Die deutsche Strafrechtsdogmatik kennt de lege lata keine dezidierte Strafbarkeit von juristischen Personen. Die stets wiederholend vorgebracht Begründung dafür ist die deutsche Strafbarkeit nach Handlung und Individualschuld. Schon im römischen Recht hieß es: "societas delinquere non potest". Eine juristische Person soll nicht fähig sein, alleine zu handeln und Schuld auf sich zu laden. Dem Grundsatz des nulla poena sine culpa folgend könnte eine juristische Person dann entsprechend auch nicht strafbar sein. Der Grundsatz nulla poena sine culpa wiederum wurzelt nach dem Bundesverfassungsgericht unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip. Die Straffreiheit von juristischen Personen erscheint somit auf den ersten Blick verfassungsmäßig vorgeschrieben zu sein.
Dass ein anderer Weg vorstellbar ist, zeigt aber nicht nur ein Blick ins Ausland. Diverse Staaten kennen die Unternehmensstrafbarkeit. Tatsächlich befindet sich Deutschland mit dem Fehlen einer Unternehmensstrafbarkeit innerhalb der Europäischen Union in der Minderheit Daneben finden sich in der strafrechtlich-kriminologischen Literatur und Politik Befürworter einer Strafbarkeit von juristischen Personen, die ein Bedürfnis für eine solche sehen.
In Deutschland kam neuer Schwung in die Diskussion durch einen zur Einbringung in den Bundesrat vorgesehenen Gesetzesentwurf des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Entwurf sah eine ebensolche Verbandsstrafbarkeit vor. Eine Strafbarkeit von juristischen Personen wäre danach möglich.
Diese Arbeit soll eine Analyse der Diskussion, der bisherigen Vorschläge und des Bedürfnisses unter Einbeziehung des Gesetzesentwurfs vornehmen, um letztlich die Zweckmäßigkeit des Gesetzesentwurfes zu bewerten.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Die juristische Person im deutschen Recht
- a) Grundsätzliche Dogmatik
- b) Die Rolle des § 14 StGB
- c) Einziehung und Verfall nach dem StGB
- d) Die Stellung im Ordnungswidrigkeitenrecht (Quasi-)Strafrechtliche Sanktionierung
- III. Strafbarkeitsmodelle
- 1. Zurechnungsmodell
- 2. Modell der originären Verbandshaftung
- 3. Schuldverzichtsmodell
- 4. Subsidiäre zivilrechtliche Haftung
- IV. Zum Diskussionsstand
- 1. Europarechtliche Verpflichtung zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts?
- 2. Verfassungsmäßig-dogmatischer Ausschluss Alternativen
- 3. Kriminologisches Bedürfnis - Strafbarkeitslücke
- 4. Stellungnahme
- V. Gesetzesentwurf des Landes NRW
- 1. Wesentliche Regelungen
- a) § 2 Abs. I VerbStrG-E
- b) § 2 Abs. II VerbStrG-E
- c) Verbandssanktionen nach §§ 4 ff. VerbStrG-E
- aa) Verbandsstrafen nach §§ 6-9 VerbStrG-E
- bb) Verbandsmaßregeln nach §§ 10-12 VerbStrGE
- 2. Verhältnis zu § 30 OWIG
- 3. Verhältnis zu § 130 OWIG
- 4. Bewertung
- 1. Wesentliche Regelungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Strafbarkeit juristischer Personen im deutschen Recht, insbesondere im Kontext des Gesetzesentwurfs des Landes Nordrhein-Westfalen zum VerbStrG. Die Analyse untersucht die verschiedenen Strafbarkeitsmodelle, den Diskussionsstand zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts und die Bewertung des Gesetzesentwurfs.
- Strafbarkeit juristischer Personen im deutschen Recht
- Strafbarkeitsmodelle
- Diskussionsstand zum Unternehmensstrafrecht
- Bewertung des Gesetzesentwurfs des Landes NRW
- Verhältnis zu den §§ 30 und 130 OWIG
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über die Thematik und stellt den Gesetzesentwurf des Landes NRW in den Mittelpunkt der Untersuchung. Kapitel II beleuchtet die juristische Person im deutschen Recht, ihre grundsätzliche Dogmatik, die Rolle des § 14 StGB, Einziehung und Verfall sowie ihre Stellung im Ordnungswidrigkeitenrecht. Kapitel III widmet sich verschiedenen Strafbarkeitsmodellen wie dem Zurechnungsmodell, dem Modell der originären Verbandshaftung, dem Schuldverzichtsmodell und der subsidiären zivilrechtlichen Haftung. In Kapitel IV wird der Diskussionsstand zur Einführung eines Unternehmensstrafrechts anhand europarechtlicher Verpflichtungen, verfassungsrechtlicher Aspekte, des kriminologischen Bedarfs und Stellungnahmen betrachtet. Kapitel V analysiert den Gesetzesentwurf des Landes NRW, seine wesentlichen Regelungen, die Verbandssanktionen, sowie das Verhältnis zu den §§ 30 und 130 OWIG.
Schlüsselwörter
Juristische Person, Strafbarkeit, Unternehmensstrafrecht, VerbStrG, Gesetzesentwurf, Strafbarkeitsmodelle, Zurechnung, Verbandshaftung, Schuldverzicht, Ordnungswidrigkeitenrecht, § 14 StGB, Einziehung, Verfall, Diskussionsstand, Europarecht, Verfassungsmäßigkeit, Kriminologie, Bewertung, Sanktionen, § 30 OWIG, § 130 OWIG.
- Quote paper
- Julius-Vincent Ritz (Author), 2017, Die Strafbarkeit juristischer Personen. Eine Analyse der Problematik anhand des Gesetzesentwurfes des Landes NRW zum VerbStrG, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374856