Das Konzept der "Offenen Tür" in der akutpsychiatrischen Regelversorgung

Und dessen Wirkung auf Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen von Patienten


Bachelorarbeit, 2017

117 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Ziele der Arbeit und methodisches Vorgehen
2.1 Zielsetzung und Fragestellung
2.2 Literaturrecherche

3 Reformen in der Psychiatrie und der aktuelle Stand in Deutschland nach den Reform-Beschlüssen und -Verfahren
3.1 Psychiatrie-Enquête
3.2 Rodewischer Thesen
3.3 UN-Behindertenrechtskonvention
3.4 Zusammenfassung

4 Das psychiatrische Versorgungssystem
4.1 Zum Verständnis von Psychiatrie
4.2 Die gemeindenahe Psychiatrie und dessen Bedeutung für die psychiatrische Versorgungslandschaft
4.3 Die Säulen des gemeindepsychiatrischen Versorgungssystems
4.4 Akutpsychiatrische Behandlungsformen
4.5 Zusammenfassung und Fazit

5 Aspekte zu Zwang in der psychiatrischen Akutversorgung
5.1 Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlung
5.2 (Zwangs-)Unterbringung und rechtliche Rahmenbedingungen
5.3 Kriterien für Zwang in der psychiatrischen Versorgung
5.4 Zwang in Zahlen und Stand der Forschung
5.5 Anwendung von Alternativmaßnahmen zur Reduktion von Zwang in der akutpsychiatrischen Praxis
5.6 Mängel in der Praxis und Maßnahmen zur Reduktion von Zwang auf struktureller und institutioneller Ebene
5.7 Zusammenfassung

6 Besonderheiten in der psychiatrischen Akutversorgung und Veränderungen auf der Struktur- und Organisationsebene
6.1 Stigmatisierung von psychiatrischen Akutpatienten
6.2 Die Krankenhauskultur auf psychiatrischen Akutstationen
6.3 Geschlossene versus offene Stationsführung in der akutpsychiatrischen Regelversorgung
6.4 Konsequenzen für Struktur und Versorgung in der Psychiatrie
6.5 Zusammenfassung

7 Zusammenfassung

8 Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anzahl der Unterbringungsverfahren über Genehmigung und Verlängerung nach Betreuungsrecht (§1906 Abs. 1,2 BGB) von 2002-2015

Abbildung 2: Anzahl aller betreuungsrechtlichen Unterbringungsmaßnahmen nach §1906 Abs. 1,2,4 und §1904 BGB

Abbildung 3: Anzahl der öffentlich-rechtlichen Unterbringungsverfahren (§312 Nr. 3 FamFG) von 2002-2015

Abbildung 4: Mildere Maßnahmen und Alternativen zur Reduktion von Zwang in einer akutpsychiatrischen Situation

Abbildung 5: Teufelskreislauf aus Strukturgewalt und Rebellion (eigene Darstellung angelehnt an Lang)

Abbildung 6: Gründe für das Schließen von Stationen (n=193)

Abbildung 7: Übergriffe (7,7% versus 15,2%) und Zwangsmedikation (4,8% versus 11,3%) bei Türöffnung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: ICD-10-WHO Version 2016, Psychische und Verhaltensstörungen

Tabelle 2: Säulen der gemeindepsychiatrischen Versorgung (eigene Darstellung)

Tabelle 3: Grundprinzipien der Zwangsmaßnahmen adaptiert nach Steinert

Tabelle 4: Zwangsmaßnahmen und Zwangs€mittel (eigene Darstellung)

Tabelle 5: Maßnahmen und Alternativen zur Reduktion von Zwang auf struktureller und institutioneller Ebene

Tabelle 6: Gründe gegen geschlossene Stationen - Ein Überblick (adaptiert nach Sollberger et al)

Tabelle 7: geschlossene vs. offene Psychiatrie

Tabelle 8: Reduktion von Zwangsmaßnahmen durch das Konzept der "offenen Tür"

1 Einleitung

„Optimale Therapie kommt nur unter optimalen Bedingungen optimal zur Wirkung. Die psychiatrischen Krankenhäuser und Kliniken müssen ihre allgemeinen Bedingungen, unter denen sie therapieren, kritisch überprüfen. Die besonderen aus der Anstaltstradition übernommenen Maßnahmen, die den psychisch Kranken „anders“ als einen anderweitig Erkrankten im Krankenhaus behandeln, sind Zug um Zug zu beseitigen. Akut und chronisch Kranke können zum überwiegenden Teil auf völlig offenen Krankenstationen geführt werden. Entscheidend für die Öffnung der Krankenstation ist ein durchdachtes rehabilitatives Heilregime, der fürsorgliche Geist des Personals, die damit geschaffene Heilatmosphäre und die aktive Einstellung zur komplexen Therapie. Aus vorwiegend geschlossenen Heil- und Pflegeanstalten haben sich vorwiegend offene psychiatrische Fachkrankenhäuser zu entwickeln. Das umfassende Sicherungsprinzip der Heil- und Pflegeanstalt muss einem umfassenden Fürsorgeprinzip des Fachkrankenhauses weichen.“[1]

Der Zusammenhang, dass eine bedarfsgerechte Behandlung und Versorgung psychiatrisch erkrankter Menschen eng mit der Behandlungs- bzw. „Heilatmosphäre“ und der Öffnung psychiatrischer Stationen verbunden ist, wurde bereits Mitte der sechziger Jahre von den Psychiatrie-Reformen und hier speziell durch die Rodewischer Thesen richtig erkannt und reflektiert.

Ein geschlossenes psychiatrisches Setting bedeutet Zwang. Und besonders in der Akutversorgung werden Zwangsmaßnahmen durchgeführt. Trotz der grundlegenden Veränderungen durch Reformen der letzten Jahrzehnte in den entwickelten Ländern bezüglich der Behandlung von Patienten, ist Zwang in der deutschen Psychiatrie noch immer weit verbreitet.[2] Nach aktueller Studienlage sind insbesondere auf geschlossenen psychiatrischen Akutstationen die Patienten von Zwangsmaßnahmen und Zwangs-medikation betroffen.[3] In einer Stellungnahme der zentralen Ethikkommission der Deutschen Ärztekammer hat Wiesing im Deutschen Ärzteblatt formuliert, dass das Bewusstsein, das jede Zwangsbehandlung sowie jede Zwangsmaßnahme einen gravierenden Grundrechtseingriff darstellt, nicht durchgängig bei den in der Psychiatrie interagierenden Akteuren in ausreichenden Maß vorhanden zu sein scheint.[4] Das Statement und die ethische Brisanz dieses Themas wirft auf, dass es noch immer Mängel sowie einen großen Handlungsbedarf in der psychiatrischen Praxis gibt.

Vor diesem Hintergrund entstand ein Umdenken hin zu einer Psychiatrie, die sich besonders davon abhebt, Zwang, Türschließung, Restriktion und Isolation in der Behandlung psychiatrisch erkrankter Menschen zu reduzieren.[5] Zwang kann vermutlich in der Psychiatrie nicht vollständig vermieden werden, allerdings können Zwangsmaßnahmen durch bestimmte Maßnahmen, beispielswiese durch eine frühere Aufnahme einer tragfähigen therapeutischen Beziehung, maßgeblich reduziert werden. Die Lösung dieses Problems könnte das Konzept der "offenen Tür" in der Psychiatrie sein, welches in den letzten Jahren oft diskutiert wurde und in bereits mindestens zwanzig Kliniken (von insgesamt ca. 400 psychiatrischen Kliniken in Deutschland) praktiziert wird.[6] Doch nicht allein das Öffnen von Stationen kann alle Probleme augenblicklich lösen. Psychiatrische Stationen offen zu führen erfordert im besonderen Maße, neben optimalen Behandlungsbedingung im Krankenhaus, auch angemessene Unterstützungsangebote außerhalb der Klinik. Es erfordert die Einbettung in die sozialen Strukturen der Gemeinde. Das bedeutet beispielsweise, dass die Betroffenen schon während des Klinikaufenthaltes bereits Zugang zu gemeindeintegrierten, ambulanten und komplementären Angeboten erhalten oder versucht wird, akutpsychiatrische Patienten generell länger im ambulanten und häuslichen Setting zu halten, zu behandeln und zu versorgen, anstatt die Betroffenen stationär zu isolieren. Neue Modellprojekte sind von Nöten, um den Patienten ohne Beziehungsabbrüche dort zu behandeln, wo sie es möchten.[7]

Die Psychiatrie steht deshalb auch in Zukunft vor großen Aufgaben und Herausforderungen, um sie als ein modernes medizinisches Fach zu positionieren, zu entstigmatisieren und um die Selbstbestimmungsrechte und Autonomie der Patienten zu wahren.

2 Ziele der Arbeit und methodisches Vorgehen

2.1 Zielsetzung und Fragestellung

Um die Selbstbestimmungsrechte und Autonomie der Patienten uneingeschränkt zu wahren sowie um auf Maßnahmen, die sich gegen den freien Willen der Betroffenen richten, weitestgehend zu verzichten, begeben sich fortschrittliche psychiatrische Kliniken zunehmend auf den Weg, die Psychiatrie zu verändern und zu reformieren. Das Konzept der „offenen Türen“ in der Akutpsychiatrie, ein Thema, das nicht nur Gegenstand dieser Arbeit ist, sondern aufgrund der ethischen Brisanz eine dringende Forderung verschiedener Reformansätze und Professionen.[8] Der Paradigmenwechsel, zu einer partnerschaftlichen und patientenorientierten Psychiatrie, hat in den letzten Jahren zu einem Umdenken insbesondere in der akutpsychiatrischen Praxis geführt. Das Ziel des Wegs ist eine offene Psychiatrie, ohne institutionelle Gewalt und ohne institutionelle Diskriminierung, eine Psychiatrie die weitestgehend auf Zwang in der Versorgung psychiatrischer Patienten verzichtet.[9] Bisweilen arbeiten zahlreiche Kliniken mit diesem Konzept, dennoch gilt es mancherorts noch als unrealistische Vision, die Eingangstüren auf geschlossenen Stationen in psychiatrischen Einrichtungen zu öffnen.[10] Die vorliegende Bachelorarbeit setzt sich zum Ziel, die Öffnung von psychiatrischen Abteilung im Krankenhaus und einhergehende Konzepte auf institutioneller und organisatorischer Ebene in der akutpsychiatrischen Regelversorgung darzustellen und zu vergleichen. Außerdem soll in diesen Zusammenhang untersucht werden, inwieweit diese Ansätze dazu beitragen können Zwangsmaßnahmen und -behandlungen von Patienten zu reduzieren. Darüber hinaus werden folgende Gesichtspunkte und einhergehende Fragestellungen im Rahmen der Bachelorarbeit Gegenstand der näheren Betrachtung sein.

Psychiatrische Einrichtungen, die mit offenen Eingangstüren arbeiten, stehen vor einigen rechtlichen Fragen. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob das Konzept der „offenen Türen“ überhaupt rechtlich zulässig ist und beispielweise gerichtliche Unterbringung trotz geöffneter Türen durchgeführt werden können.

Anhand der einschlägigen Literatur zeigt sich, dass bisweilen noch immer Missstände und Mängel in der psychiatrischen Versorgung, einschließlich geschlossener Akutstationen, vorzuliegen scheinen.[11] Noch immer sind Menschen mit psychiatrischen Störungen gegenüber Menschen mit somatischen Krankheiten nicht gleichberechtigt. Psychiatrisch Erkrankte sind weiterhin bedroht von Diskriminierung und Stigmatisierung.[12] In diesem Kontext stellt sich insbesondere die Frage, wie genau Patienten, die in der geschlossenen Akutpsychiatrie behandelt werden, stigmatisiert und diskriminiert werden.

Ein vorrangiges Problem in der Akutversorgung psychiatrisch Erkrankter, stellt außerdem Zwang dar. In den letzten Jahren sind die Zahlen von Zwangsunterbringungen, Zwangsmaßnahmen und -behandlungen in Deutschland eindrucksvoll gestiegen.[13] Insbesondere im Bereich der Psychiatrie, werden gerade hier Fragen bezüglich der Patientenautonomie und Selbstbestimmungsrechte unter dem Aspekt drohender Zwangsmaßnahmen aufkommen. Zu beantworten sind daher die Fragen, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen Zwangsbehandlungen und -maßnahmen in der Psychiatrie möglich sind, welche Alternativmaßnahmen von psychiatrischen Einrichtungen ergriffen werden, um Zwang in der Behandlung von Patienten zu reduzieren und welche strukturellen und institutionellen Mängel in der psychiatrischen Versorgung im Kontext von Zwang vorliegen.

Ein Weg die strukturellen und institutionellen Mängel zu beseitigen würde eine psychiatrische Praxis bieten, die insbesondere in Akut- und Notfallsituationen neue Wege gegenüber Fixierungen, Isolationen oder Zwangsmedikation bestreitet.[14] Für diese Umsetzung bedarf es außer der offenen Türen bestimmte strukturelle Vorrausetzungen und Rahmenbedingungen im psychiatrischen Versorgungssystem. Denn eine „offene“ Psychiatrie zeichnet sich im Besonderen durch die Offenheit zur Gemeinde hin aus sowie in deren soziale Strukturen. Abschließend bleibt daher noch die Frage, welche strukturellen Konsequenzen das Konzept der „offenen Türen“ mit sich bringt, um den gemeindepsychiatrischen und integrierten Versorgungsansatz einer modernen Psychiatrie zu erfüllen.

2.2 Literaturrecherche

Die Grundlage für die hier vorliegende Arbeit bildet die relevante Literatur. Es wurden die gefundenen Ergebnisse aus der Forschung recherchiert, analysiert und ausgewertet. Die Literaturrecherche erfolgte über die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB), die Bibliothek der Berufsakademie Dresden und der Evangelischen Hochschule Dresden (EHS) sowie im Verlauf auch über Fachdatenbanken, wie Medline, Wiso, Pubmed und Cinahl. Ergänzend dazu erfolgte die Recherche im Internet nach relevanten Fachzeitschriftenartikeln, Studien, grauer Literatur und anderen wissenschaftlichen Publikationen. Gesucht wurde hauptsächlich nach deutsch- und partiell nach englischsprachiger Literatur.

Zunächst ging es bei der Recherche um das (akut-)psychiatrische Versorgungssystem in Deutschland und dessen vorhandene Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit dem Konzept der „offenen Tür“. Vor diesem Hintergrund wurde zusätzlich Literatur recherchiert, die Aspekte zu Zwang in der psychiatrischen Versorgung einschließt sowie nach Literatur, die sich insbesondere mit alternativen und „neuen“ Versorgungsformen und -ansätzen im vor- bzw. nachstationären Setting in der Versorgung psychiatrischer Patienten auseinandersetzt.

Um die passenden Publikationen auf den (OPAC/Beta)Suchplattformen der Bibliotheken ausfindig zu machen, erfolgte die Recherche mit deutschen und englischen Suchbegriffen. Als Schlagworte wurde deutschsprachig unter anderem nach „offene Psychiatrie“, „Konzept der offenen Tür“, „psychiatrisches Behandlungssetting“, „Ver-sorgung Akutpsychiatrie“, „Psychiatriereformen“, „Gemeindepsychiatrie“, „Zwangs-behandlung“, „Zwangsmaßnahmen“, „Zwangsmedikation“, „Stigmatisierung psychisch Kranker“ sowie englischsprachig nach „Locked door policy“, „Acute psychiatric inpatient“, „Home Treatment“, „Psychiatry with open doors“ und „machanical restraint and seclusion“ gesucht. Mit Hilfe der oben genannten Suchbegriffe ergab die Recherche eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen in Form von Primärliteratur, Herausgeber-büchern, Monographien und Fachzeitschriftenartikel. Besonders im Hinblick auf den thematischen Schwerpunkt „offene Psychiatrie“, konnte ein Großteil relevanter Artikel in Fachzeitschriften, wie „Der Nervenarzt“, „Psychiatrische Praxis“, „Recht und Psychiatrie“, „Psychiatrische Pflege heute“ oder in der „Ärzte Zeitung“ gefunden werden. In den Publikationen handelte es sich meist um Rationale für Türöffnungen in der Akutpsychiatrie und dessen Umsetzung in die psychiatrische Praxis. Die Recherche in Bezug auf die Umsetzung diverser Ansätze und Versorgungsformen wurde auf den deutschsprachigen Raum begrenzt.

3 Reformen in der Psychiatrie und der aktuelle Stand in Deutschland nach den Reform-Beschlüssen und -Verfahren

In der Folge einer harschen Kritik[15] gegenüber der traditionellen Psychiatrie mit ihren menschenverachtenden Strukturen sowie den teilweise menschenunwürdigen Zuständen, die von kritischen und oppositionellen gesellschaftlichen Gruppen vorgebracht wurden und sich – teilweise in Anlehnung an die Ansätze der Antipsychiatrie – gegen traditionelle Profession und Institution richtete, kam es in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in beiden Teilen Deutschlands zu Reformbewegungen und einhergehend enormen Umbrüchen.[16] Reformansätze in beiden Ländern stellten im Rahmen ihrer Erarbeitung unter anderem Mängel und Menschenrechtsverletzung in der psychiatrischen Versorgung fest. Vor diesem Hintergrund wurden Strukturen, Institutionen sowie das professionelle Handeln und Denken aller Akteure im psychiatrischen Kontext bis zum heutigen Zeitpunkt geprägt. Eine bedeutsame Rolle spielten hier die Psychiatrie-Enquête und die Rodewischer Thesen.[17]

Einen weiteren menschenrechtlich begründeten Auftrag formuliert die in Deutschland 2009 in Kraft getretene UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK). Durch das Inkrafttreten des Übereinkommens wurden fünfunddreißig Jahre nach den Psychiatriereformen die Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte psychiatrisch erkrankter Menschen erneut ins Bewusstsein der Gesellschaft und der Psychiatrietätigen gerückt und führte unter anderem dazu, gegenwärtige Praktiken in der Psychiatrie sowie gesetzliche Regelungen vor dem Aspekt der allgemeinen Menschenrechte kritisch zu hinterfragen.

3.1 Psychiatrie-Enquête

Zu Beginn der 70er Jahre beschäftigte sich eine Gruppe von Experten im Auftrag des Deutschen Bundestages mit der psychiatrischen Versorgung und präsentierte am 25. November 1975 den „Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland“, auch Psychiatrie-Enquête genannt.[18] Hintergrund und Anlass waren die inhumanen und menschenunwürdigen Bedingungen[19], die in den psychiatrischen Großkrankenhäusern bzw. Anstalten zum damaligen Zeitpunkt herrschten sowie die einhergehend immer lauter werdende Kritik seitens der Gesellschaft. Die damalige Anstalts-Realität war geprägt davon, die dort befindlichen Patienten teils lebenslang gesellschaftlich zu isolieren und zu entmündigen. Dazu beigetragen hat der Umstand, dass die psychiatrischen Anstalten meist nur in abgelegenen Orten vorzufinden waren, was eine angemessene Vor- und Nachsorge im Rahmen einer gemeindenahen Versorgung und Integration der Patienten nahezu unmöglich machte. Des Weiteren lag die Verweildauer laut der Enquête bei über 60% der Patienten bis zwei Jahre und bei über 30% der Patienten sogar länger als zehn Jahre.[20] Die Betroffenen wurden dabei in großen Schlafsälen mit bis zu siebzig Betten, ohne jegliche Privatsphäre und unzumutbarer sanitärer Einrichtung lediglich verwahrt, anstatt behandelt oder rehabilitiert.[21] Deshalb stand für die Kommissionsarbeit der Enquête zunächst das Ziel, den Mangel in der Versorgung, also die menschenunwürdigen und teilweise unmenschlichen Verhältnisse in den Krankenhäusern zu beseitigen.[22]

Die Zustände sollten sich zwar vor dem Hintergrund der Reformprozesse radikal verbessern, allerdings konnte sich die Kommission nicht dazu entschließen, anders als in England zwanzig Jahre zuvor, die psychiatrischen Großkrankenhäuser aufzulösen und in dezentrale und lebensortnahe Einrichtungen umzustrukturieren.[23] Die psychiatrischen Anstalten sollten weiterbestehen, allerdings vom Grunde verändert werden. Zum einen sollte die Bettenanzahl signifikant reduziert werden, von mehreren tausend auf maximal 400 bis 500 Betten, und zum anderen sollten aus den Anstalten therapeutische Einrichtungen entstehen. Des weiteren war das Ziel, in bestehenden Allgemeinkranken-häusern psychiatrische Abteilungen zu etablieren als Ergänzung zur psychiatrischen Vollversorgung. Daneben forderte die Enquête, psychiatrische Einrichtungen zu dezentralisieren, Alternativen zu entwickeln, psychiatrische Hilfsangebote vermehrt gemeindenah und ambulant, beispielsweise durch Tageskliniken, teilstationäre Einrichtungen sowie sozialpsychiatrische- und ambulante Dienste anzubieten. Zur Sicherstellung der Koordinierung psychiatrischer Aktivitäten sollten Versorgungs-sektoren[24] mit 150.000 bis 300.000 Einwohnern entstehen.[25] Die zentralen Leitideen und Ziele der Psychiatriereform durch die Enquête sind im Überblick:[26]

- Aufbau eines bedarfsgerechten Versorgungssystems mit Angeboten durch ambulante und komplementäre Dienste im Lebensumfeld der Betroffenen
- gemeindenahe und dezentralisierte Versorgung (nach dem Prinzip: ambulant vor stationär)
- Koordination und Zusammenwirken der multiprofessionellen Dienste und aller beteiligten Berufe im Versorgungsystem
- Umstrukturierung der großen psychiatrischen Krankenhäuser
- getrennte Versorgung psychiatrischer Patienten und geistig Behinderten
- Gleichstellung psychisch und somatisch Kranker

In den letzten vier Jahrzehnten nach Veröffentlichung der Psychiatrie-Enquête, die Grundlage und Ausgangspunkt für die Reform der psychiatrischen Versorgung in Deutschland war, hat sich Vieles verändert. Insbesondere die groben Missstände und hier explizit die menschenunwürdigen Zustände wurden in den Großkrankenhäusern überwunden.[27] Darüber hinaus ist das heutige System an Behandlungs- und Unterstützungsangeboten für psychiatrisch erkrankte Menschen deutlich vielfältiger, dafür aber auch wesentlich unübersichtlicher geworden. Allerdings sind einige wichtige Punkte der Reform offen geblieben.[28] Die einschlägige Literatur zeigt, dass die Zielformulierungen der Enquête nicht oder nur zum Teil erfüllt worden sind und noch immer Missstände und Mängel in der psychiatrischen Versorgung vorzuliegen scheinen. Dazu gehören beispielsweise:[29]

- zu hoher Anteil an geschlossenen Stationen bzw. Aufbau psychiatrischer Abteilungen in Allgemeinkrankenhäusern, die auf geschlossene Türen verzichten
- zu hoher Anteil an Zwangsunterbringungen
- Gleichstellung psychisch und somatisch Kranker in rechtlicher, finanzieller und sozialer Hinsicht
- mangelnde Kooperation und Koordination aller beteiligten Akteure und Dienste
- Aufbau eines bedarfsgerechten gemeindenahen Versorgungssystems mit ambulanten und komplementären Angeboten mit aufsuchendem Charakter
- unzureichende ambulante Behandlungsmöglichkeiten
- unzureichender Ausbau und unzureichende Angebote des Nachsorgesystems
- fehlende psychotherapeutische Angebote, insbesondere in der stationären Versorgung
- noch häufig geschlechterspezifische Stationen
- ungünstige geografische Lage einiger Fachkrankenhäuser für die Bevölkerung

Das Anliegen der Enquête war zudem, Zwang in der Psychiatrie zu reduzieren. Die Enquête traf zwar keine speziell erarbeiteten Strategien zur Zwangsvermeidung und –Reduktion, doch sie hat zu Teilen auch dazu geführt, dass spezifische Untersuchungen zum Thema Zwang und deren Anwendung angeregt wurden.[30] Daneben traf die Enquête wichtige Aussagen dazu, psychiatrisches Handeln grundsätzlich auf menschenrechtlich unbedenkliche Weise zu beschreiten, was die Thematik Zwang in der psychiatrischen Versorgung grundsätzlich inkludiert.[31]

3.2 Rodewischer Thesen

Auch in der damaligen DDR kam es zwölf Jahre vor der Psychiatrie-Enquête der Bundesrepublik Deutschland zu einer Reformbewegung.[32] Vom 23. - 25. Mai 1963 fand in Rodewisch ein Symposium statt, in dem von einer Gruppe internationaler Experten im Bereich der Psychiatrie wissenschaftlich begründete Therapieempfehlungen formuliert wurden.[33] Die Aussagen der Rodewischer Thesen bildeten die Grundlage für eine humanere Versorgung von Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen und forderten eine Verbesserung der Situation der Psychiatrie in der DDR. Gefordert wurde im Einzelnen:[34]

- eine „komplexe Therapie“, die eine Anwendung von Psychopharmaka, Arbeitstherapie bis hin zu gruppentherapeutischen Verfahren beinhalten soll
- Öffnung psychiatrischer Stationen für den überwiegenden Teil der akut und chronisch Kranken, die Voraussetzung für die Öffnung der Stationen sei ein „durchdachtes rehabilitatives Heilregime, der fürsorgliche Geist des Personals, die damit geschaffene Heilatmosphäre und die aktive Einstellung zur komplexen Therapie. Aus vorwiegend geschlossenen Heil- und Pflegeanstalten haben sich vorwiegend offene psychiatrische Fachkrankenhäuser zu entwickeln. Das umfassende Sicherungsprinzip der Heil- und Pflegeanstalt muss einem umfassenden Fürsorgeprinzip des Fachkrankenhauses weichen.“
- Differenzierung der Stationen nach akut und chronischen Kranken sowie die Trennung von Jugend- und Altersstationen
- Verbesserung der personellen, materiellen und intentionellen Bedingungen in den psychiatrischen Krankenhäusern
- Ausbau bzw. Aufbau von Nachsorgeangeboten, wie ambulante und komplementäre Dienste
- Vermeidung einer gesellschaftlichen Intoleranz gegenüber psychisch kranken Menschen sowie
- eine stringente Reduzierung von Zwangsmaßnahmen vor dem Hintergrund, „psychisch Kranke in der Öffentlichkeit zu diffamieren und sie außerhalb der Gesellschaft zu stellen.“

Auch die Psychiatrie-Reform der DDR läutete eine Kehrtwende in der psychiatrischen Versorgung ein. Der Tenor lag auf der Abschaffung einer „Verwahrpsychiatrie“ bis hin zur Öffnung psychiatrischer Stationen und der sozialen Integration der Betroffenen durch den Aufbau von ambulanten und komplementären Diensten. Eine konsequente Umsetzung der Ziele, insbesondere die Etablierung einer flächendeckenden dezentralisierten Behandlungsstruktur, gelang auch bei den Rodewischer Thesen nicht vollständig.[35] Kumbier et al. sind der Überzeugung, dass aufgrund des politischen Systems, der schlechten wirtschaftlichen Lage der DDR, einer fehlenden öffentlichen Problemanalyse und Diskussion sowie des fehlenden Engagements vieler Psychiater eine nachhaltige Versorgungsverbesserung in der gesamten DDR ausblieb.[36]

3.3 UN-Behindertenrechtskonvention

Die sogenannte UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), ist ein Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, welches 2008 in Kraft getreten ist.[37] Im Jahr 2009 wurde die UN-BRK auch in Deutschland ratifiziert und demzufolge geltendes Recht.[38] Ziel der UN-BRK ist es, die allgemeinen Menschrechte auch für behinderte Menschen zu stärken, um eine selbstbestimmte und diskriminierungsfreie Teilhabe in der Gesellschaft zu ermöglichen. Im Sinne der UN-BRK gehören zu den Menschen mit Behinderungen auch Menschen, die an (chronischen) psychiatrischen Erkrankungen und Störungen leiden.[39] Demnach besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den Bestimmungen der UN-BRK und der Behandlung psychiatrisch erkrankter Menschen.[40]

Im Kontext der Versorgung psychiatrischer Patienten und der Anwendung von Zwang wird zum Teil in einiger Literatur davon berichtet, dass die UN-BRK „[...] die Ausrichtung und Arbeitsweise der Psychiatrie in Deutschland [...]“ kritisiert. „Denn sie hinterfragt die langjährige Praxis und bis heute gesetzlich abgesicherte Arbeitsweise, die Angebote im Bereich der geistigen Gesundheit mit Zwang zu verbinden. So gelten insbesondere Zwangsunterbringungen und Zwangsbehandlungen, aber auch andere Formen des Zwangs, die im Zusammenhang von Einrichtungen und Diensten der psychiatrischen Versorgung stehen, als menschenrechtlich unzulässig.“[41] Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Formulierungen der UN-BRK wird von Aichele die Meinung vertreten, dass Zwangsunterbringungen, Zwangsbehandlungen und Zwangsmaßnahmen in psychiatrischen Einrichtungen unverhältnismäßig stark in die Rechte der Betroffen eingreifen und es sich dabei um grausame, erniedrigende und unmenschliche Praktiken handelt. Folglich werden in der klinischen Praxis Menschen mit Behinderungen bzw. psychiatrischen Erkrankungen diskriminiert und konventionswidrig behandelt.[42] Unter anderem würde die Psychiatrie als Institution gegen folgende gesetzliche Bestimmungen der UN-BRK verstoßen:

- Art. 12 Abs. 2 UN-BRK, Gleiche Anerkennung vor dem Recht[43]
- Art. 14. Abs. 1 UN-BRK, Freiheit und Sicherheit der Person[44]
- Art. 15 Abs. 1 S. 1 UN-BRK, Freiheit von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe[45]

Ein Vergleich der einschlägigen Literatur hat allerdings ergeben, dass die UN-BRK kein direktes Verbot von Zwangsbehandlungen und -Maßnahmen ausspricht.[46] Des Weiteren geht aus Art. 12 Abs. 4 der UN-BRK hervor, dass den Autoren der Gesetzestexte durchaus bewusst war, dass es zum Teil gute Gründe für Einschränkungen bestimmter Rechte geben kann.[47] Besteht beispielsweise eine Eigen- und Fremdgefährdung, so verbietet die Konvention Menschen mit Behinderungen nicht die Freiheit zu entziehen. Sie verbietet lediglich eine rechtswidrige, aufgrund einer bestehenden Behinderung willkürlich durchgeführte Freiheitsentziehung.[48]

Olzen untersuchte zudem die Auswirkung der UN-BRK auf die Unterbringung und Zwangsbehandlung psychiatrischer Patienten und kam zu dem Entschluss, dass die Behindertenkonvention keine unmittelbare Auswirkung auf die Unterbringung und Zwangsbehandlung auf die Betroffenen hat. Die unmittelbar geltenden Bestimmungen der UN-BRK lassen sich mit den Vorschriften des Betreuungsrechts und Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) vereinbaren.[49]

Das Übereinkommen der UN-BRK hat in der Vergangenheit in Deutschland dazu geführt, die Praktiken in der Psychiatrie sowie gesetzliche Regelungen hinsichtlich seiner Rechtsmäßigkeit kritisch zu reflektieren.[50] Vor diesem Hintergrund wird es in der nächsten Zeit weiter darum gehen, innerhalb und außerhalb der psychiatrischen Kliniken Maßnahmen und Strategien zu entwickeln, die die Rechte psychiatrischer Patienten und behinderter Menschen schützt, die Stigmatisierung und Diskriminierung beseitigt und Zwang vermeidet.

3.4 Zusammenfassung

In beiden Teilen Deutschlands fanden im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts Bemühungen statt, die psychiatrische Versorgung grundlegend zu verbessern - die Rodewischer Thesen im Jahr 1963 in der DDR und die Psychiatrie-Enquête in der BRD im Jahr 1975. Beide Reformen weisen erkennbare inhaltliche Parallelen auf. Die Reformen bezogen sich bei der Ausformulierung ihrer Ziele darauf, die Versorgung in der Psychiatrie flächendeckend humaner zu gestalten, die Großkrankenhäuser zu verkleinern und die Patienten durch gemeindenahe, ambulante und komplementäre Angebote besser zu integrieren. Resümierend kann festgestellt werden, dass keine der beiden Psychiatrie-Reformen komplett gescheitert sind – ganz im Gegenteil. In den letzten vier Jahrzehnten hat sich die Grundversorgung psychiatrischer Patienten zweifelsohne positiv verändert. Allerdings ist auch anzumerken, dass keine der beiden Reformbemühungen und die darin formulierten Forderungen und Ideen vollständig durchgesetzt wurden. Die zentralen Ziele der Enquête und der Rodewischer Thesen haben noch heute ihre Gültigkeit und sind Leitziele für Ausgestaltung der psychiatrischen Praxis. Trotz der weitreichenden Veränderungen durch die gesetzten Impulse der Reformen bestehen in der psychiatrischen Versorgungslandschaft noch immer Mängel. Mängel, die bereits vor vierzig Jahren benannt worden sind. Weiterhin sind Menschen mit psychiatrischen Störungen gegenüber Menschen mit somatischen Erkrankungen nicht gleichberechtigt. Menschen mit psychischen Störungen sind weiterhin bedroht von Diskriminierung und Stigmatisierung. Des weiteren sind die Versorgungsangebote nicht flächendeckend ausgebaut, vor allen in den ländlichen Gebieten. Hier fehlt es insbesondere im Bereich der Nachsorge an gemeindeintegrierten, also ambulanten und komplementären Angeboten.

Für Menschen mit chronischen psychiatrischen Erkrankungen gilt außerdem das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, das 2009 in Deutschland in Kraft getreten ist. Das Übereinkommen hat zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf die Zwangsbehandlung und -unterbringung von Patienten, sie stellt trotz alldem die psychiatrische Praxis und gesetzliche Regelungen kritisch in Frage und führt dazu, Maßnahmen und Strategien zu entwickeln, um die Rechte psychiatrisch Kranker und behinderter Menschen zu schützen, Zwang zu vermeiden sowie Stigmatisierung und Diskriminierung zu beseitigen.

Der Veränderungsprozess des psychiatrischen Versorgungssystems durch Reformen und Menschrechtsübereinkommen scheint allerdings bis heute nicht abgeschlossen zu sein. Zum einen werden Menschen mit psychischen Störungen weiter stigmatisiert, zum anderen stieg die Anzahl an Unterbringungen und Zwangsbehandlungen in den letzten Jahren in psychiatrischen Einrichtungen unweigerlich an.[51] Maßnahmen, die Zwang in der psychiatrischen Versorgung vermeiden (z.B. flächendeckende ambulante Versorgungsformen, Unterbringung auf offenen Stationen usw.), wurden um ein Vielfaches, unter anderem auch durch die Reformen, beschrieben. Die Umsetzung dieser Maßnahmen lässt allerdings in der Realität zu wünschen übrig. Der Grund hierfür ist vermutlich der Faktor „Mehrkosten“. Das übergeordnete Ziel sollte dennoch weiter unausbleiblich angestrebt werden: Nämlich eine psychiatrische Versorgung sicherzustellen, die den menschenrechtlichen Vorgaben entspricht und den Einsatz von Zwang überwiegend verhindert.[52]

4 Das psychiatrische Versorgungssystem

Die Versorgung von Menschen mit psychiatrischen Störungen ist von großer Bedeutung, unabhängig wie stark die krankheitsspezifische Symptomatik ausgeprägt ist. Dabei ist die Psychiatrie als wissenschaftlicher und medizinischer Schwerpunkt sowie als Hilfesystem geprägt durch die starken ethischen und strukturellen Wandlungen der letzten vierzig Jahre. Das Versorgungssystem entwickelte sich von einer traditionellen, krankenhauszentrierten Behandlung zu einer dezentralen, gemeindeorientierten und personenzentrierten Behandlung und Versorgung.[53] Die psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungsstrukturen, welche als Hilfsangebot für die Betroffenen dienen sollen, müssen die Aufgabe erfüllen, eine bedarfsgerechte und nach aktuellen fachlichen Standards orientierte Basisversorgung zu gewährleisten. Um dies adäquat umsetzen zu können, bedarf es einem multiprofessionellen Angebot. Daraus abgeleitet zeigt sich die psychiatrische Versorgungslandschaft als fragmentiertes Konstrukt mit einer Vielzahl von unterschiedlich agierenden Berufsgruppen, Leistungserbringern und Kostenträgern.[54]

4.1 Zum Verständnis von Psychiatrie

Der Begriff der Psychiatrie kann laut der einschlägigen Literatur in drei unterschiedlichen Zusammenhängen betrachtet werden.

Zunächst ist die Psychiatrie als ein Fachgebiet der Medizin zu verstehen. Als medizinische Wissenschaft beschäftigt sie sich mit der Prävention, Diagnose, Behandlung und Erforschung psychiatrischer Krankheiten.[55] Ein Überblick über die verschiedenen psychiatrischen Störungen gibt das weltweit anerkannte Diagnose-klassifikationssystem der Medizin, die ICD-10[56] (Tab. 1). Psychiatrische Krankheiten sind nach dem Internationalen Diagnoseklassifikationssystem per Definition „Störungen des Erlebens und Verhaltens“. Psychiatrische Krankheiten äußern sich demnach im gestörten Erleben, wenn ein Patient folglich unter Halluzinationen oder Ängsten leidet oder bei schweren Verhaltensauffälligkeiten, wie Suizidabsichten, Selbstvernachlässigung oder krankheitsbedingtem eigen- und fremdaggressiven Verhalten.[57]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: ICD-10-WHO Version 2016, Psychische und Verhaltensstörungen[58]

Des weiteren wird Psychiatrie als ein konkreter sozialer Ort verstanden, worunter Kliniken, Landeskrankenhäuser und psychiatrische Abteilungen zählen. An diesen Orten wirken die theoretischen Erkenntnisse aus der Medizin in die Behandlung von Patienten ein. Die psychiatrische Klinik als institutionelle Organisationsform trug wesentlich dazu bei, die Psychiatrie als medizinische Disziplin gesellschaftlich zu etablieren. Dörr ist außerdem der Meinung, dass psychiatrische Kliniken „[...] eine der härtesten Formen manifester sozialer Kontrolle und institutioneller Verwahrung darstellen [...].[59]

Schlussendlich wird die Psychiatrie als eine soziale Institution betrachtet, die „[...] als Antwort auf soziale Fragen entstanden und folglich ein Resultat des Zusammenspiels von gesellschaftlichen Bedarf und Ressourcen ist.“[60]

4.2 Die gemeindenahe Psychiatrie und dessen Bedeutung für die psychiatrische Versorgungslandschaft

Die Expertenkommission der Enquête beschreibt Gemeindenähe als „[...] Kopplung psychosozialer Versorgung mit allen anderen kommunalen Betreuungsstrukturen und eine möglichst geringe Entfernung aller Behandlungsmöglichkeiten vom Lebensbereich der Patienten, um einen Abbruch der sozialen Bezüge zu verhindern, bzw. eine Wideraufnahme zu erleichtern.“[61] Entsprechend sollen psychiatrische Erkrankungen dort behandelt werden, wo sie entstehen und zum Vorschein kommen, nämlich im unmittelbaren Lebensumfeld der Betroffenen und nicht in spezialisierten Institutionen und gar hinter Anstaltsmauern.[62]

Die gemeindenahe Psychiatrie versteht sich in Reflexion als versorgungsstrukturelles System, welches das Ergebnis der Psychiatrie-Enquête aus dem Jahr 1975 war.[63] Hinsichtlich der Grundforderungen der Enquête wurde nun durch die Aktivitäten des Gesetzgebers eine gemeindenahe Versorgung sowie die Stärkung kommunaler Verantwortlichkeiten angestrebt. Es ging also darum, die psychiatrische Versorgungslandschaft in Deutschland von Grund auf umzustrukturieren, um eine bedarfsgerechte und umfassende psychiatrische Versorgung betreffend aller psychiatrisch Erkrankten und Behinderten zu sichern.[64] Bei dem durch die Enquête ausgelösten Prozess der Umstrukturierung, weg von den menschenunwürdigen Groß-krankenhäusern, hin zu einem Mehr an integrierten psychiatrischen Abteilungen in den Allgemeinkrankenhäusern, ging es vor allem darum, ambulante Versorgungsstrukturen in der Gemeinde aufzubauen - also Angebote im direkten Lebensumfeld der Betroffenen zu schaffen. In Folge dessen haben psychiatrisch erkrankte Menschen nunmehr die Möglichkeit, sich ganzheitlich in die Gemeinde, also in die Gesellschaft zu integrieren. Das ermöglicht ihnen, im gewohnten Lebensumfeld zu wohnen, zu arbeiten und dort ihre Freizeit zu verbringen.[65]

Die ambulanten Versorgungsangebote haben sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend entwickelt. Inzwischen sind zahlreiche Angebote, wie psychiatrische Institutsambulanzen, Kontakt- und Beratungsstellen sowie (ambulante) sozial-psychiatrische Dienste, entstanden.[66] Der Entwicklungsprozess war merklich weitreichend, doch scheint dieser bis heute nicht abgeschlossen zu sein, vor allem vor dem Hintergrund des großen Angebotsunterschieds zwischen ländlicher Gemeinde und den Behandlungs- und Versorgungsangeboten in städtischen Ballungsgebieten. Selbst in Städten, die meistens eine relative gute psychiatrische Versorgung aufweisen, sind aufgrund des Ärztemangels die Wartezeiten für einen Termin beim Facharzt oft über drei Monate. In ländlichen Regionen findet dahingehend oft gar keine psychiatrische oder psychotherapeutische Versorgung statt.[67]

4.3 Die Säulen des gemeindepsychiatrischen Versorgungssystems

Die Gemeindepsychiatrie, das Fundament der psychiatrischen Grundversorgung[68], ist geprägt durch eine Vielzahl von Leistungserbringern und Angeboten. Die Versorgungs- und Behandlungsangebote beziehen sich, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, auf die Gemeinde, also auf eine Region, in der eine bestimmte Anzahl von Menschen leben.[69] Das gemeindenahe Versorgungssystem setzt sich dabei aus vier Säulen zusammen. Grundsätzlich kann hier von stationären, teilstationären, ambulanten und komplementären Versorgungsangeboten unterschieden werden.[70] Neben den eingangs genannten traditionellen Behandlungssettings ((teil-)stationär, ambulant und komplementär) haben sich in den letzten Jahren neue integrative Versorgungsformen modellhaft entwickelt und zum Teil etabliert.[71] Diese verschiedenen Formen sind nicht an bestimmte Behandlungssettings gebunden. Vor dem Hintergrund der zentralen Ziele der Psychiatrie-Enquête, nämlich alle an der psychiatrischen Versorgung beteiligten Berufsgruppen und Leistungserbringer kontinuierlich zu vernetzen, als auch aufgrund der Fragmentierung des Systems, ist es notwendig, die verschiedenen Behandlungs- und Hilfsangebote hinreichend miteinander zu koordinieren. Deshalb ist es wichtig, dass alle an dem Versorgungssystem beteiligten Akteure miteinander kooperieren, um einerseits die Zusammenarbeit und andererseits eine bedarfsgerechte Behandlung psychiatrisch kranker Menschen zu gewährleisten.[72] Aus diesem Grund sind die Teilbereiche des gemeindepsychiatrischen Versorgungsystems in der nachfolgenden Tabelle mit der Schnittstelle „Kooperation und Koordination“ miteinander verbunden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[73][74][75][76][77]

Tabelle 2: Säulen der gemeindepsychiatrischen Versorgung (eigene Darstellung)

4.3.1 Stationäre und teilstationäre Versorgung

Die erste Säule des gemeindepsychiatrischen Versorgungssystems beinhaltet den Bereich der stationären und teilstationären Grundversorgung von psychiatrisch kranken Menschen. Dieser wird von psychiatrischen Abteilungen in Allgemeinkrankenhäusern oder von Fachkrankenhäusern (den ehemaligen psychiatrischen Großkrankenhäusern) unter der Trägerschaft von Ländern, Kommunen oder freigemeinnützigen und privaten Anbietern wahrgenommen. Diese krankenhausorientierte Form der Versorgung zielt insbesondere auf Patienten ab, welche eine Akutbehandlung bzw. eine besondere Behandlungsintensität bedürfen.[78] Die Krankenhäuser sind seit 1997 dazu verpflichtet, für ein exakt definiertes Einzugsgebiet den Versorgungsauftrag zu übernehmen, was eine wohnortnahe stationäre Behandlung sicherstellen soll.[79] Die Finanzierung der zu erbringenden Leistungen am Patienten werden von den zuständigen gesetzlichen und privaten Krankenkassen gemäß Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erbracht.[80] Das Entgeltsystem für stationäre und teilstationäre Leistungen psychiatrischer und psychosomatischer Krankenhäuser und Abteilungen basierte bis einschließlich 2012 auf tagesgleichen Basispflegesätzen. Seit dem 21. Juli 2012 besteht ein neues, leistungsorientiertes und pauschalisierendes Vergütungssystem auf Grundlage von tagesbezogenen Entgelten, ähnlich wie in somatischen Krankenhäusern. Das neue Preissystem findet seit 2013 auf freiwilliger Grundlage in den jeweiligen Krankenhäusern Anwendung und ist ab 2018 von allen Einrichtungen verbindlich umzusetzen.[81] PEPP (Pauschalisierendes Entgeltsystem Psychiatrie und Psychosomatik) orientiert sich nun explizit an die tatsächlich erbrachten Leistungen und trägt insgesamt dazu bei, die Transparenz und Leistungsorientierung zu erhöhen.[82] Wer demzufolge Patienten mit schwersten psychischen Störungen behandelt, soll eine wesentlich höhere Vergütung bekommen als diejenigen mit weniger aufwendigen Patienten. Bei Fachgesellschaften und –verbänden aus Medizin, Pflege und Ökonomie sorgten die veränderten Rahmenbedingungen bezüglich der Krankenhausfinanzierung in der Psychiatrie jedoch für anhaltend massive Kritik. Nach deren Auffassung würde PEPP die ökonomischen Reize verschärfen, den Dokumentations- und Administrationsaufwand stark erhöhen und einen massiven Personalabbau in der Pflege begünstigen, was letztendlich zulasten der Patientenversorgung gehe.[83] Neben der Kritik bietet das neue Vergütungssystem vor allem Chancen für eine sektorenübergreifende Versorgung.[84] Daher können die jeweiligen Krankenhäuser gemeinsam mit den Krankenkassen Modellvorhaben vereinbaren und beispielsweise neue gemeindepsychiatrische Versorgungsformen, wie Home-Treatment-Modelle, stärken und etablieren.[85]

[...]


[1] Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Rodewisch: Rodewischer Thesen - Internationales Symposium über psychiatrische Rehabilitation vom 23.-25. Mai 1963 in Rodewisch S. 1.ff https://www.skh-rodewisch.sachsen.de/fileadmin/user_upload/rodewisch/pdf/Publikationen/Rodewischer_Thesen_1963.pdf(Zugriff am 24.07.2017)

[2] Steinert, T., Noorthoorn, E. und C. Mulder: The use of coercive interventions in mental health care in Germany and the Netherlands. A comparison of the developments in two neighboring countries. Front Puplic Health 2014; 2: 141. Ketelsen R., Schulz M. und M. Driessen: Zwangsmaßnahmen im Vergleich an sechs psychiatrischen Abteilungen. Gesundheitswesen 2011; 73: 105–111. Martin V., Kuster W. und M. Baur et al.: Die Inzidenz von Zwangsmaßnahmen als Qualitätsindikator in psychiatrischen Kliniken. Probleme der Datenerfassung und -verarbeitung und erste Ergebnisse. Psychiat Prax 2007; 34: 26–33. Steinert T, Martin V. und M. Baur et al.: Diagnosis-related frequencies of compulsory measures in 10 German psychiatric hospitals and correlates with hospital characteristics. Social Psychiatry and Psychiatric Epidemiollogy 2007; 42: 140–145. Steinert T., Lepping P. und R. Bernhardsgrütter et al.: Incidence of seclusion and restraint in psychiatric hospitals: a literature review and survey of international trends. Social Psychiatry and Psychiatric Epidemiollogy 2010; 45: 889–897.

[3] Armgart, C., Schaub, M. und K. Hoffmann et al.: Negative Emotionen und Verständnis – Zwangsbehandlung aus Patientensicht. Psychiat Prax. 2013; 40 (5), S. 278-284. S. 278.

[4] Bundesärztekammer: Stellungnahme der zentralen Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten (Zentrale Ethikkommission) bei der Bundesärztekammer. Zwangsbehandlung bei psychischen Erkrankungen. Deutsches Ärzteblatt. 2013; 110: 1334-1338, S. 1335.

[5] Marschner, R.: Verbringung statt Unterbringung. Recht und Psychiatrie. 2017; 35: 62.

[6] Zinkler, M.: Zur Vision einer gewaltfreien Psychiatrie. In: Zinkler, M., Laupichler, K. und M. Osterfeld (Hrsg.): Prävention von Zwangsmaßnahmen. Menschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie. Köln (Psychiatrie). 2016. S.220-229. S. 225. Zinkler, M. und P. W. Nyhuis: Offene Türen in der Allgemeinpsychiatrie: Modelle und Standards. Recht und Psychiatrie. 2017; 35: 63-67. S. 64.

[7] Zinkler, M. und P. W. Nyhuis: Offene Türen in der Allgemeinpsychiatrie: Modelle und Standards. Recht und Psychiatrie. 2017; 35: 63-67. S. 66.

[8] Bundesärztekammer: Stellungnahme der zentralen Kommission zur Wahrung ethischer Grundsätze in der Medizin und ihren Grenzgebieten (Zentrale Ethikkommission) bei der Bundesärztekammer. Zwangsbehandlung bei psychischen Erkrankungen. Deutsches Ärzteblatt. 2013; 110: 1334-1338.

[9] Zinkler, M.: Zur Vision einer gewaltfreien Psychiatrie. In: Zinkler, M., Laupichler, K. und M. Osterfeld (Hrsg.): Prävention von Zwangsmaßnahmen. Menschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie. Köln (Psychiatrie). 2016. S. 220-227. S. 227. Sollberger, D. und U. Lang: Psychiatrie mit offenen Türen. Teil 2: Therapeutische Herausforderung. Nervenarzt 2013; 85: 1-7. S. 6.

[10] Zinkler, M. und P. W. Nyhuis: Offene Türen in der Allgemeinpsychiatrie: Modelle und Standards. Recht und Psychiatrie. 2017; 35: 63-67. S. 63.

[11] Siehe Kapitel 3.1 und 5.6

[12] Siehe Kapitel 6.1

[13] Siehe Kapitel 5.4

[14] Steinert, T.: Zwangsmaßnahmen aus der Perspektive der klinischen Psychiatrie: Evidenz und Good Clincal Practise. In: Henking, T. und J. Vollmann: Zwangsbehandlung psychisch kranker Menschen. Ein Leitfaden für die Praxis. Berlin (Springer) 2015, S. 1-17. S. 15.

[15] Es hat lange gedauert, bevor die Missstände und Verhältnisse in den Psychiatrien von Gesellschaft und Politik wahrgenommen wurden. Personen, wie Anstaltsärzte oder Professoren, die die damaligen Missstände in den psychiatrischen Einrichtungen anprangerten und sich an die Öffentlichkeit wendeten, erhielten Disziplinarverfahren und Redeverbote. Die öffentliche Kritik und Interesse an diesem Thema nahm trotz der Redeverbote zu. Ein Teil dazu beigetragen hat das (Skandal-)Buch „Irrenhäuser“ von Frank Fischer. Er forderte in seinem Buch die Gesellschaft und Politik auf, der miserablen Versorgungssituation in den Psychiatrien ein Ende zu bereiten. Dieses Buch hatte eine durchschlagende Wirkung. Fischer beschreibt die Anstaltsrealität und die verschiedenen Formen der Unterdrückung und Inhumanität. (Fischer, F.: Irrenhäuser. München (Desch) 1969. Finzen, A.: Auf dem Wege zur Reform: Die Psychiatrie-Enquete wird 40. Psychiatrische Praxis. 2015; 42: S. 392-396. S. 394.)

[16] Finzen, A.: Auf dem Wege zur Reform: Die Psychiatrie-Enquete wird 40. Psychiatrische Praxis. 2015; 42: 392-396. S. 392.

[17] Nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern der Europäischen Union gab es Reformprozesse in den letzten Jahren - weg von den psychiatrisch institutionellen Modellen hin zu einer Dezentralisation bzw. hin zu gemeindepsychiatrischen Diensten. (Psychiatrienetz: Ergebnisse der Psychiatriereformen in Europa – Ein Überblick. http://www.psychiatrie.de/index.php?id=1187&type=123 (Zugriff am 19.04.2017))

[18] Die Expertengruppe bestand aus 24 Männern und zwei Frauen, welche überwiegend etablierte Psychiater aus Universitäten und Anstalten, Vertreter aus Landesministerien sowie Vertretern des Berufsverbandes für niedergelassene Nervenärzte waren. (Finzen, A.: Auf dem Wege zur Reform: Die Psychiatrie-Enquete wird 40. Psychiatrische Praxis. 2015; 42: 392-396. S. 394. Deutscher Bundestag: Drucksache 7/4200: Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland – Zur psychiatrischen und psychotherapeutischen/psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung. Bonn (Dr. Hans Heger). 1975.)

[19] Frank Fischer beschrieb die Anstaltsrealität wie folgt (Stichworte): „12 Wochen in einem Raum eingesperrt, Fixierungen mit Lederriemen, Herumsitzen und Leerlauf, eintöniger Alltag, erzwungene Untätigkeit, Rauchen und Essen als Lebensinhalt, fehlende Kontakte zur Außenwelt, Postzensur, Brutalität und Grausamkeit im Umgang mit Kranken, Verhalten von Pflegern (Schlüsselrasseln) und Ärzten, unterdrückende und inhumane Anstaltsatmosphäre, starke Medikamentendosis, schmierige kotbekleckste Toiletten etc.“ (Fischer, F.: Irrenhäuser. München (Desch) 1969.)

[20] Deutscher Bundestag: Drucksache 7/4200: Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland – Zur psychiatrischen und psychotherapeutischen/psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung. Bonn (Dr. Hans Heger). 1975. S. 11.

[21] Finzen, A.: Auf dem Wege zur Reform: Die Psychiatrie-Enquete wird 40. Psychiatrische Praxis. 2015; 42: 392-396. S. 394.

[22] Deutscher Bundestag: Drucksache 7/4200: Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland – Zur psychiatrischen und psychotherapeutischen/psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung. Bonn (Dr. Hans Heger). 1975. S. 16 ff.

[23] In England vollzog sich die Psychiatriereform relativ früh im Jahr 1948. Die Reform betraf bevorzugt die Großkrankenhäuser, die in Frage gestellt worden. Daraufhin wurden Krankenhäuser renoviert, das „open-door-system“ wurde eingeführt, also die abteilungsweise Öffnung psychiatrischer Stationen. Des Weiteren kamen alternative Behandlungsangebote, wie ambulante und häusliche Versorgung hinzu und neue teilstationäre Einrichtungen. Die britische Psychiatrie orientierte sich schon früh an einer gemeindenahen Versorgung. (Schott, H. und R. Tölle: Geschichte der Psychiatrie. Krankheitslehren Irrwege Behandlungsformen. München (Beck) 2006. S. 307.)

[24] Versorgungsektoren steht synonym für Einzugsgebiete

[25] Finzen, A.: Auf dem Wege zur Reform: Die Psychiatrie-Enquete wird 40. Psychiat Prax. 2015; 42: 392-396.

[26] Deutscher Bundestag: Drucksache 7/4200: Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland – Zur psychiatrischen und psychotherapeutischen/psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung. Bonn (Dr. Hans Heger). 1975. S. 16 ff. Armbruster, J., Dietrich, A., Hahn, D. und K. Ratzke (Hrsg.): 40 Jahre Psychiatrie-Enquête. Blick zurück nach vorn. Köln (Psychiatrie). 2015. S. 17 ff. Finzen, A.: Auf dem Wege zur Reform: Die Psychiatrie-Enquête wird 40. Psychiatrische Praxis. 2015; 42: S. 392-396.

[27] Finzen, A.: Auf dem Wege zur Reform: Die Psychiatrie-Enquête wird 40. Psychiatrische Praxis. 2015; 42: S. 396. Armbruster, J., Dietrich, A., Hahn, D. und K. Ratzke (Hrsg.): 40 Jahre Psychiatrie-Enquête. Blick zurück nach vorn. Köln (Psychiatrie). 2015. S. 11 ff.

[28] Bühring, P.: Psychiatrie-Reform: Auf halben Weg stecken geblieben. Deutsches Ärzteblatt. 2001; 98(6): 301-310.

[29] Aichele, V.: Menschenrechte und Psychiatrie. In: Zinkler, M., Laupichler, K. und M. Osterfeld (Hrsg.): Prävention von Zwangsmaßnahmen. Menschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie. Köln (Psychiatrie). 2016. S. 18-40. S. 27 ff. Arolt, V., Reimer, C. und H. Dilling: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Berlin Heidelberg New York (Springer). 2011. S. 368. Armbruster, J., Dietrich, A., Hahn, D. und K. Ratzke (Hrsg.): 40 Jahre Psychiatrie-Enquête. Blick zurück nach vorn. Köln (Psychiatrie Verlag).2015. S. 35 ff.

[30] Aichele, V.: Menschenrechte und Psychiatrie. In: Zinkler, M., Laupichler, K. und M. Osterfeld (Hrsg.): Prävention von Zwangsmaßnahmen. Menschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie. Köln (Psychiatrie). 2016. S. 18-40. S. 27 ff.

[31] Demzufolge unter Einhaltung der Menschenrechte, also der Rechte die jedem Menschen gleichermaßen zustehen.

[32] Die Psychiatrie-Enquête war als Reformprozess im Vergleich zu den Rodewischer Thesen weitreichender und wird aufgrund ihres Stellenwertes in diesem Kapitel zu Beginn angeführt.

[33] Jachertz, N.: Sozialpsychiatrie in der DDR: Die unvollendete Reform. Deutsches Ärzteblatt. 2001; 110 (38): 1732 – 1733.

[34] Sächsisches Krankenhaus für Psychiatrie und Neurologie Rodewisch: Rodewischer Thesen - Internationales Symposium über psychiatrische Rehabilitation vom 23.-25. Mai 1963 in Rodewisch S. 1.ff https://www.skh-rodewisch.sachsen.de/fileadmin/user_upload/rodewisch/pdf/Publikationen/Rodewischer_Thesen_1963.pdf(Zugriff am 24.07.2017). Schmiedebach, H., Beddies, T., Schulz, J. und S. Priebe: Offene Fürsorge – Rodewischer Thesen – Psychiatrie-Enquête: Drei Reformansätze im Vergleich. Psychiat Prax. 2000; 110(38): 1732 – 1733.

[35] Zedlick, D.: Psychiatriereform in der DDR. In: Armbruster, J., Dietrich, A., Hahn, D. und K. Ratzke (Hrsg.): 40 Jahre Psychiatrie-Enquete. Blick zurück nach vorn. Köln (Psychiatrie). 2015, S. 103-121. S. 114 ff.

[36] Kumbier, E. Haack, K. und H. Steinberg: 50 Jahre Rodewischer Thesen – Zu den Anfängen sozialpsychiatrischer Reformen in der DDR. Psychiat Prax. 2013; 40(6): S. 313-320. Zedlick, D.: Psychiatriereform in der DDR. In: Armbruster, J., Dietrich, A., Hahn, D. und K. Ratzke (Hrsg.): 40 Jahre Psychiatrie-Enquete. Blick zurück nach vorn. Köln (Psychiatrie). 2015, S. 103-121. S. 115 ff. Zedlick, D.: Psychiatriereform in der DDR. In: Armbruster, J., Dietrich, A., Hahn, D. und K. Ratzke (Hrsg.): 40 Jahre Psychiatrie-Enquete. Blick zurück nach vorn. Köln (Psychiatrie). 2015, S. 103-121. S. 115 ff.

[37] https://www.behindertenrechtskonvention.info (Zugriff am 26.03.2017)

[38] Olzen, D.: Die Auswirkung der UN-Behindertenrechtskonvention auf die Unterbringung und Zwangsbehandlung nach § 1906 BGB und §§ 10 ff. PsychKG NRW. 2009. S 1. https://www.dgppn.de/fileadmin/user_upload/_medien/download/pdf/Gutachten/gutachten-zur-behindertenrechtskonvention.pdf (Zugriff am 27.03.2017)

[39] In der Definition des Behindertenbegriffs gemäß Art. 1 Abs. 2 BRK heißt es: „Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an den vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.“

[40] Henking, T. und M. Mittag: Rechtliche Rahmenbedingungen. In: Henking, T. und J. Vollmann: Zwangsbehandlung psychisch kranker Menschen. Ein Leitfaden für die Praxis. Berlin Heidelberg (Springer) 2015. S. 33 ff. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN): Achtung der Selbstbestimmung und Anwendung von Zwang bei der Behandlung psychisch erkrankter Menschen. Eine ethische Stellungnahme der DGGPN. Nervenarzt 2014; 85: 1419-1431, S. 1423. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN): Achtung der Selbstbestimmung und Anwendung von Zwang bei der Behandlung psychisch erkrankter Menschen. Eine ethische Stellungnahme der DGGPN. Nervenarzt 2014; 85, S. 1419-1431, S. 1423.

[41] Aichele, V.: Menschenrechte und Psychiatrie. In: Zinkler, M., Laupichler, K. und M. Osterfeld (Hrsg.): Prävention von Zwangsmaßnahmen. Menschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie. Köln (Psychiatrie). 2016. S. 18-40. S. 18.

[42] Aichele, V.: Menschenrechte und Psychiatrie. In: Zinkler, M., Laupichler, K. und M. Osterfeld (Hrsg.): Prävention von Zwangsmaßnahmen. Menschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie. Köln (Psychiatrie). 2016. S. 18-40. S. 18 ff.

[43] Art. 12 Abs. 2 UN-BRK: Die Vertragsstaaten anerkennen, dass Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleichberechtigt mit anderen Rechts- und Handlungsfähigkeit genießen. http://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf (Zugriff am 26.03.2017)

[44] Art. 14. Abs. 1 UN-BRK: Die Vertragsstaaten gewährleisten, a) dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit genießen; b) dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Freiheit nicht rechtswidrig oder willkürlich entzogen wird, dass jede Freiheitsentziehung im Einklang mit dem Gesetz erfolgt und dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Fall eine Freiheitsentziehung rechtfertigt. http://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf (Zugriff am 26.03.2017)

[45] Art. 15 Abs. 1 UN-BRK Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Insbesondere darf niemand ohne seine freiwillige Zustimmung medizinischen oder wissenschaftlichen Versuchen unterworfen werden. http://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf (Zugriff am 26.03.2017)

[46] Henking, T. und M. Mittag: Rechtliche Rahmenbedingungen. In: Henking, T. und J. Vollmann: Zwangsbehandlung psychisch kranker Menschen. Ein Leitfaden für die Praxis. Berlin Heidelberg (Springer) 2015. S. 33. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN): Achtung der Selbstbestimmung und Anwendung von Zwang bei der Behandlung psychisch erkrankter Menschen. Eine ethische Stellungnahme der DGGPN. Nervenarzt 2014; 85, S. 1419-1431, S. 1424.

[47] Art. 12 Abs. 4 UN-BRK. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN): Achtung der Selbstbestimmung und Anwendung von Zwang bei der Behandlung psychisch erkrankter Menschen. Eine ethische Stellungnahme der DGGPN. Nervenarzt 2014; 85, S. 1419-1431, S. 1424.

[48] Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN): Achtung der Selbstbestimmung und Anwendung von Zwang bei der Behandlung psychisch erkrankter Menschen. Eine ethische Stellungnahme der DGGPN. Nervenarzt 2014; 85: 1419-1431, S. 1423.

[49] Olzen, D.: Die Auswirkung der UN-Behindertenrechtskonvention auf die Unterbringung und Zwangsbehandlung nach § 1906 BGB und §§ 10 ff. PsychKG NRW. 2009. S 13. https://www.dgppn.de/fileadmin/user_upload/_medien/download/pdf/Gutachten/gutachten-zur-behindertenrechtskonvention.pdf (Zugriff am 27.03.2017)

[50] Aichele, V.: Menschenrechte und Psychiatrie. In: Zinkler, M., Laupichler, K. und M. Osterfeld (Hrsg.): Prävention von Zwangsmaßnahmen. Menschenrechte und therapeutische Kulturen in der Psychiatrie. Köln (Psychiatrie). 2016. S. 18-40. S. 21.

[51] Siehe Kapitel 5.4 und 6.1

[52] Marschner, Rolf: Konzepte zur Reduzierung von Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie. Recht und Psychiatrie. 2016; (34): 154.

[53] Hoffman, W.: Das Krankenhaus als therapeutische Institution. In: Werner, W.: Lehrbruch der Krankenhauspsychiatrie. Psychiatrie im sozialen Kontext. Stuttgart (Schattauer) 2004. S. 4-23. S. 8ff.

[54] Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz: Zweiter sächsischer Landespsychiatrieplan. Dresden. 2010. S. 8.

[55] Dörr, Margret: Soziale Arbeit in der Psychiatrie. München (Ernst Reinhardt) 2005. S. 11.

[56] International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems

[57] Steinert, T.: Zwangsmaßnahmen aus der Perspektive der klinischen Psychiatrie: Evidenz und Good Clincal Practise. In: Henking, T. und J. Vollmann: Zwangsbehandlung psychisch kranker Menschen. Ein Leitfaden für die Praxis. Berlin (Springer) 2015, S. 1-17. S. 2.

[58] https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-who/kodesuche/onlinefassungen/htmlamtl2016/index.htm#V (Zugriff am 10.03.2017)

[59] Dörr, Margret: Soziale Arbeit in der Psychiatrie. München (Ernst Reinhardt). 2005. S. 12.

[60] Dörr, Margret: Soziale Arbeit in der Psychiatrie. München (Ernst Reinhardt). 2005. S. 13.

[61] Deutscher Bundestag: Drucksache 7/4200: Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland – Zur psychiatrischen und psychotherapeutischen/psychosomatischen Versorgung der Bevölkerung. Bonn (Dr. Hans Heger). 1975. S. 189 ff.

[62] Dörr, Margret: Soziale Arbeit in der Psychiatrie. München (Ernst Reinhardt). 2005. S. 16.

[63] Siehe Kapitel 3.1

[64] Schädle-Deiniger, H.: Fachpflege Psychiatrie. Frankfurt am Main (Mabuse). 2010. S. 187 ff.

[65] Dörr, Margret: Soziale Arbeit in der Psychiatrie. München (Ernst Reinhardt). 2005. S. 17.

[66] Siehe Kapitel 4.3

[67] Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN): Kritik an Versorgung in der Psychiatrie. Ärztezeitung. 2013; (181): 1.

[68] Mosher und Burti definieren die Grundversorgung im gemeindepsychiatrische Kontext „[...] als Angebot unmittelbarer, angemessener und einheitlicher Antworten auf reale soziale, psychische und gesundheitliche Bedürfnisse einer definierten Bevölkerung.“ (Schädle-Deiniger, H.: Fachpflege Psychiatrie. Frankfurt am Main (Mabuse). 2010. S. 187 ff.)

[69] Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz: Zweiter sächsischer Landespsychiatrieplan. Dresden (Eigenverlag) 2010. S. 10. Deister, A.: Versorgungsstrukturen in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. In: Möller, H., Laux, G. und A. Deister (Hrsg): Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Stuttgart (Thieme) 2013. S. 585-591. S. 587ff.

[70] Schädle-Deiniger, H.: Fachpflege Psychiatrie. Frankfurt am Main (Mabuse). 2010. S. 188 ff.

[71] Deister, A.: Versorgungsstrukturen in Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. In: Möller, H., Laux, G. und A. Deister (Hrsg): Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. Stuttgart (Thieme) 2013. S. 585-591. S. 591ff.

[72] Armbruster, J., Dietrich, A., Hahn, D. und K. Ratzke (Hrsg.): 40 Jahre Psychiatrie-Enquete. Blick zurück nach vorn. Köln (Psychiatrie Verlag). 2015. S. 17.

[73] Die Integrierte Versorgung ist ein Behandlungsansatz, welcher sektorübergreifend agiert. Sie stellt die Versorgung, Behandlung und Betreuung im Lebensumfeld eines Patienten unter Einbeziehung aller relevanten Leistungserbringer (Krankenhaus, Ärzte, ambulante und stationäre Einrichtungen, Apotheke etc.)

[74] Assertive Community Treatment ist eine ambulante Versorgungsform, bei der ein Mensch mit einer psychiatrischen Erkrankung durch ein multiprofessionelles Team, in Kooperationen mit externen Behandlern in der Gemeinde und im häuslichen Setting ohne zeitliche Begrenzung behandelt sowie rehabilitiert wird. Diese ambulante Form der Versorgung, stellt eine wirksame Alternative zur traditionellen stationären Behandlung dar. (Ohm, G., Lambert M. und J. Weatherly: Assertive Community Treatment psychotischer Patienten. In: Weatherly J und R. Lägel (Hrsg.): Neue Versorgungsansätze in der Psychiatrie, Neurologie und Psychosomatik. Berlin (Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft).2009. S. 183–189. S. 183 ff.)

[75] siehe Kapitel 6.4.1.3

[76] Ambulante psychiatrische Pflegedienste (APP) sind ein gemeindeorientiertes Versorgungsangebot. Die rechtliche Grundlage bildet dabei der §37 SGB V in Verbindung mit §4 der Richtlinie über die Verordnung häuslicher Krankenpflege des gemeinsamen Bundesauschusses. Es kann APP in Anspruch genommen werden zur Vermeidung und Verkürzung von Krankenhausaufenthalten. Das Ziel von APP ist es, psychiatrisch erkrankten Menschen ein würdiges, eigenständiges Leben in ihrem gewohnten Lebensumfeld zu ermöglichen. Durch die psychiatrische Pflege vor Ort soll das Umfeld beteiligt und die soziale Integration gewährleistet werden. APP ist aufsuchend tätig und damit Verbindungsglied zwischen Beratungsstellen, Kliniken, Tageskliniken, Ärzten, Therapeuten und anderen psychosozialen Diensten oder Angeboten in der Gemeinde. APP zeigt vom Leistungsspektrum und den Versorgungsstrukturen ähnlich aufgestellt wie Home Treatment, welches explizit im Kapitel 6.4.1.2 beschrieben ist. (Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz: Zweiter sächsischer Landespsychiatrieplan. Dresden (Eigenverlag) 2010. S. 20. BAPP – Bundesinitiative Ambulant Psychiatrische Pflege e.V.: http://www.bapp.info/texte/psychpfl.pdf (Zugriff am 05.07.2017). Gemeinsamer Bundesausschuss: Häusliche Krankenpflege Richtlinie. https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1400/HKP-RL_2017-03-16_iK-2017-06-02.pdf (Zugriff am 07.07.2017))

[77] siehe Kapitel 6.4.1.1

[78] Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz: Zweiter sächsischer Landespsychiatrieplan. Dresden (Eigenverlag) 2010. S. 21 ff.

[79] Beispielsweise im Freistaat Sachsen ist die Grundversorgung durch die jeweiligen Krankenhäuser sektorisiert. Gemäß Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) sind die Krankenhäuser zur Behandlung von Patienten aus deren Einzugsgebiet verpflichtet, mit dem Ziel einer wohnortnahen Versorgung. Die Festlegung und Definition der Einzugsgebiete erfolgt über das Sächsische Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie gemäß der Verordnung zur Festlegung von Einzugsgebieten für die psychiatrische Krankenhausversorgung (PsychKHEinzugsgebietVO)

[80] §39 SGB V Krankenhausbehandlung. https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__39.html (Zugriff am 13.03.2017)

[81] Bundesministerium für Gesundheit: Krankenhausfinanzierung. http://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/stationaere-versorgung/krankenhausfinanzierung.html#c2623 (Zugriff am 05.07.2017).

[82] Bundesministerium für Gesundheit: Krankenhausfinanzierung. http://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/stationaere-versorgung/krankenhausfinanzierung.html#c2623 (Zugriff am 05.07.2017).

[83] Bühring, P.: Die Kritik an PEPP hat gefruchtet. Deutsches Ärzteblatt. 2016; 113 (9): A362 – A363. A362.

[84] § 64 SGB V Vereinbarung mit Leistungserbringern über Modellvorhaben

[85] Siehe Kapitel 6.4.1.2

Ende der Leseprobe aus 117 Seiten

Details

Titel
Das Konzept der "Offenen Tür" in der akutpsychiatrischen Regelversorgung
Untertitel
Und dessen Wirkung auf Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen von Patienten
Hochschule
Fachhochschule Dresden
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
117
Katalognummer
V376584
ISBN (eBook)
9783668579231
ISBN (Buch)
9783960951391
Dateigröße
1876 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Psychiatriereform, Akutpsychiatrie, Zwangsmaßnahmen, Versorgungssystem, Gemeindepsychiatrie, Home Treatment, Soteria
Arbeit zitieren
Cedric Butze (Autor:in), 2017, Das Konzept der "Offenen Tür" in der akutpsychiatrischen Regelversorgung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376584

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