Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Was ist Grammatik und wie wird sie gelehrt?
2. Induktion statt Deduktion
3. Nachschlagewerke
4. Grammatisches Merkheft
5. Methoden der Grammatikvermittlung
6. Schritte des Lernprozesses der erwerbsorientierten Methode
7. Grammatikeinführung am Beispiel des Passivs
8. Grammatische Regeln als Lernhilfe
9. Zusammenfassung: Leitlinien für den Unterricht
Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Was ist Grammatik und wie wird sie gelehrt?
In der vorliegenden Arbeit wird auf die Vermittlung von Grammatik eingegangen, indem sie für den Lehrer mögliche Optionen, wie beispielsweise das erwerbsorientierte Modell oder den handlungsorientierte Ansatz, aufzeigt. Außerdem werden Nachschlagewerke, Regeln und auf das grammatische Merkhefte eingegangen. Durch deren Nutzung sollen die Einführung und das darauffolgende Arbeiten erleichtert werden. Das Ziel dieser Arbeit ist folglich, dem Leser ein praxisnahes Bild von der Einführung der Grammatik im Englischunterricht zu vermitteln.
Zur übersichtlicheren Gestaltung und besseren Lesbarkeit dieser Arbeit wird auf die explizite Verwendung der femininen Form verzichtet. Die Begriffe Schüler, Lehrer etc. werden geschlechtsneutral gehandhabt, solange keine Differenzierung notwendig ist.
Doch bevor mit der Einführung von Grammatik im Englischunterricht begonnen wird, ist zunächst die grundlegende Frage zu klären: „Was ist Grammatik?“ Es gibt verschiedene Ansichten was Grammatik ist. Aus Schülersicht wird sie meist als: Abstrakt, künstlich, langweilig, schematisch, monoton sowie inhalts- und ideenlos empfunden. (Timm 1998: 291) Allerdings denken einige auch, dass Grammatik eine wichtige Hilfe für die Sprache ist. Lehrer sind geteilter Meinung. Allerdings erachtet der Großteil, dass sie notwendig für eine Sprache ist.
Laut der 9. Auflage des Fremdwörterbuches von Duden wird Grammatik folgendermaßen definiert: „Beschreibung der Struktur einer Sprache als Teil der Sprachwissenschaft“ oder auch „einer Sprache zugrunde liegendes Regelsystem“ (Kraif 2007: 375) Aus diesem Zitat geht hervor, dass es sich bei Grammatik um festgelegte Regeln und Strukturen handelt. Grammatik hat verschiedene Aufgaben. Sie erklärt zum Beispiel, wie Wörter gebildet und kombiniert werden können.
Für einige Schüler ist genau die theoretische Seite das Negative an Grammatik. Ein positiver Effekt ist, dass sie sich beispielsweise im Urlaub mit fremden Menschen unterhalten können.
Laut Swan gibt es zwei Gründe, warum Grammatik in den Unterricht gehört:
1. Die Verständlichkeit der Sprache der Schüler, denn ohne eine grammatische Struktur kann die Verständlichkeit sehr schwer sein.
2. Die Akzeptanz des jeweiligen Sprechers, denn wenn Abweichungen von der Norm auftreten, dann können diese negativ auf die Person zurückfallen. (Heuer, Klippel, 1987: 58)
Ein Englischlehrer hat bei der Vermittlung von Grammatik auf zwei Dinge besonders zu achten: Da die Schüler das Gelernte auch im Alltag nutzen sollen, sollte auf die Auswahl der Grammatik und die Anordnung in einer bestimmten Reihenfolge geachtet werden. Hier gibt es Leitlinien die besagen, dass vom Einfachen zum Komplexen und vom Leichten zum Schweren gelehrt werden sollte.
Jedes Mal, wenn gesprochen oder geschrieben wird, steht eine Person vor einer großen Auswahl an Möglichkeiten: nicht nur die Wahl bezüglich dem, was gesagt werden soll sondern ebenfalls wie es gesagt werden soll. Das Vokabular und die Grammatik, sind sowohl vom Sprecher, von der jeweiligen Situation (geschriebene oder gesprochene Kommunikationssituation) als auch vom Rezipienten abhängig. Diese Möglichkeiten führen zu systematischen Mustern in der Grammatik. Folglich ist Grammatik notwendig, um zu kommunizieren. Daher muss diese auch in der Schule unterrichtet werden. Zunächst sollte in der Schule eine Einführung der jeweiligen Grammatik stattfinden. Wie im Einzelnen Grammatik eingeführt werden kann, wird im Folgenden behandelt.
2. Induktion statt Deduktion
Es gibt zwei Grundlegende Wege um neues Regelwerk einzuführen. Zum einen ist der deduktive Weg zu nennen. Bei diesem Verfahren wir das Besondere und Einzelne vom Allgemeinen abgeleitet. Die Erkenntnis des Einzelfalles erfolgt durch ein allgemeines Gesetz. Zusammengefasst wird Grammatik von der Regel ausgehend gelehrt.
Zum anderen ist der Weg der Induktion zu nennen. Sie ist eine wissenschaftliche Methode, bei der vom besonderen Einzelfall auf das Allgemeine geschlossen wird. Das bedeutet, dass Regelwerke vom Beispiel ausgehend eingeführt werden.
Für Kinder und Jugendliche ist der induktive Weg zu empfehlen, da dieser durch Beispiele ansprechend gestaltet werden kann. Folglich wird die Motivation gesteigert und somit der Lehrerfolg vergrößert. Es gibt auch Kinder und Jugendliche, denen das Lernen von der Regel ausgehend leichter fällt. In diesen Fällen sollte dies berücksichtigt und darauf eingegangen werden. Die Schüler haben die Möglichkeit Grammatik nachzuschlagen. Dafür gibt es Nachschlagewerke.
3. Nachschlagewerke
Für die Nutzung von Nachschlagewerken gibt es viele Gründe. Zunächst bieten Nachschlagewerke eine gezielte und rasche Information zu grammatischen Einzelfragen. Beispielsweise wie das Passiv gebildet wird. In diesen Fällen wird laut Zimmermann meistens (zu 76,8%) ein grammatisches Beiheft herangezogen. (Rampillon 1996: 56) Zudem können Nachschlagewerke für gezielte Wiederholung, als Unterstützung für den Unterricht oder auch zur Neubearbeitung genutzt werden. Neubearbeitung betrifft Schüler, die vorlernen wollen oder nicht am Unterricht teilnehmen konnten.
Jetzt stellt sich die Frage: „Was gibt es für Nachschlagewerke?“ Die Auswahl von Nachschlagewerken ist riesig, angefangen von grammatischen Übersichten als Teil einer Schulbuchlektion über Beihefte, Grammatiken, Wörterbücher bis hin zu grammatischen Übungsheften. Alle bieten die Möglichkeit, eine bestimmte Grammatik nachzulesen.
Bei der Benutzung muss man folgende Problematiken bedenken: Erstens können Probleme mit dem Aufbau des Nachschlagewerkes auftauchen. Ein Schüler muss also mit einem alphabetischen Stichwortverzeichnis und einem Inhaltsverzeichnis arbeiten können.
Zweitens könnte ein weiteres Problem sein, dass der Schüler die grammatische Terminologie nicht beherrscht, denn dann kann das Nachschlagewerk auch nicht weiterhelfen und der Schüler muss zunächst klären was er wissen will und wie die Bezeichnung dafür ist. Letztlich kann es bei der Interpretation und Anwendung zu Schwierigkeiten kommen. Das bedeutet, dass beispielweise Symbole aus dem Nachschlagewerk nicht verstanden werden, weil der Lehrer diese (noch) nicht eingeführt hat. Ein Nachschlagewerk können die Schüler fertig kaufen. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit eins selber zu erstellen - das grammatische Merkheft.
4. Grammatisches Merkheft
Ein grammatisches Merkheft erweitert jeder Schüler selbstständig. Der Lehrer sollte zuvor die Regeln schriftlich als auch mündlich bekannt geben, sodass die Schüler diese in ihr Merkheft übertragen können. Laut Rampillon sprechen folgende Gründe für ein grammatisches Merkheft:
1. Die Regeln können kreativ gestaltet werden.
2. Da die Schüler die Regeln in das Heft übertragen, kommt es zu einer Wiederholung und Verfestigung des Regelwerks.
3. Die Schüler finden entsprechende Regeln schnell, da sie ein Inhaltsverzeichnis selbst erstellt haben.
Durch ein solches Merkheft wird den Schülern das Lernen und Wiederholen von Grammatik erleichtert. (Rampillon 1996: 65)
5. Methoden der Grammatikvermittlung
Ein Lehrer kann mit Hilfe unterschiedlicher Methoden neue grammatische Phänomene in den Englischunterricht einführen. Je vielseitiger und abwechslungsreicher der Unterricht gestaltet wird, umso motivierter sind die Schüler. Wichtig ist es, dass die einzelnen Modelle auf die Schüler und ihre Lerntypen angepasst werden, um einen optimalen Lernerfolg zu erzielen.
Das ARC-Modell (authentic use - restricted use -clarification) von Scriveners (Heuer, Klippel 1987: 60) stellt eine Methode dar. Darin werden grammatische Phänomene zunächst in einem authentischen Zusammenhang präsentiert und geübt. Als zweiter Schritt folgt das Präsentieren und Üben in einem restriktiven Kontext. In der dritten und zugleich letzten Phase (clarification and focus) beschäftigt sich der Schüler gezielt mit der Grammatik anhand von Beispielen und auch Regeln.
Als zweite mögliche Methode wird der handlungsorientierte Ansatz von Willis aus dem Jahre 1996 vorgestellt. Das Modell wird auch als „task-based learning“ bezeichnet. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass nicht Sprachbeschreibung sondern Sprachhandeln im Fokus steht. Das bedeutet, dass grammatische Phänomene im Unterricht in authentische Zusammenhänge eingebaut werden. Beispiele hierfür sind Partnerarbeiten wie Dialoge, bei denen zwei Schüler einen möglichst gleich großen Sprechanteil haben.
Eine weiter Möglichkeit Grammatik im Englischunterricht einzuführen ist der erwerbsorientierte Ansatz nach Ziegesar und Ziegesar aus dem Jahre 1992. (Heuer, Klippel 1987: 59) In den folgenden zwei Abschnitten wird darauf vertiefend eingegangen.
6. Schritte des Lernprozesses der erwerbsorientierten Methode
Anhand des natürlichen Spracherwerbs ergeben sich fünf Phasen für die Einführung von Grammatik:
1. Demonstration,
2. Verstehen und Reagieren,
3. Reproduzieren,
4. Produzieren,
5. Bewusstmachen.
Zunächst werden Materialien wie Overheadprojektor Folien, Arbeitsblätter oder auch Zeichnungen und Tabellen für dieses Unterrichtsmodell erstellt. Wenn diese erstellt wurden, hat der Lehrer eine gute Grundlage für einen erwerbsorientierten Grammatikunterricht. Es sollte auf die Lernfähigkeit der einzelnen Schüler eingegangen werden, indem zum Beispiel Phasen verkürzt, verlängert oder übersprungen werden. Ein Nachteil am schulischen Fremdsprachenunterricht ist, dass die Hör- und Sprechzeit begrenzt ist, da für eine Klasse nur ein Lehrer zur Verfügung steht. Es gilt also das Beste aus den zur Verfügung stehenden Mitteln zu machen.
Die Demonstration ist die erste Phase im erwerbsorientierten Grammatikunterricht. Die Lernenden sollen eine interessante, lebendige und vor allem klare Situation vorfinden, die vom Lehrer vorgeführt wird. Diese Vorführung soll ein Lehrer-Demonstrationsgespräch sein. (Ziegesar, Ziegesar 1995: 9) Der Lerneffekt ist am größten, wenn der Lehrer eine „Kommunikationssituation selbst aktiv gestaltet, die Sprache vorlebt und für die Schüler sinnlich erfahrbar“ macht. (Ziegesar, Ziegesar 1995: 13). Beispielsweise können Gegenstände mitgebracht werden und mit diesen neue grammatische Strukturen eingeführt werden. Ein positiver Nebeneffekt ist die Verdeutlichung der Gegenstände. (Ziegesar, Ziegesar 1995: 9)
Der Lehrer hat die Möglichkeit eng mit dem ausgewählten Schulbuch zu arbeiten. In den Schulbüchern werden häufig für Kinder und Jugendliche interessante Themen genutzt und diese mit Bildern illustriert. Auch Texte dienen zur Einführung einer neuen Grammatik.
Laut dem Lehrwerk YES soll die neue Grammatik „kurz“ vom Lehrer eingeführt werden. Darauffolgend wird eine Audiodatei vorgespielt, während die Lernenden die dazugehörigen Bilder betrachten und die Texte mitlesen. Als nächstes wird vom Lehrer erwartet Fragen zum Text zu stellen. (YES-A New English Course 1978: 3) Allerdings ist mit diesem Rat dem Lehrer nicht geholfen die Grammatik einzuführen, da er dies „kurz“ vorher selbst machen sollte. Außerdem ist die Phase des eigenen Produzierens zu früh angesetzt, da die Schüler kaum Zeit zum Verstehen hatten.
Es gibt laut Heuer und Klippel Leitlinien, an die sich jeder Lehrer bei der Einführung von Grammatik halten sollte.
1. Es ist wichtig, dass die Schüler die Situation nicht missverstehen können. Klarheit ist folglich eine wichtige Voraussetzung.
2. Außerdem ist darauf zu achten, dass die neue grammatische Struktur angemessen verwendet wird. Die Schüler sollen somit in einem typischen Zusammenhang lernen.
3. Der Lehrer soll die neue Struktur mindestens 10- bis 15-mal vorgesprochen haben.
4. Aufmerksamkeit der Schüler ist eine Notwendigkeit, damit sie die Grammatik gut aufnehmen können. Daraus lässt sich schließen, dass die Demonstration lebendig sein soll. Es kann beispielsweise mit Anschauungsmaterial, Gestik und Mimik gearbeitet werden.
5. Des Weiteren muss das Interesse der Schüler geweckt werden, damit sie einen persönlichen Nutzen für sich sehen. Die Demonstration soll somit interessant und schülerorientiert sein. Als letzte
6. Bedingung für eine gute Demonstration, hat der Lernumfang begrenzt und folglich lernzielorientiert zu sein. (Heuer, Klippel 1987: 63)
In der folgenden Phase (2.) -der Phase des Verstehens und Reagierens- zeigen die Lernenden, dass sie die neue Struktur hörend verstehen. In diesem Stadium ist es bedeutsam, dass die Schüler mit ihnen schon bekannten Sprachmitteln auf neue Strukturen antworten können. Der Vorteil ist, dass die Lernenden ausreichend Zeit haben, das neue Sprachmaterial in Ruhe zu verarbeiten. Dadurch, dass die Schüler bekannte Sprachmittel nutzen können, wird eine Verunsicherung der Schüler vermindert und im besten Falle ausgeschlossen. Schüler brauchen Zeit, um neues Sprachmaterial in seiner Komplexität gründlich verarbeiten zu können. (Ziegesar, Ziegesar 1995: 15) Wenn die Schüler zu früh zum eigenen Sprachproduzieren aufgefordert werden, dann kann dies zu Verunsicherungen und Fehlern führen und der erwünschte Lernerfolg bleibt aus. Zusammenfassend lässt sich über die zweite Phase sagen, dass das neue Sprachmittel durch hören verstanden und internalisiert wird. Dadurch können die grammatischen Regeln intuitiv durchschaut und erfasst werden.
Das Reproduzieren bildet die dritte Phase des erwerbsorientierten Unterrichts. In diesem Schritt wird die neue Struktur erstmals von den Schülern selbst verwendet. Der Lehrer führt beispielsweise mit dem Schüler einen Dialog. Die Vokabeln und Situationen sollen sich geringfügig verändern. Die neue Struktur muss daher nur reproduziert werden.
Anschließend folgt die vierte Phase: Das Produzieren. Diese Phase muss vom Lehrer kommunikativ, sowie interaktiv gestaltet werden und den Schülern die Möglichkeit zum selbstständigen Arbeiten bieten. Die Lernenden sollen in Gruppen und Partnerarbeit arbeiten, allerdings ohne die Hilfe des Lehrers. Wichtig ist jedoch, dass der Lehrer die sprachliche Korrektheit der Schüleräußerungen überprüft, indem er zuhört. Es ist in dieser Phase drauf zu achten, dass die Schüler realisieren, dass sie die neue Grammatik auch in der realen Welt gebrauchen können, es sinnvoll ist diese zu üben und später zu beherrschen. Erreicht werden kann dies, indem eine personen- und sachbezogene Kommunikation angewandt wird: Über Lebenssituationen und Gewohnheiten reden oder auch Rollenspiele gestalten und selber durchführen. Dadurch wird das neue Sprachmittel zu einem echten und nützlichen Kommunikationsmittel.
Die fünfte Phase ist die der Bewusstmachung. In diesem Stadium des erwerbsorientierten Modells kommt das grammatische Merkheft zum Einsatz, denn in dieser Phase wird eine Grammatikregel bewusst vom Lehrer formuliert. Diese Regeln sollten induktiv erarbeitet werden. Lernpsychologisch gesehen ist es von Vorteil, da Selbstgefundenes besser haften bleibt und eher zum Transfer auf verwandte Probleme zur Verfügung steht. (Ziegesar, Ziegesar 1995: 23) Voraussetzung ist, dass die Lernenden ausreichend große Spracherfahrungen gemacht haben. Bedeutend ist auch, dass sie die neue Grammatik verinnerlicht und verstanden haben. Am Ende dieser Phase steht folglich eine adressatengemäße Regelformulierung.
7. Grammatikeinführung am Beispiel des Passivs
Um die fünf Phasen zu demonstrieren, wird die erwerbsorientierte Methode zur Einführung von Grammatik im Englischunterricht am Beispiel der Einführung des Passivs im Folgenden verdeutlicht.
Zunächst sollte der Lehrer für sich klären, ob er „by + agent“ als passive und unaufgeschlüsselte Vokabeln lehren will oder nicht. Wenn der Lehrer „by + agent“ schon am Anfang einführen möchte, dann müssen die Materialien angepasst werden. Im folgenden Beispiel wurde „by + agent“ nicht mit eingeführt.
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