Mozart und die Violine. Musikalische Analyse von Violinkonzert Nr. 3 - KV 216


Bachelorarbeit, 2016

37 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kindheit und Jugend
2.1 Leopold Mozart
2.2 Reisen durch Europa
2.3 Stilisierungzum Wunderkind

3. Mozart und Salzburg

4. Violine und Klavier im Solokonzert

5. Musikalische Analyse von Violinkonzert Nr. 3 - KV 216
5.1 I. Allegro
5.2 II. Adagio
5.3 III. Rondeau

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das musikalische Œuvre Mozarts zeigt, dass die Violine als Konzert- und Soloinstrument keine zentrale Rolle einnimmt.[1] Umso bemerkenswerter ist daher, dass die Bedeutung der konzertanten Violine in der Zeitspanne von 1773 bis 1777 enorm hoch ist.[2] In dieser Periode entstehen wichtige Werke, in denen sich der Stellenwert der Violine für Mozart widerspiegelt. Unter anderem zählen dazu die fünf Violinkonzerte KV 207, KV 211, KV 216, KV 218, KV 219 sowie die Sinfonia concertante für 'Violine und Viola KV 364. Vier der Violinkonzerte entstanden 1775, ein Jahr, in dem sich Mozart inständig mit der Violine, aber auch sehr intensiv mit der Gattungsreihe der Konzerts befasst.[3] Aber Mozart schrieb nicht nur konzertante Stücke für die Violine, sondern auch reichlich Konzerte für andere Instrumente. In diesem Zusammenhang müssen die späteren Klavierkonzerte genannt werden, welche zweifelsfrei die fünf Violinkonzerte in Bedeutung und Quantität übertreffen.[4] [5] [6] Zwar zieht sich die konzertante Violine im Vergleich zum Klavier nicht durch Mozarts ganzes Leben, doch an dieser Stelle muss angemerkt werden, dass er für kein anderes Instrument als die Violine eine Fülle an Stücken der Kammermusik, aber auch Werke aus unterschiedlichen Genres, wie Konzerte, Serenaden, Arien und eine Vielzahl an Kombinationen mit anderen Instrumenten komponierte.56

Von diesen Tatsachen ausgehend, möchte ich in meiner Bachelorarbeit untersuchen, welche Aspekte Mozart hinsichtlich der Violine als Soloinstrument beeinflussten. Ziel soll es sein, die Verwendung des Instruments und dessen Besonderheiten bei den Violinkonzerten herauszustellen. Des Weiteren möchte ich klären, weshalb und für wen Mozart die Violinkonzerte in dieser enorm kurzen Zeitspanne (1773-1775) komponierte. Ein weiterer Aspekt, der hinterfragt werden muss, ist, dass Mozarts Verwendung der Violine als Konzertinstrument von 1777 an abnahm.

Zunächst gilt es jedoch herauszustellen, welche Beziehungen und Umstände ihn im Bezug auf die Geige prägten (Kap. 2). Leopold Mozart als Vater und Lehrer nimmt dabei eine entscheidende Rolle ein,[7] '[8] die es zu erforschen gilt (Kap. 2.1). Zudem arrangiert er zahlreiche Reisen durch Europa, bei denen Mozart bedeutende Komponisten und deren Werke kennenlemt.[9] Daher werde ich der Frage nachgehen, welche Musiker ihn beeinflusst haben und wie er dadurch seine Repertoirekenntnis erweitert haben könnte (Kap. 2.2). Außerdem möchte ich aufzeigen, welche Verbindung Mozart in seiner Kindheit und Jugend zur Violine hatte (Kap. 2.3), um mögliche Gründe dafür zu finden, weshalb er trotz des Vorzugs des Klaviers gegenüber der Geige Violinkonzerte komponierte und weshalb seine Vorliebe zur konzertanten Violine jedoch nach 1777 ein jähes Ende findet.

Im dritten Kapitel werde ich weiterhin anhand seiner Biografie ergründen, in welcher Situation sich Mozart in Salzburg zur Entstehungszeit der Konzerte befand. Dies untersuche ich anhand seiner Arbeitsstelle, möglicher Aufträge, der Beziehung zum Vater und in Bezug aufMozarts Wünsche für die Zukunft (Kap. 3).

Daraufhin folgt in Kapitel 4 ein Vergleich der Ausdrucksweise von Violine und Klavier, denn es zeigt sich, dass Mozarts favorisiertes Soloinstrument das Klavier und nicht die Violine war.[10] In diesem Zusammenhang ziehe ich auch einen Vergleich der Beziehung zwischen dem Solisten und dem Orchester, was für die Wahl des Soloinstruments von Bedeutung ist (Kap. 4).

Daran anschließend führe ich in Kapitel 5 eine musikalische Analyse des Allegro, Adagio und Rondeau des Dritten Violinkonzerts KV 216 durch, um anhand des Konzertes beispielhaft darzulegen, wie Mozart die Violine im Konzert als Soloinstrument einsetzt.

Zuletzt ziehe ich aus den zuvor analysierten Aspekten ein Fazit (Kap. 5).

2. Kindheit und Jugend

Hinsichtlich seiner Karriere als Musiker ist vorwiegend seine Kindheit sehr prägend, da er schon in jungen Jahren als Star vermarktet wird und ihn das Verhältnis zu seinem Vater untrüglich musikalisch beeinflusst.[11] '[12] So stellt sich hier die Aufgabe, allen möglichen Aspekten nachzugehen. Um zu verstehen, wie sich Mozarts Schaffen im Bezug auf die Violine entwickelt, möchte ich im Folgenden erörtern, welche Ereignisse und Umstände aus seiner Kindheit und Jugend Wirkung auf Mozart ausübten. Aus diesem Grund werde ich zum einen untersuchen, wie Leopold Mozart seinen Sohn an das Leben als Musiker heranführt. Gerade weil Mozarts Beziehung zur Geige durch den Vater hergestellt und gefördert wird, ist es eine Beziehung, in der der ästhetische, didaktische und pädagogische Aspekt eine psychologische Bedeutung hat. Zum anderen werde ich eruieren, wie Mozart früh als Star verkauft wird und Konzertreisen unternahm und welchen möglichen Einfluss dies auf die Rolle der Violine in seinem Leben hat.

2,1 Leopold Mozart

Der Ursprung von Mozarts Umgang mit der Violine geht auf die Figur des Vaters zurück.[13] Leopold Mozart war angesehener Violinist und Vizekapellmeister am Hof in Salzburg und damit sowohl mit der Arbeit als Musiker am Hof als auch mit der Musiklandschaft in Salzburg vertraut.[14] Sein wichtigstes Traktat „Versuch einer gründlichen Violinschule“ ist ein Schulwerk, das den Violinunterricht strukturieren sollte und heutzutage sogar als das „bedeutendste Lehrwerk des 18. Jh.“[15] angesehen wird. Darin behandelt er verschiedene Techniken und Ausdrucksformen sowie musikgeschichtliche Erläuterungen.[16] Leopolds didaktischen Erkenntnisse waren „gemäß den Forderungen der Zeit universal“[17]. Diese übermittelt er selbstverständlich seinem Sohn von klein auf.

Heutzutage ist das Werk die wohl informationsreichste Quelle über Mozarts musikalische Ausbildung. Zwar lernt Wolfgang zuerst Klavier spielen, doch ist Leopold offensichtlich wichtig, dass Wolfgang auch das vom Vater favorisierte Instrument, die Violine, beherrscht. In Folge dessen bekommt Wolfgang eine eigene Violine vom Salzburger Geigenbauer Andreas Ferdinand Mayr.[18]

Da Leopold frühzeitig das Talent seines Sohnes erkennt, organisiert er langjährige Reisen mit Auftritten und Konzerten in ganz Europa, um den Adelshöfen seinen Sohn als Wunderkind am Klavier zu präsentieren.[19] Für diese Reisen nimmt sich Leopold ganz der Rolle des Managers an und vernachlässigt seine Arbeitsstelle am Salzburger Hof. Ferner nimmt er Schulden auf sich, da er ohne finanzielle Förderung auskommen möchte.[20] Vermutlich erhofft er sich schon früh, dass sein Sohn bald in der Lage sein würde, die Familie zu ernähren und fördert deshalb seine Bekanntheit durch Konzerte in ganz Europa. Wie erwartet, profiliert sich Mozart sehr schnell und übersteigt die Fähigkeiten seines Vaters.[21] Aufgrund dessen kann die Frage aufkommen, ob Leopold seinen Sohn für seine Veranlagungen an der Violine beneidet und ihn daher in seinen jungen Jahren hauptsächlich am Klavier auftreten lässt. Schließlich ist es hinsichtlich der Persönlichkeit Leopold Mozarts und der Tatsache, dass Mozart seinen Vater von seiner Geburt an Geige spielen gehört haben muss, verwunderlich, dass Mozart anfänglich nur Klavier lernt. Eine eindeutige Antwort auf diese Frage ist heute nicht zu finden, doch ist eine gewisse Missgunst nicht auszuschließen.

Nicht zu verachten ist jedoch, dass Leopold stets mit großem Engagement Wolfgang förderte und dieser ihm daher größtenteils seinen frühen Erfolg verdankt.[22] Trotz dessen haben die beiden ein schwieriges Verhältnis und sind sich in vielen Gesichtspunkten uneinig. Ein strittiger Punkt, der sich durch das ganze Leben Mozarts zieht, ist Salzburg als sein Wohn- und Arbeitsplatz. Mozart ist unzufrieden mit den Konditionen am Hof von Colloredo und den begrenzten Möglichkeiten als Musiker in Salzburg. Er fühlt sich in seiner Heimatstadt Salzburg nicht ausreichend geschätzt und strebt nach mehr Ruhm und Ansehen.[23] Überdies existiert in Salzburg kein entsprechendes Opernhaus, was seine Unzufriedenheit steigert, da er sich danach sehnt, Opern zu komponieren.

Leopolds Einfluss auf Wolfgang ist vor allem musikalisch enorm, was schon bei seinen Erstlingswerken am Klavier deutlich zu erkennen ist.[24] Von klein auf fördert er seinen Sohn, fordert von ihm aber auch schon in jungen Jahren eine gewisse Professionalität und Reife. Folglich genießt Wolfgang durch seinen Vater „eine zielgerichtete künstlerische und intellektuelle Erziehung auf hohem Niveau“[25]. Nach der Entstehung der Violinkonzerte, als Wolfgang von der Parisreise nach Salzburg zurückkehrt, widersetzt er sich Leopolds Wünschen und Vorstellungen. Die musikalischen Methoden seines Vaters scheint Mozart nun abzulehnen, da sich seine Musik dem modernen Sturm und Drang-Stil Schoberts annähert.[26] Ab diesem Zeitpunkt verzichtet er auf die zuvor regelmäßig gespielte Violine, was symbolisch ein wichtiger Aspekt ist. Dadurch lässt sich konstatieren, dass er sich weiterentwickelt und von der Vaterfigur loslöst. Von diesem Zeitpunkt an entscheidet sich Mozart bewusst gegen die Violine und so verschlechtert sich auch das Verhältnis von Vater und Sohn.[27]

2,2 Reisen durch Europa

Bereits im Alter von sechs Jahren veranlasst Leopold die erste Konzertreise Mozarts, bei der alle Familienmitglieder beteiligt sind.[28] '[29] Bis zur Entstehung der Violinkonzerte, Mozart ist damals 19, bereisen sie wichtige Metropolen in ganz Europa. Wie bereits erwähnt, ist Leopold dabei die treibende Kraft. Die Konzerttouren nehmen einen wichtigen Platz in Mozarts Kindheit beziehungsweise Jugend ein, denn zwischen 1762 und 1779 brechen sie insgesamt zu zehn Reisen auf, wo er vor allem als Pianist, aber auch als Komponist große Erfolge feiert.[30] Das heißt, dass Mozart im Alter von sechs

Jahren seine erste Reise antritt, die letztlich drei Jahre andauert, in denen er Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien, England, Holland und die Schweiz bereist. Folglich lernt er schon sehr früh verschiedene Kulturen, Traditionen, Höfe und Musik aus anderen Ländern kennen.

Im Bezug auf die Violine und die Violinkonzerte sind vor allem Italien, Frankreich und England Länder, wo Mozart bleibende Eindrücke und neue Erkenntnisse gewinnt. In Paris stößt er unter anderem auf eine neuartige, noch Undefinierte Gattung: die Sonate mit einem Tasteninstrument, das von einer Violine begleitet wird („avec accompagnement d’un violon“ oder auch „d’un violon ad libitum“).[31] In London begegnet er unter anderem Johann Christian Bach; Mozart schrieb dazu später: „...ich liebe ihn (wie sie wohl wissen) von ganzem herzen - und habe hochachtung vor ihm..“[32]. Daraus ergibt sich, dass er den Sohn Johann Sebastian Bachs zutiefst bewunderte und - noch wichtiger - daher vermutlich mit dessen Werken vertraut war, wozu unter anderem seine Violinkonzerte zählen. Mahling nennt als weiteren einflussreichen Musiker Josef Mysliveček, der um 1770, also nur drei Jahre vor der Entstehung des ersten Violinkonzerts, mehrere Violinkonzerte komponierte, die im direkten Vergleich mit Mozarts Violinkonzerten einige Übereinstimmungen aufweisen.[33] Es ist durchaus davon auszugehen, dass Mozart mindestens eines von Myslivečeks Konzerten für Solovioline kannte, da sowohl in Bologna (1770) als auch in Mailand (1771) ein Zusammentreffen und Austausch der beiden Musiker stattfindet.[34] Laut Mahling ist Mysliveček sogar als „Schlüsselfigur“[35] Mozarts anzusehen.

Ein weiterer bedeutender Komponist für Mozart ist der italienische Violinist Pietro Nardini, den Mozart zunächst in Augsburg (1763), später in Florenz (1770) spielen hört.[36] [37] Es ist offensichtlich, dass für einen siebenjährigen Musiker die Begegnung mit einem Geigenvirtuosen von großer Bedeutung sein muss. Doch inwieweit Nardini ihn hinsichtlich der Violinkonzerte beeinflusst, ist nicht zweifelsfrei zu klären. Weitere Impressionen eines hervorragenden Geigenspielers kann Mozart auch 1770 beim gleichaltrigen Tommaso Linley, einem Schüler Nardinis, erhalten, mit dem er sich anfreundet.[38]

Joseph Haydn zählte auch zu den Freunden Mozarts, jedoch entwickelt sich diese Freundschaft erst einige Jahre nach Entstehung der Violinkonzerte, als Mozart sich in Wien niederlässt (1781). Es ist aber nicht außer Acht zu lassen, dass zumindest Michael Haydn ein Freund der Familie war, daher könnte Mozart möglicherweise Kenntnisse über Joseph Haydns Violinkonzerten gehabt haben.[39]

Die Reisen durch Europa hatten zur Folge, dass sich Mozarts Kompositionen aus anderen musikalischen Einflüssen als denen des Vaters speisen. Er lernt zahlreiche und vielseitige Komponisten kennen, dessen Werke ihn hinsichtlich der Violine beeinflusst haben müssen. Jedoch ist es schwierig, genau zu sagen, welche Musikstücke dazu zu zählen sind und welche nicht.

Abschließend ist festzustellen, dass besonders die Reisen in den 1770er Jahren nach Italien, Paris und Mannheim entscheidend für seine Ausbildung sind und Mozart dabei wichtige Eindrücke sammeln kann. Er lernt Geigenvirtuosen und große Komponisten kennen, die sich zu dieser Zeit auch mit dem Violinkonzert befassen. Nachdem er vier Jahre lang am Salzburger Hof angestellt ist und dort alle Violinkonzerte komponiert, fasst er den Entschluss, Salzburg wieder zu verlassen. Er begibt sich erneut auf die Reise nach Paris, die als entscheidender Wendepunkt in der Beziehung zu Leopold gesehen werden kann, denn nun reist er erstmals ohne seinen Vater und wendet sich, wie oben festgestellt, immer mehr von der Violine ab. Auf dieser Reise von Salzburg über Mannheim nach Paris verfasst er auch mehrere Klavierkonzerte {KV 309, KV 310, KV 311, KV 330, KV 331, KV 332 und KV 333). Diese Wendung hat zur Konsequenz, dass Mozart keine weiteren Violinkonzerte mehr komponieren wird.[40]

2,3 Stilisierung zum Wunderkind

Bei seinen Reisen durch Europa wird Mozart, aber auch seine Schwester Nannerl, als Wunderkind vermarktet. Bei seinen frühen Auftritten spielt Mozart vorwiegend am Klavier, erst später tritt er auch zunehmend als Violinist in der Öffentlichkeit auf.[41] Obwohl anzunehmen ist, dass Leopold sehr häufig Violine spielte, fanden Mozarts ersten musikalischen Versuche nicht an der Geige, sondern am Klavier statt. Ihm standen hierfür verschiedene klavierähnliche Tasteninstrumente in seinem Wohnhaus in Salzburg zur Verfügung.[42]

Mozarts Instrument steht von Anfang an fest; Leopold schreibt: „Er empfehlet sich vom Klavier aus“[43], was heißt, dass Mozarts erstes Instrument, von dem alles andere ausgehen sollte, das Klavier ist. Aufgrund dessen mag seine Ausführung an Tasteninstrumenten präziser als an der Violine sein. Das Klavier eignet sich hervorragend, um am Hof ein Stück zu inszenieren, da die Fürstenhäuser zu Mozarts Zeit im Besitz von mehreren und verschiedenartigen Tasteninstrumenten sind.[44] Der Adel ist erpicht auf Unterhaltung und Sensation, was der kleine Mozart mit seinem Talent und seinem außergewöhnlichen Charakter durchaus erfüllen kann. Leopold vermarktet seinen Sohn und bietet den Zuschauern spannende Aufführungen, zum Beispiel, indem er Mozart beim Klavierspiel die Augen verbindet.[45] Anfangs vergnügten sich die Mozartkinder bei den Reisen, bei denen sie an fürstlichen Höfen als Musiker gastieren. „Die Kinder sind lustig, und überall so, als wären sie zu Hause. Der Bub ist mit allen Leute, sonderheits mit den Offizieren so vertraulich, als wenn er sie schon seine Lebenszeit hindurch gekannt hätte“.[46] Aber da er ständig unterwegs ist, gibt es für Mozart keine Trennung zwischen der Öffentlichkeit und dem Privatleben, folglich bleibt für scheinbar banale Aktivitäten, die indes für die Entwicklung eines Kindes so wichtig sind, keine Zeit. Der Umgang mit gleichaltrigen Kindern bleibt aus, der einzige Kontakt besteht zu seiner Schwester Nannerl, wodurch eine normale Entwicklung und Weiterbildung auch in sozialer Hinsicht schwierig scheint.[47] Auch Leopolds Briefe zeigen die ungewöhnlichen Strapazen, denen sich Mozart unterziehen muss. Er erwähnt des Öfteren, dass seine Kinder stets „zur Arbeit gewohnt“[48] sind. Es ist evident, dass die Kinder nicht die Schule besuchen können, dennoch werden sie unter anderem in Sprachen, Literatur und Geschichte von ihrem Vater unterrichtet. Mozart leidet unter diesen außergewöhnlichen Lebensumständen; er vermisst seine Freunde in Salzburg.[49] Sein Vater ist sehr streng und duldet sein kindisches Verhalten nicht, denn schon in jungen Jahren ist Wolfgang starrköpfig, frech und launisch, was natürlich Ausdruck der Rebellion gegen den Vater ist. Es lässt sich vermuten, dass sich Mozarts Charakter durch die strapaziöse Erziehung nicht vollkommen ausbilden kann und er sich so fortwährend kindisch verhält. Sogar Nannerl erwähnt dies im erwachsenen Alter: „ausser der Musick war und blieb er fast immer ein Kind; und dies ist ein Hauptzug seines Charakters auf der schattigten Seite; immer hätte er eines Vatters, einer Mutter, oder sonst eines Aufsehers bedarfen; er konnte das Geld nicht regieren...“[50]. Doch Folgen der Belastung äußern sich nicht nur finanziell, sondern auch körperlich. Er leidet mehrmals unter bedrohlichen Erkrankungen, was zeigt, dass die Kinder nahezu unerträgliche Anstrengungen bewältigen müssen.[51] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Mozart von Beginn seiner Wunderkindkarriere an als Klavierspieler vorgestellt wird und daher das Klavier zumindest anfangs eine bedeutendere Rolle für ihn gespielt haben muss als die Geige. Im weiteren Verlauf seines Lebens erkennt Mozart, dass ihm seine Heimat Salzburg im Vergleich zu den in seiner Kindheit bereisten großen Musikzentren Europas nur wenig musikalische Aufstiegs- und Praktiziermöglichkeiten bietet und verlässt daher die Stadt.

Außerdem zieht die frühe Vermarktung mit sich, dass er als erwachsener Musiker zunächst tiefe Enttäuschung erleiden muss, da seine Anhänger ihn nun nicht mehr als Wunder betrachten und er daher weitaus weniger Anerkennung erfährt. Dadurch wird er der Illusion beraubt, dass ihm unerschöpflich Bewunderung entgegen gebracht wird.

[...]


[1] Vgl. Schlosser: WolfgangAmadeusMozart: Eine begründete und ausführliche Biographie desselben,

S. 69-74.

[2] Vgl. Küster '.Mozart: Eine musikalische Biographie, S. 43.

[3] Vgl. Hunkemöller: W.A.Mozarts Frühe Sonatenfür Violine und Klavier, S. 9ff.

[4] Vgl. M. Flothuis:Mozarts Klavierkonzerte. Ein musikalischer Werkführer, S.9f.

[5] Vgl. Drescher, Gätjen, Rönez, Mazurowicz, Jewanski: Art. „Violine“, in: MGG, Sachteil, Bd. 9, Sp.1658.

[6] Vgl. Schlosser: WolfgangAmadeusMozart, S. 69-74.

[7] Vgl. Flothuis: MozartsKlavierkonzerte. Ein musikalischer Werkführer, S.20.

[8] Vgl. Hunkemöller: W.A.Mozarts Frühe Sonatenfür Violine und Klavier, S. 59.

[9] Vgl.ebd.,S.61f.

[10] Vgl. Flothuis: MozartsKlavierkonzerte. Ein musikalischer Werkführer, S.9ff.

[11] Vgl. Hunkemöller: WA.Mozarts Frühe Sonatenfür 'Violine und Klavier, S. 59.

[12] Vgl. Flothuis: MozartsKlavierkonzerte. Ein musikalischer Werkführer, S.10.

[13] Vgl. Euch: MOZART, S. 11.

[14] Vgl. ebd., S. 10.

[15] Drescher, Gätjen, Rönez, Mazurowicz, Jewanski: Art .„Violine“, in: MGG, Sachteil, Bd. 9, Sp.1621.

[16] Vgl. ebd.

[17] Hunkemöller: W.A.Mozarts Frühe Sonatenfür Violine und Klavier, S. 68.

[18] Vgl. Konrad: Art. „Mozart“, in: MGG, Personenteil, Bd. 12, Sp. 595.

[19] Vgl. Erich -.MOZART, S. 12.

[20] Vgl. ebd.

[21] Vgl. Mozart, Bauer, Konrad '.Mozart: Briefe undAufzeichnungen, S. 152 ff.

[22] Vgl. Eúch: MOZART, S. 12.

[23] Mozart im Brief an Joseph Bullinger (07. August 1778): „dass Salzburg kein Ortfür mein Talent ist. Erstens sind die Leute von derMusik in keinem Ansehen und zweitens hört man nichts, es ist kein Theater da, keine opera. Wenn man auch wirklich eine spielen wollte, wer würde singen“ ( Mozart: Mozarts Briefe, S. 192.)

[24] Vgl. Hunkemöller: W.A.Mozarts Frühe Sonatenfür Violine und Klavier, S. 59.

[25] Vgl. Konrad: Art. „Mozart“, in: MGG, Personenteil, Bd. 12, Sp. 647.

[26] Vgl. Hunkemöller: WA.Mozarts Frühe Sonatenfür Violine und Klavier, S. 12f., S. 62.

[27] Vgl. Geck '.Mozart. Eine Biographie, S. 98ff.

[28] Vgl. Hunkemöller: WA.MozartsFrühe Sonatenfür Violine und Klavier, S.61.

[29] Vgl. ebd., S. 12.

[30] Vgl. Küster, Mozart: Eine musikalische Biographie, S. 85.

[31] Finscher: Mozarts Violinsonaten, S. 8.

[32] Mozart : MozartsBriefe, S. 196.

[33] Vgl. Kreusch-Orsan: Ein Genie reift. Form und Fortschritt in den Kopfsätzen der Violinkonzerte Mozarts, S.241f.

[34] Vgl. Kreusch-Orsan: Ein Genie reift. Form und Fortschritt in den Kopfsätzen der Violinkonzerte Mozarts, S.241.

[35] Vgl. ebd.

[36] Vgl. Drescher, Gätjen, Rönez, Mazurowicz, Jewanski: Art. „Violine“, in: MGG, Sachteil, Bd. 9, Sp.1658.

[37] Vgl. Euch: MOZART, S. 19.

[38] Vgl. Erich: MOZART, S. 19.

[39] Vgl. Flothuis: MozartsKlavierkonzerte. Ein musikalischer Werkführer, S.9f.

[40] Vgl. Edler, Stoelzel: Art. „Klaviermusik“, in: MGG, Sachteil, Bd. 5, Sp. 375.

[41] Vgl. Küster, Mozart: Eine musikalische Biographie, S. 85.

[42] Vgl. Euch: MOZART, S.95.

[43] Mozart, Bauer, Konrad '.Mozart: Briefe undAufzeichnungen, S. 152.

[44] Vgl. Riedel, Henkel: Art. „Klavier“, in: MGG, Sachteil, Bd. 5, Sp. 290.

[45] Vgl. Hickl (Hrsg.): Mozart:Mythos,Markt undMedien: ein Komponist zwischen Kunst und Kommerz 1791-1991, S. 9.

[46] Vgl. Mozart, Bauer, Konrad '.Mozart: Briefe undAufzeichnungen, S. 49f.

[47] Vgl.Proß: MozartinMailand, S. 10.

[48] Mozart, Bauer, Konrad '.Mozart: Briefe undAufzeichnungen, S. 232.

[49] Vgl. Mozart, Bauer, Konrad '.Mozart: Briefe undAufzeichnungen, S. 152: „da er morgens erwachte an zu weinen. Ichfragte warum: er sagte es ware ihm Leid, daß er [,..]gute Freunde nicht sehe.“

[50] Rieger: NannerlMozart. Das Leben einer Künstlerin, S. 232.

[51] Vgl. Gruber: WolfgangAmadeusMozart, S. 21ff.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Mozart und die Violine. Musikalische Analyse von Violinkonzert Nr. 3 - KV 216
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
37
Katalognummer
V374020
ISBN (eBook)
9783668512320
Dateigröße
696 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mozart, violine, musikalische, analyse, violinkonzert
Arbeit zitieren
Lena Oechsle (Autor:in), 2016, Mozart und die Violine. Musikalische Analyse von Violinkonzert Nr. 3 - KV 216, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374020

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