Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Forschungsfragen
3. Die Voraussetzungen für Kolumbus’ Entdeckungsfahrten
4. Der Entdecker – Eine Kurzbiographie
5. Beeinflussungsfaktoren
6. Die erste Entdeckungsfahrt
6.1. Die Vorbereitungen
6.2. Die Fahrt
6.3. Die Ankunft
7. Die Folgen
8. Warum nicht umgekehrt?
9. Zusammenfassung
10. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Dann lagen wir bei und warteten bis zum Anbruch des Tages, der ein Freitag war, an welchem wir zu einer Insel gelangten, die in der Indianersprache "Guanahaní" hieß.“
Christoph Kolumbus, Bordbuch der ersten Fahrt, Eintrag 12. Oktober 1492.[1]
Mit diesen vergleichbar wenig epischen Worten hält der italienische Seefahrer und Korsar Christoph Kolumbus die Entdeckung eines völlig neunen Kontinents fest und läutet damit ein neues Zeitalter ein. Als er die Flagge der kastilischen Krone in den Boden rammt und das eben betretene Land in Besitz nimmt, setzt er Bewegungen in Gang, dessen Umfang er sich selbst wohl nie ausmalen hätte können. Die Entdeckung der Neuen Welt bedeutete einen absoluten Paradigmenwechsel. Europa, das bis zum dreizehnten Jahrhundert in sehr wenig internationale, geschweige denn in globale Prozesse eingebunden war, entwickelte sich in den darauffolgenden Jahrhunderten zum absoluten Zentrum der Welt. Dies galt sowohl in kultureller als auch besonders in ökonomischer Hinsicht. Der Kolonialismus der hauptsächlich zur Füllung der Staats- und Kriegskassen der europäischen Mächte diente und der damit einhergehende transatlantische Sklavenhandel wären ohne die Entdeckungen der neuen Welt nicht möglich geworden. Die grausam versklavten Menschen aus Afrika und die schamlos geplünderten Bodenschätze und das Ackerland Amerikas waren die Voraussetzung für die bis heute anhaltende starke Position der europäischen Staaten. Allerdings haben sich die Machtstrukturen bis in die Gegenwart doch weitgreifend verändert. Zwar hat Europa, stellvertretend vor allem die Europäische Union, weiterhin eine mächtige Position inne, der nördliche Teil der damaligen Neue Welt konnte sich von der Kette Europas allerdings völlig loslösen und steht heute in Form der Vereinigten Staaten von Amerika selbst als mächtiger, ja sogar als mächtigster Staat der Welt da. Der südliche Teil konnte sich zwar letztlich auch von der spanischen Herrschaft lösen, doch ganz konnte das koloniale Erbe nicht abgelegt werden. So sind jene Regionen in Süd- und Mittelamerika viel unstabiler und wirtschaftlich schwächer als jene im Norden.[2] Doch auch diese Entwicklung wäre vermutlich ohne die vorangegangene Entdeckung durch Kolumbus nicht auf die selbe Art und Weise vor sich gegangen.
Ein interessanter Gedanke, der versucht wird im Rahmen dieser Arbeit abzuhandeln, ist der Umstand, dass Amerika von einem europäischen Seefahrer entdeckt wurde und nicht umgekehrt. Besonders spannend wird dieser Gedanke, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die indigenen Völker Amerikas nicht einmal ansatzweise davorstanden die große Weite des Atlantiks in Richtung Osten zu überqueren. Hier werde ich versuchen die Gründe dieses Umstandes zu ermitteln und zu dokumentieren.
Spannend ist auch die Frage nach der Motivation des Entdeckers selbst. Wie kann man es sich erklären, dass sich ein italienischer Seemann, der nichts als eine Theorie und eine ungefähre Idee seiner großen Reise (nämlich die Theorie Paolo del Pozzo Toscanellis, doch dazu später mehr) im Kopf hatte beinahe zehn Jahre hartnäckig um die Gunst diverser Königshäuser bemühte? Diesen und noch mehr Fragen soll das vorliegende Papier auf den Grund gehen. Weiters soll ein Überblick über die Reisen des Kolumbus gegeben werden, wobei der Fokus gewiss auf seiner ersten Entdeckungsreise liegen soll, bei der letztendlich auch die große Entdeckung des neuen Kontinents gemacht wurde.
2. Forschungsfragen
Welche Bedeutung trug die Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus zur wirtschaftlichen Macht von Spanien und ganz Europa bei? Wurde diese nachhaltig durch Kolumbus gestärkt?
Welche Ziele verfolgte Kolumbus selbst? Wurde er durch pures Fernweh und durch Abenteuerlust gesteuert oder steckten letztlich doch vordergründig wirtschaftliche Gründe hinter seinen Entdeckungsfahrten?
Wodurch wurde Kolumbus beeinflusst? Anhand welcher Theorien legitimierte er die gefährliche Fahrt in den unbekannten Westen?
Warum wurde Amerika durch Europäer entdeckt und nicht umgekehrt?
Welche Bodenschätze wurden von den Europäern hauptsächlich abgebaut? Welche Produkte wurden in landwirtschaftlicher Produktion hergestellt?
Wer waren die Verlierer der Entdeckung der neuen Welt und warum?
3. Die Voraussetzungen für Kolumbus’ Entdeckungsfahrten
Will man die Zeit verstehen in der Christoph Kolumbus geboren und aufgewachsen ist, muss man sicher verinnerlichen, was die in der Forschung oft als schwarzen oder dunklen Jahrhunderte bezeichnete Zeit, welche der Zeit Columbus’ voranging, für die Menschen bedeutete.
„Im Altertum [...] existierte nur eine beschränkte und begrenzte Vorstellung der Oikoumene, oder des Weltbildes, aber dieses enthielt immerhin einen ziemlich genauen Anteil von Afrika, Indien und China. Doch seit dem vierten Jahrhundert beschränkte sich die bewohnbare Erde auf die nördliche Hemisphäre.“[3]
Jenes Indien, das Christoph Kolumbus über einen schnellen Seeweg über Westen erreichen wollte, war also zu dieser Zeit nur ein Konzept, das mit dem heutigen Indien relativ wenig zu tun hatte und in den Köpfen der Menschen herumgeisterte. Weder war unter dem Begriff Indien ein konkretes Land gemeint noch eine genaue geographisch Lokalisierung gegeben. Den wenigsten mag bekannt sein, dass jenes Gebiet, das Kolumbus anstrebte zu erreichen im heutigen China liegt.[4] Ein ebenso spannender Gedanke ist, dass Kolumbus zwar das Wissen besaß, dass die Erde keine Scheibe, sondern wohl eine Kugel sei, gleichzeitig aber nicht wusste, welchen Umfang diese Kugel hatte.
„Die Unkenntnis des wahren Erdumfanges erstaunt umso mehr, als schon der Grieche Eratothenes von Alexandria (gest. 192 v.Chr.) den Erdumfang bis auf 100 km genau berechnet hatte.“[5]
Auch an diesem Zitat zeigt sich der stattgefundene Rückgang des ehemals umfangreicheren Wissens der Antike exemplarisch. Es gibt viele genannte Gründe für den Verlust dieses Wissens, wobei dieser mit Bestimmtheit nicht auf ein singuläres Ereignis, beziehungsweise nicht auf einen einzigen Grund zurückzuführen ist. Vielmehr muss dieser Wissensrückgang seinen Ursprung in einer Vielzahl von Gründen, wie etwa dem Zerfall des Römischen Reiches, dem damit einhergehenden Rückgang des interkontinentalen Handels, dem Konflikte mit den germanischen Stämmen und auch in Krankheiten wie der Pest haben.[6] In Zeiten die von wirtschaftlichen Existenzängsten und dem allgegenwärtigen Tod durch Seuchen gezeichnet sind, ist es nachvollziehbar, dass die Bevölkerung der Sicherung ihres Überlebens einen höheren Stellungswert, als der Bildung zukommen ließ. Trotz dieses, für uns heute offenkundigen, Fehlen von Wissen, gab es durchaus Theorien aus dem Altertum, die den Menschen erhalten blieben. So folgten viele der damals führenden Wissenschaftler, und somit auch viele Seefahrer, den Ansichten des berühmten Schriftstellers des griechischen Altertums, Aristoteles. „Die Gegend um die Säulen des Herakles ist mit derjenigen um Indien verbunden, und es liegt zwischen diesen nur ein einziges Meer.“[7] Als die Säulen von Herakles (od. auch Herkules) bezeichneten die Menschen damals die Meerenge von Gibraltar, sprich also das westliche Ende des Mittelmeeres. Dies bedeutet wiederum, dass man zwar dachte, dass „Indien“ über einen westlichen Seeweg zu erreichen war, man sich allerdings nicht über die zurückzulegende Distanz einig war. Gleichzeitig gab es auch ständige Hinweise auf die Existenz einer westlich liegenden Region. Immer wieder wurden Gegenstände an die spanischen und portugiesischen Küsten angespült, für die man sich damals keinen Reim machen konnte. Oftmals handelte es sich dabei um Waren, die von der indigenen Bevölkerung Amerikas hergestellt und verloren wurden.[8] Daher lag es also förmlich in der Luft, dass im Westen ein Land schlummern musste. Wie man sich dieses Land allerdings vorstellen musste und wo dieses genau lag, und ob diese Zeugnisse gar aus dem „indischen Raum“ stammten, war man sich schlichtweg nicht im Klaren. Diesen Ort zu erreichen galt als nicht möglich.
4. Der Entdecker – Eine Kurzbiographie
„Ein moderner Historiker stellte mit Recht fest, daß Kolumbus sogar Homer übertreffe; denn wenn sich bei diesem nur sieben Städte um den Ruhm streiten, sein Geburtsort zu sein, so streiten sich um Kolumbus gleich acht verschiedene Völker [...] und in Italien wollen siebzehn verschiedene Städte als Geburtsort gelten.“[9]
Die Herkunft Kolumbus’ ist bis heute ein viel umstrittenes Thema. Als am wahrscheinlichsten gilt die Annahme, dass Kolumbus im Jahre 1451 in Genua, als Sohn eines Webers geboren wurde. Wie er vom Händlersohn zum Seefahrer wurde ist nicht bekannt. Zwar gibt es immer wieder sporadische Zeugnisse, von diversen Handelsfahrten an dem der junge Kolumbus teilnahm, ein genauer Lebenslauf ist uns allerdings leider nicht erhalten geblieben. Dennoch gibt es einige Momente vor seinen großen Entdeckungsfahrten, sprich vor 1492, die aus seiner ansonsten eher schleierhaften Biografie herausstechen und somit erwähnenswert sind.
1479 heiratete er die Tochter eines portugiesischen Adeligen und ließ sich in Portugal nieder.[10] In dieser Zeit wurde der junge Seemann, der neben seinen praktischen Erfahrungen in der Seefahrt auch des Lateinischen mächtig war, und somit im Stande war die gängigen wissenschaftlichen Publikationen zu lesen, mit einigen Theorien und Konzepten in Verbindung, die seine Motivation Entdeckungsreisen zu planen nachhaltig beeinflussten. Dabei verschaffe er sich einen großen Vorteil mit seiner Heirat, die ihn mit wichtigen und mächtigen Persönlichkeiten zusammenführte.[11] Zwischen 1483 und 1492 bemühte er sich intensiv und hartnäckig um die Gunst und um Förderung durch diverse Königshäuser. Letztlich wurde er in Isabella und Ferdinand von Aragon fündig.[12] Das spanische Königshaus finanzierte die Hälfte der Entdeckungsfahrt, und wahrscheinlich noch wichtiger die Unternehmung agierte fortan mit dem Segen der Krone. Innerhalb kürzester Zeit wurde die Expedition geplant und schon am 03. August 1492 stach Kolumbus in See.[13]
In Folge entdeckte der Seefahrer tatsächlich Gebiete die im Westen lagen, allerdings war sich noch niemand bewusst, dass es sich bei den vorgelagerten Inseln, die bei den ersten drei Kolumbusexpeditionen erforscht, besiedelt und unterworfen worden waren, tatsächlich um einen neuen Kontinent handelte. Erst bei seiner letzten Entdeckungsreise, die er am 09. Mai 1502 antrat betrat der Seefahrer und Entdecker das amerikanische Festland[14], war sich allerdings auch nicht zu diesem Zeitpunkt bewusst, einen neuen Kontinent entdeckt zu haben. In der Zwischenzeit geriet der Ruf des einst angesehenen Kolumbus in Verruf, da bekannt wurde, dass es ein teilweise überaus tyrannisches Verhalten an den Tag legte. Aus diesem Grund konnte er etwa bei seiner dritten Entdeckungsfahrt lediglich Strafgefangene als Crewmitglieder anheuern.[15]
Nach seiner vierten und letzten Fahrt, bei der er wieder keine sagenhaften Goldschätze finden konnte, kümmerte sich niemand mehr um ihn, letztlich auch weil Königin Isabella, seine große Förderin, 1506 gestorben war.[16] Danach lebte Christoph Kolumbus in Sevilla und wartete bis an sein Lebensende auf eine Wiedereinsetzung, die es nie mehr gab.[17]
[...]
[1] Christoph Columbus. Bordbuch der ersten Fahrt, 2002, 23,
E-Book, eingesehen unter: http://www.ewetel.net/~norbert.fiks/ebooks/bordbuch.pdf,
am 18.12.2015, 13:15.
[2] Gernot Volger, Gold, Ruhm und Evangelium – Der Wiederentdecker Amerikas als Verkörperung der europäischen Expansion, in: Archiv für Kulturgeschichte Bd 88 (2006), 352 f.
[3] John Stewart Collis, Christoph Kolumbus – Aufbruch zu neuen Welten und Zeiten, München 1991, 11.
[4] Helumt Knolle, 500 Jahre Verwirrung – Voraussetzungen und Folgen der Entdeckung Amerikas, Olten 1992, 65.
[5] Ebd. 67.
[6] Collis, Christoph Kolumbus, 11.
[7] Hermann Schreiber, Die neue Welt – Die Geschichte der Entdeckung Amerikas, 1991, 51.
[8] Ebd. 52.
[9] Heinrich Pleticha, Christoph Kolumbus – Der Beginn der Neuzeit, 1987, 145.
[10] Ebd. 165.
[11] Schreiber, Die neue Welt, 54.
[12] Schreiber, Die neue Welt, 54.
[13] Ebd. 61.
[14] Ebd. 284.
[15] Ebd. 283.
[16] Ebd. 284
[17] Ebd.