In dieser Bachelorarbeit wird sich kritisch mit den Ergebnissen des Libet-Experiments auseinandergesetzt. Es wird versucht aufzuweisen, ob die Ergebnisse des Experiments gegen einen freien Willen des Menschen sprechen.
Verfügt der Mensch über einen freien Willen? Über Jahrhunderte hinweg war die Frage nach dem freien Willen eine rein philosophische. Bereits Aristoteles diskutiert in seiner Nikomachischen Ethik, ob der Mensch seine Entscheidungen frei treffen
kann. Verantwortung, ebenso wie Lob und Tadel kann es laut Aristoteles nur da geben, wo Handlungen willentlich geschehen.
Auch bei Kant ist die Freiheit des Menschen ausschlaggebend für seine Moralität. Ohne die Fähigkeit, Entscheidungen frei und autonom zu treffen, könne es nach Kant keine Moralität geben. Die Bedeutung der Willensfreiheit für unser menschliches Selbstbild ist daher fundamental. In unserem Alltag ist es gängige Praxis, unsere Mitmenschen zu kritisieren und zu loben, weil wir davon ausgehen, dass sie sich auch anders hätten verhalten können. Auch unser heutiges Rechtssystem fußt auf dieser Tradition und verdeutlicht hierdurch den Stellenwert der Willensfreiheit. Es wäre mehr als merkwürdig, wollte man einen Täter verurteilen, der gar nicht in der Lage war, sich einen anderen Willen zu bilden und anders zu handeln. Unsere allgemeine Auffassung über die menschliche Willensfreiheit ist somit zutiefst konstitutiv für unser gesellschaftliches Zusammenleben.
Die Frage nach der Willensfreiheit beinhaltet jedoch nicht allein eine ethische Dimension, sie ist zugleich eingebunden in das große Feld der Philosophie des Geistes, welche das Verhältnis von Geist und Materie bestimmen will. Insbesondere die philosophische Disziplin der Handlungstheorie beschäftigt sich systematisch mit der menschlichen Willensfreiheit. Die Grundlage für die Frage nach dem freien Willen bildet das Leib-Seele-Problem. Als Menschen sind wir eingebunden in die Natur und unterliegen ihren Gesetzmäßigkeiten. Zugleich empfinden wir uns in unserem alltäglichen Leben dennoch als frei und autonom. Wie kann das sein, wo es in der Natur zwar Wirkungen und Ursachen gibt, augenscheinlich jedoch keine Freiheit? In der Natur mutet alles an determiniert zu sein. Ein Glas, welches zu Boden fällt, kann nicht entscheiden, ob es zerbrechen will oder nicht. Ebenso wäre es unsinnig, einer Glühbirne einen freien Willen zu unterstellen. Der Mensch scheint hier eine Ausnahme zu bilden, denn er kann über seine Entschlüsse disponieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Was Freiheit bedeutet
- 1.1 Willensfreiheit und Handlungsfreiheit – eine Unterscheidung
- 1.2 Der Determinismus, eine Bedrohung für die Freiheit?
- 1.3 Das libertarische Freiheitsverständnis
- 1.4 Zusammenfassung - die Freiheit und ihre Implikationen
- 2. Neurowissenschaftliche Experimente zur Willensfreiheit
- 2.1 Das Libet-Experiment
- 2.2 Das Folge-Experiment von Haggard und Eimer
- 2.3 Zusammenfassung der neurowissenschaftlichen Erkenntnisse
- 3. Eine kritische Prüfung der neurowissenschaftlichen Erkenntnisse
- 3.1 Die inhaltliche Kritik am Libet-Experiment
- 3.2 Gefährdet eine kausale Verursachung unsere Willensfreiheit?
- 3.3 Die Freiheit, über die wir verfügen – ein Ausblick
- 4. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Frage, ob das Libet-Experiment und seine Erweiterungen gegen die Existenz der menschlichen Willensfreiheit sprechen. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die philosophischen und neurowissenschaftlichen Argumente im Kontext des Libet-Experiments zu untersuchen und zu bewerten. Dabei werden verschiedene Freiheitskonzepte und die Bedeutung des Determinismus für die Willensfreiheit diskutiert.
- Philosophische Konzepte von Willensfreiheit
- Der Determinismus und seine Auswirkungen auf die Willensfreiheit
- Das Libet-Experiment und seine methodischen Grenzen
- Die Rolle des Gehirns bei der Entscheidungsfindung
- Die Frage nach der Freiheit in einer deterministischen Welt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erläutert die Bedeutung der Willensfreiheit für unser menschliches Selbstbild und unser gesellschaftliches Zusammenleben. Kapitel 1 definiert den Begriff der Freiheit und unterscheidet zwischen Willensfreiheit und Handlungsfreiheit. Der Determinismus als eine mögliche Bedrohung für die Willensfreiheit wird ebenfalls beleuchtet. Kapitel 2 stellt das Libet-Experiment und seine Ergebnisse vor, welche die Frage nach der Willensfreiheit neu aufwerfen. Kapitel 3 bietet eine kritische Analyse des Libet-Experiments und hinterfragt die methodischen und philosophischen Implikationen seiner Ergebnisse. Der Ausblick auf die Frage nach der Freiheit in einer möglicherweise deterministischen Welt beendet die Arbeit.
Schlüsselwörter
Willensfreiheit, Handlungsfreiheit, Determinismus, Libet-Experiment, Neurowissenschaften, Philosophie des Geistes, Freiheit, Verantwortung, Entscheidung, Bewusstsein, Gehirn, Kausalität.
- Arbeit zitieren
- Sebastian Lübken (Autor:in), 2015, Spricht das Libet-Experiment gegen die menschliche Willensfreiheit? Zu den neurowissenschaftlichen Experimenten von Libet sowie Haggard und Eimer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370431