Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur


Bachelor Thesis, 2017

58 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

I Tabellenverzeichnis

II Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einordnung der Relevanz
1.2 Zielsetzung und Herangehensweise

2 Ratingmarkt und Grundzüge des Ratinggeschäftes
2.1 Historischer Abriss
2.2 Rating
2.2.1 Ratingsymbole
2.2.2 Ratingklassen und Ratingarten
2.3 Ratingagenturen
2.3.1 Funktionen von Ratingagenturen und Ratings
2.3.2 Bezahlmodelle
2.4 Wettbewerbssituation auf dem Ratingmarkt
2.4.1 Europäischer Markt
2.4.2 Aufsichtsbehörden und Regulierungen

3 Ratingprozess
3.1 Auslöser des Ratingprozesses
3.2 Ratingprozess

4 Auswirkungen von Ratings anhand ausgewählter Ereignisse
4.1 Enron 2001
4.2 ThyssenKrupp 2003
4.3 US-Hypothekenkrise, Wirtschafts- und Finanzkrise 2007/2008
4.3.1 Wachstum des Subprime-Hypothekenmarktes
4.3.2 Verbriefung von Forderungen
4.3.3 Rolle der Ratingagenturen
4.3.4 Übergang zur Eurokrise
4.4 Euro-Schuldenkrise
4.4.1 Gründe für die Entstehung der Eurokrise
4.4.2 Hilfsmaßnahmen der Währungsunion
4.4.3 Rolle der Ratingagenturen

5 Potenzielle Interessenkonflikte und Kritikpunkte
5.1 Vertragliche Beziehungen und Erschließung neuer Geschäftsfelder
5.2 Unvollständige Informationen
5.3 Rating Shopping und unsolicited Ratings
5.4 Geschäftsverbindungen und Ratingkosten
5.5 Struktur auf dem Ratingmarkt
5.6 Herdenverhalten

6 Der politische Einfluss von Ratingagenturen
6.1 Einfluss durch Länderratings
6.2 Beteiligungsstruktur der großen Ratingagenturen

7 Aufbau einer europäischen Ratingagentur
7.1 Gründe für eine Änderung der gegenwärtigen Situation
7.2 Bisherige Ansätze
7.2.1 Roland Berger
7.2.2 Bertelsmann Stiftung
7.3 Diskutierte Lösungsalternativen
7.3.1 Europäischer Rating-Fonds
7.3.2 Netzwerk kleiner Ratingagenturen
7.3.3 Weitere Lösungsalternativen
7.4 Kritische Würdigung einer europäische Ratingagentur

8 Fazit

III Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Die vorliegende Bachelorarbeit beschäftigt sich mit der Situation und der Struktur auf dem globalen Markt für Ratingdienstleistungen. Dabei liegt der Fokus auf den oligopolistischen Verhältnissen auf dem Ratingmarkt bedingt durch die herausragende Stellung der „Big Three“, Standard & Poor`s, Moody`s und Fitch. Da mindestens zwei dieser drei Agenturen sehr stark US- amerikanisch geprägt sind, wird in diesem Zusammenhang die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur als Gegengewicht beantwortet. Ziel ist es zu klären, ob die Gründung einer solchen Institution als bedeutende Größe eine erstrebenswerte Veränderung der vorherrschenden Situation auf dem Ratingmarkt zur Folge hätte. Die Untersuchung wurde mit Hilfe einer Auswertung aktueller Fachliteratur durchgeführt und beleuchtet das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Ratingmarkt seine Hauptfunktionen, nämlich die Informations- und die Regulierungsfunktion, häufig nicht zufriedenstellend erfüllt. Daraus lässt sich der Bedarf einer Veränderung der Situation ableiten. Von der Gründung einer europäischen Ratingagentur nach Vorbild der großen, etablierten Agenturen sollte allerdings abgesehen werden. Eine weitere Ratingagentur dieser Art würde die Probleme auf dem Ratingmarkt nicht lösen, da sie ähnliche potenzielle Schwachstellen aufweisen würde. Es erscheint sinnvoller, das Hauptaugenmerk auf eine effizientere Regulierung der Ratingagenturen zu legen, um u.a. die Objektivität deren Urteile zu steigern und bei Fehlverhalten Haftungsansprüche geltend machen zu können. Einer der größten Interessenkonflikte, nämlich der zwischen dem privatwirtschaftlichen Handeln einer Ratingagentur und den von ihr verlangten neutralen Ratingaussagen könnte durch die Schaffung anders organisierter Institutionen ggf. gelöst werden.

Abstract

This bachelor thesis analyses the current situation and structure of the global markets for rating services. The focus is on the oligopolistic market structure of the rating market caused by the outstanding role of the “Big Three”, Standard & Poor`s, Moody`s and Fitch. Given that at least two of the three agencies are heavily influenced by the US in this context the question of meaningfulness of a European rating Agency is answered. The goal is to clarify if the development of such institution as a serious player would cause a desirable transformation of the current situation in the rating market. The analysis is based on an evaluation of up to date literature and provides an insight to this subject from different perspectives. As a result we can say that the rating market often fails to perform its main function: to inform and to regulate. This leads to the desire and need for change to the situation. The development of a rating agency based on the model of the existing big and established agencies does not seem to be a good approach. Another rating agency of this kind would not solve the problems in the rating market, as there would be similar weaknesses. A more meaningful approach would be shifting the main focus to a more efficient regulation of rating agencies, for amongst others raise the objectivity of their rating decisions and to take them to court afterwards for mistakes they have made. One of the biggest conflicts of interests, to operate like a profit-oriented corporation on the one hand and the expectation of issuing ratings with objective criteria on the other hand, could possibly be solved by the development of an institution which is organized differently.

I Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 : Ratings

II Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Das Thema dieser Bachelorarbeit ist die Frage nach der „Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur“. Im Folgenden soll beschrieben werden, wie es zu dieser Themenfindung kam und wie die Arbeit aufgebaut ist.

1.1 Einordnung der Relevanz

Spätestens seit Beginn der Finanzkrise 2007 stehen Ratingagenturen wieder im Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit. Ihnen wird vorgeworfen, selbst kreierte Finanzkonstrukte falsch bewertet und somit merklich zum Ausbruch der Krise beigetragen zu haben. Ratingagenturen standen allerdings auch schon vor dem Jahr 2007 immer wieder in der Kritik. Durch viele nennenswerte Unternehmenspleiten wie die von Enron, Parmalat oder Worldcom, kamen stets Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Ratingurteile auf.[1] Zu dieser Entwicklung gesellt sich die Tatsache, dass den Ratingagenturen auf den aktuellen Finanzmärkten eine wichtige Rolle zugeteilt ist. Sie sollen dabei helfen, die steigende Intransparenz, hervorgerufen durch oft komplizierte Finanzkonstrukte und einer stetig steigenden Zahl von Marktteilnehmern, zu bekämpfen. Ratingagenturen treffen Einschätzungen über die Bonität von Schuldnern und beeinflussen so maßgeblich die Anlageentscheidungen auf der einen und die Finanzierungskosten auf der anderen Seite.[2] Während der Finanzkrise wurden viele Länder mit Ratingurteilen versehen bzw. mit Änderungen von Ratingurteilen konfrontiert. Auch solche, welche mit internationalen Finanzmitteln unterstützt wurden. Bemerkenswert und ein Zeichen für den großen Einfluss von Ratingurteilen war die Bonitätsherabstufung der USA 2011. Als die Ratingagentur Standard & Poor`s die Überlegungen einer Herabstufung ankündigte reagierten die internationalen Finanzmärkte entsetzt. Große Befürchtungen bzgl. des Fortbestehens des weltweiten Finanzsystems, die Beeinträchtigung von Aktienkursen sowie neuen Bankenkrisen waren die Folge. Die Ursachen jedoch, welche überhaupt erst zur Ankündigung von Standard & Poor`s geführt hatten, sorgten unter den Finanzmarktakteuren für deutlich weniger Aufregung. Auslöser waren u.a. die zunehmend hohe Verschuldung sowie die beinahe Zahlungsunfähigkeit der Vereinigten Staaten. Neben verschiedensten geforderten Maßnahmen den Einfluss von Ratingagenturen zu beschneiden, wird häufig die Forderung nach einer europäischen Ratingagentur als eine Art Gegengewicht zu den „Big Three“ auf dem Weltmarkt gestellt.[3]

1.2 Zielsetzung und Herangehensweise

Ausgehend von der gegenwärtigen Diskussion über die Rolle und die Einflussnahme von Ratingagenturen untersucht diese Arbeit die Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur als Gegengewicht zu den dominierenden „Big Three“, Standard & Poor`s, Moody`s und Fitch. Der Leser soll einen Eindruck über die Vorgehensweise der Ratingagenturen in ihrer Arbeit sowie die vorherrschende Marktstruktur erhalten, um die stetigen Diskussionen auf diesem Gebiet nachvollziehen zu können. Hierzu werden zunächst theoretische Grundlagen des Ratinggeschäftes erläutert und die aktuelle Situation auf dem Ratingmarkt mit Fokus auf die „Big Three“ beschrieben. Um dem Leser einen Überblick über bisherige Maßnahmen und den Stand der Regulierung zu ermöglichen, werden die aktuellen Regulierungsinstanzen und -bemühungen dargestellt. Die Arbeitsweise der Ratingagenturen wird erläutert, indem der Ratingprozess beschrieben wird. Anschließend werden die Auswirkungen und damit der Einfluss von Ratingagenturen und deren Ratings anhand diverser Ereignisse verdeutlicht. Hier liegt der Fokus auf den Handlungen der Ratingagenturen als Auslöser vielfacher Diskussionen. In einem nächsten Schritt werden die Interessenkonflikte, die sich aus dem Geschäft der Ratingagenturen und der Struktur des Marktes ergeben, beleuchtet. So werden potenzielle Schwachstellen im Ratinggeschäft herausgestellt und Ansatzpunkte für Veränderungen deutlich gemacht. Weiter stellt die Arbeit die Ratingagenturen im politischen Spannungsfeld dar, in welchem sie sich bewegen und beschäftigt sich zum einen mit dem Einfluss, welcher auf die Ratingagenturen einwirkt und zum anderen mit dem, der von den Agenturen selbst ausgeht. Dies geschieht unter der exemplarischen Zuhilfenahme der Beteiligungsstrukturen der Ratingagenturen Standard & Poor`s und Moody`s. Danach werden im letzten Teil tatsächliche sowie diskutierte Versuche, die vorherrschende Situation auf dem Ratingmarkt zu verändern, beschrieben und beurteilt. Aus den erarbeiteten Erkenntnissen soll die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur beantwortet werden.

2 Ratingmarkt und Grundzüge des Ratinggeschäftes

Im folgenden Kapitel werden nach einer Darstellung der historischen Entwicklung des Ratinggeschäftes theoretische Grundlagen für die weitere Arbeit gelegt. Der Fokus liegt dabei auf dem Rating und den ausstellenden Institutionen, den Ratingagenturen. Außerdem beschreibt das Kapitel die wichtigsten Regulierungsbehörden und die aktuellen Verhältnisse insbesondere auf dem US-amerikanischen und europäischen Ratingmarkt.

2.1 Historischer Abriss

Die ersten Bewertungen wurden bereits 1909 von John Moody veröffentlicht. In diesen Ratings bezog er sich damals ausschließlich auf die Bonität von Eisenbahnanleihen. Er bediente das steigende Verlangen nach Bonitäts- und Kreditwürdigkeitsbewertungen von Eisenbahngesellschaften. Diese expandierten seit den 1850er Jahren in bislang nicht erschlossene Gebiete. Dafür war ein großes Kapitalvolumen nötig, welches sich die Eisenbahngesellschaften von Investoren beschafften. Die Investoren waren an einer guten Bonität und damit einer hohen Rückzahlungswahrscheinlichkeit des geliehenen Kapitals interessiert. Diese Einschätzung konnten die meisten Geldgeber allerdings nicht allein durchführen. So gewannen Ratings mehr und mehr an Bedeutung.[4]

John Moody folgten 1916 die Firmen Poor`s Publishing Company, 1922 Standard Statistics Company Inc. und 1924 die Fitch Publishing Company auf demselben Gebiet. Poor`s Publishing Company und die Standard Statistics Company fusionierten im Jahre 1942, welches auch heute noch am Unternehmensnamen Standard & Poor`s zu erkennen ist.[5] Nachdem Dun & Bradstreet Moody`s im Jahre 1962 gekauft hatten, spalteten sie es im Jahr 2000 ab, sodass es als eigenständiges Unternehmen weiter existierte. Fitch fusionierte 1997 mit der International Bank Credit Analyst (IBCA), einer Tochtergesellschaft der französischen Financière Marc de Lacharriere (FIMALAC). Standard & Poor`s wurde 1966 von McGraw Hill übernommen.[6] Diese drei Ratingagenturen wurden aufgrund einiger im Folgenden erwähnter Gegebenheiten zu den unumstrittenen Marktführern ihrer Branche. In den 1930er Jahren achtete die amerikanische Regierung zunehmend darauf, dass insbesondere Banken in sichere Vermögenswerte investierten. Dafür legte man den Banken auf, nur noch solche Anlagemöglichkeiten in Erwägung zu ziehen, welche von den Ratingagenturen mit dem Vermerk „investment grade“ versehen wurden. Diese Einstufung, die Sicherheit eines Investitionsobjektes betreffend, nahmen zunächst ausschließlich die o.g. großen drei Ratingagenturen vor. Dadurch entstand eine Abhängigkeit der Banken von den Ratingagenturen, in Bezug auf ihre Anlageentscheidungen. Dieser Trend setzte sich in den folgenden Jahren in der amerikanischen Versicherungsbranche sowie im Bereich der Pensionsfonds fort. Die amerikanische Regulierungsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) verfolgte ab 1975 das Ziel, die Eigenkapitalanforderungen für Finanzinstitute von deren Vermögensstruktur unter Risikogesichtspunkten abhängig zu machen. Hierfür wollte sich die SEC jedoch nicht auf herkömmliche Ratingurteile verlassen, sondern vergab den Status „Nationally Recognized Statistically Rating Organisation“ (NRSRO) an ausgewählte Ratingagenturen. So bestimmte die SEC, wessen Ratingurteile für Anlageentscheidungen einzuholen waren. Dieser Kategorie von Ratingagenturen gehörten neben Standard & Poor`s nur noch Fitch sowie Moody`s an. Nur die Urteile dieser drei Ratingagenturen waren ausschlaggebend für die Beurteilung der Eigenkapitalanforderungen von Finanzinstituten. Banken und Finanzinstitute mussten nun nicht mehr selber aufwändige Untersuchungen der Eigenkapitalausstattungen durchführen, sondern konnten sich an den Bewertungen der drei Agenturen orientieren. Angesichts dieser Entwicklungen gewann das Urteil der Ratingagenturen in stetig wachsenden Teilen des Finanzmarktes an Bedeutung. Zwar sind mittlerweile auch andere Ratingagenturen als NRSRO anerkannt, allerdings wird immer noch der mit Abstand größte Teil der Ratingurteile von den großen drei vergeben. In den folgenden Jahren übernahmen auch andere Regulierungsbehörden neben der SEC die NRSRO-Standards.[7]

2.2 Rating

„Das englische Verb „to rate“ kann übersetzt werden mit „bewerten“ bzw. „abschätzen“. Das englische Nomen „Rate“ steht für „Verhältniszahl“ oder „Quote“.“[8] Der Begriff „Rating“, welcher grundsätzlich eine Beurteilung der Leistung darstellt, wird in vielen verschiedenen Bereichen genutzt. In der vorliegenden Arbeit wird speziell das „Credit Rating“, welches zum Einschätzen von Kreditrisiken genutzt wird, behandelt. Ratings können von Banken, aber auch von Ratingagenturen erstellt werden. Bei Ratings, welche durch Ratingagenturen erstellt werden, spricht man auch von einem „Externen Rating“. In diesem Fall ist eine externe und nicht abhängige Ratingagentur von einem Unternehmen beauftragt worden. Diese Ratings stellen, anders als das Urteil eines Wirtschaftsprüfers lediglich die Meinung eines Analysten dar. Bei einem Rating, welches durch eine Bank vorgenommen wird, spricht man von einem „Internen Rating“. Diese Ratings werden in der Regel ohne Auftrag eines Unternehmens durchgeführt.[9]

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union definieren den Begriff „Rating“ in der Ratingverordnung 1060/2009 als:

„ein Bonitätsurteil in Bezug auf ein Unternehmen, einen Schuldtitel oder eine finanzielle Verbindlichkeit, eine Schuldverschreibung, eine Vorzugsaktie oder ein anderes Finanzinstrument oder den Emittenten derartiger Schuldtitel, finanzieller Verbindlichkeiten, Schuldverschreibungen, Vorzugsaktien oder anderer Finanzinstrumente, das anhand eines festgelegten und definierten Einstufungsverfahrens für Ratingkategorien abgegeben wird.“[10]

Mit Hilfe von Ratings soll die Fähigkeit von Schuldnern bestimmt werden, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ihren eingegangenen Verbindlichkeiten nachzukommen und die Wahrscheinlichkeit von Ausfällen oder Störungen für den Gläubiger angegeben werden. So werden in Form von Kennzahlen Bonitätsurteile gefällt.[11] Wie oben bereits angesprochen kommt das „Credit Rating“ im Bereich der Fremdfinanzierung zum Einsatz. Dieses Rating- bzw. Bonitätsurteil beschreibt das Risiko, welches der Fremdkapitalgeber eingeht, sobald er Kapital an einen Schuldner verleiht oder verliehen hat.[12] Um die Ratingurteile darzustellen, werden sie auf Skalen abgetragen. Die Urteile werden in definierten Klassen gebündelt und anhand einer Ordinalskala gemessen. Die verwendeten Symbole der Ratingagenturen, für die jeweiligen Ratings, stellen also eine Zusammenfassung über die Risikoeinschätzung eines Kapitalnehmers dar und machen es den Kapitalgebern somit möglich, die diversen Anlagealternativen zu vergleichen.[13] Ratings finden einen immer höheren Zuspruch und werden häufig genutzt, um Anlageentscheidungen zu tätigen. Die stetig steigende Zahl der Interessenten bringt unweigerlich eine zunehmende Bedeutung von Ratings für eine große Zahl der Marktakteure mit sich.[14] Daher wird „Sachkompetenz und Glaubwürdigkeit“[15] genauso verlangt wie „Neutralität, Unabhängigkeit und Diskretion“[16]. Standard & Poor`s betont in ihrem Leitfaden für Kreditratings, dass es sich bei Rating ausschließlich um die Meinung der Ratingagentur handelt. Es sind ausdrücklich keine Empfehlungen, welche zum Erwerb oder zum Verkauf eines Wertpapieres raten.[17]

2.2.1 Ratingsymbole

Ratingagenturen geben die Ergebnisse ihrer Analysen in Form von Ratingsymbolen an. Diese Ratingsymbole sollen die Bonität der untersuchten Unternehmen vergleichbar machen. Dabei soll es möglich sein, die Ratingurteile in eine Reihenfolge zu bringen, um bspw. eine Investitionsentscheidung treffen oder Ausfallrisiken abschätzen zu können. Der Einfachheit halber seien folgend exemplarisch die Symbole und deren Systematik der großen drei Agenturen erläutert. Die Ratingagenturen nutzen zur Darstellung ihrer Einschätzungen ein System bestehend aus Buchstaben und Zahlen und zusätzlich Plus- und Minus-Zeichen. Die Bedeutung der Buchstaben ist hierbei angelehnt an das amerikanische Schulnotensystem. Während Standard & Poor`s und Fitch die höchste Bewertungsstufe jeweils mit der Symbolik „AAA“ beschreiben, nutzt Moody`s für die höchste Ebene „Aaa“. Die höchste Ebene stellt das geringste Bonitätsrisiko dar. Mit Hilfe der Plus- und Minus-Symbole (Fitch, Standard & Poor`s) sowie der Nutzung von Zahlen (Moody`s) gelingt es den Ratingagenturen eine differenzierte Abstufung innerhalb eines Urteilsbereiches darzustellen.[18] Aber auch andere Ratingagenturen nutzen eine ähnliche Systematik. Neben der detaillierten Einstufung der Ratingurteile gibt es noch einen weiteren grundsätzlicheren Aussagegehalt der Ratingskalen. Die Ratingskala lässt sich in sog. „investment grade“- und „Non-investment grade“- Urteile gliedern. Im „investment grade“ befinden sich Ratingnoten, welche ein eher geringes Ausfallrisiko mit sich bringen und im „non-investment grade“ oder auch „speculative grade“ finden sich Bonitätseinschätzungen mit hohem Ausfallrisiko. Diese „Grobeinteilung“[19] wird allerdings nicht von den Ratingagenturen selbst vorgenommen, sondern entstand aus einem allgemeinen Marktkonsens heraus. An dieser Einteilung müssen sich einige Anleger während ihrer Investitionsentscheidungen orientieren. Liegt bspw. ein Anlageobjekt im „non-investment grade“ ist es bestimmten Anlegerkreisen nicht gestattet Kapital zu investieren.[20] In Abbildung 1 sind die einzelnen Ratingklassen der großen drei Ratingagenturen dargestellt. Neben diesen werden weitere Ratingagenturen und deren Ratingklassen aufgezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Ratings

(Quelle: Börse Stuttgart GmbH [2017], o. S.)

2.2.2 Ratingklassen und Ratingarten

Wie aus den bisherigen Abschnitten hervorgeht werden Ratings genutzt um die Bonität und damit zusammenhängende Chance- Risikoausprägungen von Anlageobjekten vergleichbar und bewertbar zu machen. Die SEC (Securities and Exchange Commission), welche als Aufsichtsbehörde der Ratingagenturen in den USA fungiert, teilt diese Anlageobjekte in fünf Kategorien ein. Die erste Kategorie besteht aus Finanzinstitutionen und Börsenmaklern oder –händlern. In der zweiten finden sich Versicherungsunternehmen und in der dritten Klasse weitere Aktiengesellschaften. Die vierte Klasse definiert die Herausgeber von forderungsbesicherten Wertpapieren sog. Asset-Backed-Securities (ABS). In der fünften Gruppe sind Staaten, Länder und Städte als Herausgeber von Anleihen genannt.[21]

Neben dieser Einteilung lassen sich die Ratingarten anhand weiterer Kriterien differenzieren. Die erste Unterscheidung kann zwischen Emissionsrating und Emittentenrating vollzogen werden. Bei dieser Differenzierung geht es um die Frage, ob ein einzelnes Finanzprodukt oder die Bonität eines Kapitalnehmers insgesamt beurteilt wird. Bei der Beurteilung von Emissionen liegt das Hauptaugenmerk auf den von einem Schuldner ausgegebenen Schuldverschreibungen oder sonstigen Arten von finanziellen Verbindlichkeiten. Beeinflusst wird das finale Rating natürlich in erster Linie von der Bonität des Schuldners. Allerdings werden zusätzlich weitere Beurteilungskriterien in die Entscheidungsfindung einbezogen. So können bspw. Garantiegeber und Versicherer mit ihrer Kreditwürdigkeit Einfluss auf die Ratingentscheidung nehmen. Weiterhin findet auch die Währung in welcher die Verbindlichkeiten ausgegeben werden Beachtung. So kann es durchaus vorkommen, dass Emissionsratings von dem Rating der Emittenten abweichen. In Abhängigkeit von der Laufzeit der Emissionen wird des Weiteren zwischen kurz- und langfristigem Emissionsrating unterschieden.[22] Häufig wird das Rating aus dem Emittentenrating des jeweiligen Schuldners abgeleitet, indem es um die speziellen Ausstattungen ergänzt wird.[23] Das Emittentenrating dagegen gibt Auskunft über die Finanzkraft und die Kreditwürdigkeit eines Schuldners. Es wird die Fähigkeit und die Bereitschaft eines Schuldners Verbindlichkeiten zu begleichen bewertet. Einzelne Emissionen des jeweiligen Schuldners spielen hier keine Rolle.[24]

Eine weitere Unterscheidung kann zwischen solicited Rating und unsolicited Rating stattfinden. Diese Thematik wird ebenfalls in den Abschnitten 2.3.2 (Bezahlmodelle) und 5.3 (Rating Shopping und unsolicited Ratings) angesprochen. Beauftragt ein Unternehmen eine Ratingagentur mit der Erstellung eines Ratings spricht man von einem solicited Rating.[25] Hierbei finden Gespräche und Informationsaustausch mit dem Management des zu bewertenden Unternehmens statt. Dadurch ist bei einem solchen Rating meist der Informationsgehalt zur Erstellung deutlich höher als bei einem unsolicited Rating.[26] Von einem unsolicited Rating spricht man dann, wenn kein Ratingauftrag seitens eines Unternehmens vorliegt. In diesem Fall entscheidet sich eine Ratingagentur für das Durchführen einer Analyse, kann dafür dann allerdings meist nur öffentlich zugängige Informationen nutzen. Somit sind der Informationsgehalt und damit auch die Aussagekraft eines unsolicited Ratings i.d.R. geringer als bei einem solicited Rating.[27]

Eine zusätzliche Definition kann über das Debt Rating und das Equity Rating durchgeführt werden. Bei beiden Ratingarten wird die Struktur des untersuchten Unternehmens in den Vordergrund gestellt. Der Unterschied liegt allerdings im Kreis der Adressaten, welche durch das jeweilige Rating informiert werden sollen. Ein Debt Rating beinhaltet Informationen für Fremdkapitalgeber. Die Ausfallwahrscheinlichkeit von Krediten spielt für diese Fremdkapitalgeber eine große Rolle und soll daher mit dem Debt Rating untersucht werden. Das Equity Rating hingegen ist primär an Eigenkapitalgeber gerichtet. Ein Eigenkapitalinvestor soll über die Entwicklungschancen seiner Beteiligung informiert werden.[28]

Die Unterscheidung zwischen einem Unternehmensrating und einem Mittelstandsrating ist im Zuge der Neugründungen kleinerer, spezialisierter und regional tätiger Ratingagenturen interessant geworden. Das Unternehmensrating lässt sich mit dem o.g. Emittentenrating vergleichen, da auch hier das Ergebnis eine Einschätzung der Bonität des ganzen Unternehmens ist.[29] Das Mittelstandsrating hingegen ist insbesondere im deutschsprachigen Raum zunehmend von Bedeutung. Viele der angesprochenen kleineren Ratingagenturen konzentrieren sich im deutschsprachigen Raum auf die Bewertung mittelständischer Unternehmen. Der Ratingprozess unterscheidet sich wenig von denen der großen Ratingagenturen. Der Unterschied liegt eher in der deutlich zu erkennenden Spezialisierung auf den Mittelstand.[30] Durch die zunehmende Wichtigkeit der Finanzierung über den Kapitalmarkt auch für kleinere Unternehmen entwickelten sich diese neuen Ratingagenturen. Da die Preisvorstellungen für Ratings der großen, etablierten Ratingagenturen häufig von mittelständischen Unternehmen nicht zu begleichen sind, ist die Einführung von Mittelstandsratings nur logisch.[31]

Branchenratings und Länderratings geben Auskunft über die jeweiligen Bedingungen, welche sich Unternehmen in Branchen oder Ländern bieten. Das Branchenrating befasst sich mit sämtlichen Gegebenheiten und Risiken, die in spezifischen Branchen vorherrschen und Einfluss auf Unternehmen nehmen können. Mit der Einschätzung einzelner Branchen soll eine Unterstützung des jeweiligen Unternehmensratings gewährleistet werden. Unternehmen können sich nur schwer oder gar nicht den Einflüssen in ihren jeweiligen Branchen entziehen. Die Daten stammen aus öffentlich zugängigen Informationen wie bspw. dem Statistischen Bundesamt.[32] Innerhalb einer Branche können jedoch sehr unterschiedlich zu bewertende Unternehmen agieren, was bei der finalen Unternehmensbewertung nicht außer Acht gelassen werden darf.[33] Um auch eine branchenübergreifende Analyse der Unternehmensumwelt aufstellen zu können, beschäftigt sich das Länderrating mit länderspezifischen Ausprägungen bestimmter Risiken. Diese Informationen werden mit Hilfe volkswirtschaftlicher Daten erhoben und ausgewertet.[34] Allerdings werden Länderratings nicht nur zur genaueren Bestimmung von Unternehmensratings herangezogen, sondern dienen auch interessierten Investoren als Auskunft. Kapitalgeber sollen über die Rückzahlungswahrscheinlichkeit eines Landes sowie über das jeweilige Wechselkursrisiko informiert werden.[35]

Externes und internes Rating geben an, von wem das aufgestellte Rating ausgeführt wurde. Beim externen Rating ist eine vom zu bewertenden Unternehmen unabhängige Ratingagentur mit der Aufstellung des Ratings betraut. Die Ratingerstellung unterliegt daher nicht den Bankinteressen und kann für verschiedenste Vorhaben verwendet werden. Ein internes Rating dagegen bezeichnet ein Rating, welches von einem Kreditinstitut über einen Kunden aufgestellt wurde. Dieses Rating kommt unter Anwendung interner Methoden und Bewertungskriterien zustande.[36]

Eine weitere Art des Ratings ist das Folgerating. Eine einmal getroffene Ratingentscheidung hat keine dauerhafte Gültigkeit. Durch interne Einflüsse, z.B. gute oder schlechte strategische Entscheidungen oder Unternehmensfusionen oder- übernahmen, kann sich die wirtschaftliche Lage und damit die Bonität eines Unternehmens im Laufe der Zeit verändern. Auch externe Faktoren, wie Preisschwankungen oder veränderte rechtliche Rahmenbedingungen, können die Aussagekraft eines Ratings beeinflussen. Daher ist trotz des Anstrebens einer langen Ratinggültigkeit seitens der Ratingagentur eine regelmäßige Überprüfung der Aktualität erforderlich. Ratingagenturen überwachen ihre bereits abgegebenen Ratings ständig. Sie können sich über öffentlich verfügbare Unternehmensdaten jederzeit einen aktuellen Überblick verschaffen. Auch besteht die Möglichkeit über das abgegebene Rating hinaus mit der Unternehmung in Kontakt zu bleiben und weiterhin mit relevanten internen Dokumenten versorgt zu werden. Für diesen Fall versichern Ratingagenturen einen absolut vertraulichen Umgang mit diesem Datenmaterial. Weiterhin finden regelmäßige Treffen mit Vertretern des Ratingobjektes statt, womit ein Austausch über die aktuelle strategische Ausrichtung gewährleistet wird. Ist bei Vertragsabschluss für das erste Rating bereits eine Vereinbarung über ein Folgerating getroffen worden, gehört diese Beaufsichtigung automatisch zur Pflicht der Ratingagentur. Ist keine Vereinbarung getroffen worden, kann die Ratingagentur aus eigenem Interesse ein Folgerating durchführen. Hier ist allerdings das zu bewertende Objekt nicht mehr zur Mithilfe und zur Versorgung mit aktuellen internen Informationen verpflichtet. Dieses Folgerating wird dann basierend auf öffentlich verfügbaren Daten aufgestellt. Für den Fall einer gravierenden Änderung verschiedener Bewertungskriterien entscheidet die Ratingagentur, ob eine Abstufung oder eine Aufstufung des Ratingurteils erfolgt. Ansonsten wird das Urteil bestätigt.[37]

2.3 Ratingagenturen

In diesem Unterkapitel werden zunächst die Funktionen von Ratingagenturen und Ratings aufgezeigt bevor anschließend der Fokus auf den vorherrschenden Bezahlmodellen in der Ratingbranche liegt.

2.3.1 Funktionen von Ratingagenturen und Ratings

Aufbauend auf der Tatsache, dass Unternehmen seit den 1990er Jahren zunehmend an anderen Fremdfinanzierungsmöglichkeiten interessiert sind, wurden private Investoren deutlich wichtiger. Die traditionelle Finanzierung über Banken trat zunehmend in den Hintergrund. Banken schätzten durch eigene Analyseverfahren die Bonität der Unternehmen individuell ein und vergaben auf dieser Grundlage Kapital an diese. Eine Großzahl der Privatinvestoren kann auf ein solches Analyseverfahren jedoch nicht zurückgreifen. Um diese Barriere bei der Entscheidungsfindung abzubauen, springen an dieser Stelle Ratingagenturen ein.[38]

Ratingagenturen haben u.a. Informations- und Regulierungsfunktionen. Um die Informationsfunktion einer Ratingagentur erläutern zu können, muss die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie betrachtet werden. Hiernach geht man, anders als bei der neoklassischen Finanzierungstheorie, von Informationsungleichheiten zwischen den einzelnen Marktteilnehmern aus. Um diese Problematik zu lösen, wird nach der neoinstitutionalistischen Finanzierungstheorie die sog. Prinzipal-Agenten-Theorie angewandt, nach der der Emittent (Agent) besser informiert ist als der Investor (Prinzipal). Diese Situation ist für den Investor nicht hinnehmbar, ist er doch von den zur Verfügung gestellten Informationen des Agenten abhängig. Die Hauptaufgabe von Ratingagenturen besteht daher in der Beurteilung und Bewertung der Kreditwürdigkeit der Teilnehmer an Finanzmärkten und somit auch möglicher Investitionsziele. Sie versuchen das Dilemma der ungleichen Informationsversorgung der Prinzipal-Agenten-Theorie zu beheben. Die Ratingagenturen treten dabei in verschiedenen Funktionen auf. Zum einen nehmen sie die Rolle der Agenten der Investoren ein und bewerten in dieser sämtliche Investitionsobjekte. Auf der anderen Seite treten sie für den Emittenten in zweierlei Positionen auf. Während der Bonitätsprüfung und der Ratingerteilung für die Emittenten sind sie einerseits als Agenten zu sehen und andererseits durch die damit einhergehende Angewiesenheit auf bereitgestellte Informationen als Prinzipal. Um möglichst hochwertige Aussagen treffen zu können, müssen ausreichend Daten über das Bewertungsobjekt zusammengetragen werden. Nach einer Analyse und Beurteilung der Informationen werden diese publiziert und dem interessierten Anlegerkreis vorgelegt. Dadurch wird die Unterversorgung an Informationen des Investors ausgeglichen. Auf dieser Grundlage soll dann eine fundierte Entscheidung ermöglicht werden.[39] Von Bedeutung ist die Tatsache, dass die Ratingagentur als unabhängige Größe agiert und dafür sorgt, dass der Investor keine relevanten Daten durch den Emittenten vorenthalten bekommt.[40] Ratingagenturen nehmen die Rolle sog. Informationsintermediäre ein, indem sie subjektive Beurteilungen der zugrundeliegenden Informationen verfügbar machen. Ziel ist es dem potentiellen Anleger eine kalkulierbarere Risikoeinschätzung zu ermöglichen.[41] Eine Ratingagentur soll die häufig vorherrschende Informationsasymmetrie reduzieren, also eine Versorgung aller Marktteilnehmer mit Informationen über den Emittenten ermöglichen.[42] Des Weiteren tragen die Ratingagenturen dazu bei, die Informationskosten der Investoren deutlich zu senken. Ohne die komprimierten und allgemein akzeptierten Ratingeinschätzungen müssten Investoren deutlich mehr Zeit und Kapital aufwenden, um eigene Investitionsentscheidungen treffen zu können.[43] Aus Sicht der Emittenten kann ein Rating zur eigenen Bonität als eine Art Vergleichsmaßstab genutzt werden. Sie erlangen Kenntnis über das eigene Bonitätsrisiko verglichen mit Konkurrenten oder Unternehmen anderer Branchen. Ebenfalls bieten Bonitätsurteile eine Orientierungshilfe in Bezug auf die voraussichtlich anfallenden Kosten bei einer Fremdkapitalfinanzierung. Ratings können dazu genutzt werden, eine Vertrauensbasis auf Investorenseite aufzubauen oder zu stärken, wodurch ein Investitionsobjekt interessanter werden kann. Auch beinhalten Ratinganalysen Auskunft über Stärken und Schwächen des eigenen Unternehmens, welche für Verbesserungsmaßnahmen genutzt werden können. Teile der Finanzkommunikation und des Finanzmarketings können auf Ratings aufgebaut werden, indem bspw. positive Resultate zur Festigung oder Neugründung diverser Geschäftsbeziehungen genutzt werden.[44]

Durch die Regulierungsfunktion leisten Ratingagenturen zusätzlich einen Beitrag zur Regulierung des Kredit- und Anleihemarktes auf dem sich Emittenten Kapital beschaffen und Investoren Kapital verleihen. Denn auch der Gesetzgeber greift bei der Regulierung der Kapitalmärkte auf Ratingagenturen zurück. So kann er durch die Vorgabe einer Ratinguntergrenze einigen Marktteilnehmern erst ab einem bestimmten Rating den Zugang zu gewissen Kapitalmärkten erlauben. In diesem Fall erhält ein Schuldner erst ab einem vorab definierten Rating überhaupt Zugang zu Kapital. Ist das Rating bzw. die Bonität sehr schlecht eingeschätzt bleiben Kapitalgeber aus bzw. dürfen Kapitalgeber gar nicht erst investieren. Diese Einschränkungen des Investmentportfolios gelten bspw. für Versicherungen und Fonds schon seit den 1970er Jahren in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Ratingurteile stehen einem breiten Publikum kostenlos zur Verfügung und bieten sich daher als Regulierungsrichtwerte an. Das hilft den Ratingagenturen in ihrem Geschäft deutlich.[45] So werden auf der einen Seite gewisse Ratings erwartet bzw. vorausgesetzt und auf der anderen Seite müssen genannte Anlegerkreise ihre Entscheidungen an den Ratingurteilen ausrichten. Die Rolle, welche die Ratingagenturen also in dieser Hinsicht übernehmen, erscheint unverzichtbar.[46] Stefanie Hiß und Sebastian Nagel formulieren es in ihrem Buch „Ratingagenturen zwischen Krise und Regulierung“ daher wie folgt: „Müsste ein Gläubiger die Bonität möglicher Schuldner selbst prüfen, dann bräche der Kredit- und Anleihemarkt - zumindest in seiner heutigen Form - zusammen.“[47]

2.3.2 Bezahlmodelle

Alle wichtigen Ratingagenturen sind Unternehmen, welche profitorientiert agieren. Somit stehen die Beurteilungen automatisch in einem Spannungsverhältnis zwischen dem Erreichen wirtschaftlicher Ziele auf der einen Seite und dem objektiven Bewerten auf der anderen Seite. Auf dem Ratingmarkt stehen zwei verschiedene Bezahlmodelle zur Verfügung; das sog. „subscriber-pays-modell“ und das „issuer-pays-modell“.[48] Ursprünglich wurden die Ratingagenturen durch die interessierten Investoren bezahlt, also unter Anwendung des „subscriber-pays-modells“. Ab den 70er Jahren jedoch ist eine Änderung in dieser Vorgehensweise festzustellen. Insbesondere die größeren Ratingagenturen stellten ihre Vergütungssysteme um und wurden zunehmend von den Fremdkapitalnehmern, also den Emittenten (issuer) bezahlt. Einsicht in den Bericht, welcher das Zustandekommen des Ratings dokumentiert erhält jedoch weiterhin nur der regelmäßige Zahler.[49] Der Grund für diese Umstellung lag zunächst in der sich entwickelnden Kopiertechnik. Die Ratingurteile konnten zwischen den Investoren weitergereicht und vervielfältigt werden, ohne dass die Ratingagenturen an der Vervielfältigung verdienten.[50] Eine weitere und gleichzeitig offizielle Ursache für die Umstellung des Modells liegt in der Tatsache begründet, dass ein stetig steigender Informationsbedarf zur Erstellung der Ratings nötig war. Die Investoren waren jedoch nicht bereit für die dadurch höheren Kosten auch steigende Gebühren zu zahlen. Des Weiteren koppelten die Ratingagenturen die Erstellung der Ratings an das zu bewertende Volumen. So versprach man sich steigende Einnahmen. Im Laufe der Zeit wuchs der Anteil der Emittentenzahlungen am Umsatz der Ratingagenturen auf nun 90 Prozent.[51]

[...]


[1] Vgl. Hartmann-Wendels [2011], S. 26.

[2] Vgl. Deutsche Bundesbank [o. J.], S. 101 f.

[3] Vgl. Hartmann-Wendels [2011], S. 26.

[4] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 74.

[5] Vgl. Prager [2012], S. 57 f.

[6] Vgl. White [2010], S. 211.

[7] Vgl. Chiwitt [2014], S 396.

[8] Munsch/Weiß [2004], S. 15.

[9] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 15.

[10] Europäisches Parlament/Rat der Europäischen Union [2009], S. 9.

[11] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 15.

[12] Vgl. Wappenschmidt [2009], S. 7.

[13] Vgl. Andrieu [2010], S. 21 f.

[14] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 15.

[15] Munsch/Weiß [2004], S. 15.

[16] Munsch/Weiß [2004], S. 15.

[17] Vgl. Standard & Poor’s Financial Services, LLC [2014], S. 2 f.

[18] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 19 ff.

[19] Hiß/Nagel [2012], S. 121.

[20] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 120 f.

[21] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 41.

[22] Vgl. Buschmeier [2011], S. 156 f.

[23] Vgl. Wappenschmidt [2009], S. 8.

[24] Vgl. Buschmeier [2011], S. 156 f.

[25] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 32.

[26] Vgl. Wappenschmidt [2009], S. 8 f.

[27] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 32.

[28] Vgl. Buschmeier [2011], S. 158.

[29] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 33.

[30] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 100.

[31] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 34.

[32] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 37.

[33] Vgl. Buschmeier [2011], S. 158.

[34] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 39.

[35] Vgl. Buschmeier [2011], S. 158 f.

[36] Vgl. Munsch/Weiß [2004], S. 80.

[37] Vgl. Pukropski [2013], S. 43 ff.

[38] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 67.

[39] Vgl. Pukropski [2013], S. 65 f.

[40] Vgl. Pukropski [2013], S. 48 f.

[41] Vgl. Andrieu [2010], S. 38.

[42] Vgl. Pukropski [2013], S. 49.

[43] Vgl. Herfurth [2010], S. 66.

[44] Vgl. Wappenschmidt [2009], S. 19.

[45] Vgl. Pukropski [2013], S. 60 ff.

[46] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 73.

[47] Hiß/Nagel [2012], S. 73.

[48] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 38.

[49] Vgl. Herfurth [2010], S. 64 f.

[50] Vgl. Hiß/Nagel [2012], S. 38 f.

[51] Vgl. Henze [2014], S. 52.

Excerpt out of 58 pages

Details

Title
Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur
College
Fresenius University of Applied Sciences Köln
Grade
2,0
Author
Year
2017
Pages
58
Catalog Number
V375943
ISBN (eBook)
9783668524637
ISBN (Book)
9783668524644
File size
708 KB
Language
German
Keywords
Ratingagentur, Rating, Fitch, S&P, Moody`s
Quote paper
Markus Wehner (Author), 2017, Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375943

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Title: Sinnhaftigkeit einer europäischen Ratingagentur



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