Primäre Drogenprävention an Schulen. Ein Leitfaden für Pädagoginnen und Pädagogen


Hausarbeit, 2010

16 Seiten


Leseprobe


Einleitung
Die vorliegenden Arbeit setzt sich mit der Thematik der Gesundheitsförde-
rung und primäre Drogenprävention und den damit verbundenen Zielen, In-
halten und Problemen auseinander. In der heutigen Zeit herrscht das Bild
vor, dass Drogen immer auch mit großer Not und großem Elend zusammen-
hängen und dass alles getan werden muss, um sowohl die bestehenden als
auch nachfolgenden Generationen vor dieser Bedrohung zu schützen und
jeglichen Kontakt zu diesen gefährlichen Substanzen zu verhindern. Aber
was ist zu tun, um die Verbreitung von Drogenkonsum bzw. Drogenmiss-
brauch zu unterbinden und die Heranwachsenden vom Konsum dieser Sub-
stanzen abzuhalten? Wie kann man Kinder und Jugendliche zu einem
selbstverantwortlichem und gesundheitsbewussten Umgang mit Drogen er-
ziehen? Wo liegen die Möglichkeiten und Grenzen? Und welche Anforderun-
gen stellt dies an die PädagogInnen?
Um diese Fragen beantworten zu können, werde ich im ersten Kapitel zu-
nächst beschreiben, was primäre Drogenprävention überhaupt ist und wel-
che Ziele und Vorstellungen sie beinhaltet. Außerdem wird näher erläutert,
welche Methoden existieren, um diese Ideen umzusetzen. Anschließend wird
anhand des Beispiels Schule aufgezeigt, wie die Gesundheitsförderung und
primäre Drogenprävention in der Praxis aussehen kann, welche Konzepte
dafür zu Grunde liegen und wie diese praktisch umgesetzt werden können.
Im darauffolgenden Kapitel werde ich dann die Probleme und Risiken der
Drogenprävention sowohl im Allgemeinen, als auch in Bezug auf Schule be-
leuchten. Daraus ergibt sich dann die Frage, welche besonderen Anforderun-
gen an die PädagogInnen, die in diesem Feld tätig sind, bestehen, welche
ich im folgenden Kapitel beantworten werde.
Abschließend werde ich im Fazit die Ergebnisse der Arbeit zusammenfassen
und versuchen eine eigene Position zu dieser Thematik zu entwickeln.
1. Prävention
Die Drogenprävention setzt sich laut einer Definition der Weltgesundheitsor-
ganisation (WHO) aus drei verschiedene Arten zusammen, welche Art der
Prävention zum Einsatz kommt, ist jeweils abhängig vom Zeitpunkt des Ein-
griffs. Diese drei Arten sind:
1. die Primärprävention,
2

2. die Sekundärprävention und
3. die Tertiärprävention.
Die Primärprävention kommt bereits vor dem experimentellen oder aber vor
dem regelmäßigen Gebrauch zur Anwendung, die Sekundärprävention soll
vor dem regelmäßigen oder vor dem übermäßigen Gebrauch ansetzen und
die Tertiärprävention setzt entweder vor dem übermäßigen Gebrauch an oder
findet während des übermäßigen Gebrauchs als Begleitmaßnahme statt.
Präventive Maßnahmen können außerdem eine dreifache Zielrichtung ha-
ben:
1. personenspezifisch (an einem bestimmten Individuum anset-
zend),
2. zielgruppenspezifisch ( auf bestimmte Gruppen ausgerichtet)
und
3. generalpräventiv ( auf die allgemeine Bevölkerung ausgerich-
tet) (vgl. Waibel 1993, S.62ff).
1.1 Die Primärprävention
Die anspruchsvollste dieser drei Präventionsarten ist die Primärprävention,
da sie früh einsetzen soll (bereits vor dem ersten Konsum von Drogen) und
langfristig angelegt ist [,,lebenslange Erziehung zum richtigen Umgang mit
Drogen" (Feser 1981,S. 43)]. Außerdem soll sie eine allgemeine präventive
Erziehung einschließen, die den Aufbau eines Verhaltensreportiores fördert,
welches abweichendes Verhalten und Drogenmissbrauch im speziellen ver-
hindert. Um bereits so früh effektiv wirken zu können, muss sie sehr breit an-
gelegt sein, möglichst viele Menschen erreichen und in erster Linie auf der
affektiven statt auf der kognitiven Ebene wirken. Oberstes Ziel der Primärprä-
vention ist es, die Fähigkeit zu vermitteln, selbständig und aktiv die Lebens-
bedingung zu verbessern. Zur Erreichung dieses Ziels müssen Verhaltens-
weisen erlernt werden, die sich positiv auf die Entfaltung der Persönlichkeit,
auf das Selbstwertgefühl, auf das Gesundheitsbewusstsein, auf Sinnfindung
und die Bewältigung der Lebensaufgaben auswirken. Im Mittelpunkt dieser
Art Präventionsarbeit steht die Person und nicht das Suchtmittel, um bei den
individuellen Problemen ansetzen zu können, und sie zieht sich durch alle
Lebensphasen und -bereiche. Des Weiteren soll sich die Primärprävention
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an den Ursachen orientieren und kontinuierlich stattfinden, sodass es sich
hier nicht um einmalige Aktivitäten handelt. Es soll bereits im frühen Kin-
desalter mit der primären Prävention begonnen werden, um den Heranwach-
senden beizubringen, in Problemsituationen selbständig und sozial verant-
wortlich zu handeln. In diesem frühen Alter liegt der Schwerpunkt im Bereich
des spielerischen Lernens, später, im Schulalter, soll die Drogenerziehung
als Teil der ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung des Kindes erfolgen.
Die Kinder sollen das angemessene Verhalten lernen lange bevor es tatsäch-
lich zu Risikosituationen kommt, da es sich erwiesen hat, dass es unproble-
matischer ist, die beim Kind vorhandenen Verhaltensweisen und Einstellun-
gen zu bekräftigen, als im späteren Alter bereits gefestigte Missbrauchsge-
wohnheiten abzubauen. Insgesamt soll die Pimärprävention weniger betrach-
tet werden, um speziell Drogengebrauch zu verhindern, sondern vielmehr als
etwas, was dazu befähigt, Schwierigkeiten zu bewältigen. Die Primärpräven-
tion sollte alle drei Zielrichtungen verfolgen, also die individuelle, die zielgrup-
penorientierte und die generalpräventive (vgl. Waibel 1993, S.62ff/ Feser
1981,S. 43ff).
Ziel der Primärprävention ist allerdings nicht nur die Abstinenz, sondern auch
der Aufschub des Konsumbeginns oder auch die Befähigung zum Verant-
wortlichen Umgang mit Drogen. Die Schritte dazu beinhalten Forderungen
der Vermeidung oder Handlungsunterdrückung der ersten Konsumversuche,
des Experimentierens mit der Substanz, des gelegentlichen Konsums oder
des Missbrauchs. Um diesem stufenweisen Ablauf folgen zu können, müssen
Individuen und Gruppen spezifisch angesprochen werden. Das bedeutet,
dass die Primärprävention beispielsweise bei Kindern und Jugendlichen, die
aufgrund ihrer Sozialisation Drogenkonsum prinzipiell ablehnen, das Absti-
nenzverhalten unterstützen soll. Bei Kindern und Jugendlichen, die zu risiko-
bereitem, neugierigem und erlebnisorientiertem Verhalten tendieren, würde
das Ziel der Primärprävention eine Verhinderung des missbräuchlichen Ge-
brauchsmusters nach dem zu erwartenden Erstkonsum anstreben. In Über-
einstimmung mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen sich drei
grundlegende Ziele der Primärprävention benennen:
­
Die Umsetzung von Entscheidungen der Jugendlichen für die Ab-
stinenz soll durch präventive Einflussnahme unterstützt werden.
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­
Die vollständige Abstinenz in Bezug auf illegale Drogen und Tabak-
konsum; dies ist operationalisierbar, indem ein Konsumaufschub
angestrebt wird oder erste Konsumversuche vermieden werden.
­
Eine Abstinenz soll auch in Bezug auf Alkoholkonsum gelten, je-
doch gestatten es die Traditionen bereits in jungen Jahren Alkohol
zu konsumieren, wodurch die Alkoholabstinenz ein unrealistisches
Ziel darstellt. Stattdessen soll hier der missbräuchliche Konsum
vermieden und zu einem verantwortlichem und selbstkontrolliertem
Umgang befähigt werden.
Seit den 1980er Jahren haben sich die Auffassungen der Drogenprävention
weiterentwickelt. Es kam zu dieser Zeit Kritik auf an der Orientierung am Risi-
kofaktorenkonzept, der interventiven Methode der Gesundheitserziehung im
restriktiven Sinn und der mangelhaften Einbeziehung von sozialen Umwelt-
bedingungen. Unter anderem wurde an der Gesundheitserziehung bemän-
gelt, sie wäre belehrend und asketisch angelegt, woraus sich Reaktanzphä-
nomene
1
ergeben würden. Außerdem wurde erkannt, dass bloße Wissens-
vermittlung nicht ausreicht und diese um person- und strukturorientierte prä-
ventive Ansätze ergänzt werden muss. Zusammenfassend lässt sich sagen,
dass eine ganzheitliche Primärprävention, neben der Vermittlung von Wis-
sen, immer auch die Vermeidung von Belehrungsstrategien und die Beto-
nung sozialer Bedingungen des Problemverhaltens beinhaltet. Dabei soll die
Gesundheitsförderung weniger etwas verhindern, sondern ein höheres Maß
an Selbstbestimmung im Bereich der Gesundheit aufbauen, um gesunde Le-
bensweisen und gesundheitsförderliche Lebenswelten zu fördern. Die Prä-
vention soll an den Stärken der Jugendlichen ansetzen, diese fördern und
entwickeln.
Ein bedeutender Aspekt der Primärprävention ist die
Förderung protektiver
,
also schützender,
Faktoren
, dies beinhaltet unter anderem die allgemeine
Gesundheitsförderung. Hierzu zählen die Stärkung der konsistenten Selbst-
wertschätzung (da eine verminderte Selbstwertschätzung anfällig macht für
1
Reaktanz: innerer Widerstand gegen Einschränkungen der Handlungsfreiheit durch Verbote bzw.
äußeren Druck; fördert die Tendenz, das zu tun, was verboten oder unerwünscht ist (vgl. Papadakis
2006).
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Drogenkonsum), die Förderung von Rollenbewältigung und sozialer
Kompetenz (da Sozialkompetenz und eine starkes Selbstkonzept in sozialen
Interaktionen weniger der enthemmenden Wirkung von Drogen bedürfen),
die Entwicklung sinnvoller Lebensziele und optimistischer Zukunftssicht (hier
spielen grundlegende motivationale Aspekt der menschlichen Persönlichkeit
eine bedeutende Rolle) und die soziale Unterstützung (da Jugendliche mit
hoher sozialer Unterstützung beim Auftreten von Belastungsfaktoren weniger
zu Problemverhaltensweisen wie z.B. Drogenkonsum tendieren).
Ein weiterer Aspekt der Förderung protektiver Faktoren ist die
Prävention
von Suchtverhalten
, welches die Förderung einer Entscheidung für ein sucht-
protektives Gebrauchsverhalten beinhaltet (z.B. Abstinenz, Probierverhalten,
ritueller Konsum, da diese das Risiko für eine Missbrauchsentwicklung ver-
ringern), Berücksichtigung von Erwartungen (da diese maßgeblich unseren
Umgang mit uns und der Welt beeinflussen), die Förderung von Handlungs-
kompetenzen (besonders die Fähigkeit, Angebote von Suchtmitteln abzuleh-
nen) und die Einbeziehung von Einstellungen (da diese Grundlage für Ver-
halten sind).
Als letzter Aspekt der Förderung protektiver Faktoren ist die
Prävention des
Suchtmittelmissbrauchs
zu erwähnen. Dieser Bereich beinhaltet unter ande-
rem die Wissensvermittlung zu den Begriffen Konsum, Genuss, Konsum-
missbrauch, Abhängigkeit und Sucht, wobei die abhängigkeitserzeugenden
Substanzen und deren Klassifikation im Mittelpunkt stehen sollen. Außerdem
soll die Wissensvermittlung auf der Grundlage des übergreifenden Konzepts
einer psychotropen Wirkung aller stoffgebundenen und immateriellen Süchte
ausgegangen werden und in diesem Zusammenhang verdeutlichen, dass die
gleiche Wirkung auch durch andere Verhaltens- und Erlebensqualitäten er-
reicht werden kann. Dies kann verdeutlicht werden, indem die Kinder und Ju-
gendlichen Gelegenheit erhalten, die Wirkung von künstlerischer Gestaltung,
von Entspannungs- und Imaginationsübungen, von Feiern ohne Suchtmittel
u.a. auszuprobieren. Des Weiteren zählen zur Wissensvermittlung die The-
matisierung der Unterteilung von Drogen in legale und illegale, was die Dis-
kussion der Freigabe illegaler Drogen einschließen kann. Es soll verdeutlicht
werden, dass eine Freigabe zusätzlicher abhängigkeitserzeugender Substan-
zen der Suchtprävention zuwiderlaufen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist hier
die Thematisierung Abhängigkeitsentwicklung von Alkohol und Tabak in
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Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Primäre Drogenprävention an Schulen. Ein Leitfaden für Pädagoginnen und Pädagogen
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Erziehungswissenschaft)
Autor
Jahr
2010
Seiten
16
Katalognummer
V376249
ISBN (eBook)
9783668532359
ISBN (Buch)
9783668532366
Dateigröße
565 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
primäre, drogenprävention, schulen, leitfaden, pädagoginnen, pädagogen
Arbeit zitieren
Heike Hiemstra (Autor:in), 2010, Primäre Drogenprävention an Schulen. Ein Leitfaden für Pädagoginnen und Pädagogen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376249

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