Exegese der zweiten Homilie zum Hohelied von Gregor von Nyssa


Seminararbeit, 2017

20 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die exegetische Arbeit Gregors in den Canticum-Homilien

3. Theologische Ansätze Gregors in seiner Canticum-Exegese
3.1. Der endlose Aufstieg der Seele zu Gott
3.2. Die verschiedenen Ausfaltungen zum Thema „Liebe“

4. Exegese von Hld 1,5-1,8 durch Gregor in Homilie 2
4.1. Poömium
4.2. Vers 1,5
4.3. Vers 1,6
4.3.1. Vers 1,6a-b
4.3.2. Vers 1,6c-e

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

1. Einleitung

Gregor von Nyssa wurde im 4. Jahrhundert geboren und stammt aus einer „begüterten, kinderreichen Familie der urbanen aristokratischen Oberschicht Kappadoziens.“[1] Er war der der zweitjüngste Bruder des Basilius von Caesarea. Dieser ließ Gregor eine umfassende philosophische und theologische Bildung zukommen. Gregor war deshalb zuerst Lektor und dann später auch Rhetor.[2] Er bemühte sich auch eigenständig um die Fortbildung in anderen Wissensgebieten, wie etwa die Anatomie, Physiologie, Botanik, Zoologie, Handwerk, Architektur und Kultur. Kenntnisse in diesen Wissenschaftsbereichen werden später seine Auslegung des Canticum in den von ihm verfassten 15 Homilien beeinflussen.[3]

Gregor bekleidete auch kirchliche Ämter, stand jedoch im Schatten seines Bruders Basilius. Basilius trug maßgebend zur Einsetzung Gregors als Bischof von Nyssa im Jahre 371 bei.[4] Er entsprach aber nicht immer dem Willen seines großen Bruders und wurde Ende 374 sogar von einer Synode homoiischer Bischöfe vermutlich in Ankyra abgesetzt, worauf seine Flucht folgte. Nach Basilius Tod entwickelte sich aber wieder sein Aufstieg und er bekleidete das Amt eines theologischen Führers auf den Synoden in Antiochia (379) und Konstantinopel (381/382/383).[5] Um circa 390 verfasste er seine 15 Canticum Homilien, bei denen er keine geschichtlichen Ereignisse seiner Zeit erwähnt, was einen deutlichen Rückzug seiner Person aus der Reichspolitik unterstreicht. Gregor bevorzugt eher, seinen Focus auf eine religiöse Thematik in seinen Homilien zu legen, wie beispielsweise das Verhältnis der Seele zu Gott oder der moralische Anspruch an das Individuum, aber auch an die Kirche.[6]

Somit kann man sein Werk als unabhängig von den kirchenpolitischen Wirren seiner Zeit sehen, die sich durch einen dogmatischen Streit um Einheit und Verschiedenheit in Gott auszeichneten.[7] Jedoch lässt sich trotzdem an manchen Stellen ein schwaches Profil mit geringer polemischer und apologetischer Färbung finden. Aber der biblische Text des Canticum steht ganz klar im Vordergrund.

In den darauffolgenden Jahren ist höchstwahrscheinlich der Tod des Verfassers eingetreten, wobei sein genaues Geburts- und Todesdatum nicht bekannt sind.

Im Folgenden wird die Auslegung der Verse 1,5-6 des Canticum durch Gregor in der zweiten Homilie seines Werkes genau dargestellt. Um ein allgemeines Verständnis von Gregors exegetischer Arbeitsweise zu erlangen, wird diese der Canticum-Exegese von Vers 1,5-6 vorangestellt. Außerdem soll die Arbeit eine Einführung in die theologischen Ansätze seiner Exegese geben. Zum Abschluss der Arbeit wird noch ein kurzer Einblick in die Tradition der Canticum-Exegese dargelegt..

Das Ziel der Arbeit liegt darin, den Leser einzuführen in die Denkweise und Arbeitsweise Gregors. Außerdem soll der Leser mit den Homilien anhand der Darstellung der Exegese zweier Verse vertraut gemacht werden. Natürlich wäre eine umfassendere Darstellung von mehr Versen von Nöten, um genauer in die Homilien Gregors eintauchen zu können. Dies würde aber den Rahmen einer Seminararbeit deutlich sprengen.

2. Die exegetische Arbeit Gregors in den Canticum-Homilien

Gregor setzt zu Beginn seiner Homilien jeweils ein Proömium, das als Begleitbrief dient und an seine Frau namens Olympias adressiert ist, die höchstwahrscheinlich als Grund für Gregor galt, mit seiner Canticum-Exegese zu beginnen.[8] Er legt darin auch den Zweck und das Ziel seines Werkes dar. Durch sein Werk soll „den fleischliche[n] beziehungsweise irdische[n] Gesinnten eine Anleitung zum pneumatisch-immateriellen Zustand der Seele zuteilwerde[n].“[9] Außerdem apologetisiert er darin seine allegorische Schriftauslegung, die als Spezifikum seiner exegetischen Arbeit gilt. Diese wendet sich gegen kirchliche Kreise und somit auch gegen die wörtliche Auslegung der Schrift, welche eventuell sogar schädlich für das christliche Ethos sein könnte. Seine Exegese ist dem Kriterium des Nutzens untergeordnet, wodurch der Wortsinn der Schrift nicht kategorisch abgelehnt wird, aber nur insofern akzeptiert wird, wie er für die Leser und Hörer zum Nutzen gereicht.[10]

„Es geht Gregor nicht um den pastoralen Nutzen, […] sondern vielmehr um eine exegetische Grundoption, um den Übergang vom vordergründigen zum tieferen Sinn der Texte, von der konkreten (somatischen) zur geistigen Bedeutungsebene der Schrift.“[11]

Nach dem Proömium zitiert Gregor die einzelnen Verse des Canticum, die er exegetisieren will, wörtlich anhand der Septuaginta-Übersetzung.[12] Gregor bemängelt diese Übersetzung wegen Zusammenhangslosigkeit oder Unklarheiten oft, jedoch kommt die Diskussionen um den rechten Wortsinn der Schrift bei ihm nie direkt zum Tragen.[13] „Kriterium der Auslegung ist dabei stets die Übereinstimmung mit der Tendenz der bisherigen Erklärungen, also die innere Stringenz des Gedankenganges (allein) auf der Deutungsebene.“[14] Entscheidend für Gregors exegetische Arbeit ist auch seine Reihenfolge der Darstellung: Er deutet erst das Schriftwort und dann bezieht er die Schriftworte auf seine vorausgegangenen Ausführungen.[15] Gregor verändert auch des Öfteren den genauen Wortlaut des Canticum. Dies gilt wiederum als Zeichen, dass „Gregor die ,Inspiration‘ des Canticum nicht im strengen Literalsinn“[16] versteht. Die Rechtfertigung seiner Arbeitsweise wurde schon bei den Ausführungen zum Prolog erläutert. Neben der bereits dargestellten Auslegungsmethode, der Allegorese, bedient sich Gregor auch der philologischen Textauslegung.[17] Erkennbar wird dies anhand der Deutung und Reflexion über hebräische Namen und Begriffe, aber auch durch die Angabe griechische Etymologien. Ebenfalls liefert Gregor konkrete Sacherklärungen, die als Basis für seine Interpretation dienen sollen. Diese widersprechen aber nur scheinbar der Allegorese. Es zeigt sich vielmehr, dass Gregor das Canticum nicht poetisch als Liebeslied versteht.[18] Seine Erklärungen weisen zum Beispiel historische Informationen zu biblischen Namen auf, aber auch anatomisch-physiologische Hinweise zum menschlichen Körper, geographische und botanische Kenntnisse jeglicher Art oder kulturgeschichtliche Eigenheiten jener Zeit.[19]

In Gregors exegetischer Arbeit lässt sich auch noch zusätzlich eine grammatikalisch-rhetorische Exegese finden. Er verweist auf bestimmte Tropen im philologischen Sinn, die nicht nur als Mittel dienen, um seine allegorische Auslegung des Canticum genauer darzulegen. Er benennt zum Beispiel des Öfteren eine Stelle aus dem Canticum als Katachrese, etwa Hld 4,3.[20] Hierbei wird eine Granatapfelschale mit der menschlichen Wange in Verbindung gebracht.

So sehr alle genannten Auslegungsmethoden zur wissenschaftlichen Erforschung des Canticum dienen, darf trotzdem niemals Gregors größeres Ziel unberücksichtigt bleiben, nämlich die Vorbereitung der Allegorese und damit die Deutung zum Nutzen des Hörers.[21] Für sie versucht er die entscheidenden Interpretationsansätze aus den genannten Methoden zu gewinnen. „Auf eine kontinuierliche Darstellung der ,somatischen‘ Bedeutung-Ebene des Canticum verzichtet Gregor also, wogegen er den tieferen Sinn des Textes lückenlos aufzuzeigen sucht.“[22] Oftmals zeigen sich bei Gregor, bedingt durch die Allegorese, zwei verschiedene Deutungsmöglichkeiten, wie etwa die „,individuelle‘ Deutung der Braut des Canticum auf die Seele und einer ,ekklesialen‘ Deutung auf die Kirche [hin].“[23] Jedoch spricht er immer der individuellen Deutung größere Beachtung zu, gemäß dem schon öfters benannten Nutzen des Hörers.[24]

Erwähnenswert ist auch die allgemeine Rolle der Hl. Schrift bei Gregor: Er stützt sich in seinen Ausführungen auf viele Querverweise auf das Alte und Neue Testament. Er allegorisiert nicht nur die Verse des Canticum, sondern auch alle anderen Bibelstellen und versucht damit, den tieferen Sinn der Hl. Schrift darzustellen.[25] Auch versucht er mit den Querverweisen auf das AT und NT seine exegetischen Ausführungen zu legitimieren und das Canticum in die gesamte Hl. Schrift besser zu integrieren.[26]

Abschließend ist als allgemeine Vorgehensweise von Gregors allegorischer Auslegungsmethode noch die Nachzeichnung der abstrakten Sinnstruktur des Textes mit eigenen, interpretierenden Inhalten zu erwähnen.[27] Diese Nachzeichnung jedoch gestaltet sich bei Gregor nicht, obwohl es eigentlich seine wissenschaftlichen Methoden vermuten ließen, streng wissenschaftlich, sondern haben immer die positiven Konsequenzen für den Hörer im Blick.[28] Es zeigt sich bei Gregor eine „Dominanz der theologisch-seelsorgerlichen Intentionen […] über das rein wissenschaftliche Interesse am biblischen Text.“[29] Deswegen lassen sich in seinen Ausführungen manchmal Drohungen, Mahnungen oder auch der Entwurf eines idealen Hörerbildes finden. Es soll dazu dienen, dass Canticum niemals als erotische Liebeslyrik zu verstehen. Es geht ihm also um das rechte Bibelverständnis des Hörers allgemein, wobei seine Ausführungen als eine Art Anleitung dafür dienen sollen.[30] Damit dies für den Hörer verständlicher wird, wendet er das πρόσωπον λέγον[31] an. Dabei handelt es sich um eine paraphrasierende Texterklärung, in der Gregor einer Figur Verse und auch die zugehörige Auslegung in den Mund legt. Er bedient sich somit der Figuren des Canticum, um seine eigene Exegese zu erklären. Der Sinn des Verses wird also aus der Perspektive der sprechenden Figur widergegeben. Das hat zwei Vorteile: Zum einen gewinnt seine Ausführung an Lebendigkeit, und zum anderen hofft er dadurch, den Zwiespalt zwischen dem Wortlaut und der Allegorese etwas begleichen zu können.[32]

3. Theologische Ansätze Gregors in seiner Canticum-Exegese

3.1. Der endlose Aufstieg der Seele zu Gott

Gregors Werk ist hauptsächlich exegetisch und nicht systematisch angelegt. Das hat zur Folge, dass die Reihenfolge der Verse im Canticum seine theologischen Ansätze bestimmt. Seine allegorische Auslegung wird somit durch den wörtlichen Canticum-Text bedingt. Dadurch lassen sich auch seine vielfältigen Dubletten und auch zum Teil Unstimmigkeiten in seinen Ausführungen erklären.

Gregor erweckt durch bestimmte Formulierungen den Eindruck, als wäre im Canticum eine gewisse Progressivität festzustellen. Er wiederholt zum Beispiel Ausführungen früherer Verse in einer kompensierten Form, so dass er scheinbar immer wieder neue Höhepunkte herausstellen kann.[33]

Diese Technik hat eine enorme Bedeutung für die Darstellung seiner theologischen Grundlinien. Gregor verdeutlicht an der Braut, der weiblichen Hauptfigur des Canticum, den endlosen Aufstieg der Seele zu Gott. Dabei werden auch Mose oder Paulus mit der Figur der Braut in Verbindung gebracht.[34] „Der Exeget findet im Canticum-Text die Unterscheidung von Mädchen, Konkubinen, Königinnen und der einen vollkommenen Taube vor (vgl. Cant 6,8-9c) und überträgt sie auf die verschiedenen Stadien, die die Menschen auf dem Weg zu Gott erreichen.“[35] Diese Stadien werden eingebettet in einen größeren, tiefer liegenden, heilsgeschichtlichen Kontext mit dem Ziel Gott als höchste Stufe. Jedoch vollzieht sich der Wandel von einer Stadie zur nächsten und damit der Aufstieg zu Gott nur sehr langsam. Notwendig wird dieser Aufstieg nur, weil der Mensch durch die Ursünde vom Guten abwich und sich bösen Neigungen zuwendete. Deshalb besteht die höchste Priorität darin, die bösen Neigungen auf ewig zu tilgen. Somit ist vom Aufstieg nicht nur das Individuum betroffen, sondern auch die komplette Schöpfung, deren umfassende Vollkommenheit wieder hergestellt werden muss.[36] Doch es tritt auch noch eine ontologische Komponente hinzu: Der Mensch ist dem Wandel und dem Werden aufgrund seiner menschlichen Existenz unterworfen. Gott hat die Menschen zwar zur Freiheit bestimmt, diesen Wandel selbst zu gestalten, jedoch lässt Gott die Menschen am Guten partizipieren und erreicht somit, dass die menschliche Seele immer zu einer tieferen Vollkommenheit gelangt, ohne aber Gott gleich zu werden und auf keinen Fall mit Gottes Vollkommenheit übereinzustimmen.[37] Dieser Aufstieg, der im Begriff Epektasis [38] gefasst ist, stellt die ursprüngliche Bestimmung des Menschen dar. Gotteserkenntnis, Tugend, Schönheit und Reinheit der Braut und die Steigerung ihrer Liebe gelten für Gregor als Merkmale, in denen sich der Aufstieg vollzieht.[39] Auf den Logos bezogen verwirklicht sich der Aufstieg immer in der Nachfolge, die als Spezifikum des christlichen Ethos gilt. Gregor verdeutlicht dies erneut an der Braut. Sie strebt unaufhörlich nach dem Guten und ersucht, Gott zu schauen. Somit befindet sie sich in unendlicher Bewegung.[40] Diese nie endende Bewegung wird aber bei Gregor keinesfalls negativ gewertet. Ganz im Gegenteil: Der Mensch als endliches Wesen kann nur der alles übersteigendenden Kraft (δύναμις θεο͠υ) näherkommenden, indem er niemals an einer Stelle verweilt und unaufhörlich nach dem Besseren strebt.[41]

3.2. Die verschiedenen Ausfaltungen zum Thema „Liebe“

Erwähnenswert ist auch der Umgang Gregors mit den Begriffen Agape und Eros. Im Canticum selbst wird der Begriff des Eros abgelehnt und stattdessen Agape verwendet. Gregor sieht den Begriff des Eros insofern etwas problematisch, da er für leibliche, sexuelle Liebe steht und deswegen für die Theologie unpassend sein könnte. Auch für den Leser stellt dieser Begriff eine Gefahr dar, weil er sich dazu verleiten lassen könnte, die Verse des Canticum mit diesem Begriff zu verbinden. Den Begriff des Eros, der ja für eine Hochform der menschlichen Liebe zueinander steht und eine Steigerungsform der Agape ist, überträgt Gregor auf die Gottesliebe insofern, dass der Begriff des Eros als Maßstab für die Intensität der Liebe dient, die die Menschen zu Gott aufbringen sollen.[42] Somit stellt der für Gregor negativ konnotierte Begriff des Eros im Kontext der Gottesliebe und des Strebens nach Gott einen positiven Begriff dar, der sogar „die unstillbare Sehnsucht nach Gott“[43] ausdrückt. Dennoch fordert Gregor, dass wir uns von einem leidenschaftlichen Leben (πάθος) abwendenden zu einem leidenschaftslosen Leben (απάθεια) hin,[44] „so da[ss] nach dem Verlöschen der leibverhafteten Gesinnung unser Denken allein durch den (göttlichen) Geist erotisch in uns glüht.“[45] „So herrscht in Gregors Canticum-Deutung eine eigenartige Spannung vor, die sich zwischen der Abwertung der natürlichen Erotik einerseits und der erotisch gefärbten Darstellung der Liebe zwischen Gott und Mensch andererseits aufbaut.“[46]

Jedoch tritt das Thema Liebe im Canticum auch nicht nur in der Form der Gottesliebe auf, sondern auch in der Form der Nächstenliebe, die er „als Nachahmung der göttlichen Menschenfreundlichkeit und damit als Zeichen besonderer Nähe zu Gott wertet. [Er findet sie] in der Braut des Canticum verwirklicht, und zwar darin, da[ss] diese sich immer wieder an ihre Begleiterinnen wendet, sie an den eigenen Erkenntnissen teilhaben lässt und die (vergleichsweise geringerer) Gottesliebe dieser Mädchen weiter anfacht.“[47]

4. Exegese von Hld 1,5-1,8 durch Gregor in Homilie 2

4.1. Poömium

Wie schon in Kapitel 2 eingangs erwähnt, setzt Gregor je zu Beginn seiner 15 Homilien, in denen er 6 Kapitel des Canticum interpretiert, ein Proömium.[48] Dieses steht nicht unbedingt in direktem Zusammenhang mit den folgenden exegetischen Ausführungen der jeweiligen Canticum-Verse einer Homilie. Als Themen gelten dabei „Ermahnungen an die Zuhörer, sich um das richtige Verständnis dieses biblischen Buches […] zu bemühen […], Aufforderungen zu intensivierter Gebetshilfe für den Prediger […], Reflexionen über die innere Dynamik des Canticum […] sowie biblische Beispiele und Vergleiche.“[49] Die biblischen Beispiele und Vergleiche finden sich unter anderen im Proömium der zweiten Homilie.[50] Gregor geht hierbei auf das Offenbarungszelt im Alten Testament ein. Bei diesem unterscheiden sich die innere und die äußere Ansicht wesentlich voneinander. Im Inneren spricht Gregor von kostbaren Steinen, Gold und Silber, Rauchfässern, Leuchtern, der Bundeslade und den Vorhängen der Eingänge, die mit vielen bewundernswerten Farben gestaltet sind. Dem gegenüber steht die äußere Ausstattung, von der Gregor beispielsweise die Vorhänge aus Leinenstoff erwähnt.[51] Er überträgt diese Thematik vom Aufbau und Aussehen des Offenbarungszeltes auf die beiden Dimensionen des Canticum. Dem äußeren Anschein gemäß wirkt das Canticum auf den Leser als „erotische Reden und Worte“ und als „Erwähnung leiblicher Glieder.“[52] Jedoch verbirgt sich im Canticum eine tieferer Hintergrund: Er beschreibt ihn als „lichtreicher Leuchter“, „eine Lade voll Mysterien“, „Rauchfass des Wohlgeruchs“, „Reinigungsopfer für die Sünde“, „schöne Farbe der Tugenden“, „unveränderliche Sockel der Glaubenssätze“ und als „Kapitelle, mit deren Hilfe sich die Gnade [Gottes] erklären lässt.[53] Jedoch spricht Gregor auch eine Warnung aus. Dünzl formuliert den Gegenstanden der Warnung als „Ausschlu[ss] aus diesem ,Zelt‘ – unreiner Gedanken wegen – und damit wiederum vor einem falschen Verständnis des Canticum“[54]

4.2. Vers 1,5

„Schwarz bin ich und schön, ihr Töchter Jerusalems, wie die Zelte Kedars, wie die Zeltbehänge Salomons“ (Hld 1,5 LXX).

Gregor ändert den Wortlaut der Septuaginta für seine Auslegung wie folgt ab:

„Schwarz bin ich und (doch) schön, Töchter Jerusalems, wie Zelte Kedars, wie Decken Salomos“ (Hld 1,5).

[...]


[1] Gregor von Nyssa, Canticum, 8.

[2] Vgl. LThK, Gregor.

[3] Vgl. Gregor von Nyssa, Canticum, 9.

[4] Vgl. LThK, Gregor.

[5] Vgl. LThK, Gregor.

[6] Vgl. Gregor von Nyssa, Canticum, 16-17.

[7] Vgl. Ebd., 17-18.

[8] Vgl. Dünzl, Braut, 22.

[9] Ebd., 25.

[10] Vgl. Ebd., 28-29.

[11] Ebd., 29-30.

[12] Vgl. Ebd., 36.

[13] Vgl. Dünzl, Braut., 37.

[14] Ebd., 38.

[15] Vgl. Ebd., 39.

[16] Ebd., 40.

[17] Vgl. Ebd., 44.

[18] Vgl. Ebd., 44.

[19] Vgl. Ebd., 45-46.

[20] Vgl. Ebd., 47.

[21] Vgl. Ebd., 49-50.

[22] Dünzl, Braut, 51.

[23] Ebd., 51.

[24] Vgl. Ebd., 51.

[25] Vgl. Ebd., 53.

[26] Vgl. Gregor von Nyssa, Canticum, 58.

[27] Vgl. Dünzl, Braut, 54.

[28] Vgl. Ebd., 55.

[29] Gregor von Nyssa, Canticum, 59.

[30] Vgl. Ebd., 26-27.

[31] Ebd., 56.

[32] Vgl. Gregor von Nyssa, Canticum., 56.

[33] Vgl. Ebd., 61-62.

[34] Vgl. Ebd., 62.

[35] Ebd., 63.

[36] Vgl. Gregor von Nyssa, Canticum, 63.

[37] Vgl. Ebd., 64-65.

[38] Ebd., 66.

[39] Vgl. Ebd., 66-67.

[40] Vgl. Ebd., 68.

[41] Vgl. Ebd., 67.

[42] Vgl. Ebd., 73.

[43] Ebd., 74.

[44] Vgl. Gregor von Nyssa, Canticum, 74.

[45] Ebd., 74.

[46] Ebd., 76.

[47] Ebd., 76.

[48] Vgl. Ebd., 47.

[49] Ebd., 48.

[50] Vgl. Ebd., 48.

[51] Vgl. Gregor von Nyssa, Canticum, 159.

[52] Ebd., 161.

[53] Ebd., 161.

[54] Dünzl, Braut, 68.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Exegese der zweiten Homilie zum Hohelied von Gregor von Nyssa
Hochschule
Universität Regensburg
Note
1,5
Autor
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V369455
ISBN (eBook)
9783668472020
ISBN (Buch)
9783668472037
Dateigröße
1129 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Homilie, Gregor von Nyssa, Bibelexegese
Arbeit zitieren
Daniel Böhm (Autor:in), 2017, Exegese der zweiten Homilie zum Hohelied von Gregor von Nyssa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369455

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