Die Rolle des systemischen Beraters


Hausarbeit, 2005

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Systemische Beratung

II. Die Rolle des systemischen Beraters
1. Problemsysteme
2. Systemische Intervention des Beraters
3. Definition und Merkmale der Rolle des systemischen Beraters
3.1. Ziele des systemischen Beraters
3.1.1. Informationsneubildung
3.1.2. Reflexionsfähigkeit
3.1.3. Kompetenzerweiterung
3.2. Handlungsbegleitende Prinzipien des systemischen Beraters
3.2.1. Neutralität
3.2.2. Neugier
3.2.3. Autonomie
3.2.4. Konsens
3.2.5. Verantwortlichkeit

III. Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Das Ziel dieser Hausarbeit soll sein, eine Antwort auf die Frage: „Was ist die Rolle des systemischen Beraters?“ zu geben.

Seit einigen Jahren ist die systemische Orientierung immer mehr Bestandteil verschiedener Anwendungsgebiete. Sie reicht von der psychotherapeutischen Einzelfallberatung, Paar- und Familientherapie, Supervision bis hin zur Team- und Organisationsberatung. Der systemische Ansatz wird verstanden, als neue Art die Welt zu sehen und zu kategorisieren. Entscheidend dabei ist, dass das systemische Denken das Ursachen- Wirkungs- Denken des klassischen Erklärungsmodells infrage stellt und statt dessen die Gesellschaft als komplexes und soziales System begreift. Komplexität bedeutet in diesem Zusammenhang zunächst, dass in einem sozialen System niemals nur zwei, sondern immer eine unüberschaubare Zahl von Komponenten miteinander in Wechselbeziehung stehen und interagieren ( vgl. Barthelmess 2001, S.13). Die ganze Welt wird als ein hochkomplexes System verstanden, welches die Basis für die Entstehung verschiedener systemtheoretischer Ansätze bildet. Sie bieten ein Raster, um Phänomene und mögliche neue Sichtweisen zu erfassen und beschreiben zu können.

Aus dieser neuen Ausgangssituation ergibt sich auch ein Wandel für die Rolle des systemischen Beraters, die nun nicht mehr ausschließlich eine Ursachenforschung und anschließende Therapie, sondern vielmehr auf eine „Zirkularität“ (ebd.) von Handlungen der Beteiligten eines Systems abzielt. ( Im weiteren Verlauf der Ausarbeitung werde ich mich aus Gründen der Lesbarkeit nur auf die männliche Form des Beraters beschränken, wobei sich dies immer auf beide Geschlechter bezieht).

Um die Rolle des systemischen Beraters genau darzustellen zu können, werde ich in meiner Ausarbeitung wie folgt vorgehen:

Im ersten Teil werde ich zunächst kurz darstellen, inwiefern sich die systemische Beratung von anderen Beratungsansätzen abgrenzt, um die Besonderheit der systemischen Beratung herauszustellen. Im Hinblick auf die Rolle des systemischen Beraters werde ich anschließend drei systemtheoretische Ansätze vorstellen, um aufzuzeigen, dass es nicht „die“ Systemtheorie gibt, sondern dass auf verschiedene Konzepte zurückgegriffen wird. Dabei zeige ich auf, welche dieser Ansätze die theoretische Grundlage für den systemischen Berater bildet.

Im zweiten Teil, dem Schwerpunkt dieser Ausarbeitung, werde ich diese theoretischen Grundlagen auf die Rolle des systemischen Beraters beziehen. Im ersten Schritt werde ich auf die Problemsysteme (ebd. S.110) eingehen und im Folgenden die Intervention des systemischen Beraters aufzeigen. Besonders dabei werde ich auf die Begriffsklärung der Rolle des systemischen Beraters eingehen und die Ziele und handlungsbegleitenden Prinzipien des systemischen Beraters herausstellen. Abschließend werde ich im dritten Teil, einem Fazit ,alles zusammenfassen und mich noch einmal auf die Ausgangsfrage beziehen.

I. Systemische Beratung

Die systemische Beratung hat seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dennoch ist sie nur ein Beratungsansatz aus einer Vielzahl von Beratungsangeboten. Auf Grund dessen ist für ein besseres Verständnis sinnvoll, zunächst herauszustellen, inwiefern sich der systemische Beratungsansatz von anderen Beratungsformen abgrenzt, bevor gezielt auf die systemische Beratung und der daraus resultierenden Rolle des systemischen Beraters eingegangen werden kann. In der Literatur von Walger werden vier idealtypische Grundformen der Beratung unterschieden, die ich im Folgenden kurz vorstellen werde (vgl. Walger 1995, S.4).

Als eine Beratungsform ist das „Gutachten“ zu nennen, das in der Regel der Entscheidungsvorbereitung (z.B. der Unternehmensleitung) dient. Dabei wird der Berater als neutraler Sachverständiger verstanden, der aufgrund seines Fachwissens vorgegebene Sachverhalte beurteilt und dem Klienten somit fehlende Informationen liefert. Dennoch bleibt der Berater passiv, denn bei der eigentlichen Entscheidung und damit der eigentlichen Problemlösung, bleibt er außen vor und überlässt dies dem Klienten (vgl. Walger 1995, S. 4).

Ein zweiter Beratungsansatz ist die Expertenberatung. Sie setzt genau dort an, wo die Beratung des Gutachters aufhört. Hier versteht sich der Berater als Spezialist, der seinem Klienten aufgrund seiner Fachkenntnisse mehr oder weniger vorgefertigte Lösungen anbietet, die er gemeinsam mit dem Klienten umsetzt (vgl. ebd. S.5).

Eine weitere Form der Beratung ist die Organisationsberatung bzw. Prozessberatung. Sie geht davon aus, dass jeder Mensch lernfähig ist und durch Beratung zum Lernen animiert werden kann. Im Gegensatz zu der Expertenberatung, bei der die Problemlösung mit dem Berater erzielt wird, basiert die Organisationsberatung auf der Annahme, dass nur der, der das Problem hat, dieses auch lösen kann. Der Berater ist demzufolge ein Prozessbegleiter, der nicht die Veränderungen vollzieht, sondern nur den Klienten bei seiner notwendigen Entwicklung unterstützt (vgl. ebd. S. 7).

Ein zuletzt zu nennender Beratungsansatz, ist die systemische Beratung, welche die theoretisch fundierteste Form darstellt. Dieser Ansatz unterscheidet sich von den anderen Beratungsformen vor allem dadurch, dass der systemische Berater seine Klienten als soziales System versteht, die über Beobachtungen ihr spezifisches Wirklichkeitsverständnis aufbauen und bestätigen (vgl. ebd.,S.12). Der Berater selbst versteht sich als ein Teil des Kernproblems des Klientensystems dadurch, dass er selbst eine für die Lösung des Problems angemessene Problemansicht erarbeitet, um die eingefahrenen Wahrnehmungs- und Erklärungsmuster für das bestehende Problem durcheinander zubringen. Dies kann dann im Klientensystem zu Veränderungen und Weiterentwicklungen führen (vgl. Walger 1995, S. 13).

Dennoch gibt es „das“ systemische Denken und Handeln an sich nicht. Vielmehr ist „systemisch“ eine Mischung aus unterschiedlichen Ansätzen und in der Praxis erprobten Methoden und Instrumenten. In Hinblick auf die Rolle des systemischen Beraters ist es daher sinnvoll kurz darzustellen, welche Konzepte sich im Groben unterscheiden lassen. König/Volmer differenzieren drei Konzepte (vgl. König/Volmer 2005, S.13).

Der erste Ansatz, basiert auf der allgemeinen Systemtheorie in der Tradition von Ludwig von Bertalanffy. Als einer der ersten Entwürfe einer Systemtheorie, hatte sie den Anspruch eines universellen Erklärungsmodells, das sich auf unterschiedliche Gebiete anwenden lässt. Die zentralen Grundbegriffe sind „System“, „Element“, „Relation“ und „Systemumwelt“ (ebd. S.14). Dabei ist „System“ definiert „als eine Menge von Elementen, zwischen denen Wechselwirkungen bestehen“ (ebd. S.13). Die Elemente wiederum, sind die einzelnen „Bestandteile“ (ebd. S.13), in die sich ein komplexes System zerlegen lässt. Des weiteren sind „Relationen“ (ebd. S.13) Beziehungen, die zwischen den Elementen bestehen, wobei sich die allgemeine Systemtheorie von dem klassischen Ursachen-Wirkungs-Denken (A wirkt auf B) löst, denn Systeme zeichnen sich durch eine wechselseitige Beziehung aus. Außerdem ist jedes System durch eine Systemgrenze von der „Systemumwelt“ abgegrenzt. Die Vorzüge dieses Modells liegen darin, dass durch die Abwendung von dem traditionellen Kausalitätsprinzip nicht mehr nach einer bestimmten Ursache eines Problems gefragt wird, sondern vielmehr die verschiedenen Faktoren eines Systems und deren bestehenden Wechselwirkungen im Vordergrund stehen. Die Begrenzung dieser allgemeinen Systemtheorie besteht aber darin, dass bei der Übertragung auf soziales Handeln deutliche Probleme auftreten. Zum einen versteht sie sich als Universaltheorie, die aber die zentralen Unterschiede zwischen technischen, politischen, usw. Systemen nicht anerkennt. Zum anderen, gibt sie wenige Informationen über konkrete Interventionen, was vor allem für den systemischen Berater von Relevanz ist (vgl. ebd. S. 18). Aufgrund dieser Probleme der allgemeinen Systemtheorie, hat sich in den 60er Jahren die soziologische Systemtheorie nach Niklas Luhmann entwickelt, die vor allem die Besonderheit der unterschiedlichen Disziplinen berücksichtigt. Im Unterschied zur traditionellen Systemtheorie, zeichnen sich Systeme nicht durch die Unterscheidung von Element und Relation aus, sondern durch die Abgrenzung von System und Umwelt (vgl. ebd., S.18). Das bedeutet, ein System ist Differenz zur Umwelt und entsteht erst durch diese Unterscheidung von System und Umwelt (vgl. Berghaus 2003 ,S.39). Je nach Perspektive befinden sich die einzelnen Individuen in einer wichtigen Umweltfunktion, als Beobachter (Fremdreferenz), oder die Beteiligten gehören als Handelnde selbst mit zu dem System (Selbstreferenz) (vgl. Barthelmess 2001, S.22). Aufgrund der Abgrenzung des Systems von der Umwelt, ist es ein geschlossenes System. Da es sich außerdem in seiner „Operation“ ( Barthelmess 2001, S.33), d.h. in seinen Aktivitäten (vgl. Berghaus 2003 , S.36), ausschließlich auf sich selbst bezieht, bezeichnet man es als operationale Geschlossenheit. Gleichzeitig sind Systeme umweltoffen, denn sie sind dennoch für Anregungen und Anstöße aus der Umwelt empfänglich, um diese systemangemessen zu verarbeiten (vgl. Barthelmess 2001, S.33). Nach Luhmann haben Systeme darüber hinaus die Fähigkeit, sich selbst zu produzieren und zu erhalten, was mit dem Begriff der „Autopoiesis“ (Maturana 1996, S.36 in: Barthelmess 2001, S.34) bezeichnet wird. Das Produkt der Organisation des Systems ist somit das System selbst, da es sich in einem zirkulären Prozess durch bestehende Bestandteile selbst produziert. Luhmanns Systemtheorie besitzt zwar für handlungsbegleitende Disziplinen heuristischen Wert, da sie die Aufmerksamkeit auf besondere Sachverhalte sozialer Systeme (z.B. Komplexität) richtet. Doch da nach Luhmanns Auffassung soziale Systeme nicht aus Menschen, sondern nur aus Kommunikation bestehen und der Mensch in den Hintergrund tritt, generiert die soziologische Systemtheorie keine Methodik praktischer Intervention und kann folglich nicht als Grundlage für praxisorientiertes Handeln des systemischen Beraters dienen ( vgl. König/Volmer 2005, S. 18-20). Vielmehr bildet das weiterentwickelte Konzept von Gregory Bateson den Ansatz des systemtheoretischen Beraters. Im Unterschied zu Luhmann ist Bateson von Anfang an auf praktische Zwecke ausgerichtet. Zunächst übernimmt Bateson den Systembegriff der allgemeinen Systemtheorie, wenn er bei den Systemen zwischen den einzelnen Elementen, der Systemumwelt und den zirkulären Strukturen unterscheidet. Dennoch greift er bei der Übertragung auf soziale Systeme auf die sog. Handlungstheorie (König/Volmer 2005,S. 23) zurück, da Bateson Personen als Elemente definiert. Durch diesen Rückgriff überführt Bateson die allgemeine Systemtheorie in eine „Personale Systemtheorie“ (ebd.,S.23), „bei der die Personen nicht der Systemumwelt zugeordnet und damit aus der Betrachtung ausgeschlossen werden, sondern bei der die handelnden Personen entscheidender Teil des Systems selbst sind“ (ebd., S.23). Die Personale Systemtheorie stellt damit eine Verbindung zwischen den Theorien nach Luhmann und dem praktischen Handeln her und dient demnach als unmittelbarer Ansatz für das Handeln in sozialen Systemen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Rolle des systemischen Beraters
Hochschule
Universität Münster  (Erziehungswissenschaften)
Veranstaltung
WS 04/05
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V37031
ISBN (eBook)
9783638364973
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Beraters
Arbeit zitieren
Nina Klitzke (Autor:in), 2005, Die Rolle des systemischen Beraters, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37031

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