Grenzüberschreitende Wasserressourcen. Anlass zur Kooperation oder Konfliktgegenstand der Zukunft?


Hausarbeit, 2015

18 Seiten, Note: 2,7

Bianca Siebenaller (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Ressource Wasser
2.1. Geteilte Flusssysteme
2.2. Verbraucher
2.3. Das Fields of Power Modell nach Cascao und Zeitoun

3. Engagement der W eltgemeinschaft

4. Dimension der Kooperationstiefe in der Theorie

5. Geteilte Wasserressourcen - Frieden oder Konflikt?
5.1. Kooperation und Friedenskonsolidierung
5.2. Konflikte durch geteilte Wasserressourcen

6. Risikobewertung der Situation am Indus

7. Schlussbetrachtung

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„The next war in the Middle East will be fought over water, not politics.“[1] Das Zitat des ehemaligen Generalsekretärs Boutros Boutros Ghali aus dem Jahr 1985 schneidet eine Debatte an, die aktuell dringlicher denn je zu werden scheint: der Konflikt um Wasser. Augenscheinlich bietet unser blauer Planet ausreichende Vorkommen dieser Ressource, allerdings sind nur 2,5% der 1,4 Mrd. km3 Süßwasser. Von diesen sind wiederrum 30% als Grundwasserreserven in der Erde gespeichert und nur 0,3% leicht zugängliches Oberflächenwasser.[2] Die Ressource ist überlebensnotwendig für den Menschen, sei es in Form von Trinkwasser oder zur Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte. In Konkurrenz hierzu steht der Verbrauch durch Industrie, Energieerzeugung, Abwassersysteme und anderen Verbrauchern. Durch wachsende Bevölkerungszahlen und Erhöhung des Lebensstandards steigt der Bedarf stetig, während immer länger andauernde Dürreperioden und Umweltverschmutzung die nutzbare Wassermenge reduzieren.

Die Eigenschaften „Endlichkeit“ und „Notwendigkeit“ bergen ein Konfliktpotential. Doch werden die Kriege der Zukunft wirklich um Wasser geführt? Oder geben geteilte Wasserressourcen Anlass zu Kooperationen zwischen Ländern?

Gegenstand dieser Ausarbeitung sind Gebiete, die von Wassermangel betroffen sind. Durch Beschreibung der Verhältnisse an geteilten Flusssystemen, werden in Kapitel zwei die Grundsteine gelegt. In Kapitel drei wird kurz auf das Engagement der Weltgemeinschaft eingegangen, um dann in Kapitel vier auf die Kooperationstiefen einzugehen. Der Schwerpunkt liegt in Kapitel fünf auf der Pro- und Kontradiskussion, in dem abgewogen wird, ob Frieden oder Konflikt die Frage der Zukunft sein wird. Anschließend in Kapitel sechs folgt eine Risikobewertung der Situation am Indus. Kapitel sieben beinhaltet eine abwägende Schlussbetrachtung aus den vorangegangenen Untersuchungen.

2. Die Ressource Wasser

Trinkbares Wasser ist sehr ungleich auf der Erde verteilt. In den gemäßigten Breiten ist es meistens ausreichend vorhanden, während in den semiariden und ariden Zonen das Wasser ein kostbares Gut ist. Ein Deutscher verbraucht im Schnitt 128 Liter täglich während in Indien nur 31 Liter pro Person und Tag zur Verfügung stehen.[3]

2.1. Geteilte Flusssysteme

Zurzeit leben 1,4 Mrd. Menschen an geteilten Flusssystemen. Jeder verfolgt seine eigenen Interessen, verbraucht die Ressource ohne Sparmaßnahmen, Umweltschutz­maßnahmen und ohne den Bedarf anderer zu berücksichtigen. Durch die Übernutzung einiger Flusssysteme sind in den ariden Zonen der Erde manche Flüsse, wie z.B. der Gelbe Fluss an 200 Tagen stellenweise ausgetrocknet. Der Aralsee, mit nur noch 10% seiner Fläche von 1960, ist fast verschwunden, weil die Zuflüsse Syrdarja und Amudarja zur Bewässerung von Baumwollfeldern umgeleitet wurden.[4] Es werden große Kanäle genutzt, um Flusswasser in andere von Wasserknappheit betroffene Gebiete umzuleiten.

Diese übernutzten Flussgebiete bezeichnet man in der Wissenschaft als closed river basins.

2.2. Verbraucher

Die Gründe für erhöhten Wasserverbrauch sind vielfältig. Dazu zählt die wachsende Bevölkerungszahl, die im Jahr 2050 geschätzt 9,1 Mrd. Menschen betragen wird. Zwischen Bevölkerungszahl und Wasserverbrauch besteht allerdings kein linearer Zusammenhang, da sich die Steigerung der Rate des Wasserbrauchs gegenüber der des Bevölkerungswachstums verdoppeln wird.[5] Hinzu kommt die Urbanisierung, durch die bereits heute über 50% der Menschen in Städten leben, wo es zu lokalen Wasserengpässen kommt.[6] Den kleinsten Teil der Ressource verbrauchen

Privathaushalte gefolgt von der Industrie. In einer wachsenden Bevölkerung, mit steigendem Lebensstandard, ist der Bedarf an Wasser in Form von Nahrungsmitteln und Industriegütern wesentlich höher.[7] Der größte Verbraucher von Wasser ist der landwirtschaftliche Sektor, der weltweit 70% des Wasserverbrauchs ausmacht, in den Entwicklungsländern bis zu 90%.[8]

2.3. Das Fields of Power Modell nach Cascao und Zeitoun

Häufig führen Machtasymmetrien zu unfairer Verteilung und einem nicht optimalen Verbrauch von Wasser. Cascao und Zeitoun führen vier verschiedene Ursachen an, die zu ungleicher Machtverteilung führen. Sie unterscheiden zwischen den Machtdimensionen „Geographical Power“, „Material Power“, „Bargaining Power“ und „Ideation Power“.[9]

Bei den beiden erstgenannten Macht­dimensionen handelt es sich um offenkundige, materielle Macht. Die „Geographical Power“ befasst sich mit der geographisch vorteilhaften Lage eines Akteurs, durch die er Druck (z.B. an einem Fluss) ausüben kann. Als Beispiel zu nennen sind im Fall geteilter Wasserressourcen Oberanrainer- und Unteranrainer­konstellationen. Der Oberanrainer ist in der Lage, den Fluss zu manipulieren. „Material Power“ bezieht sich auf die Wirtschaftskraft, die Stärke des Militärs, die internationale militärische als auch finanzielle Unterstützung durch Verbündete aus dem Ausland und die daraus resultierende Macht. Diese beiden Arten der Macht bezeichnet man auch als „Hard Power“.[10]

Die „Bargaining Power“ als auch die „Ideation Power“ bezeichnet man als „Soft Power“. Hier geht es nicht um offensichtliche Machtvorteile, sondern um Verhandlungsgeschick, Agenden in die gewünschte Richtung lenken oder die eigene Macht gegenüber den anderen Anrainerstaaten wiederholt zu legitimieren.[11]

3. Engagement der Weltgemeinschaft

Die von Wasserknappheit betroffenen Staaten, meist Entwicklungs- oder Schwellenländer in den ariden Zonen, besitzen häufig nicht genügend Expertise und Kapital, um Institutionen und die benötigte Infrastruktur zur Problemlösung und einem effektivem Wassermanagement zu entwickeln. Armut und Unter entwicklung verlang­samen den Prozess der Institutionsbildung.[12]

In dieses Vakuum treten internationale Organisationen, staatliche und nichtstaatliche Akteure, die eine Plattform für Austausch und Koordination bieten.[13] Die UN hat seit Mitte der 80er Jahre das Problem der Wasserknappheit erkannt und viele Verträge ausgearbeitet, die diesen Sektor betreffen: Die Milleniumsentwicklungsziele, die 2000 in Rio erarbeitet wurden, sowie das 2002 dem Rechtskommentar Nr. 15 hinzugefügte Menschenrecht auf Wasser[14]. Auch die Konvention über das Recht der nicht- schiffahrtlichen Nutzung internationaler Wasserläufe[15], die Minimalstandards für die Nutzung von über- und unterirdischen Binnengewässern festlegt, kann als Meilenstein für die internationale Zusammenarbeit betrachtet werden. Die UN und ihre Tochtergesellschaften nehmen häufig eine zentrale Rolle ein. Diese Resolutionen sind zwar nicht verpflichtend und können nicht eingeklagt werden, allerdings erhalten diese Themen seither mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung durch die Weltgemeinschaft. Als wichtiger Finanzpartner tritt die Weltbank in Erscheinung, die Projekte finanziert oder als Mediator zwischen den Parteien agiert. Wichtige deutsche Akteure, die an dieser Stelle zu nennen sind, sind die GIZ, die BMZ, die bfg, das bmbf, das Auswärtige Amt und einige nichtstaatliche Akteure.

4. Dimension der Kooperationstiefe in der Theorie

Bei zwischenstaatlichen Kooperationen kann man von drei verschiedenen Kategorien der Zusammenarbeit sprechen, die sich durch ihre Tiefe und den Verflechtungsgrad unterscheiden. Die simpelste und unverbindlichste Form der Kooperation nennt sich „Shallow Cooperation“, bei der keine institutionelle Hauptverwaltung eingerichtet wird und wenig bürokratischer Aufwand betrieben wird. Vielmehr handelt es sich um unverbindlich organisierte Ausschüsse, Partnerschaften oder verschiedene, wechselnde Arbeitsgruppen.

Der nächst höhere Grad der Zusammenarbeit, die „Intermediate Cooperation“, zeichnet sich durch stärkere bürokratische Organisation, sowie einen dauerhaften Hauptsitz der Institution mit unabhängigem Personal aus. Sie ist finanziell nicht unabhängig. Es finden regelmäßig Treffen der Vertreter der betroffenen Staaten statt.

Bei der „Deep Cooperation“ handelt es sich um finanziell unabhängige Institutionen mit hohem bürokratischen Organisationsgrad und Regierungscharakter.[16]

Diese drei Dimensionen der Kooperationen ähneln der Interdependenztheorie nach Keohane und Nye. Ihre Theorie zielt auf die Verflechtung von Staaten und Institutionen ab und wählt die drei Ebenen „Sensitivity“, „Vulnerability“ und „Complex Interdependence“. Je komplexer Staaten und Institutionen verwoben sind, desto schwieriger wird es Abhängigkeiten aufzulösen. Für die Complex Interdependence bedeutet das, dass eine militärische Intervention keinen Sinn ergibt, da es „keine eindeutigen Gewinner oder Verlierer geben würde“[17]. Die Verluste wären für alle zu groß, so Keohane. Übertragen auf die Kooperationstheorie würde dies bedeuten, dass die Deep Cooperation das geringste Konfliktpotential beinhaltet und somit komplexe Kooperationen am stabilsten sind.

5. Geteilte Wasserressourcen - Frieden oder Konflikt?

Die Frage um einen Konflikt stellt sich erst, wenn Uneinigkeiten über die Verteilung der Ressource bestehen. Entscheidend für die Entwicklung eines Konflikts sind die Machtasymmetrien, die sich durch die Fields of Powers für die Staaten ergeben. Das Paradigma der Konflikte und Kriege um geteilte Wasservorkommen wurde abgelöst vom Paradigma der Kooperation der geteilten Wasserressourcen. Im Folgenden werden die beiden Schulen gegenübergestellt. Beide Lager sind sich einig, dass Auseinandersetzungen um Wasser auftreten werden.

5.1.Kooperation und Friedenskonsolidierung

Trotz steigendem Druck auf die Verfügbarkeit der Ressource Wasser gibt es Ansätze zur Kooperation.

Mit IWRM besteht die Möglichkeit, dass die Anrainerstaaten bei gemeinschaftlicher Nutzung und Bewirtschaftung größere Gewinne erzielen als bei Verweigerung der Zusammenarbeit. Einen solchen Fall bezeichnet man auch als Benefit-Sharing oder Positivsummenspiel.[18]

TWM ist wichtig für das Allgemeinwohl, das friedliche Zusammenleben und die Kooperationen, weist allerdings eine hohe Komplexität auf. Eine Herausforderung ist Vertrauen zwischen den konkurrierenden Staaten aufzubauen und eine Organisation einzurichten, die die gemeinsame Nutzung des Wassers koordiniert. Allerdings fehlt es häufig an der nötigen Infrastruktur, um Institutionen effektiv einzurichten, wobei der langwierige und kostenintensive Aufbau von Infrastruktur das TWM behindert.[19]

Des Weiteren stützt sich die Argumentation, die Wasser als Grundlage zur Friedens­konsolidierung sieht, auf drei Argumente: die von Wasserknappheit betroffenen Staaten können Wasser in Form von virtuellem Wasser[20] importieren und müssen so selber die Ressource nicht bereitstellen.

[...]


[1] Vgl. http://news.bbc.co.uk/2/h¡/talk¡ng_po¡nt/2951028.stm

[2] Vgl. http://www.bpb.de/¡nternat¡onales/afr¡ka/afr¡ka/59071/ressource-wasser?p=all

[3] Vgl. http://www.oekosystem-erde.de/html/wassernutzung.html

[4] Vgl. Falkenmark, Malin: Wake Upto Realities of River Basin Closure, in: International Journal of Water Resources Development, Stockholm 2008.

[5] Vgl. UN Water: The World Water Development Report 2015, S. 11.

[6] Vgl. ebd.

[7] Vgl. UN Water: ebd.

[8] Vgl. ebd.

[9] Vgl. Swedish Water House: Transboundary Water Management: Who does what, where?. Analysing the Data in SIWI's Transboundary Water Management Database, Stockholm 2011, S.8.

[10] Vgl. ebd.

[11] Vgl. ebd.

[12] Vgl. Swedish Water House: ebd., S.6.

[13] Vgl. Beisheim, Marianne: Einleitung: Wasser als Ressource und Konfliktgegenstand., in: SWP Berlin: Konfliktrisiko Rohstoffe?. Herausforderungen und Chancen im Umgang mit knappen Rohstoffen, Berlin Februar 2011, S.27f.

[14] Vgl. ebd. S.22.

[15] Vgl. http://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar51229-dbgbl.pdf

[16] Vgl. ebd. S.7.

[17] Vgl. Gu, Xuewu:Theorien der internationalen Beziehungen, Oldenburg 2011, S.147.

[18] Vgl. http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/GlobaleFragen/Umwelt/Wasser_node.html

[19] Vgl. Swedish Water House: ebd. S.6.

[20] Virtuelles Wasser ist die Wassermenge, die aufgewendet, um ein Produkt zu erzeugen

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Grenzüberschreitende Wasserressourcen. Anlass zur Kooperation oder Konfliktgegenstand der Zukunft?
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Veranstaltung
Ökonomien der Gewalt
Note
2,7
Autor
Jahr
2015
Seiten
18
Katalognummer
V370969
ISBN (eBook)
9783668487833
ISBN (Buch)
9783668487840
Dateigröße
451 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
grenzüberschreitende, wasserressourcen, anlass, kooperation, konfliktgegenstand, zukunft
Arbeit zitieren
Bianca Siebenaller (Autor:in), 2015, Grenzüberschreitende Wasserressourcen. Anlass zur Kooperation oder Konfliktgegenstand der Zukunft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370969

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