3217 Zeugnisnoten im Fach Deutsch aus 5. und 6. Klassen der Haupt- und Realschule wurden auf Gender-Effekte geprüft. Es zeigte sich ein deutlicher Effekt auf Seiten der Schülerinnen und Schüler, der auch ein gewisses Maß an Relevanz beanspruchen kann. Ähnlich wie bei den Kompetenzuntersuchungen schnitten Mädchen auch bei den Zensuren besser ab als Jungen. Der gender-Effekt der Lehrkräfte wurde zwar ebenfalls signifikant und wies die Lehrerinnen als mildere Beurteilerinnen aus, aber der Faktor klärte so wenig Varianz, dass man ihm kaum wirkliche Bedeutung beimessen kann. Interessant war auch die signifikante Interaktion zwischen dem Geschlecht der Schülerinnen und Schüler und dem der Lehrkräfte. Sie zeigte, dass die Jungen von Lehrerinnen und Lehrern gleich beurteilt wurden, die Mädchen aber von den Lehrerinnen noch einmal einen Bonus bekamen im Vergleich zu den Beurteilungen durch die Lehrer. Wegen der geringen Varianzklärung darf man aber auch diesem Interaktionseffekt kaum Relevanz zu sprechen, auch wenn Carter (1952) eine ähnliche Interaktion bei Beurteilungen im Fach Algebra fand. Als vergleichsweise starker Faktor erwies sich die Schulartzugehörigkeit. Bei einer Varianzklärung
von gut 6% erhielten Realschülerinnen und –schüler bessere Noten im Fach Deutsch als die Hauptschülerinnen und –schüler.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Fokus des Textes "Birkel: Gender-spezifische Effekte bei Deutschnoten im Zeugnis?"
Der Text untersucht, ob es gender-spezifische Effekte bei der Vergabe von Deutschnoten in Zeugnissen gibt. Dabei wird insbesondere der Einfluss des Geschlechts der Schüler und Lehrer auf die Notenverteilung in der Orientierungsstufe (Klasse 5 und 6) betrachtet.
Welche empirischen Befunde werden im Text diskutiert?
Der Text diskutiert u.a. folgende Befunde:
- Mädchen schneiden in sprachlichen Fächern, insbesondere im Deutschen, tendenziell besser ab als Jungen.
- Es gibt unterschiedliche Erklärungsansätze für diese Unterschiede, von genetischen Veranlagungen bis hin zu soziokulturellen Faktoren wie Leseverhalten.
- Frühere Studien zeigten, dass Lehrerinnen tendenziell mildere Zensuren geben als Lehrer.
- Neuere Studien deuten darauf hin, dass die Unterschiede im Beurteilungsverhalten von Lehrern und Lehrerinnen geringer geworden sind.
- Der Feminisierungsgrad des Lehrberufs und der Schulkultur wird oft als mögliche Ursache für schlechtere Leistungen von Jungen diskutiert.
Welche Hypothesen werden in der Studie aufgestellt?
Die Studie formuliert folgende Hypothesen:
- Mädchen erzielen bessere Noten im Fach Deutsch als Jungen.
- Es gibt keinen generellen Unterschied in den Zeugnisnoten zwischen Lehrern und Lehrerinnen (Nullhypothese).
- Es gibt eine Interaktion zwischen dem Geschlecht der Lehrkräfte und dem Geschlecht der Schüler, wobei Lehrerinnen Mädchen positiver beurteilen.
- Es gibt keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den an Haupt- und Realschulen erteilten Noten.
- Es gibt keine Veränderung der in den Klassenstufen 5 und 6 erteilten Noten.
Welche Untersuchungsmethode wurde verwendet?
Es wurde eine 4-faktorielle Varianzanalyse durchgeführt, um die Einflüsse von Schulart, Klassenstufe, Geschlecht der Schüler und Geschlecht der Lehrkraft auf die Deutschnoten zu untersuchen. Die Stichprobe umfasste die Zeugnisnoten von 3216 Schülern aus Haupt- und Realschulen.
Welche Ergebnisse lieferte die Analyse?
Die Analyse ergab u.a. folgende Ergebnisse:
- Mädchen erzielen signifikant bessere Deutschnoten als Jungen.
- Es gibt nur einen geringen und wenig relevanten Unterschied im Beurteilungsverhalten von Lehrern und Lehrerinnen.
- Es gibt eine geringe Interaktion zwischen dem Geschlecht der Lehrkräfte und dem Geschlecht der Schüler, wobei Lehrerinnen Mädchen tendenziell etwas besser beurteilen als Lehrer.
- Hauptschüler erhalten im Schnitt schlechtere Noten als Realschüler.
- Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen den in den Klassenstufen 5 und 6 erteilten Noten.
Wie werden die Ergebnisse interpretiert?
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die traditionellen Vorstellungen von geschlechtsspezifischen Beurteilungstendenzen (milde Lehrerinnen, benachteiligte Jungen) im deutschen Schulsystem der Orientierungsstufe nicht mehr in vollem Umfang bestätigen lassen. Der Kompetenzvorsprung der Mädchen im Fach Deutsch wird abgebildet, aber das Geschlecht des Lehrers spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die Autorin betont, dass die geringe Varianzklärung trotz statistischer Signifikanz zur Vorsicht bei der Interpretation mahnt.
Welche weiterführenden Aspekte werden diskutiert?
Der Text diskutiert die Professionalisierung der Lehrerinnen, die Veränderung der Schulkultur, die Bedeutung des Leseverhaltens, gender-Stereotype sowie die Notwendigkeit einer gendersensiblen Gestaltung des Unterrichts.
- Citation du texte
- Dr. Peter Birkel (Auteur), 2011, Gibt es gender-spezifische Effekte bei Deutschnoten im Zeugnis?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376309