegen zählt man in die anschließende Periode der Silbernen Latiniät.2 Mit der Aufzählung dieser Namen hat man ein ÄWho is who“ der lateinischen Autoren zusammengetragen, an deren Schaffen und Wirken sich die Philologie - aber auch die allgemeine Schulbildung - über Jahrhunderte orientiert hat. Freilich, und das ist jedem Latinisten bewusst, stellen sie nicht die einzigen Quellen dieser oftmals totgesagten Sprache dar.3

Die Liste lateinischer Autoren könnte man fast endlos fortführen mit weiteren bedeutenden Namen, wie Ennius, Naevius, Nepos, Tibull, Terenz, Celsus, Sueton, Phaedrus u.v.m. Ihnen allen wurde im Laufe der vergangenen etwa zweitausend Jahren teils mehr, teils weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Manche wurden seit jeher gelobt und erforscht, wie z.B. Vergil, andere hingegen haben die Jahrhunderte fast in Unbekanntheit überdauert und wurden erst spät wiederentdeckt. Die Wiederentdeckung selbst bedeutete jedoch nicht zwangsläufig auch die Würdigung ihres Werkes. So erging es Phaedrus, dem wohl bekanntesten Fabelschreiber in lateinischer Sprache.

Diese Arbeit widmet sich einer kleinen Auswahl seines reichhaltigen Œuvres von über 120 Fabeln. Zunächst möchten wir herausfinden, wer dieser Autor eigentlich war, den man nur als Phaedrus Augustus Libertus aus seinem eigenen Werk kennt. Wir versuchen ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, indem wir die gesicherten Fakten über sein Leben zusammentragen und im Anschluss daran einen Blick auf die Überlieferungsgeschichte seines Werkes werfen. Das führt uns zu der Frage, was denn eigentlich eine Fabel ist und was diese kennzeichnet. Diese Frage wollen wir mit einem Exkurs in die Geschichte der Fabel und die Merkmale der Fabelgattung beantworten, ehe wir uns dem Werke Phaedrus‘ selbst widmen.

Hierauf soll der Schwerpunkt der Arbeit liegen. Beginnen werden wir mit einer Untersuchung zu Konstruktion der Phaedrusfabeln, um uns dann der Aussagekraft der Fabel zu widmen. Da eine generelle Analyse aller überlieferter Fabeln den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, werden wir uns hier auf einen Ausschnitt von wenigen Fabeln beschränken. Anhand dieser ausgewählten Fabeln soll später ein Entwurf für eine Unterrichtsreihe entstehen. Diese wiederum beinhaltet einen Brückenschlag in den Deutschunterricht, indem darin der deutsche Autor des 19. Jahrhunderts Wilhelm Busch mit aufgegriffen wird.

Da wir uns aus dessen geradezu kolossalem Œuvre bedienen, werden wir uns zunächst mit seinem Werk Max und Moritz in lateinischer Rückübersetzung alias Maxus et Mauritius auseinandersetzen. Dabei soll hier auch die Moralvorstellung, welche aus den sieben Bildergeschichten hauskommt, ergründet werden. Im Anschluss folgt eine kurze Analyse verschiedener Rückübersetzungen von Max und Moritz ins Lateinische unter dem Gesichtspunkt der Verwendung im Lateinunterricht als ergänzende Lektüre zu den Fabeln des Phaedrus.

Ziel dieser Arbeit soll sein, den Kanon der Äüblichen Verdächtigen,“ deren Texte als Originallektüre im Lateinunterricht gelesen werden, durch den recht unbekannten Phaedrus aufzubrechen und durch die Inklusion von lateinischen Rückübersetzungen eines der bekanntesten deutschen Kinderbücher zu erweitern. Die Arbeit versteht sich dabei in der Tradition der Grundlagenforschung und soll interessierten Lehrerinnen und Lehrern als Anregung dienen. Sie soll ebenso erste Informationen über das Leben und Werk des Fabeldichters Phaedrus präsentieren, wie sie auch einen möglichen Schnittpunkt mit dem Deutschunterricht aufzeigt. Geschrieben ist diese Untersuchung jedoch nicht für Lehrer der Fächerkombination Latein und Deutsch exklusiv, sondern viel eher für alle Lateinlehrer. Denn der Autor ist sich sicher, dass jeder Lehrer einen geeigneten Anknüpfungspunkt findet, um einen Bogen von seinem Zweit- oder Drittfach hin zur lateinischen Literatur, zur lateinischen Sprache und/oder zur greco-romanischen Kultur zu schlagen.

3. De auctore et opere suo

ÄDer Endzweck der Fabel, das, wofür die Fabel erfunden wird, ist der moralische Lehrsatz.“4

Gotthold Ephraim Lessing

3.1. Vita Phaedri

Über den Urheber der Fabeln, Phaedrus, ist uns nur wenig überliefert. Seine Geburt wird auf die letzten Jahrzehnte v.Chr. datiert5 und sein Geburtsort soll in Thrakien liegen (3, pr., 17). Selbst der Name Phaedrus, unter dem wir den Autor kennen, ist nicht ganz sicher. Johanna Wünsche weist darauf hin, dass Äder latinisierte Name des eigentlich griechischen Namens Phaidros nur im Genitiv Singular überliefert ist“ und der Äwahrscheinlich aus Makedonien stammende Dichter auch Phaeder geheißen haben“ könnte.6 Schönberger verweist dazu auf die Inschrift CIL 3, 5892 und vermutet ebenso, dass es sich bei dem Autor der Fabeln wohl eher um einen Phaidros bzw. umgangssprachlich Phaeder gehandelt haben könnte. Da der vollständige Titel seines Werkes Phaedri Augusti liberti fabularum Aesopiarum libri V lautet, wird zumeist angenommen, dass es sich bei ihm um einen ehemaligen Sklaven handelt, welcher von Kaiser Augustus (63 v.Chr.-14 n.Chr.) persönlich freigelassen wurde.7 Ob dies wirklich der Wahrheit entspricht, darf aufgrund der neueren Forschung bezweifelt werden, wie Champlin in seinem Aufsatz stichhaltig darlegt:

ÄAs to his being a pedagogue under the emperor Augustus […] there is simply no evidence. Most importantly of all, even if he was indeed 'Augusti libertus', as the manuscripts assert, that title means simply 'freedman of the emperor' - any emperor - not necessarily of the emperor Augustus himself.”8

Was die Quellenlage zu Phaedrus‘ Leben anbelangt, sind wir fast ausschließlich auf die Angaben des Autors in seinem Werk angewiesen. Demnach soll er mit seinen ersten beiden Büchern Seian verärgert haben, welche ergo vor 31 n.Chr. veröffentlicht worden sein müssen. Die Förderer der nächsten drei Bücher namens Eutychus, Particulo und Philetas sind uns nicht weiter bekannt.9 Jede Deutung seiner Lebensumstände aufgrund der Fabeln sind reine Spekulation. Von zeitgenössischen Autoren wird er, bis auf eine Ausnahme, nicht erwähnt. Lediglich in einem Epigramm des Dichters Martial findet sich ein Bezug zum Fabeldichter: ÄAn aemulatur improbi iocos Phaedri?“10 Es ist weitläufig anerkannt, dass es sich hierbei um den besprochenen Phaedrus handelt, und die Erläuterungen von Friedlaender, es könne sich hierbei keinesfalls um den Fabeldichter handeln, sondern um einen Mimen mit gleichem Namen, denn die Fabeln seien in keinster Weise improbae und iocae, 11 entkräften sich bereits beim Lesen des Prologes zu Buch eins,12 in dem es heißt: ÄFictis iocari nos meminerit fabulis.“13

Postgate vertritt darüber hinaus die Ansicht, dass Martial durch die Verwendung exakt jener zwei Begriffe gezielt auf das Werk Phaedrus verweise, und untermauert diese These mit der Angabe, improbus (und Formen davon) tauche an siebzehn Stellen bei Phaedrus auf und iocus elfmal (inklusive alterativer Formen). Ob es sich hierbei um eine ungewöhnliche Häufung eben jener Begriffe handelt, obliegt gänzlich der latinistischen Corpusforschung. Eingedenk der bruchstückhaften Überlieferung der fünf Fabelbücher ist die These durchaus als gewagt zu bezeichnen. Postgate ist in seinem Aufsatz des Weiteren der Meinung, aufzeigen zu können, dass Seneca Phaedrus‘ Fabelbücher gekannt haben müsse; jedoch räumt er abschließend ein, dass die von ihm aufgeführten Daten sehr spärlich und nur schwer fassbar seien.14 Perry merkt dazu an, dass die Worte Senecas darauf Rückschluss zulassen, dass dieser nichts von Phaedrus und seinem Werk gewusst habe.15 Widerlegen kann er Postgates Vermutungen jedoch auch nicht gänzlich. Er räumt selbst die Möglichkeit ein, dass Seneca Äwas in fact aware of what Phaedrus had done, but chose to ignore the word of an obscure, half-Greek author as not to be reckoned among Romana ingenia, or too poor to deserve recognition.”16 Diese daraus resultierende Unsicherheit ob der Relevanz der Nichterwähnung Phaedrus‘ bei Seneca dürfte der Grund dafür sein, weshalb in der weiteren Phaedrusforschung einzig Martial als gesicherte und zeitnahe Referenz zum Fabelautor Phaedrus genannt wird.

Warum aber fand Phaedrus keine Anerkennung und Erwähnung bei seinen Zeitgenossen? Wie wirkte sich das Ausbleiben des Ruhmes auf Phaedrus aus? Als ehemaliger Sklave und gebürtiger Grieche war Phaedrus im Rom des ersten Jahrhunderts lediglich ein Bürger zweiter Klasse. Außerdem hatte das von ihm begründete Genre der Fabelsammlung bis dato nicht in der römischen Literatur existiert und wurde ergo nicht als Äkulturell wertvoll“ eingestuft.17 Die fehlende Anerkennung stellte einen Umstand dar, den Phaedrus wohl nur schwer ertragen konnte und den er daher wiederholt in seinen Büchern aufgriff. Immer wieder forderte er Anerkennung und Ruhm für sein Werk ein, so z.B. in IV epil, 4f Ävir sanctissime,/ Particulo, chartis nomen victurum meis/ latinis dum manebit pretium litteris,“ in III prol, 31f Äquem [sc. librum] si leges, laetabor; sin autem minus,/ habebunt certe quo se oblectent posteri,“ ebenso in 60f Äergo hinc abesto, Livor, ne frustra gemas,/ quoniam mihi sollemnis debetur gloria“ und auch sehr deutlich in IV, 7, 21f Äquid ergo possum facere tibi, lector Cato,/ si nec fabellae te iuvant nec fabulae?“ Obwohl Phaedrus überwiegend die Umgangssprache des gebildeten Roms (sermo urbanus) nutzt und gesuchte Wendungen einstreut, welche er besonders gerne aus der Diktion der sogenannten Ägroßen“ Dichtung nimmt, kann der Eindruck beim Leser hängen bleiben, er meine es mit diesem Streben nach gloria nicht allzu ernst.18

Wenn Holzberg schreibt, dass es sich bei den Fabeln vor Phaedrus lediglich um ein ÄMittel zum Zweck“ gehandelt habe, liegt der Gedanke nahe, dass vor allem der Entstehung des ersten Buches noch ein ähnlicher Gedanke zugrunde lag. Gerade die deutliche Mehrheit an Promythien im ersten Buch (25) im Verhältnis zu den Epimythien (4) unterstreicht den besonderen Status, den jenes Buch genießt. Holzberg führt dies darauf zurück, dass bereits die von Phaedrus bearbeiteten griechischen Fabeltexte dazu dienten, Äihre Inhalte zur Exemplifizierung von Argumenten eines Redners […] als Inhaltsangaben“19 zu verwenden. Dieser Nutzen als Rhetorenhilfen bringt denn auch Currie zu der Vermutung, dass sich die Phaedrustexte als Lesebücher großer Beliebtheit an Grundschulen erfreut haben dürften oder sehr jungen Studenten als Modelltexte gedient haben könnten.20 Holzberg zieht letztlich den Schluss, dass Phaedrus nicht der Erfinder all seiner Fabeln wäre, sondern die Αἰıώπεια des Demetrios oder ein ähnliches Fabelkompendium als Vorlage benutzt habe.21

Dass die berühmten λόγοι des Aesop den Grundstoff für die latinisierten poetischen fabulae des Phaedrus liefern, ist unbestritten. So stellt der Autor gleich zu Beginn seiner liber fabularum klar, dass er, ganz im Sinne der Aemulatio, das von Aesop erdachte Material in poetisches Versmaß aufzuwerten gedenkt.22 Jener Aesop, welchem die Hauptmasse der griechischen Fabeln zugeschrieben wird23, stellt für den Dichter eine Autorität dar, an der er sich sowohl selbst messe als auch von seiner Leserschaft gemessen werde.24 Noch heute ist der Name Aesop eng verknüpft mit der Fabel; allerdings Ädarf man mit Recht zweifeln, ob der λογοποιός überhaupt als historische Persönlichkeit zu betrachten ist.“25 Fakt ist, dass die Griechen in ihm den ÄArchegeten der Gattung ‚Fabel‘“ sahen und Äes ist auch keineswegs undenkbar, dass es in archaischer Zeit irgendwann tatsächlich einen besonders talentierten Fabelerzähler namens Aesop gab.“26 In der Literatur erscheinen Fabeln immer wieder in den Erzählungen der verschiedensten griechischen und lateinischen Autoren, so z.B. Hesiod, Sokrates, Horaz und Livius. Dabei dienten sie jedoch meistens als ÄMittel zum Zweck“, um einen bestimmten Standpunkt zu erläutern oder als rhetorisches Mittel, wie es bereits ober beschrieben wurde.

3.2. Historia brevis traditionis operis memoriaeque sui

Heute sind uns vom lateinischen Autor Phaedrus fünf Fabelbücher und der Appendix Perottina erhalten geblieben. Diese umfassen insgesamt 94 Fabeln in den Büchern plus 32 aus dem Appendix, welcher, davon geht die Forschung heute in aller Einigkeit aus, ebenfalls dem Phaedrus zuzuordnenden ist. Die Bucheinteilung ist uns durch den im Jahre 1596 von Pierre Pithou herausgegebenen ÄCodex Pithoeanus“ aus dem im 9. Jahrhundert so erhalten geblieben.27 Dabei handelt es sich bei dieser Handschrift um eine gekürzte Fassung, wie man aufgrund des nur acht bzw. zehn Fabeln umfassenden zweiten und fünften Buches rückschließen kann.28 Da es lediglich zwei weitere Quellen mit den Fabel des Phaedrus in diese Form, wie wir sie vor uns haben, gibt, gilt die Quellenlage als äußerst dürftig. Neben dem Codex Pithoeanus existierte ein Codes Remensis, welcher jedoch bereits im 17. Jahrhundert verloren ging, aber glücklicherweise zuvor bereits untersucht wurde. Die dritte Quelle ist der bereits oben angesprochene Neapeler Kodex des Perotti aus dem 15. Jahrhundert.29

Aus den darauf folgenden Jahrhunderten finden sich aber auch Prosaparaphrasen in der phaedrischen Erzähltradition, die teils aus erhaltenen Phaedrusfabeln hervorgingen und teils aber auch Geschichten und Material enthalten, welches uns nicht von Phaedrus überliefert ist.30 Die bekannteste dürfte die wahrscheinlich im 5. Jahrhundert entstandene Sammlung von 98 Fabeln sein, welche unter dem Namen ÄRomulus“ bekannt ist. Die darauf aufbauende Fabelsammlung im Kodex ÄAnaonymus Nilanti“, die der Presbyter Ademar von Chabannais 1025 herausgegeben hat, enthält allein etwa 30 Prosafabeln, welche auf den Versen des Phaedrus basieren.31 Ein dritter Kodex von Prosafabeln findet sich im Wolfenbütteler Kodex aus dem zehnten Jahrhundert, welcher 57 Fabeln enthält. Es ist allerdings strittig, wie viele Fabeln der einzelnen Kodizes unmittelbar phaedrianischen Ursprungs sind.32 Unstrittig ist hingegen ihre Herkunft aus der Feder des Phaedrus. Niklas Holzberg belegt ihre phaedrianische Herkunft damit, dass man in ihnen immer wieder auf Sätze oder Satzteile stößt, Ädenen man ihre Herkunft aus verlorenen phaedrianischen Senaren entweder direkt oder nach Umstellung einzelner Wörter bzw. Ersetzung einzelner Wörter durch Synonyme ohne weiteres ansieht.“33 Sehr gelungen ist ihm in diesem Sinne die Rekonstruktion der Fabel von Stadtmaus und Landmaus, die dem Leser am bekanntesten aus der Satire II 6 (Z. 80 - 117) des Horaz ist.

Wir müssen also feststellen, dass wir mit dem uns vorliegenden Fabelbuch des Phaedrus nur einen Ausschnitt aus dem Œuvre besitzen. Wenn alle fünf Fabelbücher einen Umfang von über 40 Geschichten hätten - zu diesem Schluss kommt Holzberg wenigstens in Bezug auf Buch I,34 wobei angenommen werden kann, dass Phaedrus in seinen Bemühungen um literarische Anerkennung nicht mit dem Schreiben von Fabeln nachgelassen haben dürfte - so könnte das Original auf eine Gesamtzahl von etwa 200 Fabeln gekommen sein. Da ist es aus heutiger Sicht nur schwer zu glauben, dass dieses doch recht umfangreiche Werk, welches sich obendrein anschickt, eine neue Literaturgattung zu eröffnen, weder zu Lebzeiten noch bis in die späte Neuzeit die Aufmerksamkeit erhalten hat, die es durchaus verdient hätte und ihm seit dem frühen 20. Jahrhundert zunehmend zuteil wird.

4. Quod fabulae sunt?

4.1. Origo et inertium fabulae

Der Begriff Fabel leitet sich von fabula ab, welches sich wiederum von fari Äsprechen“ ableitet. Fari geht auf die indogermanische Wurzel bha- Äsprechen“ zurück, von dem sich ebenfalls das lateinische fateri Äbekennen“ und fama ÄGerücht“ ableiten.35 Griechische Ausdrücke, die zur Beschreibung der Fabel genutzt wurden, sind λόγος, μῦθος und αἶνος, wobei diese für ÄErzählung“ standen, da die Fabel nicht den Status einer eigenen Gattung erhielt, wie z.B. das Epos oder die Satire. Erst in der lateinischen Literatur kam der Begriff ἀπόλογος hinzu.36

Das erste literarische Auftreten der Fabel im greco-romanischen Raum kann in das 7. Jhd. v.Chr. zu Hesiod und Archilochos zurückverfolgt werden.37 Die frühesten Belege für ihr Auftreten bei den Römern gehen auf Ennius zurück (239-269 v.Chr.).38 Doch hierbei handelt es sich lediglich um die ersten schriftlichen Überlieferungen. Es ist davon auszugehen, dass die Tradition der Fabel bereits um einiges älter ist. Die Fabel ist auch nicht in Griechenland entstanden, sondern erfreut sich darüber hinaus auch in zahlreichen weiteren Kulturen einer langen Tradition. Durch den griechischen Fabelautoren Babrius ist uns ein möglicher Ursprung der Fabel bei den Assyrern belegt39, jedoch lassen sich auch Nachweise für die Existenz der fabulae bei den Hebräern, Babyloniern, Ägyptern und Indern nachweisen.40

Sicher scheint jedenfalls, dass die Fabel der Griechen im Osten des Reiches am Schnittpunkt mit orientalischen Einflüssen entstanden ist. Wo genau aber die Ursprünge liegen, dazu gibt es bisher keine eindeutige Klärung. Einerseits werden die Ursprünge im Mesopotamien des zweiten Jahrtausends v.Chr. gesehen.41 F.R. Andrados kommt in diesem Sinne zu dem Schluss, dass Ädie Fabel, die mit all ihren Verästelungen als Teil einer Universalkultur entstanden ist, deren einzelne Zweige nicht mehr klar erkennbar sind, letztendlich einer einzigen Quelle entstammt, dem antiken Mesopotamien.“42 Eine andere These vertritt hingegen Emma Brunner- Traut, die der Meinung ist, schon frühe Formen der Fabel in Ägypten nachweisen zu können. Sie fand Überreste von Schülertafeln in Ägypten, welche Geschichten mit Bildern erzählen, die aber nur mit wenigen Textfragmenten versehen gefunden worden sind.43 Darunter findet sich jedoch auch der wahrscheinlich älteste Beleg für die durch Livius bekannte Fabel ÄMagen und Glieder.“44 Einen dritten Anspruch auf die Urheberschaft der Fabel erhob 1859 der Orientalist Theodor Benfey in seinem Vorwort zum indischen Tiersagenbuch Pañcatantra, in welchem er Indien als Ursprung der Fabel ausmacht. Ihm widersprach noch im selben Jahr der Rabbiner Julius Landsberger, der sich in Die Fabeln des Sophos bemühte, die Hebräer als die Erfinder der Fabel darzustellen. Beide Theorien wurden jedoch schon zeitnah revidiert Ämit der Begründung, daß Fabeln oder fabelartige Texte gleichzeitig bei den verschiedensten Völkern zu finden seien, ohne daß man einen Einfluß erkennen könne.“45 Welche der Entstehungsgeschichten nun die wahre ist, bleibt weiterhin von der Forschung abschließend zu klären. Ob dies aber möglich ist, kann bezweifelt werden.

Wie wir gezeigt haben, existiert eine Fabeltradition nicht exklusiv im stark greco-romanisch beeinflussten Europa, sondern erstreckt sich weit darüber hinaus. Es gibt sie in Indien genauso wie Ägypten, im heutigen Persien und Arabien ebenso wie im palästinensisch-israelischen Raum. Aufgrund der über die Jahrtausende zunehmenden gegenseitigen Beeinflussung weit über die Grenzen des eigenen Kulturbereiches hinweg, erscheint die These der Polygenese als die schlüssigste. Sie geht davon aus, dass die Fabel eine autochthone Entwicklung aufgrund der deckungsgleichen Lebensmaximen in den verschiedensten Kulturkreisen erlebt hat.46 Spätestens seit Otto Crusius findet die These von der Polygenese der Fabel starken Andrados, Francisco Rodriguez. Die Geschichte der Fabel. Erschienen in ÄSpektrum der Wissenschaft 12/1981.“ Zitiert aus Dithmar, S. 157.

Zuspruch. Jener schrieb dazu: ÄNach der Heimat der Fabel zu forschen, ist sinnlos […] [da] es sich hier um eine Urform unserer Geistesbetätigung handelt.“47

4.2. Notae gentis fabulae

Auch wenn die Fabel als Gattung erst relativ spät von den Gelehrten anerkannt und behandelt wird, verglichen z.B. mit der mit ihr verwandten und als eigenständige Gattung anerkannten Satire, so wurde sie gerade von den Philosophen des späten 17. und des 18. Jahrhunderts eingehender untersucht.48 Zu den bedeutendsten Verfassern von Abhandlungen über die Fabel zählen Christian Wolff, Gotthold E. Lessing, Georg W.F. Hegel, Johann G. Herder und Christian F. Gellert. Letzterer veröffentlichte im Jahre 1744 eine Disputationsschrift über die Fabel und deren Dichter, in deren erstem Teil er der Frage nachgeht, was eine Fabel sei. Er definiert sie daraufhin folgendermaßen: ÄFictionem breuiorem et allegoricam ita instrictam, vt delectando prosit, apologum dicimus.“49 Dabei bezieht sich Gellert klar auf Phaedrus‘ literarisches Vorbild Horaz. Dieser schrieb in De Arte Poetica über den Nutzen der Poesie:

Äaut prodesse volunt aut delectare poetae aut simul et iucunda et idonea dicere vitae. quidquid praecipies, esto brevis, […] ficta voluptatis causa sint proxima veris:

[…] hic [liber] et mare transit et longum noto scriptori prorogat aevum.“50

Diese Worte berücksichtigt Phaedrus sehr genau. Wiederkehrend betont er die brevitas seiner Fabeln51 und nimmt bereits im Prolog zum ersten Buch Bezug auf das von Horaz geforderte delectare und dicere:

ÄDuplex libelli dos est: quod risum movet Et quod prudenti vitam consilio monet.“52

Nachdem ab dem 16./17. Jahrhundert die Phaedrusfabeln vermehrt in der Forschung und Philosophie akzeptiert wurden, postuliert Reinhard Dithmar in seiner Einführung Die Fabel, dass die Ä zweifache Absicht der Erheiterung (risum movet) und Belehrung (prudentis vitam consilio monet) zur grundlegenden Intention der Fabelschreiber bis in die Gegenwart [wurde].“53 Diesem Beispiel folgen die Fabeln Jean de La Fontaines, welcher bei seiner Sammlung auch direkt auf das Repertoire Phaedrus‘ zurückgriff; Gotthold Ephraim Lessings kurze Prosafabeln folgen diesem Beispiel ebenso wie die Fabeln des Russen Iwan Krylow.54 Neben den Schreibern von Fabeln selbst wird das horazisch-phaedrianische Leitmotiv auch von den Philosophen und Gelehrten aufgenommen, welche sich mit der Fabel als Gattung beschäftigten. In der Fachliteratur aus der Zeit der Aufklärung erscheint das docere et delectare bei jedem Autor als eines der Kennzeichen der Fabel und ist damit das konstanteste Merkmal dieser. Crusius bezeichnet sie aufgrund dessen scherzhaft als die Ädas ‚Nützliche mit dem Süßen‘ verbindende Kleinform.“55 Im weiten Feld der Fabeldefinition kann man es sozusagen als Äkleinsten gemeinsamen Nenner“ bezeichnen. Exemplarisch sei hier C. F. Gellert zitiert, der 1744 schrieb: ÄErgo finem apologi instructionem cum voluptate dicimus.”56 Indem Phaedrus das Leitmotiv der Fabel docere et delectare so exponiert am Anfang seines Werkes proklamiert, setzt er sich freilich hohe Hürden - doch ebenso setzt er sie allen nachfolgenden Fabelschreibern. Obwohl ihm für viele Jahrhunderte nicht die ihm heute geschenkte Vorstellung der brevitas darzulegen, z.B. in III, ep. 8f: ÄBrevitati nostrae praemium ut reddas peto/ Quod es pollicitus: exhibe vocis fidem;“ in IV, ep. 4f: ÄSi non ingenium, certe brevitatem approba,/ Quae commendari tanto debet iustius/ Quanto poetae sunt molesti validius;” in II, pr. 12: “Ita si rependet illi brevitas gratiam. Cuius verbosa ne sit commendatio.“ Perry geht davon aus, dass die Kürze in vielen der Fabeln daher rührt, dass bereits seine Quellen sehr kurze Fabeln enthielten, wenn auch aus praktischen und nicht künstlerischen Gründen. Die Fabelbücher des Phaedrus enthalten daher eine größere Anzahl von relativ langen Fabeln (20-60 Zeilen) als dies bei den dem Aesop zugesprochenen der Fall ist. (Perry, 1965. S. XCI). Besonders herauszuheben ist hier III, 10, eine Fabel von 60 Zeilen Länge, in deren Proymium es heißt ÄUtriusque exemplum breviter exponam rei.“ (Z. 2) Phaedrus scheint sich dessen bewusst, dass er mit einer Fabel in solch einer Länge für viele seiner Leser nicht das Ziel der brevitas erreicht. Er betont daher im Epimythium nochmals, dass er diese Geschichte nicht hätte kürzer erzählen können, ohne ihr gerecht zu werden: ÄHaec exsecutus sum propterea pluribus/ Brevitate nimia quoniam quosdam offendimus.“ (Z. 59f.).

Anerkennung zuteilwird, trägt er damit maßgeblich zur Entwicklung der Fabeltradition in Europa bei.

Neben dem docere et delectare ist gerade in den Phaedrusfabeln Äeine dritte Zielsetzung erkennbar. Phädrus weiß, daß ebenso wie für den ‚bedrängten Sklaven‘ Äsop auch für ihn Spaß und Lachen bitterer Ernst werden können.“57 Er erklärt im Prolog zum dritten Buch, dass man als Sklave nicht die Möglichkeit hat, alles frei zu sagen, was man will (zumindest nicht, ohne um sein Leben fürchten zu müssen). Daher werden die Gedanken in Form von Fabeln ausgesprochen, welche mit fictis iocis die Härte mildern. Die beste ÄVerschleierungstaktik“ ist hier die Anthropomorphisierung der Handlungsträger. Dabei werden menschliche Eigenschaften und Charakterzüge auf Tiere übertragen (z.B. die Fähigkeit zu sprechen oder der Hochmut des Löwen) und mit ihnen anstelle von Menschen die Geschichte erzählt. Die Fabelfiguren sind darüber hinaus Äals Träger eines einzigen Charakterzuges konzipiert,“ welche Äkein differenziertes Seelenleben offenbaren.“58 Da dem Leser die vorkommenden Tiere allesamt bekannt sind, wie Leibfried sagt, und der Figurenkatalog begrenzt ist,59 hat der gewohnte Hörer (damals noch mehr als Leser) schnell ein Bild vom Charakter eines jeden Tieres im Kopf, welches er mit einem menschlichen Ebenbild vergleicht. Bis heute hat sich an dem Bild einzelner Tiere in unserer Sichtweise auf die Fabel nicht viel geändert. Noch immer gilt der Löwe als Herrscher, sowohl gütig wie auch grausam, der Fuchs als gerissen und das Schaf/Lamm als gutmütig und bisweilen einfältig (das perfekte Opfer). Bei so derartig verfremdeten Protagonisten ist es leicht, die Kritik und Moral der Fabel auch einem breiteren Publikum vorzustellen. Schließlich wurde von einem herrischen Löwen geredet und nicht von einem herrischen Kaiser.

Die Anthropomorphisierung wird bereits von Steinhöwel als einer von fünf Gesichtspunkten angeführt, die seines Erachtens zur Fabel gehören und er meint damit Lebewesen und Dinge, Ädie nit enpfindende sel hant“60. Zwei weitere, von ihm genannte Merkmale sind bereits bekannt als delectare (Älustig syent ze hören“) und docere (Äsich dar uß ze beßern“). Die letzten beiden von ihm aufgezählten Eigenschaften der Fabel sind die Darstellung erdichteter Fälle (Äfabel synt nit geschehene ding, sonder allain mit worten erdichtete ding“) und die wahrheitsgetreue Beschreibung der Welt, wie sie ist (Ädie sitten der menschen ir wesen beschrybent“). Die Beschreibung der Welt, wie sie ist, bedeutet, dass die Fabel nicht dazu dient, Märchen, Sagen oder Fantastereien zu erzählen. Sinn und Zweck der Fabel ist es, dem Leser61 einen Spiegel (meist einen moralisierenden) vorzuhalten, in dem dieser durch die prototypischen Charaktere und parabelartig erzählten Geschehnisse sein Lebensumfeld wiedererkennt. Der Philosoph Christian Wolff schrieb in seiner Philosophia Practica Universalis über die Wahrheit in der Fabel folgendes:

“Fabulas inventurus rerum vulgarium notitiam habere debet. Etenim quae in fabula finguntur, in vulnus nota seu, quod perinde, est, res vulgares esse debent (§.306). Patet itaque fabulas inventurum rerum vulgarium notitiam habere debere.“62

Demnach ist es also nur demjenigen möglich, eine Fabel zu schreiben, der sich in dem von ihr beschriebenen Handlungsfeld auskennt. Der Fabeldichter muss aber ebenso im Blick behalten, dass er die Fabel für ein Publikum schreibt. Was diesem wiederum bekannt ist, muss daher vom Autor gleichermaßen in Betracht gezogen werden. Je breiter die Masse der Leserschaft ist, umso allgemeiner muss die Fabel sein. Wäre die Handlung in der Fabel zu speziell oder wären die auftretenden Charaktere zu verschlüsselt, als dass sie das Publikum schnell dechiffrieren könnte, die Moral, das fabula docet würde nicht verstanden werden. Eine Moral, welche nicht verstanden wird, widerspricht der Absicht der Fabel.

Was ist nun die Absicht der Fabel? Weshalb wird die Fabel erdichtet? Bereits unter den Philosophen der Aufklärung war man sich sicher, dass ÄΕπιμύθιον est id, cuius caussa [sic] fabula fingitur.“63 In welcher Form die Moral sich dem Publikum präsentierte, spielte dabei keine Rolle und tut dies auch heute nicht. Es ist egal, ob sie in einem Pro- oder Epimythium daherkommt, in einem eingeschobenen Textteil präsentiert wird oder ganz auf eine explizite Nennung verzichtet und die Moral sich einzig aus der Geschichte ergibt. Ungewöhnlich für eine Fabel wäre es nur, wenn sie gar keine Moral enthalten würde, wobei sich dann die Frage stellt, ob es sich hierbei tatsächlich noch um eine fabula im klassischen Sinne handeln kann. So meint Thompson zum Beispiel, das unterscheidende Merkmal, um die Fabel von der Tiergeschichte abzugrenzen sei, das Vorkommen einer Moral.64 Fabeln wurden, wie wir bereits gezeigt haben, stets ersonnen, um Wertvorstellungen zu kommentieren und dabei kritisch zu hinterfragen bzw. von der Leserschaft hinterfragen zu lassen. Die Fabel darf aber auch nicht in ihrer Moral ausufern und jede Wahrheit aufnehmen. Vielmehr soll sie laut Lessing EINE Moral enthalten und im Bildteil diese anschaulich und deutlich zu erkennen geben.65

Zusammenfassend lassen sich folgende Merkmale einer Fabel zusammentragen:

Sie unterhält den Leser durch eine anschauliche Erzählweise und spannende Handlung.

Sie lehrt den Leser etwas, indem sie einen moralischen/moralisierenden Gehalt vorweist.

Sie spiegelt die Welt so wider, wie sie dem Leser bekannt ist, aber…

…sie verfälscht sie durch die auftretenden Protagonisten derart, dass kein persönlicher Bezug zu nur einer Person hergestellt werden kann. Dies erfolgt meist durch Anthropomorphisierung.

Die Charaktere, welche in der Fabel auftreten, sind flach und eindimensional angelegt.

5. De Fabulis Phaedri

5.1. Constructio fabularum Phaedri

5.1.1. Imago et fabula docet

Die fabulae Aesopiae66 des Phaedrus zeichnen sich durch eine klassische Teilung der Geschichten in zwei Glieder aus. Zum einen ist da der Bildteil, welcher die eigentliche Geschichte erzählt. Dieser setzt sich wiederum zusammen aus der Exposition (hier werden die handelnden Personen/Tiere, der Handlungsort und die Ausgangslage angegeben), der Handlung (bestehend aus actio und reactio bzw. Rede und Gegenrede) und dem Ergebnis (dem Sieg bzw. der Niederlage einer der Parteien). Der zweite Bestandteil der Fabel ist der Sachteil, welcher sowohl ein Epimythium als auch ein Promythium sein kann. Jene fassen kurz zusammen, worum es in der jeweiligen Geschichte geht.67 Jedoch wird der Einsatz von Epi- bzw. Promythien nicht nur positiv aufgenommen, denn sie können dem Erkenntnisgewinn des Lesers (durch eigene kognitive Anstrengung) im Wege stehen:

ÄDer Sinn der Darstellung in der Fabel erschließt sich […] durch eine Übertragung des in der Fabel in uneigentlicher Darstellung präsentierten Beispiels in die Sphäre der menschlichen Lebenswelt (Analogieschluss). Die Nutzanwendung (Lehre), also eine Lebensweisheit, ein moralischer Lehrsatz oder eine allgemein menschliche Wahrheit, kann der Rezipient auf diesem Wege selbst ziehen, so dass sich eine besondere Erläuterung (am Ende der Fabel) zumeist erübrigt.“68

Dass Epimythien nicht nur Positives abgewonnen wir, vor allem nicht den Phaedrianischen, macht Dithmar deutlich, als er Adolf Jülichs Ansicht über das Äfrostige Epimythion“ zitiert, welches seiner Meinung nach den ursprünglichen Sachteil ersetzte durch Älangweilige abstrakte Morallehren oder Klugheitsregeln, die z.B. Phaedrus schon seinen Fabeln anhängte.“69 Er schließt sich in seiner Meinung der von Johann Jakob Breitinger an, welcher ebenso das Epimythium als angehängte und überflüssige Lehre ablehnt. Die vorangestellte Lehre hingegen, wie man sie gerade bei frühen Phaedrustexten häufiger findet, lehnt Daniel Triller ab und möchte diese, wenn sie denn vorhanden sein soll, allenfalls am Ende finden. B.E. Perry diskutiert in seinem Aufsatz ÄThe Origin of the Epimythium“ in aller Ausführlichkeit über die Vor- und Nachteile von Pro- und Epimythien. Er kommt darin zu folgendem Schluss:

“[…] the moral application, being intended to serve the practical purpose of indexing the fable, was necessarily invariable and the author would probably not include a fable whose use in illustrating a philosophical point he could not readily conceive. […] As soon as the erroneous idea began to prevail that the promythium was, or should be, an explanation, it was naturally put at the end; both because it belonged there logically, as an explanation, and because the fable, everywhere outside of the collections, had nearly always been followed by a moral in the form of a specific or personal application.”70

Da der Sachteil als explizit ausgesprochene ÄMoral von der Geschicht‘“ in der Erzähltradition mittlerweile feste Wurzeln hat, finden wir ihn in fast jeder Fabel von Phaedrus und in den jüngeren, welche nach klassischem Vorbild entstanden sind. Synonym wird für den Sachteil, wie oben bereits ausführlich berichtet, auch der Begriff fabula docet verwendet: ÄTraditionally fables add a moral, fabula docet, to make explicit what is implicit in the story […], but these too avoid offence, couched as they are impersonally [...].”71 Ihre unpersönliche Erzählweise schafft Phaedrus, indem er die Pro- bzw. Epimythien häufig zweigliedrig in einen Haupt- und einen Relativsatz anlegt. Er verfährt nach diesem Schema sowohl in kurzen, einzeiligen Promythien, wie z.B. ÄAmittit merito proprim qui alienum appetit,“72 aber auch in zwei- und mehrzeiligen Promythien, wie z.B. dem Promythium zur Fabel Rabe und Fuchs:

ÄQui se laudari gaudet verbis subdolis, Fere dat poenas turpi paenitentia.”73

Durch den Ausdruck dat poenas wird weder der Leser noch irgendeine andere Person direkt angegriffen. Er bezieht sich einzig auf die Person qui se laudari gaudet. Durch eine Hephthemimeres vom eigentlich nicht verwerflichen Akt des Gelobtwerdens getrennt betont Phaedrus, dass es auf die Art des Lobes ankommt, über welches sich derjenige freut. Mit den verbis subdolis erreicht er nun zwei Effekte: Zunächst einmal schränkt er den Kreis der Betroffenen drastisch ein, auf die sich das fabula docet vordergründig richtet. Nicht jedes angenommene Wort des Lobes ist demnach schlecht, sondern einzig die verdorbenen und hinterlistigen. Den zweiten einschränkenden Effekt erzielt er mit den verbis subdolis bei der Leserschaft, bei welcher er, über sich selbst stets positiv denkend, damit eine größere Distanz zwischen sich und der Person hinter qui entwickelt. Mit einer Penthemimeres im zweiten Satz werden die poenas, welche qui zu tragen habe, von den turpi paenitentia getrennt, die die Härte der Strafen drastisch verdeutlicht. Der mahnende Effekt wäre, sofern er denn überhaupt noch existieren würde, nur halb so groß, wenn die beiden durch die Zäsuren abgetrennten Ablative fehlen würden. Ein Satz, wie Äqui se laudari gaudet, fere dat poenas,“ ist durch seine extreme Reduzierung und Verallgemeinerung redundant und absolut ungeeignet als fabula docet.

Ein solcher zweigliedriger Aufbau ist dem deutschen Leser gewiss bekannt aus der deutschen Erzähltradition. Man trifft hier auf einige geflügelte Worte, welche nicht nur alleine für sich stehen können, sondern gerne und vor allem als fabula docet oder ÄMoral von der Geschicht‘“ Verwendung finden, z.B.: ÄWer andern eine Grube gräbt, [der] fällt selbst hinein“ und ÄWer nicht hören will, [der] muss fühlen.“ Jedem Kind sind diese Sprichworte heute geläufig, auch ohne deren biblischen Ursprung zu kennen74. Wir können davon ausgehen, dass es Phaedrus‘ Intention war, seine Lehren so einprägsam wie möglich zu gestalten, um den angestrebten Ruhm zu erreichen und beim Publikum im Gespräch zu bleiben.

Phaedrus offenbart mit dem unpersönlichen Aufbau seiner fabulae docent auch etwas über sich; die Fabeln sollen keine Geschichten widergeben, die dem Autor so wiederfahren sind und die er nun (mit Tierfiguren anstelle von menschlichen) berichtet. Dies würde eindeutig der Kennzeichnung der Fabel durch Distanzierung und Verfremdung75 zuwiderlaufen. Der Autor würde dadurch zum einen den Lehrwehrt der Fabeln schmälern und zum andern auch zu viel von seiner (kritischen) Haltung direkt preisgeben und so das Exil oder Schlimmeres erwarten. Seine Sorge scheint gerade für die ersten Bücher berechtig, durch welche er sich bereits mit dem mächtigen Bürger Roms Seian überworfen hatte. Daher findet sich eine solche Selbstoffenbarung gerade im ersten und zweiten Buch sehr selten. Mit steigender Popularität (oder Kühnheit) finden sich aber in den restlichen drei Büchern vermehrt Ausbrüche aus dem Dogma der Unpersönlichkeit. In den letzten Büchern finden sich deutlich häufiger Aussprüche, die das Denken des Autors und seine Meinungen zu gewissen Themen und Personen preisgeben. Immer wieder spricht er von sich oder spricht den implizierten Leser direkt an.76 Auch unterstreicht Phaedrus mit diesem Schritt heraus aus der Unnahbarkeit des Autors, so wirkt es jedenfalls, den Schritt weg von der imitatio hin zur aemulatio. Er macht die Geschichten, welche er in seinen neuesten Büchern erzählt, zu seinen - und nicht Aesops! - Geschichten und ist sich durchaus der Leserschaft bewusst, die er damit erreichen kann.

5.1.2. Partitio fabularum

Im Prolog zu Buch I nimmt Phaedrus diesen Grundsatz, wie wir bereits zeigen konnten, mit Äprudentis vitam consilio monet“77 auf und ergänzt ihn um den Zweck des Bildteils mit dem zweiten Nutzen seiner Fabeln Ärisum movet“78. Für jenen zweiten Teil bemüht der Autor eine große Bandbreite von möglichen Formen und Strukturen, um sich mit den großen Autoren seiner Zeit - vor allem Horaz - messen lassen zu können.

Die Fabelgedichte, welche uns von Phaedrus überliefert sind, umfassen eine Gesamtzahl von 126 Stück. Dieses Konvolut lässt sich in die verschiedensten Kategorien einteilen, so. z.B. nach Art der handelnden Figuren oder deren Interaktion,79 nach in der Fabel behandelten Themen,80 nach Personenbezug81 oder auch nach Konkordanzen.82 Wir wollen eine andere Einteilung vornehmen, bei der die Gedichte einer von vier Kategorien zugeteilt werden sollen. Die umfangreichste Kategorie wollen wir ÄErzählung“ nennen, diese umfasst 76 von 126 Gedichten, was einem Anteil von ca. 60% am Gesamtwerk entspricht. Ihr folgen die Kategorien ÄDialog“ mit 34 von 126 (ca. 27%), ÄMonolog/Andere“ mit 14 von 126 (ca. 11%) und ÄRupta“ mit 2 von 126 (ca. 2%). Der letzten Kategorie gehören die Gedichte IV 14 und 15 an, welche uns nur in Fragmenten von sechs bzw. zwei Zeilen erhalten geblieben sind. Mit ÄErzählung“ werden solche Fabeln beschrieben, welche ein reiner Vortrag des erzählenden Ichs sind oder welche nur einen verhältnismäßig kurzen Redeanteil einer der handelnden Personen - meist als finalen, moralisierenden Satz - aufweist. ÄDialoge“ sind die Fabeln, in denen mindestens zwei der handelnden Personen miteinander und auf einander reagierend kommunizieren. In der Kategorie ÄMonolog/Andere“ werden hauptsächlich jene Gedichte aufgeführt, deren Hauptbestandteil die Rede eines der Protagonisten ist. Ebenso finden sich in dieser Kategorie einige Gedichte, bei denen eine Person kurz und mehrfach redet, ähnlich den ÄErzählungen“ (z.B. I, 9). Auch finden sich drei Werke, die zwei Monologe von verschiedenen Protagonisten enthalten (I, 31; IV, 5 und V, 4), eine kurze dreizeilige Fabel mit einem Sprüchlein als Bezugspunkt ohne handelnde Person (IV, 13) und eine Fabel, in der ein Theaterchor ein canticum singt (V, 7). Eine Übersicht dazu findet sich in Abd. 1.

Wir stellen fest, dass die Fabel keinen so starken Ädialogischen Charakter“ besitzt, wie es Leibfried behauptet.83 Allein bei Phaedrus tritt sie zweimal häufiger als Erzählung auf, denn in Dialogform (76 zu 34); rechnet man die Geschichten aus der Kategorie ÄMonolog/Andere“ mit zu den Erzählungen, so käme sogar ein noch deutlicheres Ergebnis zustande mit einem Verhältnis von ca. 3:1 (90 zu 34). Wir stellen daher fest, dass - zumindest in Bezug auf das Werkt Phaedrus‘ - die Fabel in erster Linie eine Form der Erzählung ist. Als Rückschluss lassen sich nun zwei kontradiktorische Deutungsmodelle bilden:

Die Fabel eignet sich als Erzählung besonders gut, um sie zum Zweck der Analogieschließung in eine Rede einzubauen. Dies ist der Grund dafür, dass sie von den Rhetorikschülern im alten Athen und Rom gelernt wurde. Der Verwendungszweck erschließt sich demnach aus der Struktur: SV.

Die Fabel wurde lange Zeit hauptsächlich als rhetorisches Mittel genutzt und verdankt diesem Umstand auch ihre ersten Niederschriften. Jedoch hat sich durch die rhetorische Erzähltradition hauptsächlich die erzählerische Fabel im Gegensatz zur dialogischen durchgesetzt. Demnach hat die Struktur durch die Verwendung starke Beeinflussung erfahren: VS.

Inwiefern eines der aufgezeigten Modelle auf die gesamte Fabelgattung - die ja immerhin auf eine geografisch-kulturell extrem breit gefächerte und mindestens dreitausendjährige Tradition zurückblickt - angewendet werden kann, bedarf umfangreicher Forschung und würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.84

[...]


1 Stroh, Wilfried. Latein ist tot, es lebe Latein! Berlin, 2007. S. 111f.

2 Ebd. S. 106f.

3 Siehe dazu Becher, Ilse. Lateinische Sprache. Erschienen in Lexikon der Antike. Leipzig, 1979. S. 314.

4 Lessing, G.E. Vom Wesen der Fabel. Erschienen in Texte zur Theorie der Fabel. Hrsg. Leibfried, Erwin & Werle, Josef. Stuttgart, 1978. S. 54

5 Hier unterscheiden sich die Angaben mitunter erheblich. Exemplarisch sei aufgeführt, dass Otto Schönberger Phaedrus‘ Geburt Äzwischen 15 v.Chr. und der Zeitenwende“ verortet (Reclam, 1975, S. 215.) und Gian Biagio Conte Phaedrus‘ Geburt in seiner Letteratura Latina auf das Jahr 20 v.Chr. datiert (Baltimore, 1999, S. 435). Edward Champlin beschäftigt sich in seinem Aufsatz Phaedrus the Fabulous sehr kritisch mit den Problemen der Phaedrusbiographie und kommt zu dem Schluss, dass Äthe two foundation stones of the edifice are his supposed liberation by the emperor Augustus and his supposed persecution by Sejanus. Neither has any secure basis and without them the Life of Phaedrus crumbles away.” (Journal of Roman studies 95, 2005, S. 99).

6 Wünsche, Johanna. Phaedrus im lateinischen Lektüreunterricht. Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Grundlagen. Examensarbeit 2006. S. 3.

7 Siehe hierzu z.B. die Titelillustration von Christian Hagen, welche die Pheadrus-Ausgabe des Ioannes Laurentius schmückt (Amsterdam, 1667). Darin reicht der Kaiser höchstpersönlich dem Phaedrus in Anwesenheit von Aesop und den Musen einen Hut, wahrscheinlich als Symbol der Freilassung. Abgebildet und erläutert in Oberg, Eberhard. Phaedruskommentar. Stuttgart, 2000. S. 12f und 36.

8 Champlin, 2005. S. 99.

9 Holzberg, 1991. S. 233f.

10 Martial, Epigrammaton Libri. 3,XX, 5.

11 Friedlaender, Ludwig. M. Valerii Martialis Epigrammaton libri mit erklärenden Anmerkungen. Leipzig, 1886. S. 292.

12 Postgate, J. P. Phaedrus and Seneca. Erschienen in The Classical Review 33. Cambridge 1919. S. 22.

13 Vgl. I, pr. 7.

14 Postgate, S. 24. Er stützt sich auf den von Seneca im Korsischen Exil geführten Briefwechsel aus dem Jahre 43 n.Chr., in dem Seneca schreibt: ÄNon audeo te eo usque producere, ut fabellas quoque et Aesopeos logos, intemptatum Romanis ingeniis opus, solita tibi venustate conectas.” Seneca. De Consolatio ad Polybium,8, 3.

15 Perry, B.E. Babrius and Phaedrus. Cambridge, 1965. Fußnote 1, S. LXXIX.

16 Ebd.

17 Currie, H. Phaedrus the Fabulist. Erschienen in ANRW 2.32, 1984. S. 501.

18 Holzberg, Niklas. Die antike Fabel - Eine Einführung. Darmstadt, 1993. S.46ff.

19 Holzberg, 1991. S. 232.

20 Currie, 1984. S. 499.

21 Holzberg, 1991. S. 232.

22 Vgl. I, pr. 1f.

23 Siehe ÄFabeln“ in Der kleine Pauly. Stuttgart, 1967. S. 487.

24 Oberg,2000. S. 17.

25 Holzberg, 1993. S. 17.

26 Holzberg, 1993. S. 17.

27 Zwierlein, Otto. Der Codex Pithoeanus des Phaedrus in der Pierpont Morgan Library. Erschienen in Rheinisches Museum für Philologie 113. Frankfurt a.M., 1970. S. 91-93.

28 Holzberg, 1993. S. 43. Er geht darüber hinaus davon aus, dass das erste Buch fast vollständig erhalten ist und stützt sich dabei auf die Vermutung, dass das Buch I nicht gänzlich vollständig ist, bezeugt das Fehlen einer Fabel, in welcher arbores loquantur. Denn entgegen der Ankündigung im Prolog, treffen wir auf keine derartige Fabel. Weder in einem der restlichen vier Büchern noch im Appendix begegnet uns eine Fabel, auf die die Beschreibung passt. In der Phaedrusforschung gilt dies als einer der Stützpfeiler für die These der unvollständigen Fabelsammlung.

29 Adrados, Francisco Rodríguez. History of the Graeco-Latin fable. Vol. I. Leiden, 1999. S. 120.

30 Holzberg, Niklas. Phaedrus in der Literaturkritik seit Lessing. Erschienen in Anregung 37. München 1991. S. 226-242.

31 Holzberg (1993, S. 44) spricht hier von 30 Stück, jedoch spricht Thiele von 29 (S. XIX). Vgl. Thiele, Georg. Der lateinische Äsop des Romulus und die Prosafassungen des Phaedrus. Heidelberg, 1910.

32 Holzberg (1991, S. 228, Anmerkung 9) schreibt dazu, dass Thiele (1910) 11 Fabeln auf direkt aus dem Phaedrus entnommen anführt, Postgate (1919) von 10 und Zander in seinem Phaedrus solutus vel Phaedri fabulae novae XXX von 1921 sogar von insgesamt 30 ausgeht.

33 Holzberg, 1991. S. 228.

34 Holzber, 1993. S. 44.

35 Leibfried, Erwin. Fabel. Stuttgart, 1967. S. 1.

36 Der kleine Pauly. S. 486.

37 Dithmar, Reinhard. Die Fabel. Paderborn, 1988. S. 11.

38 Siewert, Walter. Phaedrus Fabeln - Text und Kommentar. Münster, 2001. S. 15.

39 Babrius schreibt im Proömium zum zweiten seiner Fabelbücher zur Herkunft der Fabel: ÄΜῦθος μέν, ὦ παῖ βασιλέως Ἀλεξάνδρου,/ Σύρων παλαιῶν ἐστιν εὕρεμ ἀνθρώπων,/ οἱ πρίν ποτ ἦσαν ἐπὶ Νίνου τε καὶ Βήλου./ πρῶτος δέ, φασίν, εἶπε παισὶν Ἑλλήνων/ Αἴσωπος ὁ σοφός, εἶπε καὶ Λιβυστίνοις/ λόγους Κυβίσσης.“ (erschienen in Perry, 1965. S. 138.)

40 Siewert, S. 15.

41 Offermann, Helmut. Lektüre Latein - Phaedrus Fabeln. Hallbergmoos, 2006. S. 1f.

42 Andrados, Francisco Rodriguez. Die Geschichte der Fabel. Erschienen in „Spektrum der Wissenschaft 12/1981.“ Zitiert aus Dithmar, S. 157.

43 Brunner-Trau, Emma. Altägyptische Tiergeschichte und Fabel - Gestalt und Strahlkraft. 6. Aufl. Darmstadt, 1980. S. 43ff.

44 Vgl. Livius Ab Urbe Condita 2, 32, 5-12.

45 Dithmar, S. 155.

46 Wünsche, S. 9.

47 Crusius, Otto. Aus der Geschichte der Fabel. Einleitung zu: Das Buch der Fabeln. Hsg. Kleukens, C.H. Leipzig, 1913. S. IV.

48 Früherer Fabelforschung ist uns auch bekannt. Im deutschen Sprachraum sind hier besonders Heinrich Steinhöwel (1412 - 1478) und Martin Luther (1483 - 1546) hervorzuheben. So verfasste Luther selbst auch einige Fabeln, welche der religiösen Erziehung dienen sollten.

49 Gellert, Christian F. Schriften zur Theorie und Geschichte der Fabel. Leipzig, 1744. Hrsg. von Siegfried Scheibe. Tübingen, 1966. S. 10. Gellert bezeichnet die Fabel hier als apologus, später nutzt jedoch auch er den Begriff fabula. In einer Fußnote meint er bezüglich der Unterscheidung bei der Fabel in ἄινον und μύθον, dass diese Ämagis nomine, quam ipsa re, inuicem differant.“

50 Horatius Flaccus, Quintus. De Arte Poetica Liber. 333ff.

51 Das Motiv der brevitas begegnet dem Leser immer wieder in den Fabeln. Der Autor nutzt vor allem die Ansprache an den Leser in den Pro- und Epilogen bzw. Pro- und Epimythien, um seine

52 Vgl. I, pr. 3f.

53 Dithmar, S. 14.

54 Offermann, S. 7.

55 Crusius, S. XIX.

56 Gellert, S. 16.

57 Dithmar, S. 14.

58 Coenen, Hans Georg. Die Gattung Fabel. Göttingen, 2000. S. 15.

59 Leibfried, 1967. S. 19f.

60 Zitiert in Leibfried, S. 2f, wie auch die weiteren Zitate.

61 Eigentlich müsste es der römischen Erzähltradition im Sinne des Horaz folgend ÄLeser oder Hörer“ heißen, doch da Phaedrus selbst stets nur von Lesern spricht, wird er vorrangig diese als seine Rezipienten verstanden haben. Damit grenzt er sich von seinem Vorbild Horaz (und auch anderer Autoren) klar ab, die ihre Poesie für ein hörendes Publikum geschrieben haben.

62 Wolff, Christian. Philosophia practica universalis. Frankfurt a.M. und Leipzig, 1739. Nachdruck Hildesheim, 1979. S. 239f.

63 Gellert, C.F., S. 36. Das von Gellert verwendete Επιμύθιον steht hier synonym für den Begriff Moral.

64 Thompson, Stith. The Folktale. New York, 1946. Zitiert nach Perry, B.E. Fable. Erschienen in Studium Generale 12 (1959). Berlin, 1959. S. 21.

65 Lessing, S. 54.

66 Vgl. IV, pr. 11 über die fabulae: ÄQuas Aisopias, non Aesopi, nomino“

67 Offermann, S. 8.

68 Matzkowski, Bernd. Wie interpretiere ich Fabeln, Parabeln und Kurzgeschichten. Hollfeld, 1998. S. 53.

69 Jülich, Adolf. Die Gleichnisse Jesu. Darmstadt, 1976, S. 99f zitiert in Dietmar, S. 219.

70 Perry, B.E. The Origin of the Epymythium. Erschienen in Transactions and Proceedings of the American Philological Association, Vol. 71. Baltimore, 1940. S. 417f.

71 Champlin, S. 106. Meine Hervorhebungen.

72 Vgl. I, 4, 1.

73 Vgl. I, 13, 1f.

74 Im lateinischen Original lauten die beiden Sprüche: Äqui fodit foveam incidet in eam et qui dissipat sepem mordebit eum coluber“(Ko 10,8) und Äqui autem verba eius quae loquetur in nomine meo audire noluerit ego ultor existam.“(5 Mo 18,19). Deutlich zu erkennen ist auch hier die zweigeteilte und unpersönliche qui-Strukturierung.

75 Matzkowski, S. 52.

76 Ein Beispiele für eine Rede in der ersten Person findet sich im Promytium zu I, 9: ÄSibi non cavere et aliis consilium dare/ Stultum esse paucis ostendemus versibus.” Das direkte Ansprechen des implizierten Lesers findet sich erst in späteren Büchern, z.B. in IV, 17: ÄHoc argumentum monet ut sustineas tibi/ Habitu esse similes qui sint virtute impares.“

77 Vgl. I, pr. 4.

78 Vgl. I, pr. 3. Diese Phrase, sowie auch 33, entspricht laut Holzberger Äder Verbindung des ridere mit dem dicere verum und des prodesse mit dem delecatare bei Horaz […] (Sat. I 1, 24; Ars poet. 333).“ (1993, S. 46).

79 So bei Oberg, 2000. S 14ff.

80 Wünsche, S. 43f.

81 Oberg, 1996. S 260.

82 Ebd. S. 261ff. Ebenso bei Havet, Luis. Phaedri - fabulae aesopiae. Paris, 1895. S. XV.

83 Leibfried, S. 20. Er leitet den dialogischen Charakter der Fabel davon ab, dass Äin den einzelnen Fabeln meistens zwei, höchstens drei Tiere“ auftreten und der Figurenkatalog begrenzt sei.

84 Denkbar wäre hier ein Vergleich mit den restlichen Fabelüberlieferungen aus dem grecoromanischen Sprachraum der Antike und Untersuchungen zu rhetorischen Verwendung, v.a. unter Einbezug der Epi-/Promythienforschung.

Excerpt out of 99 pages

Details

Title
Fabeln als Lektüre im Lateinunterricht. Möglichkeiten der didaktischen Umsetzung
Subtitle
Vergleich der Wertvorstellungen von Phaedrus und Wilhelm Busch
College
http://www.uni-jena.de/
Grade
1,7
Author
Year
2015
Pages
99
Catalog Number
V368378
ISBN (eBook)
9783668498150
ISBN (Book)
9783668498167
File size
1248 KB
Language
German
Keywords
Wilhelm Busch, Phaedrus, Aesop, Fabeln, Werte, virtus
Quote paper
Konstantin Herzog (Author), 2015, Fabeln als Lektüre im Lateinunterricht. Möglichkeiten der didaktischen Umsetzung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/368378

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