Belastung, Beanspruchung und Stress am Arbeitsplatz. Arbeitsplatzbewertung und Gefährdungsbeurteilung


Dossier / Travail, 2016

21 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG

2. GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNG
2.1. AUSGANGSLAGE
2.2. RECHTSGRUNDLAGE

3. PSYCHISCHE BELASTUNG UND PSYCHISCHE BEANSPRUCHUNG
3.1. BEGRIFFLICHKEITEN
3.2. BELASTUNGS-BEANSPRUCHUNGSMODELL
3.3. BELASTUNGEN/BEANSPRUCHUNGEN IM ARBEITSKONTEXT

4. WAS BEDEUTET STRESS?
4.1. DEFINITION VON STRESS
4.2. TRANSAKTIONALES STRESSMODELL
4.3. STRESS IM ARBEITSKONTEXT

5. DISKUSSION

6. LITERATURVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

ABB. 1 ERWEITERTES BELASTUNGS- UND BEANSPRUCHUNGS- MODELL

ABB. 2 TRANSAKTIONALES STRESSMODELL

ABB. 3 ZUSAMMENHANG VON BELASTUNGEN, BEANSPRUCHUNGEN UND BEANSPRUCHUNGSFOLGEN

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Durch eine Veränderung in den technischen und organisatorischen Arbeitsbedingungen haben psychische Belastungen und Beanspruchungen der Mitarbeiter in Betrieben stark an Bedeutung gewonnen. Als Beispiel nennen Uhle und Treier (2013, S. 48 ff.) Verdichtungen der Arbeit und eine Informatisierung (u.a. Personalabbau, Mehrarbeit, stete Erreichbarkeit, Leistungsdruck etc.).

In diesem Zusammenhang ist auf eine Studie der europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (2015) hinzuweisen. Nach dieser Studie ist Abstinenz aufgrund von psychosozialen Erkrankungen nach Muskel- und Skeletterkrankungen der zweitgrößte Ausfallgrund in Betrieben.

Auf Grundlage dieses anhaltenden Trends wurde die Notwendigkeit einer Beurteilung der psychischen Belastung am Arbeitsplatz vom Gesetzgeber definiert. Zudem ist das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter und der Mitarbeiterinnen neben Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit ein zentrales Anliegen der Unternehmen.

Im Rahmen dieser Arbeitsplatzbewertung hinsichtlich der psychischen Belastungen kann der Arbeitgeber psychische Erkrankungen zwar nicht therapieren, er kann jedoch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens psychischer Erkrankungen, bedingt durch die belastenden Arbeitsfaktoren, minimieren.

Um sich diesem Ziel zu nähern, müssen diese Faktoren zunächst bestimmt werden. In der Praxis scheint die Bestimmung dieser Faktoren als sehr komplex. Ein Grund dafür ist die uneinheitliche Verwendung der in diesem Zusammenhang stehenden Begriffe. Schauen wir uns hierzu ein Beispiel an:

Die Kassiererin Frau Müller steht im Weihnachtsgeschäft an der Kasse. Vor der Kasse warten bereits mehrere Kunden, um ihre Waren zu bezahlen. Die kalte Witterung außerhalb des Marktes sorgt auch im Kassenbereich für die Entstehung von kalter Zugluft. Im weiteren Verlauf der Schicht kommen unfreundliche Kunden, Systemausfälle und der Vorgesetzte mit Kritik auf Frau Müller zu. Am Ende des Tages verlässt Frau Müller den Markt und stöhnt: „So ein Stress!“.

Ist Frau Müller aus dem Fallbeispiel psychisch beansprucht oder belastet? Oder ist sie vielleicht sogar gestresst?

Diese und andere Fragestellungen, wie etwa was innerhalb der Gefährdungsbeurteilung abgebildet werden kann, sollen in den nächsten Kapiteln untersucht werden.

2. Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung

2.1. Ausgangslage

Wie eingangs kurz beschrieben, wächst in der heutigen Arbeitswelt der Leistungs- und Arbeitsdruck. Nach Litzcke und Schuh (2007) kann hierdurch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit erfolgen. Gesundheitsstatistiken der Krankenkassen zeigen ein einheitliches Bild, wenn es um die negative Entwicklung der psychischen Erkrankungen geht. Bamberg, Ducki, & Metz (2011) zeigen auf, dass die Arbeitswelt als ein Auslöser für diesen Trend anzusehen ist.

Um der Ursache dafür auf den Grund zugehen und einen präventiven Ansatz zu erarbeiten, wird eine Analyse der jeweiligen auslösenden Faktoren benötigt. In jüngster Vergangenheit weist Treier (2015) in diesem Rahmen auf die Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes hinsichtlich der psychischen Belastungen hin.

2.2. Rechtsgrundlage

Die negative Entwicklung hinsichtlich der psychischen Erkrankungen wie auch die Rolle der Unternehmen in diesem Zusammenhang wurde vom Gesetzgeber in Deutschland erkannt. In der Bundesrepublik Deutschland schreibt das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) eine Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze vor. Im Rahmen dieser Gefährdungsanalyse sollen Gefährdungen, denen Beschäftigte arbeitsbedingt ausgesetzt sind, vermieden werden. Seit 2013 sind neben den physischen Gefährdungen auch die psychischen Belastungen explizit im ArbSchG genannt (ArbSchG § 5 Abs 3 Nr 6). Eine genaue Methode zur Durchführung der Gefährdungsanalyse sieht der Gesetzgeber allerdings nicht vor.

Wie Uhle et al. (2013) beschreiben, gibt es neben dem ArbSchG noch weitere Regularien, die Hinweise auf die Berücksichtigung der psychischen Belastung im Rahmen eines umfassenden Gesundheitsmanagements geben.Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bietet dem Betriebsrat die Möglichkeit, im Rahmen eines Initiativrechtes „[...] Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den

Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften [...]“ mitzubestimmen (BetrVG § 87 Abs 1 Nr 7).

Über die Art und Weise der Umsetzung einer Gefährdungsbeurteilung entscheidet letztendlich jedoch der Arbeitgeber. Um einen ersten Ansatzpunkt für die Gefährdungsanalyse psychischer Belastungen zu finden, ist es zunächst sinnvoll zu definieren, was man unter psychischen Belastungen versteht.

3. Psychische Belastung und psychische Beanspruchung

3.1. Begrifflichkeiten

In der arbeitsphysiologischen Literatur bei Lehmann (1953) werden erstmals die Begriffe Belastung und Beanspruchung verwendet. Die erste anschauliche und inhaltlich eindeutige Gegenüberstellung, im Sinne von verschiedenen Begriffen, findet sich in der arbeitsmedizinischen Literatur bei Valentin et al. (1971, S. 24):

„Unter Belastung ist jede Einflussgröße zu verstehen, die am menschlichen Organismus eine Wirkung hervorrufen kann.“ Und weiter heißt es: „Als Beanspruchung bezeichnet man Veränderungen des Organismus, die durch Belastung hervorgerufen werden.“

In der Industrienorm zur psychischen Arbeitsbelastung (vgl. DIN EN ISO- 10075:2000) wurden diese Begriffe auf der Grundlage arbeitsmedizinischer Literatur definiert. Hier wird der Begriff psychische Belastung als „[...] die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn wirken [...]“ beschrieben. Im Vergleich hierzu stellt diese Norm die psychische Beanspruchung als „[...]die unmittelbare (nicht die langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien [...]“ dar.

Im Gegensatz zum alltäglichen Sprachgebrauch, wo die Begrifflichkeiten Belastung und Beanspruchung negativ konnotiert sind, werden diese in der Wissenschaft und in den bestehenden Normen als neutrales Wertepaar verwendet.

3.2. Belastungs-Beanspruchungsmodell

Die Begriffe Belastung und Beanspruchung stammen ursprünglich aus der technischen Mechanik. Ein wichtiges Konzept in diesem Zusammenhang stellt das Belastungs- und Beanspruchungsmodell dar. In dem Modell wird zunächst auf die Wirkung der Umgebungsbelastungen, wie zum Beispiel Lärm und Schadstoffe, eingegangen. Die Arbeitswissenschaft hat sich dieses Ursachen-Wirkungskonzept zu Nutze gemacht. Oestereich (2001) stellte fest, dass in den Anfängen Ursachen- und Wirkungszusammenhänge primär für den Bereich „körperliche Arbeit“ beschrieben worden sind. Seit den 1980-Jahren wird dieses Modell immer mehr auch auf psychische Belastungen angewendet.

Kirchberg et al. (1998, S. 33) verweisen darauf, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz durch die Merkmale der Tätigkeit, die organisatorischen und die sozialen Arbeitsbedingungen geprägt sind. Als Beispiel zu nennen sind Zeitdruck, Störungen bzw. Unterbrechungen und Informationsbeschaffung.

Rohmert und Ruthenfranz (1975) haben hierzu ein Belastungs- und Beanspruchungsmodell geschaffen. Schlick (2010, S. 38 ff.) hat das Modell, wie in Abbildung 1 zu sehen, erweitert.

Die Wirkung, also die psychische Beanspruchung der objektiven psychischen Belastungen werden hier zusätzlich durch die subjektiven Leistungsvoraussetzungen und Ressourcen (zum Beispiel Fähigkeiten oder Kompetenzen) beeinflusst. Scheuch und Schröder (1990) weisen darauf hin, dass gleiche Belastungen von Personen im direkten Vergleich unterschiedlich bewertet werden.

In Abhängigkeit von den jeweiligen Ressourcen (finanziell, fachlich, sozial, gesundheitsbezogen), die ein Individuum besitzt, können nach der DIN EN ISO-10075:2000 die Folgen psychischer Beanspruchungen einerseits als Anregungseffekte auftreten, welche die Leistungsfähigkeit der betroffenen Person steigern, andererseits aber auch eine beeinträchtigende Form annehmen. Die beeinträchtigenden Effekte psychischer Beanspruchungen werden von Richter und Hacker (1998, S. 66) als Fehlbeanspruchungsfolgen bezeichnet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Erweitertes Belastungs- und Beanspruchungs-Modell

3.3. Belastungen/Beanspruchungen im Arbeitskontext

In der Arbeitswelt gibt es eine ganze Reihe von Belastungen. Im Folgenden werden unterschiedliche Bereiche aufgeführt, die eine Beanspruchung und somit eine Reaktion in Form einer Beanspruchungsfolge nach sich ziehen können (Richter, et al., 1998; S. 17):

- Belastung aus der Arbeitsaufgabe (z. B. hohe qualitative und quantitative Anforderungen)
- Belastung aus der Arbeitsrolle (z. B. Verantwortung)
- Belastung aus der materiellen Umgebung (z. B. Umwelteinflüsse)
- Belastung aus der sozialen Umgebung (z. B. Betriebsklima)

Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert, stehen Beanspruchungen in enger Beziehung mit den individuellen Ressourcen. Auch im Arbeitskontext können psychische Beanspruchungen als Anregungseffekte auftreten, welche die Leistungsfähigkeit der betroffenen Person steigern, andererseits aber auch eine beeinträchtigende Form annehmen, welche die Funktionstüchtigkeit bei der Verrichtung einer Tätigkeit absenkt.

In der DIN EN ISO 100075-1 (2000) werden arbeitsbedingte Beanspruchungsfolgen ebenfalls thematisiert. Es werden unter anderem psychische Ermüdung, Monotonie und psychische Sättigung in die Kategorie der Beanspruchungsfolgen mit beeinträchtigenden Effekten eingeordnet.

Der Begriff Stress findet in diesem Zusammenhang jedoch keine Berücksichtigung, obgleich es an dieser Stelle aufgrund der Stigmatisierung dieses Begriffs in der derzeitigen Arbeitswelt sinnvoll erscheinen würde.

4. Was bedeutet Stress?

4.1. Definition von Stress

Im Alltag wird der Begriff Stress oft uneinheitlich verwendet. Wie bei Bartholdt und Schütz (2010, S. 23 ff.) wird in folgender Betrachtung zwischen einer weit gefassten und einer eng gefassten Definition des Begriffes Stress unterschieden.

Stress aus der weit gefassten Perspektive bezieht sich auf die zeitliche Dimension. Diese Form von Stress umfasst den gesamten Prozess vom Eintreten eines potentiellen stressauslösenden Ereignisses (auch Stressor genannt) bis hin zu den mittel- und langfristigen Folgen von Stress. Nach Auftreten eines Stressors erfolgt die unmittelbare Stressreaktion und die individuelle Stressbewältigung.

Im engeren Sinn bezieht sich Stress auf die unmittelbar auftretende Stressreaktion.

Richter et al. (1998, S. 125) definieren den Begriff Stress als „Reaktion auf als unannehmbar oder bedrohlich erlebte, konflikthafte Fehlbeanspruchungen, erwachsend aus starker Über- oder Unterforderung der Leistungsvoraussetzungen bzw. dem Infrage stellen wesentlicher Ziele einschließlich sozialer Rollen.“

Diese Reaktionen treten v. a. dann auf, wenn den entsprechend schwierigen Situationen nicht ausgewichen und zudem keine Kontrolle über sie erreicht werden kann. Daraus entsteht eine emotionale Belastung, die mit Ängsten und unlustbetonten Erregungszuständen einhergeht (Richter et al., 1998, S. 23).

4.2. Transaktionales Stressmodell

In der Literatur gibt es vielfältige Modelle, die sich mit dem Thema Stress beschäftigen. Unter anderem Frieling und Sonntag (1999) unterscheiden zwischen reizorientierenden, reaktionsorientierenden und transaktionalen Stresskonzepten. Eine weitere Unterscheidung der verschiedenen Ansätze soll in der vorliegender Arbeit nicht vorgenommen werden. Im Rahmen von arbeitspsychologischen Fragestellungen wird oft das transaktionale Stressmodell zitiert.

Nach Lazarus, R. (1966) bildet das transaktionale Stressmodell den Prozess der Stressentstehung mit Schwerpunkt auf der subjektiven Bewertung dieser Situation ab. Der Begriff „transaktional“ bezeichnet die Beziehung zwischen Person und Umwelt und betont das dynamische Zusammenspiel (Lazarus, 1999, S. 74). Die Entstehung von Stress ist laut Lazarus und Folkman (1984, S. 19) auf die Bewertung der Person zurückzuführen. Stress entsteht bei der Bewertung, dass die Anforderungen die Anpassungsfähigkeit auslasten oder übersteigen und das Wohlbefinden der Individuen gefährden.

Wie in Abbildung 2 gezeigt, werden Stressoren auf zwei unterschiedliche Arten bewertet. Wie der Reiz bzw. die Situation wirkt, hängt stark von der Intensität und der Dauer ab. Bewertungen werden in eine primäre und eine sekundäre Einschätzung unterteilt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2 Transaktionales Stressmodell

Wie Zapf und Semmer (2004) anmerken, implizieren die Begriffe „primär“ und „sekundär“ zwar eine zeitliche Abfolge, jedoch sind diese eher als dynamisch interaktiver Prozess zu verstehen.

Bei der primären Bewertung handelt es sich um eine Einschätzung eines Ereignisses. Dieses Ereignis wird in Hinblick auf das eigene Wohlbefinden als irrelevant, positiv/günstig oder stressreich bewertet.

[...]

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
Belastung, Beanspruchung und Stress am Arbeitsplatz. Arbeitsplatzbewertung und Gefährdungsbeurteilung
Université
University of Wuppertal  (IOP)
Note
1,3
Auteur
Année
2016
Pages
21
N° de catalogue
V369721
ISBN (ebook)
9783668472631
ISBN (Livre)
9783668472648
Taille d'un fichier
617 KB
Langue
allemand
Mots clés
belastung, beanspruchung, stress, arbeitsplatz, arbeitsplatzbewertung, gefährdungsbeurteilung
Citation du texte
Stephan Schramm (Auteur), 2016, Belastung, Beanspruchung und Stress am Arbeitsplatz. Arbeitsplatzbewertung und Gefährdungsbeurteilung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369721

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