Unterminiert der technologische Fortschritt die Kundenloyalität?


Seminararbeit, 2017

32 Seiten, Note: 2,3

Christian K. (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ansätze aus der Käuferverhaltensforschung
2.1. Partialmodelle des Kaufverhaltens von Konsumenten
2.2. Arten von Kaufentscheidungen
2.3. Totalmodelle des Kaufverhaltens von Konsumenten

3. Markenloyalität
3.1. Behavioristische Ansätze der Markenloyalität
3.2. Neobehavioristische Ansätze der Markenloyalität
3.3. Kombinierte Ansätze der Markenloyalität
3.4. Typologie der Kundenbindung nach Dick und Basu
3.5. Dimensionen der Kundenbindung nach Oliver

4. Auswirkung der Digitalisierung auf die Kundenloyalität
4.1. Herausforderungen der digitalen Evolution
4.2. Veränderung des Kauf- und Informationsverhaltens der Konsumenten
4.3. Einfluss des Kundenwissens auf die Loyalität
4.4. Einfluss veränderter Kaufentscheidungsprozesse auf die Loyalität

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Anhang

Anhangsverzeichnis

Abbildung 1: Neobehavioristisches SOR-Modell

Abbildung 2: Dominante psychische Prozesse und Entscheidungsverhalten

Abbildung 3: Erklärungsmodell des Kaufverhaltens von Engel/Kollat/Blackwell (1968)

Abbildung 4: Typologie der Kundenbindung nach Dick/Basu (1994)

Abbildung 5: Relevanz von Marken im Kaufprozess

Abbildung 6: Berührungspunkte im Entscheidungsprozess der Konsumenten

Abbildung 7: Wirkungen des Kundenwissens auf die Loyalität

Abbildung 8: Der Kompromisseffekt

1. Einleitung

Die Digitalisierung der Medienlandschaft und das Aufkommen sozialer Netzwerke stellen etablierte Marken vor neue große Herausforderungen. Die Entwicklungen ändern nicht nur die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren. Sie haben auch direkte Auswirkungen auf das Entscheidungs- und Konsumverhalten von Individuen. Die Informationsvielfalt und der einfache Zugang zu Expertenmeinungen geben Verbrauchern heute eine umfassende und präzise Vorstellung davon, was sie von einem Produkt oder einer Dienstleistung erwarten können. Damit sind sie nicht mehr darauf angewiesen, welche Informationen sie von Marken, z.B. in Bezug auf die Produktqualität, erhalten oder welche Erfahrungen sie mit diesen gemacht haben. Für Verbraucher ist es dadurch viel einfacher geworden, den tatsächlichen Nutzenwert einer Marke zu quantifizieren und ihre zukünftige Erfahrung vorherzusagen. Konsumenten treffen ihre Kaufentscheidungen daher heute anders als in der Zeit, in der klassische Medien dominierten. Dies erleichtert letztendlich auch den Wechsel zu anderen Marken.

Haben neue Technologien deshalb einen negativen Einfluss auf die Kundenloyalität? Vor allem die beiden letzten Eigenschaften des Markenwerts sind durch diesen Wandel betroffen.[1] Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher mit der durch Digitalisierung geschaffenen Transparenz und deren Auswirkung auf die Markenloyalität. Dabei gibt sie zunächst einen Überblick über die Ansätze der Käuferverhaltensforschung um die Faktoren zu definieren, die auf den Entscheidungsprozess des Konsumenten wirken. Anschließend wird die Evolution des Begriffs der Markenloyalität beschrieben und es verschiedene Konzepte dargestellt. Das vierte Kapitel befasst sich schließlich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Markenloyalität.

2. Ansätze aus der Käuferverhaltensforschung

In den letzten 50 Jahren wurden in der Marketingliteratur eine Fülle von verschiedene Theorien und Modelle diskutiert, die das Konsumentenverhalten mit unterschiedlich hohen Komplexitätsgrad zu erklären versuchen. Diese Modelle lassen sich nach Totalmodellen und Partialmodellen systematisieren und werden neben den Arten von Kaufentscheidungen im folgenden Kapitel näher betrachte. Ziel dieses Kapitels ist es, einen theoretischen Rahmen zu definieren, der die Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidungen von Nachfragen strukturiert.

2.1. Partialmodelle des Kaufverhaltens von Konsumenten

Paritalmodelle des Konsumentenverhaltens konzentrieren sich im Wesentlichen auf einen Teilaspekt des Entscheidungsprozesses von Individuen und haben das Ziel, deren Kaufentscheidungen anhand von situationsspezifischen Umweltreizen zu erklären. Dadurch lassen sich beispielsweise Empfehlungen für Unternehmen zur Beeinflussung des Konsumentenverhaltens ableiten (vgl. Bausback, 2007, S. 17). Das behavioristische Stimulus-Reaktions-Modell (S-R-Modell) und dessen Weiterentwicklung, das neobehavioristische Stimulus-Organismus-Reaktions-Modell (S-O-R- Modell) sind die dominierenden Partialmodelle in den Verhaltenswissenschaften und bilden zugleich zwei miteinander konkurrierende Ansätze. Der Behaviorismus bildet dabei die Erklärungsgrundlage beider Modelle.

Der behavioristische Ansatz untersucht den Zusammenhang zwischen einer beobachtbaren unabhängigen Variablen (Markenname) und einer beobachtbaren abhängigen Variablen (z. B. der Markenwahl) und betrachtet damit das Verhalten als direkte Folge von Reizkonstellationen, denen eine Person in der Entscheidungssituation ausgesetzt ist. Im jüngeren neobehavioristische Ansatz werden insbesondere die nicht beobachtbaren Zustände und Prozesse innerhalb eines Individuums analysiert (vgl. Baumgarth, 2008, S. 34). Die Reaktionen im Sinne von Kauf oder Nicht-Kauf eines Nachfragers werden im S-R-Modell unmittelbar auf einen beobachtbaren Stimulus zurückgeführt. Äußere Reize können dabei aus der physischen Umwelt oder der sozialen Umwelt entstehen. Da das S-R-Modell die Wahrnehmungs- und Denkprozesse sowie emotionale Reaktion eines Individuums unerklärt lässt, wird auch von „Black-Box“-Modell gesprochen (vgl. Bausback, 2007, S. 17f.). Habitualisierte Kaufentscheidungen sind nach diesem Ansatz gelernte Reiz-Reaktions-Beziehungen, die quasi automatisiert ablaufen. Darüber hinaus werden Untersuchungen mentaler und psychischer Prozesse vernachlässigt. Somit kann das Modell das Kaufverhalten eines Nachfragers nur unzureichend erklären. Es wird daher weniger für die Verhaltenserklärung und vielmehr in der Wahrscheinlichkeitsprognose eingesetzt (vgl. Boch, 2013, S. 69). Im Gegensatz zum S-R-Paradigma bezieht das neobehavioristische S-O-R-Modell explizit intrapersonale Faktoren in die Erklärung der Kaufentscheidung eines Individuums ein (s. Abbildung 1 im Anhang). In einem mehrstufigen Prozess lösen beobachtbare Stimuli nicht beobachtbare Vorgänge innerhalb des Individuums aus, welche schließlich zu einer Kaufverhaltensreaktion führen (vgl. Bausback, 2007, S. 18). Dabei wird zwischen dem das Verhalten auslösenden Stimulus und der Kaufverhaltensreaktion vermittelnden Prozesse als intervenierende Variablen unterschieden. Diese intervenierenden Variablen sind nicht direkt messbare hypothetische Konstrukte und repräsentieren bspw. Involvement, Emotionen und Einstellungen des Konsumenten. Aufgrund des Einbezugs dieser im Organismus ablaufenden und nicht direkt beobachtbaren Prozesse des Konsumentenverhaltens wird das S-O-R-Modell auch als echtes Verhaltensmodell bezeichnet (vgl. Boch, 2013, S. 70f.).

2.2. Arten von Kaufentscheidungen

Kaufentscheidungen können in ihrer Art sehr unterschiedlich verlaufen. Um komplexe Verhaltensweisen bei individuellen Kaufentscheidungen zu systematisieren, wird deshalb traditionell das Ausmaß der an der Entscheidung beteiligten kognitiven Prozesse als Unterscheidungskriterium herangezogen (vgl. Foscht et al., 2015, S. 167). In der Typologie von Kantona wurde bereits 1960 dem stark differierenden Charakter von Kaufentscheidungen Rechnung getragen und eine Unterscheidung zwischen zwei Arten eingeführt (vgl. Katona/Boettcher, 1960, S. 57). Legt man dem gesamten Entscheidungsprozess die Typologisierung nach Katona zu Grunde, so wird zunächst zwischen der extensiven Kaufentscheidung und der habitualisierten Entscheidung unterschieden (vgl. Mentzel, 2003, S. 22). Die Systematisierung von Howard und Sheth wurde um limitierte Kaufentscheidungen ergänzt und schließlich von Weinberg 1981 in seinem grundlegenden Werk „Das Entscheidungsverhalten von Konsumenten“ durch impulsive Kaufentscheidungen sukzessive auf vier Arten erweitert (vgl. Foscht et al., 2015, S. 167).

Weinberg differenzierte diese Arten, gemäß der angelsächsischen Tradition danach, in welchem Ausmaß sie der kognitiver Kontrolle, also der gedanklichen Steuerung, unterliegen. Dementsprechend unterteilte er Kaufentscheidungen nach stärkerer- und schwächerer kognitiver Kontrolle. Neben der kognitiven Kontrolle spielen auch emotionale und reaktive Prozesse eine entscheidende Rolle für die Erklärung des Entscheidungsverhaltens und wurden von Weinberg als Kriterien in die Charakterisierung der Arten von Kaufentscheidungen aufgenommen. Die vier Arten der Kaufentscheidung lassen sich anhand der beteiligten emotionalen, kognitiven und reaktiven Prozesse in einer Tabelle (s. Abbildung 2 im Anhang) darstellen (vgl. Mentzel, 2003, S. 22f.).

Extensive Kaufentscheidungen kennzeichnen eine hohe Beteiligung kognitiver Prozesse und werden von Konsumenten vor allem dann gefällt, wenn sie mit relativ unbekannten Kaufsituationen ohne vorstrukturierter Lösung konfrontiert werden. Dies stößt bei betroffenen Personen einen umfassenden Problemlösungsprozess an (vgl. Foscht et al., 2015, S. 167). Wie sich erkennen lässt, sind extensive Kaufentscheidungen mit einem ausgeprägt wahrgenommen Kaufrisiko verbunden und zeichnen sich folglich durch ein höheres Involvement aus. In der Regel handelt es sich hierbei um hochpreisige Produkte, in denen ein intensiver Informationsverarbeitungsprozess zwischen Reiz und Reaktion stattfindet. Daher sind emotionale Prozesse stärker ausgeprägt. Reaktive Prozesse, bei denen Konsumenten in der Entscheidungssituation automatisch reagieren, spielen hingegen eine untergeordnete Rolle. Weinberg versteht unter emotionalen Prozessen den Grad der Aktivierung und ihre Interpretation. Darüber hinaus werden häufig mehrere interne und externe Informationsquellen konsultiert sowie verschiedene Bewertungskriterien evaluiert und miteinander verglichen.

Habitualisierten Kaufentscheidungen sind in der Regel komplexe Entscheidungsprozesse vorangegangen und zeichnen sich durch ein eher geringes Maß an emotionalen Prozessen und kognitivem Aufwand aus (vgl. Diehl, 2009, S. 40ff.). Ein zentraler Aspekt ist der Wunsch des Konsumentens nach Komplexitätsreduktion und der Verzicht auf die Suche nach Alternativen. Anzutreffen ist dieses Verhalten beispielsweise bei Kaufentscheidungen des täglichen Bedarfs. Bei diesen verfügt der Konsument über ausreichend Erfahrung, sodass wenig bis gar keine Informationssuche und –verarbeitung stattfindet (vgl. Kuß/Tomczak, 2000, S. 131). Das wahrgenommene Kaufrisiko und das Involvement sind bei habitualisierten Entscheidungen eher gering, dafür sind reaktive Prozesse entsprechend stärker ausgeprägt. In der Regel handelt es sich also um ein quasi automatisch ablaufendes Verhalten, welches infolgedessen zum wiederholten Kauf der gleichen Marke und somit zur Markentreue führt (vgl. Diehl, 2009, S. 43). Da der Kunde in der Regel keine explizite emotionale Bindung zu der Marke aufgebaut hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen, zum Beispiel durch spezielle Angebote von Wettbewerbern, zu eine Rückkehr zur komplexen Entscheidungsstufe führen (vgl. Kuß/Tomczak, 2000, S. 132f.).

Howard und Sheth erweiterten die Typologie nach Kona um die limitierte Kaufentscheidung, die eine vereinfachte Form der extensiven Entscheidung darstellt. Sie zeichnet sich durch eine kognitive Vereinfachung des Entscheidungsverhaltens aus, wobei das Ausmaß der gedanklichen Prozesse zwischen extensiven und habitualisierten Entscheidungen liegt. Der Konsument verfügt demnach schon im Voraus über bestimmte Kauferfahrungen und Wissen, ohne eine eindeutige Präferenz für eine bestimmte Alternative zu haben. Die Wahl für eine Alternative trifft der Kunde geplant und überlegt in der eigentlichen Kaufsituation auf Basis bewährter Entscheidungskriterien innerhalb einer begrenzten Zahl von kaufrelevanten Alternativen. Der Prozess der Informationsaufnahme und –verarbeitung sowie das Involvement und das wahrgenommene Kaufrisiko sind entsprechend weniger stark ausgeprägt als bei extensiven Entscheidungen, jedoch stärker als bei habitualisierten Kaufentscheidungen (vgl. Foscht et al., 2015, S. 167f.). Erst wenn der Konsument feststellt, dass sein persönliches Wissen und die ihn zur Verfügung stehenden Informationen nicht ausreichen, beginnt er aktiv nach weiteren externen Informationen zu suchen, konzentriert sich aber auf sogenannte Schlüsselinformationen (vgl. Kuß/Tomczak, 2000, S. 117f.). Dies können sowohl der Preis oder der Markenname als auch die Bündelung verschiedener Einzelinformationen wie Kundenrezensionen oder Testurteile von Experten sein (vgl. Mentzel, 2003, S. 30).

Bei impulsiven Kaufentscheidungen handelt es sich um ein stark reizgesteuertes Verhalten, das durch hohe Aktivierung und direktes Handeln des Konsumenten erkennbar ist. Impulsive Kaufentscheidungen unterliegen nur in geringem Maße einer Kontrolle des Entscheidungsverhaltens und werden in der Regel von starken Emotionen begleitet. Ein Produkt wird spontan gekauft, weil es den Vorlieben des Käufers entspricht (vgl. Diehl, 2009, S. 40). Damit handelt es sich um ein unmittelbar reizgesteuertes (reaktives) Verhalten, indem der Konsument nicht agiert, sondern weitgehend automatisch auf die dargebotenen externen Reize reagiert. In dieser Reizabhängigkeit und liegt der zentrale Unterschied zu den anderen Formen der Kaufentscheidung (vgl. Foscht et al., 2015, S. 177).

Im Allgemeinen lassen sich die unterschiedlichen Arten der Kaufentscheidung nicht immer klar voneinander abgrenzen. Die Entwicklung von extensiven über limitierte zu habitualisierten Kaufentscheidungen können daher auch wie ein Prozess aufeinanderfolgender Kaufentscheidungsphasen verlaufen, der durch zunehmende Erfahrung und Entscheidungsvereinfachung gekennzeichnet ist (vgl. Diehl, 2009, S. 43). Bildet man diese auf einem Kontinuum ab, kann eine Entscheidung beim ersten Mal extensiv getroffen werden und im zeitlichen Verlauf zunehmend habitualisiert werden (vgl. Mentzel, 2003, S. 23f.).

2.3. Totalmodelle des Kaufverhaltens von Konsumenten

Totalmodelle versuchen das Kaufverhalten von Konsumenten in unterschiedlichen Situationen unter Einbeziehung aller relevanten Variablen zu erklären und detailliert nachzuvollziehen. Daher werden sie in der Konsumverhaltensforschung vorwiegend zur Erklärung kognitiv dominierter Kaufentscheidungen herangezogen. Zu den bekanntesten Totalmodellen zählen die Modelle von Engel/Kollat/Blackwell (1968) und Howard/Sheth (1969). Diese systematisieren das Zusammenwirken der zur Kaufentscheidung führenden psychischen Vorgänge anhand eines mehrstufigen Prozess (vgl. Kannacher, 1982, S. 56). Dabei werden die Variablen entweder zu Gruppen zusammengefasst oder sie bauen stufenweise aufeinander auf. Das Modell von Engel/Kollat/Blackwell ist ein Phasenmodell, das einen sechsstufigen Kaufentscheidungsprozess beschreibt (s. Abbildung 3 im Anhang).

Die drei Hauptkomponenten Entscheidungs-, Informationsverarbeitungs- und Bewertungsprozess werden dabei in mehrere aufeinanderfolgende Prozessphasen gegliedert (vgl. Foscht et al., 2015, S. 25). Die Wahrnehmung eines Problems leitet die Entscheidungsphase ein, sie wird also in der Regel durch ein Mangelempfinden oder ein bestimmtes Bedürfnis ausgelöst. Darauf folgt die Phase der Informationssuche, deren Intensität durch die Kosten der Informationen sowie dem antizipierten Informationsnutzen determiniert wird (vgl. Engel et al., 1968, S. 360ff.). In diesem Kontext wird zwischen der internen und externen Informationssuche unterschieden. Bei der internen Informationssuche greift der Konsument auf die in seinem Gedächtnis abgespeicherten kauverhaltensrelevanten Informationen zurück. Die externe Informationssuche ist für den Verbraucher aufwendiger und erfolgt in der Regel nur, wenn die interne Informationssuche zu keinem befriedigenden Ergebnis führt. (vgl. Boch, 2013, S. 612).

Die gesammelten Informationen werden in der dritten Phase im Kontext der persönlichen Überzeugungen, Meinung und Verhaltensabsicht selektiert und bilden die Grundlage der Entscheidungsprozesse des Konsumenten. In der daraus resultierenden Auswahl von Produktalternativen werden im Rahmen der vierten Phase auch individuelle Charakteristika des Konsumenten und Einflüsse des externen Umfelds, wie kulturelle Normen und Werte berücksichtigt. Nachdem der Konsument in der Entscheidungsphase eine Kaufentscheidung getroffen hat, findet eine nachträgliche Bewertung der Alternativen statt, die zu Zufriedenheit oder Unzufriedenheit führt (vgl. Foscht et al., 2015, S. 25). Die Erfahrung, die aus dem Abgleich von Antizipationen und erhaltener Leistungen resultiert, wird im Gedächtnis des Konsumenten gespeichert und in zukünftigen Entscheidungssituationen als zusätzliche Information einbezogen. Das erläuterte Totalmodell beschreibt den idealtypischen Verlauf einer extensiven Kaufentscheidung, bei dem ein Nachfrager alle sechs Phasen durchläuft (vgl. Boch, 2013, S. 61f.). Das Modell kann jedoch auch, durch Modifikationen oder dem Überspringen einzelner Phasen, ebenfalls zur Erklärung von Entscheidungsprozessen mit geringer kognitiver Beteiligung beitragen. Das Totalmodell von Howard/Sheth versucht den Kaufentscheidungsprozess für eine bestimmte Marke aus einer Gesamtheit alternativer Marken zu erklären. Der generelle Aufbau gleicht dem S-O-R- Schema, wobei Persönlichkeitsmerkmale des Konsumenten, indirekt in das entwickelte System einbezogen werden. Diese als exogen definierten Faktoren beeinflussen das Konstrukt, werden jedoch nicht direkt im Modell erfasst.

Generell greifen Totalmodelle die Kritik an Partialmodellen, denen unterstellt wird, einen unscharf definierten Realitätsausschnitt abzubilden, auf. Kritisch bleibt anzumerken, dass diese Modelle ausschließlich von High-Involvement-Situationen ausgehen und sich die Zusammenhänge aufgrund von Operationalisierungs- und Messbarkeitsproblemen nicht empirisch fundieren lassen. Blackwell/Miniard/Engel erheben daher auch keinen hohen wissenschaftlichen Anspruch auf ihr Totalmodell. Sie unterstreichen eher den Charakter einer grafischen Gliederung und den Nutzen einer didaktischen Strukturierung. Es ist also festzuhalten, dass Totalmodelle des Konsumentenverhaltens nur bedingt in der Lage sind, das Verhalten von Konsumenten in einem situationsspezifischen Kontext zu erfassen (vgl. Foscht et al., 2015, S. 26).

3. Markenloyalität

Neben dem Markenvertrauen und der Markenzufriedenheit ist die Markenloyalität, eine wesentliche qualitative Erfolgsgröße im Markenmanagement. Dabei existiert in der Wissenschaft kein einheitliches Begriffsverständnis. In der Literatur lassen sich vielmehr eine Vielzahl an sich zum Teil wiedersprechender Definitionen finden. So sind beispielsweise Holland/Heeg Vertreter der Denkweise, dass die „Kundenbindung, die auch als Kundentreue oder -loyalität bezeichnet wird, (...) sich in einem Wiederkaufverhalten“ (Holland/Heeg, 1998, S.16) äußert. Andere Autoren, unter anderem Herrmann/Huber/Braunstein, sind wiederum der Auffassung, dass die Kundenloyalität als intentionale Größe und die Kundenbindung als realisiertes Verhalten unterschiedliche Phänomene darstellen (vgl. Skala-Gast, 2012, S. 36f; Herrmann et al., 2000, S. 293f.). Die in diesem Kapitel vorgenommene Systematisierung des Konstrukts der Markenloyalität folgt in Anlehnung an die in der Literatur vorherrschenden Konzepte der neobehavioristischen bzw. einstellungsorientierte und kombinierte Ansätze.

3.1. Behavioristische Ansätze der Markenloyalität

Die Grundlagen zur Messung der Loyalität von Konsumenten lassen sich in der Erforschung des Wiederkaufverhaltens Anfang der 1920er Jahre finden. Zu dieser Zeit wurde im angelsächsischen Sprachraum mit dem Begriff „brand insistance“ der Wiederkauf derselben Marke beschrieben (vgl. Copeland, 1923, S. 286ff.). Die Forschungsrichtung wurde unter dem Aspekt des Wiederkaufverhaltens bis in die 1970er Jahre weiterentwickelt (vgl. Skala-Gast, 2012, S. 35). Entsprechend verstand man unter der Markenloyalität eine Zeit lang lediglich jene Konsumenten als markenloyal, die eine bestimmte Marke wiederholt nachfragten, anderen Marken weniger aufgeschlossen waren, eine erhöhte Preisbereitschaft besaßen und Mund-zu-Mund-Propaganda für ihre Marke betrieben (vgl. Aaker 1992, S. 57; vgl. Esch et al., 2014, S. 570f.). Diese Interpretation der Markenloyalität entspricht einer behavioristischen Sichtweise, da sie den Verhaltensaspekt in Form der eigentlichen Kaufhandlung betont (vgl. Martin, 2009, S. 12).

Behavioristische Ansätze der Markenloyalität stellen deskriptive Ansätze der Messung von Markentreue dar, zu denen u.a., das Marktanteils-Konzept, das Kaufreihenfolge-Konzept, das Markenanzahl-Konzept oder das Wiederkaufwahrscheinlichkeits- Konzept zählen. Da sich die Messung der Loyalität auf vergangenheitsorientierte Verhaltensweisen bezieht, wird diesen Konzepten häufig eine ex-post-Betrachtung zugesprochen.

Im Mittelpunkt des Kaufreihenfolge-Konzepts von Brown steht die Analyse von Kauffolgen eines Verbrauchers. Liegt eine hohe Anzahl von Käufen einer bestimmten Marke in einem Zeitraum vor, wird das Verhalten als markentreu bezeichnet. Die Kritik, dass der Zusammenhang zwischen Kaufmenge und Kaufrhythmus vernachlässigt werden, führten zur Entwicklung des Marktanteils-Konzepts (vgl. Martin, 2009, S. 12). Hier dient der Anteil der am häufigsten gekauften Marke als Relation aus der Anzahl der Markenkäufe zu den Gesamteinkäufen eines Kunden innerhalb einer Produktkategorie als Indikator für die Markentreue (vgl. Lorenz, 2009, S. 59f.). Dieses Konzept ermöglicht zwar einen unmittelbaren Vergleich der Markentreue mittels mengen- oder wertmäßiger Anteile. Es vernachlässigt jedoch die Interdependenz von Kaufmenge und -häufigkeit und sieht sich mit der Problematik konfrontiert, einen geeigneten Schwellenwert zu definieren, ab dem ein Konsument als markentreu zu bezeichnen ist (vgl. Martin, 2009, S. 13).

Der Markentreuewert bildet hingegen den Ausgangspunkt des Markenanzahl-Konzepts. Der Wert bestimmt die Markentreue anhand der Anzahl der gekauften Marken in einer Produktkategorie. Die Markentreue ist größer, je kleiner der Markentreuewert ist. Im Zentrum der Wiederkaufwahrscheinlichkeits-Konzepte steht dagegen das Auffinden stochastischer Gesetzmäßigkeiten bei Wiederholungskäufen um Wahrscheinlichkeitsangaben für den wiederholten Kauf einer Marke abgegeben zu können (vgl. Lorenz, 2009, S. 59f.).

Das Konstrukt der behavioristischen Loyalität lässt sich zwar verhältnismäßig einfach messen, erlaubt jedoch keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verhaltensursachen. Die Begrenzung von Markenloyalität auf die einseitige Betonung der Verhaltensdimension vernachlässigt zum Beispiel die Tatsache, dass ein Konsument eine Marke regelmäßig kaufen kann ohne dabei eine echte Markenpräferenz zu besitzen (Esch, 2014, S. 72). Die Ursachen, die dem Verhalten zugrunde liegen und somit auch die Frage, ob es sich um wahre oder um unechte Loyalität handelt, bleiben unbeantwortet (vgl. Skala-Gast, 2012, S. 37). Auch der Annahme, dass das Kaufverhalten Ausdruck der Einstellung des Konsumenten zu einer Marke sei und eine Kongruenz zwischen Markenauswahlverhalten und Markeneinstellung existiere, kann ohne eingehendener Prüfung der unterschiedlichen Einstellungskomponenten des Konsumenten nicht abschließend zugestimmt werden (vgl. Lorenz, 2009, S. 60). Daher rückten in den 1970er Jahren einstellungsorientierte Ansätze als Weiterentwicklung der behavioristischen Modelle in den Mittelpunkt der Markentreueforschung, welche im nächsten Kapitel thematisiert werden (vgl. Martin, 2009, S. 13).

3.2. Neobehavioristische Ansätze der Markenloyalität

Die neobehavioristische Sichtweise der Markenloyalität verzichtet im Unterschied zu der rein behavioristischen Sichtweise nicht auf eine Erklärung der Einstellungskomponente der Markentreue, sondern berücksichtigt sowohl beobachtbare Verhaltensweisen als auch nicht beobachtbare Prozesse und Zustände innerhalb einer Person (vgl. Skala-Gast, 2012, S. 35). Day unterstellt im Kontext der neobehavioristischen Sichtweise, dass „there is more to brand loyalty than just consitent buying of the same brand – attitudes, for instance” (Day, 1969, S.29). Dieser weit gefasste Ansatz der Kundenloyalität, welchem ein Großteil der bislang entwickelten Kundenloyalitätskonzepte folgen (vgl. Martin, 2009, S. 20), stellt nicht die eigentliche Kaufhandlung in den Mittelpunkt der Betrachtung, sondern betont die Einstellung des Käufers zu einer Marke (vgl. Lorenz, 2009, S. 61).

Während sich Verhaltensaspekte relativ einfach aus dem Wiederkaufverhalten ableiten lassen, wird die Einstellungskomponente weitestgehend über die Weiterempfehlungsabsicht und der Zusatzkaufabsicht eines Kunden erfasst. Es liegt die Annahme zugrunde, dass ein Kunde, der eine Marke seinem persönlichen Umfeld weiterempfiehlt und weitere Produkte derselben Marke auch in Zukunft nachzufragen beabsichtig, von der Marke überzeugt ist und eine positive Einstellung gegenüber dieser hat, loyal ist (vgl. Skala-Gast, 2012, S. 38). Eine positive Einstellung eines Kunden gegenüber einer Marke wirkt sich somit direkt auf das Verhalten des Kunden aus bzw. wird durch seine Verhaltensweisen indirekt abgebildet. Diese Annahme ist vor allem bei kausalanalytischen Untersuchungen sinnvoll, welche einen positiven Wirkungszusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität unterstellen. Die aktuelle Zufriedenheit eines Kunden kann dementsprechend keinen Einfluss auf dessen vergangene Loyalität ausüben (vgl. Martin, 2009, S. 20). Mit dem Conversion Model und dem Modell zur Beziehungsqualität nach Fournier (1998) zählen auch zwei wesentliche Arbeiten der Ergründung von Konsumenten-Marken-Beziehungen zu den neobehavioristischen Ansätzen. Innerhalb der Präferenz- und Kaufabsichts-Konzepte finden insbesondere Markenpräferenzen, Wiederkaufabsicht und Substitutionsbereitschaft Beachtung. Diese Konzepte basieren wiederum auf der Analyse von Konstrukten, welche der Markenwahl eines Kunden direkt vorgelagert sind (vgl. Lorenz, 2009, S. 61).

Das Markenpräferenzkonzept betont die affektive Seite der Einstellung und definiert Markentreue als die Neigung eines Konsumenten über einen längeren Zeitraum konstant eine bestimmte Marke zu präferieren. Ab welchem bestimmten Zeitpunkt von Markentreue gesprochen wird, bleibt jedoch unklar (vgl. Baumgarth, 2008, S. 307). Im Gegensatz zum Markenpräferenzkonzept stellt das Wiederkaufabsichts-Konzept die konative Komponente der Markeneinstellung in den Mittelpunkt. Danach besteht Markenloyalität dann, wenn ein Konsument die Absicht äußert, beim nächsten Kauf die Marke zu wählen, die er bereits beim zurückliegenden Kauf erworben hat (vgl. Lorenz, 2009, S. 61). Ob die so geäußerte Kaufabsicht als ein zuverlässiger Indikator des tatsächlichen Kaufverhaltens gilt, lässt sich bspw. aufgrund einer möglichen Divergenz zwischen der gedanklichen Wiederkaufsabsicht und der tatsächlichen Markenwahl anzweifeln (vgl. Mayer/Illmann, 2000, S. 253).

Die Messung des Markencommitments bildet die Grundlage für das Conversion Model und basiert auf der Überzeugung, dass eine Analyse der Markentreue über die alleinige Messung von Loyalität hinausgehen muss. Es wird also angenommen, dass das Commitment grundsätzlich ein besserer Prädiktor für zukünftige Käufe darstellt. Unter dem Begriff Commitment versteht man die emotionale Bindung zwischen Individuum und Marke. Dessen Konstrukt wird anhand von vier Dimensionen operationalisiert (vgl. Baumgarth, 2008, S. 308). Die erste Dimension „ Zufriedenheit mit der Marke“ unterstellt, dass sich ein zufriedener Kunde stärker mit einer Marke identifiziert als ein unzufriedener Kunde. Die Zufriedenheit mit der Marke genügt jedoch nicht, um eine Voraussage über das zukünftige Verhalten eines Konsumenten zu treffen (vgl. Hofmeyr/Rice, 2002, S. 24). Die „Attraktivität von Alternativen“ bildet die zweite Dimension der Kundenbindung und fordert, dass eine Analyse der Kundenbindung die Attraktivität von Alternativen einschließen muss. Die dritte Dimension, „Grad der Ambivalenz“, befasst sich mit dem Grad der Unsicherheit bei der Markenwahl. Sie sagt aus, dass ein Kunde seine endgültige Entscheidung so lang wie möglich herauszögert, je ambivalenter er beim Kauf einer Marke ist (vgl. Sander et al., 2004, S. 280).

Die letzte Dimension beschäftigt sich mit dem Involvement eines Konsumenten in einer Produktkategorie. So wird angenommen, dass das Involvement des Kunden eine unmittelbare Auswirkung auf den Grad der Kundenbindung hat. Je wichtiger einem Konsumenten die Markenwahl ist, desto leichter ist es für Anbieter echte Kundenbeziehungen aufzubauen (vgl. Lorenz, 2009, S. 62f.). Anhand dieser Dimensionen lässt sich ein Commitmentindex ermitteln, der das Maß der persönlichen Bindung eines Kunden an einer Marke bestimmt (vgl. Baumgarth, 2008, S. 308). Wie bei allen neobehavioristischen Ansätzen ist jedoch auch hier zu kritisieren, dass Verhaltensaspekte unberücksichtigt bleiben (vgl. Lorenz, 2009, S. 62f.).Es lässt sich feststellen, dass die Begriffe Kundenloyalität bzw. Kundentreue zwar in engen inhaltlichen Bezug zu Kundenbindung stehen, jedoch nur einen Teil der Kundenbindung darstellen. Die in diesem Kapitel vorgenommene Ausführung zum Loyalitätsbegriff machen deutlich, dass eine Gleichsetzung der Begriffe kritisch zu beurteilen ist (vgl. Martin, 2009, S. 19f.).

[...]


[1] David Aaker beschrieb 1992 die Determinanten des Markenwerts anhand von fünf Eigenschaften (Aaker, 1992, S. 32f.). Demnach setzt sich dieser Wert neben der Bekanntheit, den Markenassoziationen und weiteren Markenvorzügen auch aus der Markentreue und der angenommenen Qualität zusammen.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Unterminiert der technologische Fortschritt die Kundenloyalität?
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
32
Katalognummer
V372393
ISBN (eBook)
9783668503441
ISBN (Buch)
9783668503458
Dateigröße
908 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kundenloylität, Markenloyalität, Kundenbindung, Digitalisierung, Kundenwissen, Kaufentscheidungsprozesse, Partialmodelle, Behavioristische Ansätze der Markenloyalität, Neobehavioristische Ansätze der Markenloyalität, Kombinierte Ansätze der Markenloyalität
Arbeit zitieren
Christian K. (Autor:in), 2017, Unterminiert der technologische Fortschritt die Kundenloyalität?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/372393

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