Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Gruppendiskussion
3 Auswertung von Gruppendiskussionen
3.1 Vorbereitende Maßnahmen
3.2 Qualitative Inhaltsanalyse
3.3 Typologische Analyse
3.4 Gegenstandsbezogene Theorienbildung
3.5 Objektive Hermeneutik
4 Schlussbetrachtung
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In der heutigen Zeit werden die unterschiedlichsten Methoden in der Marktforschung angewandt, um Antworten für relevante Fragestellungen zu finden. Eine Methode findet sich in der Gruppendiskussion. Dieser kommt schon vor einigen Jahren an Bedeutung zu (Lamnek, 1998, S. 5). Auch heute nimmt diese Untersuchungsmethode einen besonderen Stellenwert ein (Kühn & Koschel, 2011, S. 11). Umso wichtiger ist es sich auch mit den möglichen Auswertungsmethoden der Gruppendiskussion auseinanderzusetzen.
Zu Beginn dieser Arbeit soll ein kurzer Überblick über die Methode der Gruppendiskussion gegeben werden. Die nachfolgenden Kapitel beschäftigen sich anschließend mit einer Auswahl unterschiedlicher Verfahren der Auswertung. Um zu verdeutlichen wie sich die einzelnen Methoden unterscheiden, soll im Anschluss der vorliegenden Arbeit näher auf die jeweiligen Anwendungsbereiche eingegangen werden.
2 Die Gruppendiskussion
In der wissenschaftlichen Literatur lassen sich zahlreiche Quellen auffinden, die für die Definition des Begriffs „Gruppendiskussion“ in Betracht gezogen werden können. Lamnek (1998) beschreibt die Gruppendiskussion in Anlehnung an Morgan (1997) als „eine Erhebungsmethode, die Daten durch die Interaktion der Gruppenmitglieder gewinnt, wobei die Thematik durch das Interesse des Forschers bestimmt wird“ (Lamnek, 1998, S. 27). Der Diskurs zwischen den Gruppenmitgliedern findet dabei unter Anleitung eines Moderators statt. Ausgehend hiervon handelt es sich bei der Gruppendiskussion also mehr um einen „diskursiven Austausch von Ansichten und Argumenten“, mit der Möglichkeit das Gespräch unter den Teilnehmern zu modifizieren (Lamnek, 1998, S. 34). Einsatz findet diese Methode bei unterschiedlichen Fragestellungen, eignet sich jedoch besonders für die Erhebung von gemeinschaftlichen Einstellungen oder für die Erforschung von Ideologien und Vorurteilen (Mayring, 2016, S. 78).
3 Auswertung von Gruppendiskussionen
Dieses Kapitel soll einen Teil bedeutsamer Auswertungsverfahren vorstellen, wobei bestimmte Verfahren unberücksichtigt bleiben. Eine ausführliche Darstellung aller Methoden würde sich zwar für eine tiefergehende Betrachtung anbieten, liegt allerdings außerhalb der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit. Aus diesem Grund wird den ausgewählten Theorien besondere Bedeutung zukommen.
3.1 Vorbereitende Maßnahmen
Bevor die gewonnenen bzw. erhobenen Daten ausgewertet werden können, macht es Sinn sich schon während der Konzeption eines Studiendesigns mit unterschiedlichen Fragen der Datenanalyse zu beschäftigen. Demnach sollte eine Auseinandersetzung mit den folgenden Fragen erfolgen (Lamnek, 1998, S. 162):
1) Wie viel Zeit ist für die Analyse zu veranschlagen oder wie viel Zeit ist z.B. vom Auftraggeber vorgegeben?
2) Welche Informationen und Daten werden für die Analyse zur Verfügung stehen?
3) Wie sind die Daten organisiert und strukturiert, welche Analysen lassen sie zu?
4) Welche Art von Ergebnissen erwartet etwa der Auftraggeber?
5) In welcher Form sollen die Befunde präsentiert und veröffentlicht werden?
Ein besonderes Augenmerk sollte hierbei auf 2) und 3) geworfen werden, da i.d.R. eine Auswertung auf Basis von gesammeltem Datenmaterial erfolgt. So unterscheiden sich beispielweise Transkriptionssysteme, die bei einer späteren Analyse zu berücksichtigen sind.
3.2 Qualitative Inhaltsanalyse
Eines der derzeit prominentesten Auswertungsverfahren in der qualitativen Forschung ist die qualitative Inhaltsanalyse. Diese soll „Texte systematisch analy- sieren, indem sie das Material schrittweise mit theoriegeleitet am Material entwickelten Kategoriensystemen bearbeitet“ (Mayring, 2016, S. 114). Eine einheitliche Definition der Inhaltsanalyse findet sich in der Literatur bislang allerdings nicht. Mayring (2010) hält jedoch fest, dass die Inhaltsanalyse nicht nur bloße Inhalte der Kommunikation widergibt, sondern mittels systematischer Vorgehensweise diese analysiert. Die Analyse erfolgt dabei vor einem Theoriehintergrund, der vom jeweiligen Forschungsinteresse abhängt (Mayring, 2010, S. 13). Mayring (2016, S. 115) unterscheidet zwischen drei Grundformen der qualitativen Inhaltsanalyse:
1) Zusammenfassung: Ziel der Analyse ist es, das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion ein überschaubares Korpus zu schaffen, das immer noch ein Abbild des Grundmaterials ist.
2) Explikation: Ziel der Analyse ist es, zu einzelnen fraglichen Textteilen [...] zusätzliches Material heranzutragen, das das Verständnis erweitert, das die Textstelle erläutert, erklärt, ausdeutet.
3) Strukturierung: Ziel der Analyse ist es, bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufiltern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen oder das Material auf Grund bestimmter Kriterien einzuschätzen.
Aus den beschriebenen Grundformen gehen sieben unterschiedliche Analyseformen hervor (siehe Abbildung 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Analyseformen qualitativer Textanalysen (in Anlehnung an Mayring, 2010, S. 66)
Die Zusammenfassung stellt die erste Technik der qualitativen Inhaltsanalyse dar. Diese Technik lässt sich allerdings auch nutzen, um eine induktive Kategorienbildung vorzunehmen. Hierfür ist es nötig, vorab einzelne Kategorisierungs- dimensionen und ein passendes Abstraktionsniveau zu definieren. Ferner sollte ein Selektionskriterium für die Kategorienbildung bestimmt werden. Anschließend erfolgt die Kategorienbildung indem der zu analysierende Text Zeile für Zeile revidiert wird. Wird nun eine zur Kategoriendefinition passende Textstelle gefunden, so wird hierfür eine Kategorie inkl. Kategorienbezeichnung (Wort oder kurzer Satz) formuliert. In der fortlaufenden Analyse werden weitere Kategorien gebildet oder Textstellen bereits existierenden Kategorien zugeordnet. Tritt eine Sättigung ein, also dann, wenn keine neuen Kategorien mehr gebildet werden können, erfolgt eine Überarbeitung und Prüfung des entwickelten Kategoriensystems. Es wird geprüft, inwieweit das System zum vorab definierten Abstraktionsniveau und der Fragestellung passt. Nach dieser Überprüfung können Veränderungen des Systems vorgenommen werden. Allerdings ist es danach notwendig, den Text noch einmal anhand des überarbeiteten Kategoriensystems zu bearbeiten. Nun kann eine weitere Auswertung anhand zweier unterschiedlicher Vorgehensweise erfolgen: das System kann (1) im Hinblick auf die Fragestellung und den Theoriehintergrund interpretiert oder (2) quantitativ ausgewertet werden (Mayring, 2016), S. 115ff).
Anhand der Explikation kann nun zusätzliches Material herangetragen werden, um einzelne Textstellen zu interpretieren. Dieses systematische Vorgehen kann auf zwei Wegen erfolgen: anhand einer engen und einer weiten Kontextanalyse. Die enge Kontextanalyse zieht das direkte Textumfeld bzw. nahe gelegene Textabschnitte mit in die Analyse ein. Die weite Kontextanalyse hingegen nutzt über das verfügbare Material hinausgehende Informationen, wie z.B. Informationen über den Autor, um die fragliche Textstelle zu explizieren. Ziel der Explikation ist es, die fragliche Textstelle gegen eine Paraphrase einzutauschen. Reicht die Explikation nicht aus, so muss wie bei der induktiven Kategorienbildung eine erneute Überprüfung des Textmaterials erfolgen (Mayring, 2016, S. 117f).
Die Strukturierung des Textmaterials stellt die letzte Form der Inhaltsanalyse dar. Hierbei wird versucht, dass zuvor entwickelte Kategoriensystem so klar zu definieren, sodass dieses eine Zuordnung von beliebigem Textmaterial zu den bestimmten Kategorien ermöglicht. Im Fokus steht dabei die Extraktion bestimmter Strukturen, die sich aus dem Text ergeben. Vorgegangen wird in drei Schritten: (1) Die Kategorien werden so definiert, dass eine Zuteilung von Textbestandteilen eindeutig möglich ist, (2) es wird eine bestimmte Textstelle für eine Kategorie ausgewählt, die als sogenanntes Ankerbeispiel für die jeweilige Kategorie aufgeführt wird und (3) es werden Kodierregeln aufgestellt, um Abgrenzungsproblemen zwischen Kategorien entgegenzuwirken. Infolgedessen wird eine klare Kategorienzuordnung ermöglicht. Daneben wird außerdem ein Kodierleitfaden erstellt, in dem alle Bestimmungen gesammelt werden. Nachdem der Leitfaden erstellt wurde, erfolgt eine zweistufige Überprüfung anhand des vorliegenden Materials. Im ersten Schritt werden alle Fundstellen im Text markiert oder die jeweilige Kategoriennummer notiert. Anschließend werden die entsprechenden Stellen „herausgefiltert, zusammengefasst und aufgearbeitet“ (Mayring, 2016, S. 120).
3.3 Typologische Analyse
Im Gegensatz zur qualitativen Inhaltsanalyse handelt es sich bei der typologi- schen Analyse um einen deskriptiv orientierten Ansatz, basierend auf dem Konzept des idealtypischen Verstehens nach Max Weber, zur Auswertung von unterschiedlichen Materialien. Anhand der Entwicklung sogenannter Idealtypen soll das vorliegende Material greifbar gemacht und repräsentiert werden. Mayring (2016) zufolge wird hierfür nach Festlegen der Fragestellung vorab ein Typisierungskriterium bestimmt, um passende Bestandteile aus dem Material zu extrahieren und dieses genauer zu beschreiben. Des Weiteren wird eine Typisierungsdimension bestimmt. Bei dieser handelt es sich um die „inhaltliche Festlegung über welche Materialbestandteile typisiert werden sollen“ (Mayring, 2016, S. 130). Die typologische Analyse erfolgt dann anhand zweier Durchgänge. Im ersten Durchgang werden die Typen bzgl. Typisierungsdimension und -kriterium entwickelt. Im Anschluss wird das Material anhand der zuvor festgelegten Typen überprüft, um Textstellen zu identifizieren, die diese besonders gut beschreiben. Diese Vorgehensweise lässt sich außerdem mit der zuvor beschriebenen strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse verknüpfen und weiter ausführen. Wie bei den meisten Analyseverfahren findet auch hier eine Rücküberprüfung und Überarbeitung des Materials statt (Mayring, 2016, S. 131f).
3.4 Gegenstandsbezogene Theorienbildung
Bei der gegenstandsbezogenen Theorienbildung, auch bekannt als Grounded Theory, kommt es zu Überschneidungen von Auswertung und Erhebung des zu analysierenden Materials. Das Modell stützt sich hierbei auf die Annahme, dass seitens der Forscher bereits während der Erhebung eine Auseinandersetzung mit Theoriehintergrund, Konzepten und Hypothesen stattfindet (Mayring, 2016, S. 103ff; Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2014, S. 189ff). Kühn und Koschel (2007) beschreiben diese Auseinandersetzung zwischen Theoriebildung und Datensammlung als Grundforderung der Grounded Theory (Kühn & Koschel, 2007, S. 124). Kennzeichnend hierbei ist, dass „bereits gesichtete Gesprächspassagen immer wieder aufs Neue unter dem sich mit dem theoretischen Erkenntnisgewinn verändernden Blickwinkel betrachtet und re-interpretiert werden“ (Kühn & Koschel, 2011, S. 189). Bei der Auswertung sollen außerdem die folgenden Grundprinzipien berücksichtigt werden (Kühn & Koschel, 2011, S. 190):
1) Vergleiche stellen den Weg zur Erkenntnis dar.
2) Memos weisen den Weg.
3) Verstehen erfolgt durch ein induktiv-deduktives Wechselspiel im Sinne einer hermeneutischen Spirale.
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