Durch die Zunahme der visuellen Medien in unserer Umwelt werden wir heute mit einer wahren Flut von Bildern konfrontiert, die ihre Botschaften an uns herantragen. Eine besondere Stellung nehmen dabei Werbefilme ein. Sie erscheinen für eine Analyse aus dem Grunde besonders interessant, weil ihre Präsenz ist in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen ist. Unter der Vielfalt der uns erreichenden Bilder gehören sie zu den (Kurz-) Filmen, die aus einem pragmatischen Zweck heraus produziert werden und eine bestimmte Wirkung erzielen sollen. Werbefilme sind darum bemüht, ihre Rezipienten dahingehend zu beeinflussen, eine Handlung des Gebrauchs oder Verbrauchs bestimmter Güter zu vollziehen. Dabei werden diese Appelle nach einem konzeptionell überlegten Einsatz der filmischen Mittel gestaltet.
Die Komposition der Elemente und die Ordnung der Informationen, die beeinflussend auf uns wirken sollen, sind für die meisten Rezipienten schwer erkennbar. Die Problematik, an zuverlässige Analysekriterien zu gelangen, wird dadurch verstärkt, dass die Entstehung kreativer Arbeiten auch in der Werbebranche gerne mystifiziert und eine völlige Offenlegung der angewandten Mittel aus verschiedenen Gründen vermieden wird. Einer dieser Gründe mag allerdings bloß im intuitiven Einsatz von Mitteln liegen, die der Schaffende meistens selbst nicht benennen kann. Vielleicht liegt hier auch der eigentliche Grund für manches theoretische Defizit insbesondere in der Medienwissenschaft.
Den Gegenüber überzeugen zu wollen ist ein uraltes Motiv menschlicher Kommunikation, das sich bis zu den homerischen Epen zurückverfolgen lässt.1 Die Erforschung und Systematisierung der Mittel, die dazu verhelfen sollen, manifestiert sich in der Rhetorik; einer Theorie und Struktur, die sich von jeher mit der Thematik des Gewinnens und Überzeugens auseinandersetzt. In der Annahme, dass die klassische Rhetorik eine Struktur sein kann, die auf verschiedene Medien anwendbar ist, könnte ihre Berücksichtigung hilfreich sein, der Vorgehensweise von Werbespots näher zu kommen. Als die „Kunst, die Überzeugung zu generieren vermag“2, ist sie für eine Analyse von Werbefilmen insofern von Interesse, als dass sie die historisch empirische Erfahrung um die notwendigen Bedingungen einer überzeugenden Rede und deren mögliche Transformation in das moderne Medium der filmischen Narration bereitstellt.
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1 Vgl. Ilias IX, 443, zit. n.: Schindel, U. (1992), S. 11; Hommel, H. (1981), S. 338.
2 Eco, U. (1994), S. 180.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1 Die Rhetorik
- 1.1 Struktur und Instrumentarium der klassischen Rhetorik
- 1.1.1 Die Konzeption der Rede
- 1.1.2 Die Ausarbeitung
- 1.2 Stellenwert der Rhetorik
- 1.2.1 Die Sophisten
- 1.2.2 Platon
- 1.2.3 Aristoteles
- 1.2.4 Das Mittelalter
- 1.2.5 Heute
- 1.3 Rhetorik in der visuellen Kommunikation
- 1.4 Visuelle Rhetorik
- 2 Werbung, Propaganda und Reklame
- 2.1 Etymologie und Synonyme des Begriffs Werbung
- 2.1.1 Propaganda
- 2.1.2 Reklame
- 2.1.3 Werbung
- 2.2 Aspekte der Werbelehre
- 2.2.1 Der Stimulus
- 2.2.2 Das Motiv
- 2.2.3 Das Involvement
- 2.3 Strategische Grundzüge der Konzepte
- 2.3.1 Informative Strategien
- 2.3.2 Emotionale Strategien
- 2.4 Grundsätzliche Parallelen zur Rhetorik
- 3 Die Rhetorik des Werbefilms – ein historisch-systematischer Überblick
- 3.1 Die Anfänge
- 3.2 Der Boom, die Avantgarde und der Nationalsozialismus
- 3.3 Die Nachkriegszeit und das Fernsehen
- 3.4 Die gegenwärtige Situation des Werbefilms unter dem Einfluss der Einführung des Privatfernsehens
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Verhältnis zwischen klassischer Rhetorik und der Gestaltung von Werbefilmen. Sie verfolgt das Ziel, die Konstruktionsweise von Werbefilmen mit den Empfehlungen der klassischen Rhetorik zu vergleichen und herauszufinden, ob und inwiefern der Prozess der Persuasion in der Werbung mit der Persuasion der klassischen Rhetorik vergleichbar ist.
- Analyse der Struktur und des Instrumentariums der klassischen Rhetorik
- Historische Entwicklung der Rhetorik und ihrer Anwendung in verschiedenen Medien
- Untersuchung der Kommunikationsstrategien in der gefilmten Werbung
- Analyse der visuellen Rhetorik des Werbefilms
- Vergleich zwischen den Empfehlungen der klassischen Rhetorik und den Gestaltungsmerkmalen von Werbefilmen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und beschreibt die Relevanz von Werbefilmen in der heutigen visuellen Medienlandschaft. Sie beleuchtet die Schwierigkeit, die Entstehung und die Funktionsweise von Werbefilmen zu analysieren, da die angewandten Mittel oft mystifiziert werden.
- Kapitel 1: Die Rhetorik: Dieses Kapitel analysiert die Struktur und das Instrumentarium der klassischen Rhetorik. Es beleuchtet die Entwicklung und den Stellenwert der Rhetorik von den Sophisten über Platon und Aristoteles bis zum Mittelalter und der Gegenwart. Außerdem werden die Anwendung der Rhetorik in der visuellen Kommunikation und die Bedeutung der visuellen Rhetorik behandelt.
- Kapitel 2: Werbung, Propaganda und Reklame: In diesem Kapitel werden die Begriffsdefinitionen von Werbung, Propaganda und Reklame analysiert und die wichtigsten Aspekte der Werbelehre wie Stimulus, Motiv und Involvement beleuchtet. Außerdem werden die strategischen Grundzüge der Konzepte (informative und emotionale Strategien) sowie die Parallelen zwischen Werbung und Rhetorik betrachtet.
- Kapitel 3: Die Rhetorik des Werbefilms – ein historisch-systematischer Überblick: Dieses Kapitel bietet einen historischen Überblick über die Entwicklung des Werbefilms von den Anfängen über den Boom, die Avantgarde und den Nationalsozialismus bis zur Nachkriegszeit und dem Einfluss des Fernsehens. Es betrachtet die gegenwärtige Situation des Werbefilms unter dem Einfluss des Privatfernsehens.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Rhetorik, Werbefilm, Persuasion, visuelle Kommunikation, visuelle Rhetorik und Kommunikationsstrategien. Sie analysiert den Zusammenhang zwischen klassischer Rhetorik und modernen Werbeformen, insbesondere im Medium des Films, und untersucht die Rolle der visuellen Elemente in der Kommunikation und Überzeugung.
- Citar trabajo
- Lampros Tsikopoulos (Autor), 2000, Rhetorik der Werbung in Film und Fernsehen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37278