Der Philosoph und Anthropologe Helmuth Plessner wurde 1892 in Wiesbaden geboren; ab 1922 studierte er Zoologie und Philosophie in Heidelberg, Berlin und Göttingen. Zu seinen bekanntesten Lehrern zählen der Biologe Hans Driesch und der Philosoph Edmund Husserl, der als Begründer der Phänomenologie gilt. 1933 ist Plessner ins türkische Exil abgewandert; danach hat er lange in den Niederlanden gearbeitet. Ab 1946 war er an der Universität Groningen als Professor für Philosophie angestellt. Auf all seinen Stationen stand die Biologie im Fokus von Plessners philosophischer Forschung. In seinem wissenschaftlichen Hauptwerk Die Stufen des Organischen und der Mensch aus dem Jahre 1928 etwa - welches zunächst nur geringes Echo in der wissenschaftlichen Landschaft fand-, hat Plessner Philosophie und Biologie kombiniert und versucht, die wesentlichen Merkmale von unbelebter Natur, niederen und höheren Tierarten und schließlich dem Menschen als generellen Evolutionsprozess abzuhandeln. Der Mensch wird in diesem Kontext als letzte und somit höchste Stufe präsentiert. Politisch steht die Figur Plessner heute vor allem die für Öffnung der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine Rückkehr nach Deutschland, wo er wegen jüdischer Abstammung aus seinem Universitätsamt entlassen worden war, wurde zum Paradigma eines allgemeinen Aufschwungs der Wissenschaften. 1951 übernahm Plessner einen neu gegründeten Lehrstuhl für Soziologie an der Universität Göttingen. Seine anthropologische Lehre, die hier von Interesse ist, ist motiviert und methodisch inspiriert von den sozialphilosophischen Ideen Max Horkheimers und Theodor W. Adornos (vor allem von deren Kritischer Theorie), der interpretativen Soziologie von Alfred Schütz, der Biologie Adolf Portmanns und der wissenschaftlich-spekulativen Methode Martin Heideggers. Außerdem schlagen sich immer wieder phänomenologische Praktiken und Redeweisen in seinen Betrachtungen nieder. Kurz vor seinem Tode im Jahre 1985 konnte Plessner noch die Veröffentlichung seiner Gesammelten Werke erleben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Leben und Werk Helmuth Plessners
- Zur Einordnung des Aufsatzes
- Der Mensch und seine Sinne
- Von Tönen und Bildern - Ästhesiologie des Gehörs
- Zum Vergleich zwischen Optik und Akustik
- Gegenüberstellung der Modaleigenschaften von Ton und Bild
- Vom Ton zur Musik - Ästhesiologie der Musik
- Die Ausnahmestellung der Kunst mit Tönen
- Zur Vermittlung von Motorik und Verstehen
- Die Eigendynamik des musikalischen Werks
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert die anthropologische Bedeutung der Musik anhand des Philosophen und Anthropologen Helmuth Plessners. Plessner untersucht, welche Modaleigenschaften des Gehörsinns die Grundlage für eine musikalische Ästhetik bilden. Dabei werden die spezifischen Merkmale des Hörens im Vergleich zum Gesichtssinn herausgearbeitet.
- Die Rolle des Gehörsinns in der philosophischen Erkenntnistheorie
- Der Vergleich der Modaleigenschaften von Ton und Bild
- Die Bedeutung der Motorik und des Verstehens für das musikalische Erleben
- Die Eigendynamik und die Ausnahmestellung der Musik als Kunstform
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Helmuth Plessner und sein Werk vor und ordnet den Aufsatz "Zur Anthropologie der Musik" in den Kontext seiner anderen Schriften ein. Das zweite Kapitel beleuchtet die unterschiedliche Rolle des Gehörsinns im Vergleich zum Gesichtssinn in der Geschichte der philosophischen Erkenntnistheorie.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Vergleich zwischen Optik und Akustik. Plessner untersucht die Modaleigenschaften des Tons im Vergleich zum Bild. Dabei werden die spezifischen Eigenschaften des Hörens wie die zeitliche Abfolge, die räumliche Orientierung und die emotionale Wirkung von Tönen betrachtet.
Das vierte Kapitel widmet sich der Ästhesiologie der Musik. Plessner analysiert die Ausnahmestellung der Musik als Kunstform mit Tönen und die Bedeutung der Motorik und des Verstehens für das musikalische Erleben. Außerdem wird die Eigendynamik des musikalischen Werks und seine Unabhängigkeit von der äußeren Realität betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieses Aufsatzes umfassen die Anthropologie der Musik, die Modaleigenschaften des Tons, die Ästhesiologie des Gehörsinns, der Vergleich zwischen Optik und Akustik, die Motorik und das Verstehen, die Eigendynamik des musikalischen Werks sowie der Einfluss von Helmuth Plessner.
- Quote paper
- Benjamin Baum (Author), 2005, Anthropologie der Musik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36942