Ein sektorübergreifendes Case-Management-Konzept für die Versorgung von Menschen mit dementiellen Erkrankungen

Ein Handbuch


Hausarbeit, 2017

47 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Aufbau des Handbuchs (Patrick/Cedric)
1.2 Case Management bei dementiellen Erkrankungen (Patrick)
1.3 Erfolgsfaktoren und Ziele des Case Management Konzepts (Cedric)
1.4 Anforderungen für ein Case Management im Krankenhaus (Patrick)

2. Zielgruppe des Case Managements Konzepts
2.1 Menschen mit demenziellen Erkrankungen
2.1.1 Definition Demenz (Patrick/Cedric)
2.1.2 Prävalenz, Inzidenz, Mortalität und Lebenszeitrisiko (Sibylle/Patrick)
2.1.3 Symptome und Verlauf (Sybille)
2.1.4 Demenzformen, Diagnostik und Therapie (Cedric)
2.1.5 Demenzstadien und dessen Auswirkungen (Sybille)
2.2 Mit Demenz einhergehende pflegerische Phänomene (Sybille)
2.3 Besonderheiten in der Versorgung (Sybille)
2.4 Versorgende Pflegepersonen (Patrick)
2.4.1 Definition „Pflegeperson“
2.4.2 Versorgende Angehörige
2.4.3 Versorgendes Pflegepersonal

3. Zur Prozessgestaltung eines Case Management im Demenz-Versorgungs-Kontext (Cedric)
3.1 Intake/Fallfindung/Erstkontakt (Cedric)
3.2 Assessment (Cedric)
3.3 Ziele festlegen (Cedric)
3.4 Versorgungs-/ Maßnahmenplanung (Patrick)
3.5 Durchführung/ Implementierung/ Linking (Patrick/Sibylle)
3.6 Monitoring (Sybille/Cedric)
3.7 Evaluation (Sibylle)

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wichtige Voraussetzungen zur Case Management Implementierung. (von Reibitz, 2015)

Abbildung 2: Demenzformen (Eigene Darstellung)

Abbildung 3: Aufgaben pflegender Angehöriger angelehnt an Gutzmann & Zank 2005. (eigene Darstellung)

Abbildung 4: Demenzbezogene Aufgaben des Pflegepersonals. (eigene Darstellung)

Abbildung 5: Case Management Prozessbeschreibung (Eigene Darstellung)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Demenzprävalenz nach Altersgruppen und Geschlecht. (eigene Darstellung)

Tabelle 2: Inzidenz in Abhängigkeit vom Alter (eigene Darstellung)

Tabelle 3: Geschätzte Entwicklung der Zahl der Demenzkranken in Deutschland. (eigene Darstellung)

Tabelle 4: Symptome und Verlauf der verschiedenen Demenzformen. (eigene Darstellung)

Tabelle 5: Kategorisierung pflegerischer Phänomene bei Demenz. (eigene Darstellung)

Tabelle 6: Aufnahme und Screeningbogen als Vorassessment. (eigene Darstellung)

Tabelle 7: CANE-Skala, Versorgungsmatrix

Tabelle 8: Komponenten der Gesundheitsversorgung. (eigene Darstellung)

Tabelle 9: Aufgaben des Case Management bei der Versorgungsplanung. (eigene Darstellung)

Tabelle 10: Versorgungsangebote für Menschen mit Demenz. (eigene Darstellung)

Tabelle 11: Übersicht der finanziellen Leistungen des SGB XI. (eigene Darstellung)

Tabelle 12: Vier Phasen des Linking. (eigene Darstellung)

Tabelle 13: Möglichkeiten des Linking. (eigene Darstellung)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Aufbau des Handbuchs (Patrick/Cedric)

Derzeit leben in Deutschland etwa 1,6 Millionen an Demenz erkrankte Menschen.[1] Mit steigender Lebenserwartung steigt die Anzahl der Neuerkrankungen, da Alter und dementielle Erkrankungen nachweislich korrelieren.[2] In Zukunft, vor allem vor dem Hintergrund des demographischen Wandels, wird die Zahl der Hochaltrigen und vor allem der demenziell Erkrankten immens steigen. Diese Entwicklung stellt eine immer größer werdende Herausforderung für die Gesellschaft, aber insbesondere auch für die Gesundheits- und Pflegebranche dar. Die Versorgung von dementen Menschen soll grundsätzlich frühzeitig, kontinuierlich, nahtlos und integriert stattfinden. Allerdings sieht die Realität oft anders aus. Die Realisierung einer adäquaten Versorgung durch das schier unüberschaubare Angebot an Diensten und Einrichtungen sowie der fehlenden Verknüpfung stellt einer der größten Hürden dar. Aus diesem Grund werden seit einiger Zeit Case-Management-Ansätze diskutiert und stellenweise angewandt, um eine bedarfsgerechte Versorgung zu erzielen und zu gewährleisten. Ziel des Case Managements ist in diesem Kontext, die Kontinuität der Versorgung zu sichern sowie alle in der Betreuung involvierten Personen und Berufsgruppen miteinander zu vernetzen.[3] Besonders dementielle Erkrankungen zeigen oft sehr schwere Krankheitsverläufe mit einhergehend erhöhtem Versorgungsbedarf. Deshalb stehen in der Pflege älterer und chronisch kranker Menschen Angehörige vor einer Fülle von Fragen, die ohne fachliche Unterstützung, bspw. durch einen Case Manager, nicht beantwortet werden können. Aus diesem Grund erweist sich Case Management als ein besonders geeignetes Konzept für demenzkranke Menschen. Der Case Manager begleitet den Erkrankten und seine Angehörigen durch das Gesundheitssystem und wählt nach dem Stadium der Erkrankung oder nach der persönlichen Situation die passenden Leistungen aus, die individuell auf den Fall abgestimmt sind. Versorgungseinbrüche und Unter- oder Überversorgung können so vermieden werden. Ebenso werden den Angehörigen aktiv geholfen und professionell unterstützt, so dass eine vollständige Überforderung vermieden werden kann.

In dem vorliegenden Handbuch wird daher ein sektorübergreifendes Case- Management-Konzept speziell für demenziell erkrankte Menschen erstellt, welches im Rahmen eines stationären Akutkrankenhauses eingesetzt wird. Einleitend wird in dieser Arbeit ein Überblick zur Problem- und Zielstellung eines sektorenübergreifenden Case-Management-Konzeptes bei dementiellen Erkrankungen gegeben. Im Anschluss geht dieses Handbuch auf die Spezifik des Casemanagements bei dementiellen Erkrankungen ein und maßgebliche Erfolgsfaktoren für ein Case Management werden erläutert. Im zweiten Kapitel werden zunächst explizit die Zielgruppe des Case- Management-Konzept definiert und grundlegende Informationen zum aktuellen Forschungsstand demenzkranker Menschen vorgestellt. Besondere Beachtung finden hierbei die pflegerischen Phänomene bei Demenz und die daraus resultierenden Besonderheiten bei der Versorgung dieser Zielgruppe. Im Folgendem wird auf die versorgenden Angehörigen bzw. das Pflegepersonal eingegangen. Im dritten Kapitel erfolgt eine Darstellung der konzeptionellen Ausformung bzw. der Prozessgestaltung des vorliegenden Case-Management-Vorhabens am Klinikum, welches einer phasenhaft orientierten Struktur zugrunde liegt. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst. Idealerweise werden in diesem Case-Management-Handbuch konzeptionelle, personelle, strukturelle sowie organisatorisch beeinflussende Faktoren aufgezeigt und im Case Managementprozess berücksichtigt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit, wird in diesem Handbuch ausschließlich die männliche Schreibweise angewandt.

1.2 Case Management bei dementiellen Erkrankungen (Patrick)

Die Zielstellung des Case Management bei dementiellen Erkrankungen ist die Schaffung und Sicherstellung der Kontinuität in der Versorgung des dementiell erkrankten Menschen.

Es beinhaltet die Elemente des Entlassungsmanagements und wird als individuelle Fallsteuerung verstanden. Dementielle Erkrankungen sind Krankheiten, die mit bedeutenden pflegerischen Phänomenen einhergehen und einen erhöhten Versorgungsbedarf zur Folge haben können. Die Kostenintensität rechtfertigt den Einsatz eines strukturierten Case Management aus Sicht der Gesundheitsökonomie. Im Gegensatz zum Entlassungsmanagement endet der Arbeitsauftrag nicht bei der Entlassung des Erkrankten aus dem Krankenhaus.[4] Die Priorität im Case Management liegt in der individuellen Fallbegleitung unter Einbeziehung einer spezifischen Methodik über die verschiedenen Versorgungssektoren hinweg.[5] Die konkretisierte methodische Vorgehensweise und das Assessment für das Case Management bei dementiellen Erkrankungen werden im dritten Kapitel beschrieben. Auf Grund der Komplexität in der Versorgung von dementiell Erkrankten ist es unumgänglich, einen individuellen Versorgungsplan für diese vulnerable Population zu erstellen. Um somit eine langfristige, optimale und an den Bedarfen orientierte Versorgung gewährleisten zu können. Eine fulminante Bedeutung in der Versorgung haben die pflegenden Angehörigen, da ca. 60-65% der Demenzerkrankten im ambulanten Setting leben und durch Angehörige versorgt werden.[6] Dieser Sachverhalt stellt große Herausforderungen an das Konzept und die Versorgung. Ergebnisse der PSY-UKD Studie (2009-2011) der psychiatrischen Abteilungen der Uniklinik Dresden[7] stützen die Argumentation. Die Studie ergab u. a. einen nachweislich rapiden Anstieg der Demenzprävalenz im Krankenhaus. Im Zuge der Erkrankungen kommt es zu massiven Einschränkungen der Alltagskompetenz, die es zu kompensieren gilt. Von den 208 untersuchten Fällen leben 45% mit Angehörigen zusammen und 33,7% allein in häuslicher Umgebung. 67% der Betroffenen wurden von den Angehörigen gepflegt. Eine systematische, koordinierte und sektorenübergreifende Zusammenarbeit zwischen dem stationären und ambulanten Gesundheitssektor sowie aller an der Versorgung beteiligten Personen und Institutionen ist zwingend erforderlich.

Ein Case Management bei dementiell erkrankten Personen kann die Wiedereinweisungsraten in das Krankenhaus senken, Lebensqualität sowie Selbstständigkeit länger erhalten, Ressourcen des Betroffenen optimal nutzen und Gesundheitsausgaben reduzieren.[8] Es gilt rehabilitative pflegerische Konzepte bei der Fallsteuerung zu berücksichtigen. Nach der Fallfindung und Erhebung des komplexen Versorgungsplans müssen die Versorgungsprozesse aller an der Versorgung beteiligten Leistungserbringer koordiniert werden. Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2012 zirka 20% aller Krankenhauspatienten in Deutschland an Demenz erkrankt waren.[9] Unter Berücksichtigung des demographischen Wandels ist es elementar, dass sich Akutkrankenhäuser und Häuser der Regelversorgung mit den einhergehenden potentiellen Versorgungsproblemen, resultierend aus der steigenden Lebenserwartung, chronischen Erkrankungen, Multimorbidität und Demenz auseinandersetzen. Es wurde bereits nachgewiesen, dass durch die Einleitung von individueller und bedarfsorientierter ambulanter Versorgung die Folgekomplikationen reduziert werden konnten.[10] Die Lewisham-Studie zeigte eine Reduktion der Heimunterbringungen bei Anwendung eines Case Managers. Momentan gibt es zu deutschen Case-Management-Programmen bzw. Projekten nur eine mangelnde Datenlage, so dass Erfolgsfaktoren nur vereinzelt dargestellt werden können.[11]

1.3 Erfolgsfaktoren und Ziele des Case Management Konzepts (Cedric)

Der Einsatz eines Case-Management-Konzepts, welches speziell auf die Zielgruppe der Demenz Kranker zentriert ist, soll in erster Linie darauf abzielen, die Selbständigkeit und Lebensqualität dieser Menschen auch trotz einer vermeintlich bestehenden Pflegebedürftigkeit möglichst lange zu erhalten und zu verbessern. Durch die Erstellung eines individuell auf den Klienten angepassten Hilfsangebot sollen weitere übergeordnete Ziele erreicht werden:[12]

- Entlastung der (pflegenden) Angehörigen
- Sicherung der (häuslichen) Versorgungssituation
- Zeitliche und räumliche Versorgungseinbrüche vermeiden
- Gewährleistung der Versorgungskontinuität

1.4 Anforderungen für ein Case Management im Krankenhaus (Patrick)

Als Grundvoraussetzung gilt es die Problemstellung deutlich und klar zu analysieren. Die Organisationsebene und strukturelle Netzwerkebene muss als Case Management tragende Struktur entwickelt sein. Dazu gehört eine entsprechende Ausstattung und bestimmte Ressourcen der Case Management-Stelle. Hierzu hat die DGCC Rahmenempfehlungen formuliert. Des Weiteren sollte keine ausschließliche ökonomische Ausrichtung des Case Management erfolgen. Zuständigkeiten sowie Kompetenzen müssen verteilt und allen bekannt sein. Hierarchieebenen sind zu beachten und auf allen Ebenen einzubinden, um Widerstände zu vermeiden. Zum Aufbau des erforderlichen Netzwerkes gehören zunächst die Formulierung eigener Visionen/ Leitbilder, strategischer Zielsetzungen, Beschreibung der Leistungen, Qualitätsstandards und Arbeitsinstrumente etc. Erst danach kann ein Aufbau des regionalen/ lokalen Netzwerkes erfolgen. Ein gemeinsamer Lernprozess ist unvermeidlich, um beispielsweise Macht- und Konkurrenzdenken entgegenzuwirken. Aussicht auf Erfolg hat eine „Bottom up“ Implementierung des Case Management, jedoch sind viele Krankenhäuser noch streng hierarchisch aufgebaut, was dem erschwerend entgegenwirkt.[13] Pflegekräfte mit entsprechenden Kompetenzen und Fähigkeiten sind für die Case-Management-Position prädestiniert. Die Übernahme der Verantwortung des Case Management Prozesses, setzt die Notwendigkeit voraus, bestimmte Befugnisse bzw. Kompetenzen aus der Organisationsebene heraus zu erhalten. Das Case Management beinhaltet neue Kooperationsbeziehungen zwischen Arzt und Pflegepersonal. Voraussetzung ist, das berufsständische Denken zu verlassen und auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Case Management auszurichten. Klare Rahmenbedingungen, einem einheitlichen Verständnis zum Thema Case Management, Bereitstellung von Ressourcen, Transparenz, ein konstruktiver Umgang mit Widerstand sowie Kommunikation stellen die Grundbedingungen eines Case Management dar.[14] Die Abbildung 3[15] stellt die wichtigen Voraussetzungen zur Case-Management-Implementierung im Krankenhaus schematisch dar.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wichtige Voraussetzungen zur Case Management Implementierung. (von Reibitz, 2015)

2. Zielgruppe des Case Managements Konzepts

2.1 Menschen mit demenziellen Erkrankungen

2.1.1 Definition Demenz (Patrick/Cedric)

Der Begriff „Demenz“ hat seinen Ursprung aus dem lateinischen „Dementia“ und bedeutet wörtlich übersetzt „ohne Geist“ sein. Der heutige Gebrauch des Begriffs „Demenz“ beschreibt eher eine krankheitsbedingte Störung des Gehirns, in der Nervenzellen geschädigt oder zerstört werden. In Folge dessen kommt es zu einem Abbau von kognitiven Fähigkeiten, wie z.B. zum Abbau der Gedächtnis- und Denkfähigkeit.[16]

Die Diagnosestellung erfolgt in Deutschland nach den international anerkannten Kriterien des ICD-10. Die ICD-10 unterscheidet zwischen vier Demenz-Gruppen:[17]

- F00: Demenz bei Alzheimerkrankheit
- F01: vaskuläre Demenz
- F02: Demenz bei andernorts klassifizierten Erkrankungen
- F03: sonstige Demenzen

2.1.2 Prävalenz, Inzidenz, Mortalität und Lebenszeitrisiko (Sibylle/Patrick)

Die Prävalenz lag nach Schätzungen im Jahr 2015 weltweit bei 46,8 Millionen Demenzerkrankten. Gemessen an allen Nationen liegt Deutschland auf dem fünften Platz. Alters- und geschlechtsspezifische Prävalenzraten sind nur ungenau bestimmbar, da nur wenige Studien mit geringem Stichprobenumfang durchgeführt wurden. Somit gehen europäische Prävalenzraten aus den Feldstudien der EuroCoDe von Alzheimer Europe hervor. Demnach litten Ende des Jahres 2014 knapp 1,6 Millionen ältere Menschen an einer Demenz.[18] Die Demenzraten korrelieren mit dem Alter und steigen somit mit zunehmendem Alter stark an. Vor dem Hintergrund des ansteigenden Alters in Deutschland und einer höheren Lebenserwartung ist davon auszugehen, dass sich demenzielle Erkrankungen zur zentralen Herausforderung unserer Gesellschaft entwickeln werden. Bei den 60 bis 65-Jährigen liegt der Anteil an Erkrankten knapp unter 2% und verdoppelt sich nach jeweils etwa fünf Altersjahren. Bereits nach dem 90. Lebensjahr muss schon mit einem Anteil von 40% an demenziell veränderten Menschen gerechnet werden. Etwa 60% aller Betroffenen leiden an den häufigsten Demenzerkrankungen, der senilen Demenz vom Alzheimertyp. Etwa 86% der Patienten mit demenziellen Erkrankungen werden im häuslichen Setting versorgt, die verbleibenden 14% in stationären Altenpflegeeinrichtungen. Zirka 75% der Menschen, die in Pflegeinrichtungen leben sind an Demenz erkrankt. Die Lebenserwartung nach Diagnosestellung liegt bei ca. 7 bis 10 Jahren.[19] Die Tabelle 1 zeigt die Prävalenz nach Altersgruppen und Geschlecht in Deutschland.[20]

Tabelle 1: Demenzprävalenz nach Altersgruppen und Geschlecht. (eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Inzidenz bezieht sich auf die Häufigkeit von Neuerkrankungen im Verlauf eines Jahres. Sie stellt neben der Prävalenz ein Maß für die Morbidität einer Bevölkerung dar. Aus 18 europäischen Studien gehen hinreichend genaue Inzidenzschätzungen hervor. Tabelle 2 zeigt die Inzidenz in Abhängigkeit vom Lebensalter. Das jährliche Neuerkrankungsrisiko steigt demnach von 0,53% bei den 65 bis 69-Jährigen auf über 12% bei den Höchstbetagten (>90 Jahre). Für Deutschland ergeben sich daraus jährlich 300.000 bzw. mehr als 800 Neuerkrankungen täglich. Genau bekannt ist nicht, wie viele Menschen bereits vor dem 65. Lebensjahr an Demenz erkranken. Zudem muss erwähnt werden, dass die Inzidenz gegenüber der Prävalenz bei den dementiellen Erkrankungen nicht die selbe Verlässlichkeit aufweist. Aus Studien anglo-amerikanischer Länder geht hervor, dass zwischen 5-20 von 100.000 Personen eine Demenz im Alter zwischen 45-64 Jahren eintritt. Auf Grundlage dieser Inzidenzraten resultieren in Deutschland 6.000 Neuerkrankungen bei den unter 65-Jährigen. Bezüglich des Lebenszeitrisikos können folgende Aussagen getroffen werden: Die Individuelle Lebenserwartung beeinflusst stark das Risiko. Wird die Mortalität anderer Erkrankungen vernachlässigt, so wären 2% der unter 70-Jährigen, 12% der unter 80-Jährigen und 50% der unter 90-Jährigen von dementiellen Erkrankungen betroffen.[21] Mit dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze endet das Risiko einer Neuerkrankung nicht.[22]

Tabelle 2: Inzidenz in Abhängigkeit vom Alter (eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es lassen sich geschlechtsspezifische Unterschiede zwischen Männer und Frauen feststellen. Zirka 70% der Demenzen betreffen das weibliche und nur 30% das männliche Geschlecht. Hauptursache ist die höhere Lebenserwartung der Frauen, sie besitzen zudem ein leicht erhöhtes Neuerkrankungsrisiko. Der Anstieg der Demenzkranken lässt sich auf die allgemein höhere Lebenserwartung zurückführen. Die geschätzte Entwicklung der Zahl an Demenzkranken in Deutschland zeigt Tabelle 3.[23]

Tabelle 3: Geschätzte Entwicklung der Zahl der Demenzkranken in Deutschland. (eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abschließend kann gesagt werden, dass Studienergebnisse zu Prävalenz- und Inzidenzraten noch widersprüchlich sind. Momentan ist davon auszugehen, dass die Überlebensdauer der an Demenz erkrankten Personen zunimmt.

Es werden mehr Neuerkrankungen unter den gesunden älteren Menschen auftreten als Sterbefälle unter den Erkrankten.[24]

2.1.3 Symptome und Verlauf (Sybille)

In der folgenden tabellarischen Auflistung (Tabelle 2) sind die einzelnen Demenzformen mit ihrem Verlauf und den damit einhergehenden Symptomen zu sehen. Bei der Betrachtung der primären Demenzformen wird ein schleichender Verlauf mit unklaren Anfangssymptomen deutlich. Diese werden meist anderen Erkrankungen bzw. degenerativen Alterungsprozessen zugeschrieben, bevor es zur eigentlichen Diagnosefindung kommt. Im Vergleich dazu, kommt es bei sekundären Demenzen zu einer akuten Erkrankung. Verschiedene Ursachen (s. Tabelle 2) können der Auslöser für die Demenzerkrankung sein.

[...]


[1] http://www.bmg.bund.de/themen/pflege/demenz/zukunftswerkstatt-demenz/ (Zugriff am 02.08.16)

[2] Heike Reggentin und Jürgen Dettbarn-Reggentin: Demenzkranke in Wohngruppen betreuen und fördern. Ein Praxisleitfaden. Stuttgart (Kohlhammer). 2006. S. 11ff.

[3] Sonntag, Katja und Dr. Christine von Reibnitz: Versorgungskonzepte für Menschen mit Demenz. Praxishandbuch und Entscheidungshilfe. Heidelberg (Springer). 2014. S. 53ff.

[4] Katja Sonntag und Christine von Reibitz (Hg.): Versorgungskonzepte für Menschen mit Demenz. Praxishandbuch und Entscheidungshilfe. Berlin/ Heidelberg (Springer). 2014 S. 50-54.

[5] Katharina Weber: Case Management bei Demenz. Indikatoren erfolgreicher Projekte und Programme. Saarbrücken (Akademiker Verlag). 2015. S. 25-30.

[6] Katharina Weber: Case Management bei Demenz. Indikatoren erfolgreicher Projekte und Programme. Saarbrücken (Akademiker Verlag). 2015. S. 12.

[7] Lucie Barth: Integrierte Versorgung bei Demenzerkrankungen: Defizite und Optimierungsansätze. Norderstedt (GRIN). 2012. S. 7-23.

[8] Katharina Weber: Case Management bei Demenz. Indikatoren erfolgreicher Projekte und Programme. Saarbrücken (Akademiker Verlag). 2015. S. 8-14.

[9] Sabine Kirchen-Peters: Herausforderung Demenz im Krankenhaus. Ergebnisse und Lösungsansätze aus dem Projekt Dem-i-K. Saarbrücken (Ministerium für Soziales, Frauen und Familie). 2014. S. 5. pdf-Datei unter: http://www.saarland.de/dokumente/thema_sozialversicherung/DEMIK_NEU_WEB.pdf. Zugriff am: 13.08.2016 13:31 Uhr.

[10] Lucie Barth: Integrierte Versorgung bei Demenzerkrankungen: Defizite und Optimierungsansätze. Norderstedt (GRIN). 2012. S. 49-51.

[11] Katharina Weber: Case Management bei Demenz. Indikatoren erfolgreicher Projekte und Programme. Saarbrücken (Akademiker Verlag). 2015. S. 68-85.

[12] Naegele, Gerhard und Gerd Peter: Case Management für demenzkranke Menschen. Eine Betrachtung der gegenwärtigen Umsetzung. Münster (Lit). 2005. S 125ff.

[13] Wolf Rainer Wendt, Peter Löcherbach (Hg.): Case Management in der Entwicklung. Stand und Perspektiven in der Praxis. Heidelberg (medhochzwei) 2011. S. 121-131.

[14] Christine von Reibitz (Hg.): Case Management: praktisch und effizient. Berlin (Springer). 2015. S. 110-115.

[15] Christine von Reibitz (Hg.): Case Management: praktisch und effizient. Berlin (Springer). 2015. S. 112.

[16] Naegele, Gerhard und Gerd Peter: Case Management für demenzkranke Menschen. Eine Betrachtung der gegenwärtigen Umsetzung. Münster (Lit). 2005. S. 17.

[17] https://www.dimdi.de/static/de/klassi/icd-10-gm/kodesuche/onlinefassungen/htmlgm2016/block-f00-f09.htm (Zugriff am 02.08.2016)

[18] Deutsche Alzheimergesellschaft (Hg.): Informationsblatt 1 Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. pdf-Datei unter: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf. Zugriff am: 13.08.2016 12:12 Uhr.

[19] Dr. Höwer, Elisabeth: Gerontopsychiatrie in der Pflege. Lehr-und Arbeitsbuch für die geriatrische Pflege. Hannover (Brigitte Kunz Verlag) 2016 S.37-42

[20] Deutsche Alzheimergesellschaft (Hg.): Informationsblatt 1 Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. pdf-Datei unter: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf. Zugriff am: 13.08.2016 12:12 Uhr.

[21] Deutsche Alzheimergesellschaft (Hg.): Informationsblatt 1 Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. pdf-Datei unter: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf. Zugriff am: 13.08.2016 12:12 Uhr.

[22] Hahn Karin: Wohngruppen für ältere Menschen. Praxisbeispiele besonderer Betreuungskonzepte. Hamburg (Diplomica Verlag) 2010. S. 15f.

[23] Deutsche Alzheimergesellschaft (Hg.): Informationsblatt 1 Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. pdf-Datei unter: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf. Zugriff am: 13.08.2016 12:12 Uhr.

[24] Deutsche Alzheimergesellschaft (Hg.): Informationsblatt 1 Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. pdf-Datei unter: https://www.deutsche-alzheimer.de/fileadmin/alz/pdf/factsheets/infoblatt1_haeufigkeit_demenzerkrankungen_dalzg.pdf. Zugriff am: 13.08.2016 12:12 Uhr.

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Ein sektorübergreifendes Case-Management-Konzept für die Versorgung von Menschen mit dementiellen Erkrankungen
Untertitel
Ein Handbuch
Hochschule
Fachhochschule Dresden
Note
1.7
Autoren
Jahr
2017
Seiten
47
Katalognummer
V376587
ISBN (eBook)
9783668561137
ISBN (Buch)
9783668561144
Dateigröße
925 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
case-management-konzept, versorgung, menschen, erkrankungen, handbuch
Arbeit zitieren
Cedric Butze (Autor:in)Patrick Karpa (Autor:in)Sybille Schmidt (Autor:in), 2017, Ein sektorübergreifendes Case-Management-Konzept für die Versorgung von Menschen mit dementiellen Erkrankungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376587

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