Eine sozial-soziologische Gesellschaftskritik, Facetten der Macht und Ohnmacht und die Wirkung dessen in einer künstlerisch, politisch ambitionierten (Theater-) Inszenierung


Dossier / Travail de Séminaire, 2016

37 Pages, Note: 2,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung

2 Gesellschaftsphänomene-/Kritik und ihre Macht und Ohnmachtgedanken
2.1 Facetten der Macht und ihre machtheoretische Konsequenzen

3 Die Macht der ästhetischen Inszenierung
3.1 Parallelen zwischen Theater- und Alltagsinszenierung
3.2 Politische ambitionierte Inszenierungskunst und ihre Wirkung

4 Eine Theaterinszenierung als kulturpädagogisches Projekt

5 Auswertung und Reflexion

6 Danke

Literaturverzeichnis

Vorwort

Schon in der griechischen Antike wurde das Theater als eine Form des Zurschaustellens benutzt. In seinen frühen Anfängen galt das Theater nicht nur als ein Schauplatz religiöser Riten und Zeremonien, sondern auch als eine Möglichkeit für eine kommunikative, öffentliche Diskussion die in ihren ersten Anlagen einer Demokratie diente. Heute ist das Theater der Gegenwart ein Medium, das nicht nur jeder Kunstform eine Plateau bieten kann, um politisch zu sein und sich mal der abstrakten, mal der sehr direkten Bildsprache bedient, sondern ist auch eine vielseitige Darstellungsform, Gedanken und Themen zu behandeln, die so ziemlich jeden Menschen auch in seinem eigenen Kosmos betreffen. „Theater sollte erregen, die Harmonieideale vom Wahren, Schönen und Guten (in der Kunst) zerstören, bürgerliche Prinzipien negieren“ (B. Marschall, 2010; 17). Das wesentliche Merkmal jeder Kunst liegt in ihrer Erscheinung und ist damit selbstreferenziell. Es ist das Dargestellte was den Zuschauer bewegt. Eine Inszenierung, die von ihrer Autonomie, sowie auch von ihrem Interpretationsraum lebt und fesseln, abstoßend, irritierend, nachdenklich oder auch zustimmend wirken kann. Da das Phänomen Theater mit künstlerischen Ausdrucksformen verbunden ist, dessen Inszenierung einem bestimmten Thema gewidmet ist und die Abhandlung gesellschaftskritisch, sowie aufklärend und ästhetisch ambitioniert sein kann, schafft es im Gegensatz zum Film, durch die direkte Nähe zum Publikum einen transformativen Wert, den man politisch, als auch künstlerisch nutzen kann. Die Wahl der ästhetischen Mittel ist fast grenzenlos und dient der autarken Darstellungsformen der künstlerischen Freiheit. Da jede Ausdrucksform der Kunst immer im Zeitgeist und im Fortschritt einer Epoche steht und den Gedanken der Gesellschaft entspringt, können die Charakterzüge einer Inszenierung offensichtlich oder auch versteckt politisch sein.

So geht es bei politisch engagiertem Theater immer um das Erreichen eines Publikums, um Aufklärung, Denkanstöße, kurz um, Problematiken eines sozialen Zusammenlebens und das Recht auf künstlerische Freiheit im Dienste einer gesellschaftlichen Ausgewogenheit, zu repräsentieren und gegebenenfalls auch zu provozieren.

1 Einleitung

Für eine theatrale Ausarbeitung dieser Angelegenheit haben sich im Frühjahr 2015 eine Gruppe Studierende des Studienganges Kulturpädagogik im Rahmen des In-Door Projektes im Theaterlabor der Hochschule Niederrhein zusammen gefunden, um etwas Einmaliges zu schaffen. Am Anfang eines Projekts, dessen Ausmaße und Entwicklungsstufen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht erahnen konnten, haben wir uns über zwei Semester unter der Leitung der beiden Dozenten Prof. Dr. Felicitas Lowinski und Prof. Dr. Jürgen Weintz mit dem Thema beschäftigt, wie politisch Theater und die damit verbundenen künstlerischen Erscheinungsformen sein können oder auchdürfen. In der ersten Zeit des Kennenlernens stellte sich heraus, dass wir als Gruppe unterschiedlichster Herkunft sehr different sind, was dem Schaffungsprozess eine große Abwechslung geboten hat. Unsere Möglichkeitsspielräume steckten am Anfang noch in den Kinderschuhen. Viele Stunden künstlerischer Kreativphasen, langer Metainteraktionen, Abstimmungen und auch theoretische Bezugspunkte zu unserem angestrebten Thema liegen hinter uns. Zum Schluss waren wir uns einig, dass wir unser künstlerisches Projekt im Rahmen einer Theateraufführung präsentieren wollen und entschieden uns dafür, nicht nur ein einzelnes Thema zu behandeln. Wir waren auf der Suche nach einem allumfassenden Inhalt, der alltäglich ist und doch so subtil Problematiken jedes sozialen Status´ hervorruft und damit jeden Menschen in den Fokus rückt. Diverse Zustände von Macht und Ohnmacht hatten erwähnenswerte Wesenszüge, die mal sehr komplex, aber auch gleichzeitig einfach und deutlich für uns waren. Der Ideenreichtum und die Phantasien zu diesem Thema bildeten eher szenisch dargestellte Zustände von Ungleichgewalten, als plakativ deutliche Macht- und Ohnmachtsituationen. Im Stil der Projektmethode entwickelten wir ein Theaterstück in dem wir nicht nur unsere politischen Auffassungen, Apperzeptionen und Impressionen inspirierend in ästhetischer Bildsprache entwickelten und später auch umsetzten, sondern auch gleichzeitig die Problematiken der Macht- und Ohnmachtverteilung unserer Gesellschaft kritisch in Behandlung setzten, immer unter dem Aspekt nicht vorwurfsvoll den Zeigefinger zu erheben.

So entstand, meiner Meinung nach, ein rundes künstlerisches Produkt, gestaltet von einer Gruppe heterogener Menschen, die im Herzen dieselben ethischen, moralischen und politischen Grundgedanken im Zeitgeist unseres Augenblickes vertraten. Die Präsentation dieser Theaterinszenierung hat sich als ein gelungenes Projekt erwiesen, das mehr als erwartet ein

Publikum erreichte, das unter Umständen in seinen persönlichen Grundzügen das Theaterlabor mit anderen Blickwinkeln auf unsere gesellschaftliche Aktualität verließ.

Hauptbestandteil des ästhetisch-kreativen und politischen Teils dieser Arbeit werden Anrisse einiger Gesellschaftsphänomene und ihre Macht- und Ohnmachtsgedanken sein, als auch deren Auswirkungen und Erscheinungsformen, sowie die theatralen Ausdrucksformen durch künstlerisch, politische Bewegungen und welchen interpretativen, reaktiven Einfluss sie auf ihre Rezipienten nehmen. Wie groß ist also die Macht der Wirkung politischer ambitionierter Theaterinszenierungen auf ihr Publikum? Ich werde versuchen diese Themenstellung in Ansätzen kritisch zu skizzieren und sie diskursiv in Opposition setzen.

Darauffolgend setze ich mich mit dem Herzstück, also unserem In-Door Projekt „Theatre and dance go politics“, im Sinne der Projektmethode aus einander und werde mich fragen, in wie weit wir nach dieser Methode gearbeitet haben und wann diese ihre Grenzen aufweist. Hierzu verwende ich die Literatur von Frey, Gudjons und Lowinski. Zum Ausklang der ganzen Arbeit lasse ich meine Gedanken nochmal Revue passieren und widme mich der Selbstreflexion.

2 Gesellschaftsphänomene-/Kritik und ihre Macht und Ohnmachtgedanken

Gesellschaftliche Zusammenhänge bestehen darin, dass vermeintlich das Rad am Laufen gehalten wird und somit unter der Formierung des gesellschaftlichen Einklangs ein Status Quo aufrechterhalten wird. Zivilisatorisch hat sich unser Zusammenleben zu einer hochentwickelten Gesellschaft ausgebildet, die aus vielen verschiedenen Aufgabenkreisen besteht, welche wie ein Uhrwerk in einander greifen und so ein Fortbestehen und eine Entwicklung sichern sollen. Der Mensch und seine Entwicklung sind einem evolutionären Handlungssystem unterlegen, dessen oberstesZieldie Erhaltung der Art, und in diesem Sinne die Erhaltung der gesellschaftlichen Ordnung ist. Somit wird er schöpferisch, unterscheidet zwischen Gut und Böse und gebraucht Symbolsysteme, um sich in seiner Welt zu orientieren, sich zu verständigen und mit seinem ganzen Habitus zu kommunizieren. In einem Kollektiv ist er auf seine Mitmenschen und deren Austausch angewiesen, um nicht nur sein Fortbestehen zu garantieren, indem er lernt sich in seiner kulturell geprägten Welt zu bewegen, sondern damit nicht in einen existensbedrohlichen Zustand zu geraten und ein Ausgestoßenwerden zu vermeiden. Wie Erwin Goffman in seinem Buch „Wir alle spielen Theater - Die Selbstdarstellung im Alltag“ beschreibt, dient dieses Verhalten nicht nur der Orientierung, sondern auch um seine Handlungsverläufe besser planen und kontrollieren zu können. Dazu benutzt das Individuum Strategien und Taktiken; auch um keine ungünstigen Qualifikationsmerkmale oder Irritationen hervorzurufen. Talcott Parson ergänzt für mich in diesem Zusammenhang, dass eine soziale Gesamtheit nur funktioniert unter dem Aspekt der Selbstgenügsamkeit, wenn sein Mitgliedsstatus im jeweiligen System oder Organisation klar definiert und seine Stellung und Funktion an dessen Rechte und Erwartungen der Rollenaneignung angepasst ist (vgl. T. Parsons, 1972; 17). Es kristallisiert sich heraus, dass die Selbstdarstellung ein notweniges Element des Lebens ist, um sich eine soziale Bedeutung in einer Gesellschaft zu verschaffen. Das Prinzip der Anerkennung unterliegt einem normativen Anspruch, ein allgemeines Selbstbewusstsein zu entwickeln und sich somit einem Kollektiv anzuschließen, oder abzuwenden. Das Bilden einer eigenen Identität steht hier im Fokus. Sich eine eigene Identität zu schaffen, heißt sich als Besitzer psychischer Eigenschaften anzusehen und sich seiner Fähigkeiten, Kompetenzen und Neigungen bewusst zu sein (vgl. Mummendey, 1995; 53 f.). E. Goffman begreift die Selbstdarstellung als eine Art System, die einer Inszenierung gleicht. Hier fällt auf, dass es nicht immer um selbstloses, uneigennütziges oder zweckloses Verhalten geht, sondern Bestandteil einer Haltung gegenüber einer erwartungsvollen, unfreien Welt ist, in der man sich bewegen und zurecht finden muss. Störungen in der Kommunikation, unausgeglichene Verteilungen sozialer Zustände und nicht zuletzt die Vielfalt aller Möglichkeiten unserer post-modernen Gesellschaft fördern einen Drang nach Individualismus und Einzigartigkeit. Gesellschaftsbedingte Konkurrenzkämpfe gewinnen an Bedeutung und das Entwicklungspotenzial der Machtverhältnisse erlaubt auch ungünstige Ausgangsbedingungen zu überwinden, während die Liberalität gegenüber der Gegenposition vernachlässigt wird (vgl. Hrsg. R. Krause, M. Rölli, 2008; 20). Oftmals sind es Faktoren wie der Ringen um soziales, ökonomisches und kulturelles Kapital1, die manche Charaktere dazu veranlasst, beharrlich ohne seine Mitmenschen in Betracht zu ziehen, einen vermeintlichen Überlebenskampf um Ressourcen zu beginnen, der unter systematischen, gesellschaftsfreundlichen und uneigennützigen Gesichtspunkten mehr als unbegründet ist. Durch den Besitz von sozialem, ökonomischem oder kulturellem Vermögen, legt sich eine Rolle in der Gesellschaft fest und kann in einem einzigen Augenblick den sozialen Status ändern. Es kommt zu einem Prozess in dem die Menschen wechselnde Positionen einnehmen, augenblicklich erfolgreich sind, aber auch genauso plötzlich an Anerkennung und materiellen Gütern verlieren können. Bedauerlicherweise wird materiellen Mitteln und den dadurch resultierende Möglichkeiten in unserer Gesellschaft ein hoher Stellenwert beigemessen und so geraten die Verteilungsstrukturen durch egoistisch geprägte Motive in ein Ungleichgewicht und erhöhen dadurch nicht nur das Kriminalitätsrisiko, sondern verhindern ebenso eine Chancengleichheit. Klassenunterschiede, Parallelwelten und Konflikte innerhalb der zivilen Gesellschaftsschichten entwickeln sich und Identitätsstörungen gehören zur allgemeinen psychischen Verfassung. Wichtig zu erwähnen ist noch, dass zu diesem problematischen kollektiven Umdenken kulturelle Güter standardisiert und kommerzialisiert werden. „Die allgemeine Entstandardisierung, die Auflösung tradierter Ideologien, Werte und Lebensmusterscheintdem einzelnen - je nach sozialer Stellung - neue Freiräume, Selbstbestimmungs-, Wahl- und Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen“ (J. Weintz, 2008; 27).

Mit der Industrialisierung hat mehr als zuvor ein Zeitalter begonnen, in dem der ökonomische Kapitalismus den Konsum beherrscht. Menschen begnügen sich nicht mehr damit was sie haben, sondern verhalten sich in ihrer Bedürfnisbefriedigung unersättlich. Damit eingehend ist eine existentielle Angst gegenüber der eigenen Bestands- und Grundsicherung. Eine Epoche der Massenkultur brach an, in der die Kunst zur Ware wurde und die Vielfalt kultureller Besitztümer zur Normalität, deren zielgerichtete Inhalte durch allgemeine Verbreitungstechniken eingekleidet werden (vgl. T. W. Adorno, 1944, M. Horkheimer, 1992 ; 1316). Obwohl vorgeblich unser ganzes gesellschaftliches System auf eine Balance oder einen Mittelwert ausgelegt ist, fällt es doch vielen Menschen schwer ein gesundes Maß an materieller Zufriedenheit an den Tag zu legen und orientieren sich stattdessen eher an den neuen gegenständlichen Errungenschaften ihrer Nachbarn, als an sich selbst die Schwäche der Selbstbehauptung und des Minderwertigkeitskomplex´ zu erkennen. Aristoteles2 erkannte zu seiner Zeit schon die Lehre vom richtigen Mittelmaß, die vom Anstand und gesellschaftlichen Benehmens, die Lehre von dermesotes, der goldenen Mitte die nie zu viel oder zu wenig ist. „Die Aristokratie hat das entwickelt, die griechische wie die germanische, als Kennzeichen des Adels die geziemende Haltung, die die richtige Linie bewahrt, die Linie von Stand, Lebensalter, Geschlecht, die nie übertreibt, nicht über ihre Kraft lebt, immer die Grenze der andern respektiert und so allein zu Grazie und Würde kommt“ (H. Nohl, 1969; 80).

Handeln für und durch Macht (-erlangung) steht häufig im Vordergrund, während politische und gesellschaftliche Formen zu einem Hierarchiedenken drängen, in der monetäre und rationalistische Motive nur wenige Teile davon sind, weswegen Menschen sich dazu entscheiden, moralisch verwerfliche Entscheidungen zu treffen, die erhebliche Schäden anrichten können. Menschen befinden sich in einem endlosen Konkurrenzkampf der instrumentellen Vernunft bei der sich jeder der Nächste ist, während durch die Verbreitung der Medien die Konsumbereitschaft organisiert und gefördert wird. Viele Gesellschaftskritiker und Sozialphilosophen wie auch Michel Foucault oder Jean Baudrillard gehen davon aus, dass die Auswahl der Themen in den Medien für uns in Form gebracht werden und die Rezipienten nicht nur beeinflusst, sondern auch manipuliert werden. Foucault führte das Synonym „Panoptikum“ ein, dessen provokante Begriffsinterpretation einem medialen Überwachungsmechanismus gleicht. Angelehnt an dem Begründer des Utilitarismus, Jeremy Benthams3 lautet die Theorie, dass auch die politische Öffentlichkeit einem panoptischen Triebwerk folgt (vgl. Hrsg. R. Krause, M. Rölli, 2008; 221).

Neben publizierten Handlungsmanipulationen die an die Bevölkerung gerichtet sind, suggeriert ein scheinbar eingespieltes Team aus Wirtschaft, Staat, Ökonomie und Politik, ein gesellschaftorientiertes Handeln in einem Sozial- oder Wohlfahrtsstaat. Schließlich regeln weltumspannende Konzerne, Welthandelsbanken und nicht zu Letzt die Handelsabkommen zwischen den Staaten, die Machtverteilung durch internationale Geldgeber. Ein Beispiel hierfür ist das bereits bestehende NAFTA Abkommen, oder das noch in Verhandlung befindliche TTIP Abkommen. All diese Verhandlungen passen sich an gesellschaftliche Gefüge und richten sich nach Tendenzen oder Prognose wirtschaftlicher Interessen. Wie schwerwiegend die manipulativen Ansätze gegenüber der Bevölkerung sind, lassen sich hier nur erahnen. Das hat zur Folge, dass sich das Anreißen von Machtoptionen immer mehr ausdehnt und sich nicht nur auf beruflicher, sondern auch auf sozialer und privater Ebene verbreitet.

Eine Machtposition hat auch immer eine Kehrseite zur Folge; und zwar die Position der Ohnmacht. Mangelnde Einflussmöglichkeiten in Relation zu seinen eigenen Vorstellungen und Wünschen, rufen Gefühle von Hilflosigkeit hervor und können mit Manipulationen verbunden sein, die Angst und Unbehagen auslösen. Aber auch der einfache Kampf ums Überleben, behindert durch politische Dekrete tangieren nur annähernd die Ohnmachtszustände die der westlichen Welt kaum vorstellbar sind, weil sie bloß durch ihre Ferne eine geringe Bedeutung darstellen (vgl. Text Jacob Matthias, Intro). Welche Auswirkungen es haben kann, sich einer Unberechenbarkeit ausgesetzt zu fühlen, werde ich in kurzer Form im später folgenden Text andeuten. Die Ungleichverteilung von Handlungsmöglichkeiten von Macht und Ohnmacht hat schwerwiegende Nachwirkungen, die sich auf vielen Ebenen oftmals auch erst Jahre später zeigen. Ob es asymmetrische Beziehungen, die Unzufriedenheit im Job, die Macht der Masse oder die des Einzelnen, Herrschaftsverhältnisse, die Macht der Medien oder menschenunwürdige politische Entscheidungen sind. Selbst historisch gesehen, kann man die Vielzahl der Gesichter von Macht und Ohnmacht nicht zählen, sie sind fast grenzenlos und zeigen wie subtil und katastrophal die Nachfolgen sind. Wer hat Macht? Wie sieht Macht genau aus? Kann sich Macht auch positiv auswirken? Wofür ist Macht da? Wohin geht Macht? Als stille Teilhaber dieses diffusen Phänomens kann sich Macht als suspekt, zwanghaft, als Begrenzung subjektiver Freiheit oder als Disziplinierung anfühlen und äußern (vgl. Hrsg. R. Krause, M. Rölli, 2008; 19). Bei der Betrachtung von negativer Macht, bleibt bis jetzt der positive Einfluss von Macht ein wenig auf der Strecke. Aber die Macht der Masse oder speziell die des Einzelne, darf auch nicht außer Acht gelassen werden. Denn da wo man als Team oder Kollektiv mit ähnlich tendierender Geisteshaltung handelt und öffentlich auf politisch, gemeinschaftliche Missstände aufmerksam macht, da kann Bewegung in Gang gesetzt werden. Die Macht der eigenen Gedanken, die des Denkens und Wissens überhaupt, sollte ebenfalls als ein positives Potenzial betrachtet werden, um gemeinnützig und liberal handeln zu können. Es ist den meisten Menschen nicht vorzuwerfen, nicht den Mut und die Courage aufweisen zu können um Veränderungen zu initiieren, weil sich ihre psychische Konstitution ebenfalls nur an kollektive Modelle anpasst und sie diesen Ohnmachtszuständen unterlegen sind, die ich weiter oben annäherungsweise geschildert habe. Doch genau hier liegen die Ressourcen die es zu nutzen gilt, um für eine mitmenschliche Sensibilisierung des Umdenken an zu regen.

2.1 Facetten der Macht und ihre machtheoretische Konsequenzen

Macht hat viele Gesichter und wird oft synonym mit der Bedeutung von Gewalt oder Herrschaft in Verbindung gebracht. Im alltäglichen Gebrauch definieren wir aus subjektiver Sicht, Macht und Ohnmacht und merken oft gar nicht, wie selbstverständlich diese Begriffspaare in den gewohnten Sprachgebrauch fließen und so ihren kontextualen Sinn ergeben. Aus objektiver Sicht sind diese Wortfindungen in erster Linie unscharf, undeutlich und diffus. Nicht zu ignorieren ist, dass sie ohne Bedenken jeweilig aus nur einer Perspektive verwendet werden z. B. wenn wir uns zu Unrecht behandelt fühlen, dazu gedrängt werden gegen unseren Willen Handlungen zu begehen oder uns einer Konsequenz ausgeliefert sehen, ohne Einfluss auf deren Auswirkungen nehmen zu können. Die Wirklichkeit der Macht lässt sich somit nur interpretativ und aus einseitiger Sicht deuten. Als besonders machtvoll wird eine Einflussgewalt empfunden, die zu zweckrationalistischen Motiven und als Überwindung von Widerständen genutzt wird. Damit sind Gegebenheiten gemeint, die bewältigt oder erzwungen werden sollen und gegen den Eigenwillen einer anderen Person Gestalt annehmen. Auch wenn es schwer erscheint, einen neutralen Zugang zu dem Terminus der Macht zu finden, kann man substanziell den Begriff wertfrei nutzen, indem man ihn erstmal als ein Bindeglied ansieht, welches ein individuelles Handeln und Entscheiden überhaupt erst möglich macht. Laut Thukydides4 sollte Macht eher als eine Handlungsmacht oder Handlungsvermögen verstanden werden, wodurch jede Bewegung ebenfalls auch durch die Macht der Masse ins Positive gelenkt werden kann (vgl. Hrsg. R. Krause, M. Rölli, 2008; 49). Macht kann offensichtlich oder manipulativ ausgeübt, suggestiv empfunden und effektiv verstanden oder aufgefasst werden. Aus dem gotischenmaganabgeleitet, führt der Begriff der Macht auf die Bedeutung von Können, Vermögen zurück; oder Mögliches Wirklichkeit werden lassen. Max Webers Definition lautet „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (M. Weber § 16., 1972 ). Das verschafft dem Machtbegriff eine umstandsbedingte Wirkung, dessen Handlungsvermögen erstmal in dem Einfluss egoistischer Ziele liegt. Machtassoziationen begleiten neben Ohnmachtserfahrungen im privaten Kreis, auch institutionell bedingte und staatlich-rechtliche Ordnungs- und Systemvorstellungen der Bürokratie, von dem die gesamte etablierte Bevölkerung in Form einer GesamtorganisationGesellschaft, abhängig ist. Semantisch liegt es nahe, dass gerade politische Einflüsse das Urphänomen der Macht darstellen. „Macht und Herrschaft fallen nicht zusammen. Denkt man sich die Herrschaft als gewaltförmig und verantwortlich für unfreie gesellschaftliche Verhältnisse, so bleibt es immer möglich, den Beherrschten eine widerständige oder revolutionäre Macht zu attestieren“ (K. Röttgers in Hrsg. R. Krause, M. Rölli, 2008; 9) Wenn diese These stimmen sollte, wäre die Physiognomie und Vorstellung von Macht, zwanghaft bestimmte Dinge von anderen in Oppositionen einzufordern, schnell zu beseitigen und würde sich im Endeffekt aufheben.

[...]


1 Vgl. P. Bourdieu 1983.Soziales Kapitalbezeichnet die Gesamtheit aller sozialen Beziehungen in einem dauerhaften Kontaktnetz. Beziehungsnetz als Investitionsstrategie die der Schaffung und dem Erhalt von nützlichen Zweckbeziehungen dient und für Anerkennung sorgen kann. Institutionalisierbar durch Heirat, Partei, Klasse etc.Ökonomisches Kapitalist direkt in Finanzwerte konvertierbar.Kulturelles Kapitalist in inkoporierter (Veranlagungen, Talente etc., nicht in öko. Kapital verwandelbar) und objektivierter (Kulturgüter, Erbe etc., juristisch übertragbar) Form zu unterscheiden.

2 Gehört zu den einflussreichsten und bekanntesten griechischen Philosophen, ca. 384 v. Chr. † 322 v. Chr.

3 Vgl. Wilhelm Hofmann: Politik des aufgeklärten Glücks. Jeremy Benthams philosophisch-politisches Denken.

4 Griechischer Stratege und Historiker, gestorben zwischen 399 v. und 396 v. Chr. Befasste sich mit der Natur des Menschen, Motive menschlichen Handeln, sowie dessen Einflusskräfte auf politische Verhältnisse.

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Résumé des informations

Titre
Eine sozial-soziologische Gesellschaftskritik, Facetten der Macht und Ohnmacht und die Wirkung dessen in einer künstlerisch, politisch ambitionierten (Theater-) Inszenierung
Université
Niederrhein University of Applied Sciences Mönchengladbach
Cours
Out-Door Projekt
Note
2,3
Auteur
Année
2016
Pages
37
N° de catalogue
V372171
ISBN (ebook)
9783668501232
ISBN (Livre)
9783668501249
Taille d'un fichier
730 KB
Langue
allemand
Mots clés
Theaterpädagogik, Gesellschaftskritik, Macht und Ohnmacht, Analyse politisches Theater (-Inszenierungen), Kulturpädagogik
Citation du texte
Sarah Schulz (Auteur), 2016, Eine sozial-soziologische Gesellschaftskritik, Facetten der Macht und Ohnmacht und die Wirkung dessen in einer künstlerisch, politisch ambitionierten (Theater-) Inszenierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/372171

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