Nachträglicher Investitionsabzugsbetrag zum Ausgleich von Gewinnerhöhungen nach § 7g EStG. Analyse, Auswirkungen und Fallgestaltung der Urteile


Projektarbeit, 2017

37 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Allgemeines zu Investitionsabzugsbeträgen
2.1 Rechtsentwicklung und Zielsetzung von Investitionsabzugsbeträgen
2.2 Voraussetzungen für die Bildung von Investitionsabzugsbeträgen

3 Verfahren bei Investitionsabzugsbeträgen
3.1 Bildung eines Investitionsabzugsbetrags
3.2 Durchführung dergeplanten Investition
3.2.1 Hinzurechnung
3.2.2 Minderung derAnschaffungs- oder Herstellungskosten
3.2.3 Sonderabschreibung
3.3 Rückgängigmachung
3.3.1 Korrekturen bei unterlassener Investition
3.3.2 Korrekturen bei schädlicherVerwendung

4 Nachträglicher Investitionsabzugsbetrag zum Ausgleich von Gewinnerhöhungen
4.1 Urteile
4.2 Auswirkungen der Urteile
4.3 Fallgestaltung zum Ausgleich von Gewinnerhöhungen

5 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Rechtsprechungsverzeichnis

Verzeichnis derVerwaltungsanweisungen

Rechtsquellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Erfassungsmaske des IA in Datev ESt 2016

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Möglichkeiten bei der Sonderabschreibung

Tabelle 2: Überblick über den § 7g EStG in der Fassung StÄndG 2015

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Das deutsche Einkommensteuerrecht unterliegt einem ständigen Wandel. Der § 7g EStG ist hierfür ein Paradebeispiel. Eine Regelung, die in den letzten Jahren ein­schneidende Veränderungen erfahren hat. Die zahlreichen Urteile in den vergange­nen Monaten und Jahren zeigen die Komplexität des § 7g EStG auf. Investitionsab­zugsbeträge und Sonderabschreibungen nach § 7g EStG stellen neben der Bildung einer Rücklage gemäß § 6b EStG eine der wenigen Förderungen für kleine und mittlere Unternehmen im deutschen Steuerrecht dar. Die Förderung wird durch die Minderung des Betriebsgewinns erreicht. Begünstigte dürfen für künftige Anschaf- fungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts einen Investitionsabzugsbe­trag von bis zu 40% bilden und dadurch ihren Betriebsgewinn mindern. Für Steuer­pflichtige führt das zu einer geringeren Steuerbelastung.[1] Die Förderung durch In­vestitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen war bis zum 31.12.2015 deut­lich erschwert. [2] Das StÄndG 2015 hat die Vorschrift zum Investitionsabzugsbetrag vereinfacht.[3] Die Investitionen sind seitdem flexibler steuerbegünstigt.[4]

Der Anlass dieser Projektarbeit ist das BFH-Urteil vom 23.03.2016 und vom 28.04.2016, wonach ein nachträglicher Investitionsabzug zum Ausgleich von Ge­winnerhöhungen zulässig ist.[5] Diese Möglichkeit hat sich vor den veröffentlichten Urteilen nicht ergeben. Solche Gewinnerhöhungen können durch Betriebsprüfun­gen entstehen. Die Relevanz der Urteile ist aufgrund der möglichen Steuerersparnis in der Praxis enorm. Welche Auswirkungen ergeben sich durch die Maßnahmen zum Ausgleich von Mehrergebnissen aus Betriebsprüfungen? In was für einem Zu­sammenhang steht hier das StÄndG 2015? Sind durch die Urteile nun Anreize für eine missbräuchliche Inanspruchnahme gegeben? Kann das BMF durch überarbei­tete Verwaltungsanweisungen für eine Rechtssicherheit sorgen?

Zur Beantwortung dieser Fragen werden zunächst die Rechtsentwicklung, die Ziel­setzung und die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Investitionsab­zugsbetrags dargestellt. Anschließend wird das Verfahren sowie die Vorgehens­weise des § 7g EStG erläutert. Dadurch werden Grundlagen geschaffen, um dem Leser einen besseren Einstieg in die Urteile zu ermöglichen. Die alte Fassung des § 7g EStG wird nur am Rande angesprochen. Auf Personengesellschaften wird in dieser Projektarbeit nicht eingegangen. Das Ziel dieser Projektarbeit ist es, die BFH- Urteile zu analysieren und die Auswirkungen zu schildern. Hierzu werden diverse Meinungen von Fachautoren zu den Urteilen eingeholt und gegenübergestellt. Die Auswirkungen der Urteile können durch die vorhergehende Analyse der Urteile am effektivsten aufgezeigt werden. Die Fallgestaltung zum Ausgleich von Gewinnerhö­hungen soll die Auswirkungen der Urteile mit Zahlen untermauern. Im letzten Teil werden die festgestellten Aspekte unter Berücksichtigung der Zielsetzung dieser Arbeit zusammengefasst.

2 Allgemeines zu Investitionsabzugsbeträgen

2.1 Rechtsentwicklung und Zielsetzung von Investitionsabzugsbeträgen

Im Jahr 1984 wurde § 7g in das Einkommensteuergesetz eingefügt und seitdem mehrfach geändert. Das Ziel der Regelung war es, die Investitionsbereitschaft der Wirtschaft zu fördern sowie positive Impulse für einen weiteren Aufschwung zu ge­ben.[6] Der Vorgänger des Investitionsabzugsbetrags war die Ansparabschreibung. Der Investitionsabzugsbetrag sollte nach dem Wegfall der degressiven Abschrei­bung die frühere Ansparabschreibung ersetzen.[7] Erst durch das UntStRefG 2008 wurde die Ansparabschreibung mit zahlreichen Änderungen zum Investitionsab­zugsbetrag umgestaltet.[8] Die Zielsetzung der Reform war die langfristige Sicherung der Besteuerungsgrundlagen.[9] In der Ansparphase ist seitdem keine bilanzielle Rücklagenbildung mehr möglich. Stattdessen ist nun ein gewinnmindernder außer­bilanzieller Abzug vorzunehmen.[10] Bei nicht erfolgter Investition ist nun eine rück­wirkende Änderung des Steuerbescheids nach § 175 AO vorzunehmen. Dadurch können gemäß § 233a AO Nachzahlungszinsen entstehen. In der alten Fassung des § 7g EStG war ein gewinnerhöhender Zuschlag in Höhe von 6% der Ansparab­schreibung zu versteuern.[11] Das UntStRefG 2008 brachte sowohl Erleichterungen als auch Beschränkungen mit sich. Zu den Erleichterungen zählt die Anschaffung eines gebrauchten Wirtschaftsguts und die Erhöhung des Höchstbetrags der Inan­spruchnahme von 154.000 Euro auf 200.000 Euro.[12] Lediglich Existenzgründer hat­ten mit der alten Regelung mehr Spielraum, da der Höchstbetrag für diese bei 307.0 Euro lag.[13] Eine Beschränkung stellt der Nachweis hinsichtlich der Prog­nose einer betrieblichen Nutzung des Wirtschaftsguts zu mindestens 90% dar.[14] Dies führt gegenüber der Ansparabschreibung vor allem bei der Anschaffung be­trieblicher Kraftfahrzeuge zu einem Problem, die zu mehr als 10% privat genutzt werden.[15] Den Steuerpflichtigen ist es daher zu empfehlen, ein Fahrtenbuch zu füh­ren.[16] Der Investitionsabzugsbetrag gilt nach § 52 Abs. 23 S. 1 EStG für Wirtschafts­jahre, die nach dem 17.08.2007 enden.[17]

Deutliche Vereinfachungen brachte nach § 52 Abs. 16 S. 1 EStG das StÄndG 2015 mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2015 enden. Nun muss weder eine Investitionsabsicht angeben werden noch muss das begünstigte Wirtschaftsgut bei der Erstellung der Steuererklärung eine Funktionsbezeichnung haben. Dafür ist eine elektronische Übermittlung des Investitionsabzugsbetrags nötig.[18] Der Ge­danke hinter dem StÄndgG 2015 stellt der Ausbau der strengen Wirtschaftsbezo- genheit dar, womit die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags in der Pra­xis vereinfacht wird.[19] Daher war es ratsam, einen Investitionsabzugsbetrag nicht schon im Jahr 2015, sondern erst ab 2016 geltend zu machen.[20] Aus der Sicht der Finanzverwaltung führt die Reform zu einer geringeren Transparenz, da es für den Steuerpflichtigen nun ausreicht eine Funktion zu benennen und nicht das bewegli­che Wirtschaftsgut an sich. Mit den BFH-Urteilen vom 23.03.2016 und vom 28.04.2016 wurde entschieden, dass die nachträgliche Bildung von einem Investiti­onsabzugsbetrag noch möglich ist, wenn dieser zur Kompensation von Steuernach­zahlungen aufgrund einerAußenprüfung erfolgt.[21] In Kapitel vier wird zu diesen Ur­teilen näher eingegangen und der Themenschwerpunkt gesetzt.

Die Zielsetzung des § 7g EStG ist die Verbesserung der Wettbewerbssituation von kleinen und mittleren Betriebe. Das soll durch die Unterstützung der Liquidität und der Eigenkapitalbildung sowie durch die Stärkung der Investirons- und Innovations­kraft erfolgen.[22] Die Förderung wird durch die Ansparphase und durch die Vorverla­gerung von Abschreibungen erreicht.[23] Steuerpflichtige können für künftige Investi­tionen von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens steu­errechtlich bereits im Voraus einen Investitionsabzugsbetrag von bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten berücksichtigen.[24] Der bi­lanzsteuerrechtliche Grundsatz wird nicht mehr eingehalten, wonach nur die bereits am Bilanzstichtag wirtschaftlich verursachten Geschäftsvorfälle berücksichtigt wer­den. Durch den außerbilanziellen Ansatz bedarf es keiner Sonderregelung für den Einnahmeüberschussrechner gemäß § 4 Abs. 3 EStG mehr.[25] Durch eine ge­schickte Bildung eines Investitionsabzugsbetrags kann aufgrund der Steuerprogres­sion in der Einkommensteuer ein Steuervorteil entstehen.[26] Durch den Steuerstun­dungseffekt wird ein Liquiditätsvorteil erzielt.[27] Die frei gewordenen Mittel können sinnvoll am Kapitalmarkt angelegt, in neue Projekte sowie Anlagegüter investiert oder zur Tilgung eines Kredits verwendet werden.[28]

2.2 Voraussetzungen für die Bildung von Investitionsabzugsbeträgen

Für die Bildung von Investitionsabzugsbeträgen sind einige Voraussetzungen zu erfüllen. Nach § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG sind nur abnutzbare bewegliche Wirtschafts­güter des Anlagevermögens berücksichtigungsfähig.[29] Ein Wirtschaftsgut ist dann abnutzbar, wenn durch Abnutzung ein Verbrauch oder Gebrauch feststellbar ist.[30] Bewegliche Wirtschaftsgüter schließen insbesondere Grundstücke, Gebäude und gebäudeähnliche Einrichtungen aus. Diese stellen gemäß § 90 BGB nur körperliche Gegenstände dar.[31] Immaterielle Wirtschaftsgüter, wie beispielsweise eine Soft- ware, gehören grundsätzlich nicht zu den begünstigten Wirtschaftsgütern. Wirt­schaftsgüter des Anlagevermögens sind alle Wirtschaftsgüter, die dazu bestimmt sind, dem Betrieb dauernd zu dienen.[32] Es ist dabei gleichgültig, ob es sich um ein gebrauchtes oder ein neues Wirtschaftsgut handelt.[33] Zudem müssen die Wirt­schaftsgüter bis zum Ende des Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung des folgenden Wirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs zu mindestens 90% betrieblich genutzt werden.[34]

Ferner müssen Betriebsgrößenmerkmale nach § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG ein­gehalten werden, da der Investitionsabzugsbetrag ausschließlich zur Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen dienen soll.[35] Gemäß § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a EStG darf bei Einkünften aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit, wonach eine Bilanz nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG zu erstellen ist, das Betriebsver­mögen einen Betrag von 235.000 Euro nicht übersteigen.[36] Das Betriebsvermögen wird durch einen Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Hierbei wird der steuerliche Gewinn eines Unternehmens durch den Unterschiedsbetrag zwischen dem Be­triebsvermögen am Ende des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Ende des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, erhöht um den Wert der Entnahmen und verringert um den Wert der Einlagen ermittelt. Das Betriebsvermögen entspricht dem Eigenkapital. Das Eigenkapital wird ermittelt, indem man das Fremdkapital vom Vermögen abzieht. Gemäß § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1b EStG darf bei Land- und Forstwirtschaftsbetrieben der Wirtschaftswert nicht höher als 125.000 Euro sein.[37] Nach § 33 BewG gehören Zahlungsmittel, Geldforderungen, Wertpapiere sowie Überbestände an umlaufenden Betriebsmitteln nicht zum Wirtschaftswert.[38] Bei Be­trieben, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch die Einnahmeüberschuss­rechnung ermitteln, darf der Gewinn vor Abzug des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 Satz 2Nr.1c EStG nicht höher als 100.000 Euro sein.[39]

Investitionsabzugsbeträge dürfen grundsätzlich nur bei Betrieben in Anspruch ge­nommen werden, die aktiv am wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen und eine in die­sem Sinne werbende Tätigkeit ausüben.[40] Für jeden Betrieb eines Unternehmers sind die Größenmerkmale einzeln zu prüfen. Ein Unternehmer kann den Höchstbe­trag eines Investitionsabzugsbetrags fürjeden Betrieb einzeln ausschöpfen, da der § 7g EStG nach seinem eindeutigen Wortlaut betriebsbezogen zu verstehen ist.[41] Diese Regelung provoziert laut Brandis die Empfehlung zur Gründung mehrerer Be­triebe.[42] Anzumerken ist, dass die Gründung eines Betriebs in der Regel nicht vom Investitionsabzugsbetrag beeinflusst wird. Die These von Brandis ist in der Praxis selten zu beobachten.

Nach § 7g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind die Summen der Abzugsbeträge, sowie die hinzugerechneten und rückgängig gemachten Beträge, nach amtlich vorge­schriebenen Datensätzen durch eine Datenfernübertragung an das Finanzamt zu übermitteln.[43] Die Zielsetzung besteht in der tatsächlichen Überprüfung der in An­spruch genommenen Investitionsabzugsbeträge durch die Finanzverwaltung.[44] Eine Übermittlung per E-Bilanz ist zu empfehlen, obwohl keine gesetzliche Angabe hin­sichtlich des Übertragungsweges und dem Zeitpunkt vorhanden ist.[45] Auf eine elekt­ronische Übermittlung kann seitens des Finanzamts verzichtet werden, falls ent­sprechende Angaben aus der Steuererklärung durch die manuelle Übermittlung er­kenntlich sind.[46] Bilanzierende Steuerpflichtige sind nach § 5b EStG ohnehin ver­pflichtet, die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung elektronisch an das Fi­nanzamt zu übermitteln.[47] Die elektronische Übermittlung gilt auch für die Einnah­menüberschussrechnung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 EStDV. Den Steuerpflichtigen ist es deshalb zu empfehlen, die entsprechenden Angaben mit zu übermitteln.[48]

3 Verfahren bei Investitionsabzugsbeträgen

3.1 Bildung eines Investitionsabzugsbetrags

Der Steuerpflichtige darf gemäß § 7g Abs. 1 Satz 1 EStG für künftige Anschaffungs­oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts einen Investitionsabzugsbetrag von bis zu 40% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten geltend machen.[49] Die bereits genannten Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Der Höchst­betrag des Abzugsbetrags ist nach § 7g Abs. 1 Satz 4 EStG auf einen Betrag von 200.0 Euro beschränkt. Geltend gemachte Investitionsabzugsbeträge der drei vorhergehenden Wirtschaftsjahre sind im Höchstbetrag von 200.000 Euro ebenfalls zu berücksichtigen.[50] Hierdurch ist es einem Betrieb innerhalb von drei Jahren ge­stattet, ein Wirtschaftsgut mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von bis zu 500.000 Euro geltend zu machen. Folglich wäre eine außerbilanzielle Gewinn­minderung von 200.000 Euro möglich. Gemäß § 7g Abs. 1 Satz 3 EStG besteht die Möglichkeit, dass sich durch die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags ein Verlust ergibt oder der bestehende Verlust erhöht wird.[51] Durch Verlustvorträge und Verlustrückträge und der damit verbundenen Steuerprogression lassen sich er­hebliche Steuereinsparungen erzielen.[52] Laut Lambrecht sollen zeitweilig entstan­dene Verluste die Mittelstandsförderung nicht behindern.[53]

Nach der Auffassung von Brandis ermöglicht das Wahlrecht bei der Bildung eines Investitionsabzugsbetrags zwischen einem Euro und der Höchstgrenze einen steu­ertaktischen Spielraum.[54] Diesen Spielraum sollte der Begünstigte ausnutzen. Dadurch entsteht in Abhängigkeit von der Höhe des Steuersatzes eine Ersparnis in der Ertragsteuer. Die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags wirkt in dem Zeitraum zwischen Abzug und Hinzurechnung wie eine Steuerstundung, weil das Abschreibungsvolumen vorgezogen wird.[55] Die Gewinnminderung erfolgt außerhalb der Bilanz.[56] Ab 2016 ist das Investitionsobjekt weder seiner Funktion nach zu be­nennen noch sind voraussichtliche Stückzahlen oder die Anschaffungs- oder Her­stellungskosten anzugeben.[57]

Beispiel 1: Unternehmer U will im Jahr 2018 diverse Wirtschaftsgüter anschaffen. Er plant mit voraussichtlichen Anschaffungskosten von 150.000 Euro. Unternehmer U darf bereits in der Steuererklärung 2016 einen Investitionsabzugsbetrag von ma­ximal 40% in Anspruch nehmen. U dürfte 60.000 Euro gewinnmindernd berücksich­tigen. Bei einem angenommenen Steuersatz von 30% würde die Steuerersparnis 18.0 Euro (30% von 60.000 Euro) betragen.

Abwandlung zu Beispiel 1: Unternehmer U hatte bereits in den Jahren 2013, 2014 und 2015 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von jeweils 50.000 Euro geltend gemacht. Der Höchstbetrag für den Investitionsabzugsbetrag beträgt 200.000 Euro. Vom Jahr 2013 bis 2015 wurden bereits Abzugsbeträge von insgesamt 150.000 Euro in Anspruch genommen. Unternehmer U dürfte in 2016 anstatt 60.000 Euro lediglich 50.000 Euro geltend machen. Bei einem angenommenen Steuersatz von 30% würde die Steuerersparnis nur noch 15.000 Euro (30% von 50.000 Euro) be­tragen.

Abbildung 1: Erfassungsmaske des IA in DatevESt 2016

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Datev, ESt2016 classicV.20.06, Anlage Investitionsabzugsbeträge.

3.2 Durchführung dergeplanten Investition 3.2.1 Hinzurechnung

Bei einer planmäßigen Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts ist der geltend gemachte Investitionsabzugsbetrag dem Gewinn außerhalb der Bilanz im Jahr des Abzugs wieder hinzuzurechnen.58 Die Hinzurechnung darf nicht höher als der tatsächlich in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag sein.59 Durch das StÄndG 2015 hat der Steuerpflichtige weitere Möglichkeiten bei der Hinzurechnung und der Herabsetzung. Nun besteht ein Wahlrecht, ob und in welcher Höhe der Steuerpflichtige diese vornehmen möchte.60 Die Entscheidung über die Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechtes kann noch solange geändert werden, bis der Steu­erbescheid formell und materiell bestandskräftig wird.61

Fortführung Beispiel 1: Die Anschaffungskosten der diversen Wirtschaftsgüter be­trägt im Jahr 2018 tatsächlich 200.000 Euro. Grundsätzlich würde die außerbilanzi­elle Gewinnhinzurechnung 80.000 Euro (40% von 200.000 Euro) betragen. Der im Jahr 2016 in Anspruch genommene Investitionsabzugsbetrag beträgt jedoch nur 60.0 Euro. Die Gewinnhinzurechnung wird deshalb auf60.000 Euro begrenzt.

Angenommen die Anschaffungskosten der diversen Wirtschaftsgüter beträgt im Jahr 2018 tatsächlich 100.000 Euro. Dann würde die Gewinnhinzurechnung sich nach den tatsächlichen Anschaffungskosten richten und 40.000 Euro (40% von 100.0 Euro) betragen. Nach § 7g Abs. 3 EStG müsste wiederum spätestens bei Ablauf von drei Jahren nach Berücksichtigung des Investitionsabzugsbetrags eine Korrektur in Höhe von 20.000 Euro (60.000 Euro - 40.000 Euro) vorgenommen werden. Bei einem Steuersatz von 30% beträgt die Steuernachzahlung für 2016 6.0 Euro. Eine Verzinsung gemäß § 233a AO von 0,5% pro vollen Monat ist die Folge.62 Eine rückwirkende Verzinsung für ab 2013 gebildete Investitionsabzugsbe­träge ist durch das am 30.06.2013 in Kraft getretene AmtshilfreRLUmsG nicht mehr vermeidbar.63 Der Zinslauf beginnt für 2016 am 01.04.2018. Falls der Steuerpflich­tige am 20.10.2019 einen um 20.000 Euro korrigierten Steuerbescheid erhält, sind für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis zum 30.09.2019 Zinsen in Höhe von 9% auf die Steuernachforderung zu bezahlen.

[...]


[1] Vgl. Krudewig (2014), S. 7.

[2] Vgl. Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 1.

[3] Vgl. BT-Drucksache 18/4902, S. 1-8; Reddig (2015), S. 3581.

[4] Vgl. Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 1; Steueränderungsgesetz 2015 vom 02.11.2015, BGBl. 2015 I, S. 1834; BT-Drucksache 18/6094, S. 10-14; BR-Drucksache 418/15 (Beschluss), S. 3-5.

[5] Vgl. BFH-Urteil vom 23.03.2016, IV R 9/14, BStBl. II 2017, S. 295; BFH-Urteil vom 28.04.2016, I R 31/15, BStBl. II 2017, S. 306.

[6] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz.11; Kratzsch (2016), § 7g EStG, Rz. 7.

[7] Vgl. Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rn. 5.

[8] Vgl. Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 1; Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rn. 5.

[9] Vgl. BT-Drucksache 16/4841, S. 29.

[10] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 2; Hennrichs (2015), § 9 Bilanzsteuerrecht, Rz. 337.

[11] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 2; Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rn. 7.

[12] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 3; Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 4.

[13] Vgl. Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 2.

[14] Vgl. BMF-Schreiben vom 20.03.2017, IV C 6 - S2139-b/0710002-02, BStBl. I 2017, S. 423.

[15] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 41; Pfirmann (2017), §7g EStG, Rz. 10.

[16] Vgl. Handzik (2016), § 7g EStG, Rz. 115; Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 10.

[17] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 5; Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rz. 5.

[18] Vgl. Strahl (2015), S. 94.

[19] Vgl. BMF-Schreiben vom 20.11.2013, IV C 6 - S. 2139 - b/07/10002, BStBl. I 2013, S. 1493; Brandis (2017), § 7g EStG, Rz. 40.

[20] Vgl. Strahl (2017), S. 76; Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 1.

[21] Vgl. BFH-Urteil vom 23.03.2016, IV R 9/14, BStBl. II 2017, S. 295; BFH-Urteil vom 28.04.2016, I R 31/15, BStBl. II 2017, S. 306.

[22] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 1; Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rz. 1; BT-Drucksache 16/4841, S. 51; BT-Drucksache 18/4902, S. 42.

[23] Vgl. Brandis (2017), §7g EStG, Rn. 35; Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 1; BT-Drucksache 16/4841, S. 51; BFH-Urteil vom 20.06.2012, XR 42/11, BStBl. II 2013, S. 719.

[24] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn 60; Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 1.

[25] Vgl. Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 3.

[26] Vgl. Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rz. 1.

[27] Vgl. Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 37; Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 3.

[28] Vgl. Reddig (2016), S. 2625.

[29] Vgl. Brandis (2017), §7g EStG, Rn. 40.

[30] Vgl. Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 9.

[31] Vgl. Pfirmann (2017), § 7g EStG, Rz. 44; Kratzsch (2016), § 7g EStG, Rz. 22.

[32] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 19; Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 8-9; Kratzsch (2016), § 7g EStG, Rz. 21.

[33] Vgl. Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 41; BMF-Schreiben vom 20.03.2017, IV C 6 - S 2139 - b/0710002-02, BStBl. I 2017, S. 423.

[34] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 41; BMF-Schreiben vom 20.03.2017, IV C 6 - S 2139 - b/0710002-02, BStBl. I 2017, S. 423.

[35] Vgl. Schoor (2016), S. 42; Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rn. 13.

[36] Vgl. Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 15; Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 15.

[37] Vgl. Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 16; Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 15.

[38] Vgl. Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 67-70.

[39] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 31; Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 15.

[40] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 23; Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 51; BMF-Schreiben vom 20.03.2017, IVC 6-S 2139-b/0710002-02, BStBl. I 2017, S. 423.

[41] Vgl. Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 27; Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 50; Kratzsch (2016), § 7g EStG, Rz. 55.

[42] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 58.

[43] Vgl. Schoor (2016), S. 42; BMF-Schreiben vom 20.03.2017, IV C 6 - S 2139-b/0710002-02, BStBl. I 2017, S. 423.

[44] Vgl. Reddig (2015), S. 3575.

[45] Vgl. Strahl (2017), S. 76; Riepolt (2016), S. 65.

[46] Vgl. Happe (2016), S. 332; Grützner (2015), S. 905.

[47] Vgl. Rosarius (2016), § 7g EStG, Rz. 59.

[48] Vgl. BMF-Schreiben vom 16.11.2011, IVA7 - О 2200/09/10009, BStBl. I2011, S. 1063.

[49] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 60; Strahl (2016), S. 19680.

[50] Vgl. Bornhofen (2016), S. 96; Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 24.

[51] Vgl. Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 26; Handzik (2016), § 7g EStG, Rn. 123; Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 25.

[52] Vgl. Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rz. 1.

[53] Vgl. Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rz. 26.

[54] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 60.

[55] Vgl. Rosarius (2016), § 7g EStG, Rz. 74.

[56] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 2; Hennrichs (2015), § 9 Bilanzsteuerrecht, Rz. 337.

[57] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz. 37; Kulosa (2016), § 7g EStG, Rz. 19.

[58] Vgl. BMF-Schreiben vom 08.05.2009, IVC 6 - S2139-b/07/10002, BStBl. I 2009, S. 633.

[59] Vgl. Rick u.a. (2016), S. 549-550.

[60] Vgl. Rosarius (2016), § 7g EStG, Rz. 2; Happe (2016), S. 330.

[61] Vgl. BFH-Urteil vom 09.12.2015, X R 56/13, BStBl. II 2016, S. 967.

[62] Vgl. Brandis (2017), § 7g EStG, Rn. 2; Lambrecht (2015), § 7g EStG, Rn. 7.

[63] Vgl. Grote (2017), § 7g EStG, Rz.11; Pfirrmann (2017), § 7g EStG, Rz. 37.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Nachträglicher Investitionsabzugsbetrag zum Ausgleich von Gewinnerhöhungen nach § 7g EStG. Analyse, Auswirkungen und Fallgestaltung der Urteile
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Villingen-Schwenningen, früher: Berufsakademie Villingen-Schwenningen
Note
3
Autor
Jahr
2017
Seiten
37
Katalognummer
V373702
ISBN (eBook)
9783668511736
ISBN (Buch)
9783668511743
Dateigröße
597 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nachträglicher, investitionsabzugsbetrag, ausgleich, gewinnerhöhungen, estg, analyse, auswirkungen, fallgestaltung, urteile
Arbeit zitieren
Mesut Ortac (Autor:in), 2017, Nachträglicher Investitionsabzugsbetrag zum Ausgleich von Gewinnerhöhungen nach § 7g EStG. Analyse, Auswirkungen und Fallgestaltung der Urteile, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/373702

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