Sozialstrukturen und soziale Mobilität. Das Hausmodell von Ralf Dahrendorf


Trabajo Escrito, 2015

19 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Was ist eine geschichtete Gesellschaft?
1.1. Was definiert eine Schicht?
1.2. Aufbau des Hausmodells

2. Zum Forschungsprojekt der Selbsteinordnung in das Hausmodell

3. Auswertung des Forschungsprojektes
3.1. Die soziale Lage über den Patriarch
3.2. Selbsteinordnung und Veränderung der sozialen Lage

Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Einleitung

Ralf Dahrendorf schuf im Jahre 1965, in seinem Werk Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, ein Modell, welches die deutsche Gesellschaft in Form eines Hauses zusammenfasste. Das Haus, und somit auch die Gesellschaft, wurde in sieben Räume oder Segmente unterteilt. Dieses mehrdimensionale und für die junge, deutsche Soziologie der 1970er Jahre revolutionäre Modell, zur Beschreibung der Sozialstruktur und deren soziale Mobilität, wurde zum Ausgangspunkt dieser Hausarbeit und des vorliegenden Forschungsprojektes.

Im Rahmen des Moduls soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Differenzierung wurde eine Forschung zur Karrieremotivation von Schülern durchgeführt, welches auf das Hausmodell baute und es als Konstrukt zur Abbildung der Mentalitäten einer kleinen Gruppe von Schülern benutzte. Das Ziel dieser Hausarbeit war es zu Überprüfen, ob, oder in wie fern, die Schüler eines Oberstufenzentrums in Nordbrandenburg ihre soziale Lage, durch den angestrebten Karriereweg - der im Fragebogen beschrieben werden sollte - reproduzieren oder sogar verbessern wollen. Gezielt wird dabei auf die Lang- oder Kurzstreckenmobilität geachtet und welcher soziale, parentale Status die höchste Mobilität generiert. Desweiteren wird untersucht, welche Schicht am „populärsten“ für die Schüler des Oberstufenzentrums ist.

Dahrendorf eröffnet in seinem Werk Gesellschaft und Demokratie in Deutschland - typisch für ein Schichtmodell - die Möglichkeit, dass eine selbstgesteuerte, soziale Mobilität in der deutschen Gesellschaft vorhanden ist. Diese soziale Mobilität ist ein Kernpunkt der Forschungsarbeit, auf dem im ersten Teil der Hausarbeit näher eingegangen wird. Dieser soll einen Überblick über die Einteilung der sozialen Gefüge in Schichten verschaffen und präzise definieren, was Schichten sind und welche Kriterien sie, im Vergleich zu Klassenmodellen, unterscheiden. Im zweiten Teil wird die Auswertung der Fragebögen und die Beantwortung der Fragestellung erfolgen, die zur Widerlegung oder Verifizierung der Hypothese - die da lautet, dass die meisten Schüler ihre soziale Lage verbessern wollen - beitragen. Die unterschiedlichen Karrieremotivationen der männlichen und weiblichen Individuen, im Vergleich, ist ebenfalls eine interessante Analysedimension. Diese kann jedoch in der folgenden Hausarbeit, durch die Einschränkung der formalem Kriterien, kaum weiter berücksichtigt werden. Das Ergebnis der ersten Fragestellung wird zum Ende noch als Grafik festgehalten. Zwei neue Dahrendorf Hausmodelle, welche durch die Daten der Fragebögen erschaffen wurden, werden die parentale und die gewünschte soziale Lage der Schüler des Georg-Mendheim-Oberstufenzentrums aufzeigen.

1. Was ist eine geschichtete Gesellschaft?

Die geschichtete Gesellschaft ist ein Konzept zur Ungleichheitsanalyse in einer Gesellschaft. Dieses Konzept geht davon aus, dass die Gesellschaft, also die Sozialstruktur in die sich ein jeder Bürger von Staaten oder Ländern bewegt, vielfach untergliedert ist. Dabei wird eine marxistische Klassengesellschaft ausgeschlossen und ein dichotomes, antagonistisches Verhältnis zwischen Kapitalisten (Bourgeoisie) und Kapitallosen (Proletarier), als nicht mehr zeitgetreu und zu unpräzise angesehen (Geißler 2010: 93f). Wenn man die moderne Gesellschaft analysiert, kann festgestellt werden, dass eine klare Differenzierung der Begrifflichkeiten nicht mehr existent ist (Dahrendorf 1965: 104). Kapitalisten sind längst nicht mehr Personen mit Kapital und müssen nicht zwingend Unmengen an Produktionsmittel besitzen, um an die Spitze der Gesellschaft zu gehören. Es sind längst kapitallose Personen, die die Eliten der Gesellschaft darstellen. Dieser Fakt und der, dass im klassischen, marxistischen Klassenmodell keine soziale Mobilität überhaupt möglich ist, ist ein unumstößlicher Indikator dafür, dass die Gesellschaft sich weiterentwickelt hat und ein neues Konzept zur Sozialstrukturanalyse kreiert werden musste. Jenes Konzept beschäftigt sich mit dem Phänomen der sozialen Mobilität und im Fall von Dahrendorf findet sie sogar explizit im Modell eine Darstellung.

Die Schichtkonzepte sind nur Abbilder der Wirklichkeit, können diese aber nicht im Ganzen erfassen und sind meist schlicht und einseitig gehalten (Geißler 2010: 99, Dahrendorf 1965: 104). Die komplexe Wirklichkeit wird vereinfacht dargestellt und es wird sehr bewusst „unwichtiges“ effektiv übersehen, um sich auf die - für die Soziologie - relevanten Fakten zu fokussieren. Die Daten über die Größe der Schichten, wie im Falle Dahrendorfs, sind sogar meist nicht verifiziert und empirisch belegt, sondern entspringen „informierter Willkür“ (Dahrendorf 1965: 104). Der Grund für die Schätzung der Schichten ist die schiere Datenmasse, welche die Anzahl der Bevölkerung verursacht.

1.1. Was definiert eine Schicht?

Die Merkmale oder Kriterien sind vielfach benennbar und können sich von Theoretiker zu Theoretiker unterscheiden. Allgemein aber ist zu sagen, dass eine soziale Schicht, eine Gruppe von Menschen mit gleichen sozial relevanten Merkmalen beschreibt (Pries 2004: 238), diese Merkmale lassen sich auf den Zugang zu verschiedenen Kapitalssorten und Lebenschancen, sowie Lebensrisiken zurückführen. Dahrendorf beschreibt in seinem Werk: Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, dass zwei verschiedene Formen von sozialer Ungleichheit existieren. Die produktive Ungleichheit, jene ist für die gesellschaftlichen Konflikte zuständig und ist insofern produktiv, dass sie für einen Herrschafts-Wettbewerb unter den Positionen im Schichtmodell sorgt und somit das funktionalistische Individuum die meiste Macht in sich korporiert (Dahrendorf: 1965: 95). Die andere Ungleichheit ist die distributive Ungleichheit, diese Ungleichheit beschreibt die ungleiche Verteilung von Ressourcen/Güter/Kapital in der Gesellschaft. Die distributive Ungleichheit ist der Hauptfaktor, der eine Gesellschaft in Schichten unterteilt.

Die wichtigsten Kapitalformen, die ein Individuum in die eine oder die andere Schicht positioniert sind z.B.: das Einkommen, welches in reines Kapital - also Geld - gemessen werden kann, oder sich durch viele Produktionsmittel auszeichnet und der Bildungsabschluss, also das inkorporierte, institutionalisierte und nutzbar gemachte kulturelle Kapital (Bourdieu 2005: 48ff.). Desweiteren gibt es noch weitere Kriterien, die die Positionierung ausmachen: die Berufsgruppe, die kulturellen Vorlieben, eine gemeinsame Mentalität (der Lebensduktus oder die subjektive Ideologie) und auch das Prestige (Pries 2004: 238, Geiger 1985: 387ff.). Dabei lässt sich feststellen, dass hierbei schon eine ungleiche Verteilung von Ressourcen vorliegt. Das eine Individuum hat mehr Ressourcen akkumuliert, das Andere weniger[1]. Es lässt sich feststellen, dass die Gesellschaft durch die mannigfaltige, ungleiche Verteilung der Ressourcen unterschiedlich konzeptioniert ist. Diesen Fakt erkennt auch Dahrendorf und kreiert sein Modell, welches simplifiziert darstellt, was die Ungleichverteilung von Ressourcen für ein Ergebnis hat und wie sie sich letztendlich auf die Gesellschaft überträgt.

1.2. Aufbau des Hausmodells

Im letzten Punkt der Einführung über die geschichtete Gesellschaft wird nun das Dahrendorf Hausmodell erläutert. Das ist notwendig, um einen zentralen Punkt und einen präzisen Wissensstand zur Verfügung zu haben, damit man mit diesem Wissen die Auswertung des Projektes vornehmen kann.

Das Hausmodell unterteilt die gesamte, deutsche Gesellschaft in sieben verschiedene Räume und erschafft ein übersichtliches Konzept, welches auch von Laien verstanden werden kann und die Möglichkeit bietet, auch sich selbst in ein Raum einzuquartieren und sich zugehörig zu fühlen (Anhang: Hausmodell 1). Dieser Fakt war einer der Hauptgründe, warum das Dahrendorf Haus für eine Selbsteinordnung und als Stütze des Projektes gewählt wurde. Die Räume des Hauses werden mit durchgezogenen und gestrichelten Wänden getrennt. Diese verschiedenen Wände sind nicht willkürlich, sie beschreiben die sozialen Mobilität, die in diesem Raum möglich ist, dass heißt ob man diesen Raum leicht oder schwer betreten bzw. verlassen kann.

Die sieben Räume des Hauses werden nun von oben nach unten, also vom wichtigsten und mit hohem Prestige ausgestatten Position zu den - für die Gesellschaft - unwichtigsten und unattraktivsten Lage genannt und definiert. Eliten. Die Eliten bilden die obersten Zehntausend und sind somit die Spitze der Gesellschaft. Sie haben große Macht im Bereich der Politik und Wirtschaft. Die Eliten, welche aus Funktions- und Leistungseliten besteht, sind die auserwählten Besten der Bevölkerung. Der Plural „Eliten“ kommt daher, dass sich jede Elite als einzelne Person sieht, es gibt keine oder wenig objektive und subjektive Solidarität unter ihnen (Dahrendorf 1965: 105). Sie inkorporieren sehr viel politische und ökonomische Macht und bilden somit die herrschende Schicht der Gesellschaft. Die Möglichkeit zur den Eliten zu gehören ist sehr gering und wird von den Meisten als „unwahrscheinlich“ angesehen[2]. Die soziale Aufstiegsmobilität ist subjektiv und objektiv gesehen klein.

Dienstklasse. Die Dienstklasse bezieht sich auf die Normen und Werte, die die Eliten kreieren, das heißt, dass die Sprach- und Verhaltensweisen der Eliten von der Dienstklasse nachgeahmt wird. Das Berufsfeld der Dienstklasse beinhaltet die Ausführung von - nahezu ausschließlich - bürokratischen Tätigkeiten. Sie sind somit höhere Beamte wie z.B. Lehrer oder Verwaltungsfachangestellte. Die Individuen, die sich in der Dienstklasse befinden, übernehmen keine technischen Tätigkeiten, sind also nicht praktisch veranlagt und machen sich somit die „Hände nicht dreckig“. Wie der Name Dienst klasse schon vermuten lässt, sind sie Diener, sie sind nämlich die Diener der Eliten, die deren Aufgaben weitestgehend verwalten und unterstützen und somit ein gewissen Grad an Herrschaftsgewalt inne haben (Dahrendorf 1965: 107). Die Möglichkeit, dass jede Person in der Bevölkerung zur Dienstklasse aufsteigen kann, macht diese Position besonders attraktiv, denn man muss nicht besonders viele Produktionsmittel besitzen, um zu den Top-Positionierten der Gesellschaft zu zählen, lediglich ist die zertifizierte Bildung notwendig, um eine Position als legitimierte und gutverdienende Führungskraft zu erlangen[3].

Mittelstand. Der Mittelstand ist die zentralste und defensivste Position im Hausmodell. Zu ihm gehören Individuen, die selbstständige Unternehmen leiten. Ergänzend hinzuzufügen ist, dass eine Person die zum Mittelstand gehört, verhältnismäßig viele Produktionsmittel besitzt und viel Zeit in Bildung investiert hat. Die mittelständische Lage zeichnet sich damit aus, dass die dort liegenden Personen große Freiheiten haben. Diese Freizeit wird oft in Bildung oder auch in Sport investiert (Grunow, Hank und Schwinn 2015: 61). Diese Zeitinvestition kommt zustande, weil der Mittelstand den Eliten nacheifert und deren kulturellen Werten, sowie den Denk- und Handlungsschemata imitieren möchte.

Arbeiterelite. Zur Arbeiterelite gehören Personen, die theoretisch die Möglichkeit hätten Unternehmen zu leiten und sich selbstständig zu machen, diesen Schritt aber noch nicht gewagt haben. Unter anderem sind das: Meister, Buchdrucker und Schlosser. Dahrendorf betitelt diese Lage im Schichtsystem auch als „Reservoir der Führer der Arbeiterbewegung“ (Dahrendorf 1965: 109). Die Personen in der Arbeiterelite zählen sich selbst meist zum Mittelstand, denn sie haben einen ähnlichen Lebensstil und eine ähnliche Mentalität. Sie ähneln dem Mittelstand auch stark in Bildung und Einkommen, was auf ihre hohe Position im Mittelfeld des Hauses zurückzuführen ist.

Falscher Mittelstand. Der falsche Mittelstand gehört grundsätzlich zur Arbeiterschicht, es sind jene Personen die im Dienstleistungsgewerbe tätig sind und eine repräsentative Funktion einnehmen (Dahrendorf 1965: 110).

[...]


[1] Ob diese Verteilung der Güter auf legitim oder illegitim Kausalitäten beruht, ist nicht Thema der Hausarbeit.

[2] Diese These wird in der Auswertung der Fragebögen noch bestätigt.

[3] Diese These wird in der Auswertung der Fragebögen noch bestätigt.

Final del extracto de 19 páginas

Detalles

Título
Sozialstrukturen und soziale Mobilität. Das Hausmodell von Ralf Dahrendorf
Universidad
University of Potsdam  (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät)
Calificación
1,3
Autor
Año
2015
Páginas
19
No. de catálogo
V376811
ISBN (Ebook)
9783668541795
ISBN (Libro)
9783668541801
Tamaño de fichero
575 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Dahrendorf, Hausmodell, Differenzierung, PDF, Hausarbeit, Forschung, Qualitativ
Citar trabajo
Philipp Nern (Autor), 2015, Sozialstrukturen und soziale Mobilität. Das Hausmodell von Ralf Dahrendorf, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376811

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