Selten hat eine innenpolitische Entscheidung zu einer so emotionalen Debatte geführt wie die Bundestags-Entscheidung zur Entsendung der Bundeswehr in den Afghanistankonflikt vom 16.11.2001. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte diese Sachfrage mit der Vertrauensfrage verknüpft, nachdem immer mehr Kriegsgegner aus der Regierungskoalition gegen den Bundeswehreinsatz zu stimmen drohten. Grüne Politiker sprachen von „Erpressung“1 durch den Bundeskanzler, Medien warfen den Grünen „Opportunismus“2 und reinen „Machterhalt“3 vor. Auf dem Parteitag der Grünen in Rostock wurde Außenminister Fischer von Kriegsgegnern auf einem Plakat als Kriegsverbrecher bezeichnet4.
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1 Höll, Susanne: Der Kanzler stellt die Vertrauensfrage, in: SZ, 57.Jhg., Nr.262, 2001, S.1.
2 Geis, Matthias: Der Handlanger des Kanzlers, in: Die Zeit, 56.Jhg., Nr.48, 2001, S.2.
3 ebd.
4 Vgl. Kahlweit, Cathrin: Abschied von der friedensbewegten Gründerzeit, in: SZ, 57.Jhg., Nr.272, 2001, S.2.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die grundgesetzliche Verankerung der Vertrauensfrage
- 2.1 Die positive und die negative Vertrauensfrage
- 2.2 Die isolierte und die mit einer Sachfrage verbundene Vertrauensfrage
- 3. Die Vertrauensfrage in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
- 3.1 Willy Brandt am 22.09.1972
- 3.2 Helmut Schmidt am 05.02.1982
- 3.3 Helmut Kohl am 17.12.1982
- 3.4 Gerhard Schröder am 16.11.2001
- 4. ,,Politik als Beruf“ von Max Weber
- 5. Die Vertrauensfrage vom 16.11.2001 aus Weber'schem Blickwinkel
- 5.1 Schröder
- 5.2 Die Kritiker des Bundeswehreinsatzes
- 5.2.1 Die Kritiker innerhalb der SPD
- 5.2.2 Die Kritiker bei Bündnis 90/Die Grünen
- 6. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Bundestagsentscheidung zum Afghanistaneinsatz vom 16. November 2001 und analysiert die damit verbundene politische Debatte. Dabei wird der Fokus auf die Motivationen der Beteiligten, insbesondere die Verwendung der Vertrauensfrage durch Bundeskanzler Schröder, gelegt. Ziel ist es, die politischen Entscheidungen vor dem Hintergrund der von Max Weber beschriebenen Politik- und Ethikbegriffe zu bewerten.
- Die grundgesetzliche Verankerung der Vertrauensfrage
- Die historische Verwendung der Vertrauensfrage in der Bundesrepublik Deutschland
- Max Webers "Politik als Beruf" und die Begriffe Verantwortungsethik und Gesinnungsethik
- Die Anwendung der Weberschen Konzepte auf die Entscheidung zum Afghanistaneinsatz
- Die Analyse der politischen Motivationen der Beteiligten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Bundestagsentscheidung zum Afghanistaneinsatz und die damit verbundene emotionale Debatte dar. Sie führt die Vertrauensfrage, die von Bundeskanzler Schröder mit der Sachfrage verknüpft wurde, sowie die Kritik an dieser Vorgehensweise durch die Grünen und Medien ein. Die Arbeit stellt die von Max Weber entwickelten Begriffe der Verantwortungsethik und Gesinnungsethik vor und erläutert, wie sie zur Analyse der politischen Entscheidung genutzt werden können.
Kapitel 2 beleuchtet die grundgesetzliche Verankerung der Vertrauensfrage und erläutert die verschiedenen Möglichkeiten des Vorgehens im Falle einer gescheiterten Vertrauensfrage. Kapitel 3 bietet einen Rückblick auf die Geschichte der Vertrauensfrage in der Bundesrepublik Deutschland und beleuchtet verschiedene Fälle, in denen sie Anwendung fand.
Kapitel 4 untersucht Webers Aufsatz "Politik als Beruf" und analysiert die Begriffe Verantwortungsethik, Gesinnungsethik und Macht. Kapitel 5 wendet diese Begriffe auf die Entscheidung zum Afghanistaneinsatz an und analysiert die Motivationen von Bundeskanzler Schröder und den Kritikern des Bundeswehreinsatzes, insbesondere innerhalb der SPD und der Grünen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Vertrauen, Politik, Ethik, Verantwortungsethik, Gesinnungsethik, Macht, Bundeswehr, Afghanistan, Bundestagsentscheidung, Vertrauensfrage, Bundeskanzler, Gerhard Schröder, Max Weber, "Politik als Beruf", SPD, Bündnis 90/Die Grünen.
- Arbeit zitieren
- Amien Idries (Autor:in), 2002, Ethik in der Politik. Die Bundestagsentscheidung zum Afghanistaneinsatz vom 16.11.2001., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3688