Sprachempfindung des Deutschen in Luxemburg


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

16 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Wie empfinden die Deutschen das Deutsche?

2. Luxemburg - Entstehung eines dreisprachigen Landes

3. Die deutsche Sprache in Luxemburg
3.1. Schule
3.2. Medien
3.3. Zusammenfassend: Wie empfinden die Luxemburger das Deutsche?

Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Aufgabe dieser Hausarbeit ist es eine Analyse über das Sprachempfinden von anderen Ländern auf die deutsche Sprache zu produzieren.

Die Inspiration, diese Hausarbeit zu verfassen, wurde mir auf meiner Reise nach Barcelona von einem Einheimischen geliefert. Als meine Freunde und ich ins Restaurant traten und wir uns unterhielten, sprach der Wirt uns mit einem verächtlichen Tonfall und den Worten: „So you’re speaking potatoe, eh?“ an.

Dieser Vorfall manifestierte sich und gab auschlaggebenden Grund für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Sprachempfindung und Beurteilung von anderen Sprachen.

Der erste Teil dieser Arbeit wird sich mit dem Begriff der Sprachempfindung der deutschen Bevölkerung beschäftigen. Dabei werden die in Deutschland vorhandenen Sprachvarietäten mithilfe einer repräsentativen Studie verglichen und dargestellt, welche der Varietäten die sympathischsten Dialekte darstellen und welche Stellung das Moselfränkische in Deutschland einnimmt.

Im Zentrum des Hauptteils wird die Analyse über die Sprachempfindung des Deutschen in Luxemburg sein. Da das Luxemburgische aus einer Varietät des Deutschen, nämlich des Westmoselfränkischen, hervorgegangen ist, kann durch diese Gliederung eine sinnhafte Abfolge von aufgegliederten Fakten verständnisvoll und zusammenhängend erläutert werden. Bei der Kategorisierung der Sprachempfindung werden verschiedene Kriterien wie z.B.: Ästhetik, Modernität, Vertrautheit, Kultiviertheit und Nützlichkeit herangezogen. Da Luxemburg ein Staat ist, in dem drei verschiedene, in der Verfassung festgehaltende Landesprachen vorhanden sind, bietet dies die Möglichkeit einen Vergleich zwischen Deutsch, Französisch und Englisch innerhalb des Sprachraumes Luxemburg durchzuführen. Auch die Medien in Luxemburg sind dreisprachig gehalten1. Dieser Punkt wird der letzte Teil der Hausarbeit beinhalten. Die verschiedene Sprachverteilung in den Medien, also Zeitung, Fernsehprogramm und Radio wird betrachtet und anhand einer Studie erklärt, warum diese Medien von bestimmten Sprachen monopolisiert werden.

1. Wie empfinden die Deutschen das Deutsche?

Eine repräsentative Studie von über 2000 deutschstämmigen Individuen aus verschiedenen Alters-, Berufs- und Geschlechtsgruppen ergab, dass das Deutsche als Landessprache zu 87% als gut bis sehr gut bewertet wurde. Die befragten Personen, die die deutsche Sprache als verstärkt positiv auffassen, sind Attribute wie z.B. überdurchschnittliches ökonomisches Kapital, Sprachinteresse und Alter zuzuschreiben (Eichinger et al. 2009: 7) (Anhang: Grafik 1). Diese und die später noch erläuterten Werte ergaben sich aus telefonischen Befragung, in denen die Teilnehmer eine fünfstufige, bipolare Skala, welche aus gegensätzlichen Adjektiven bestand, mit ihrer subjektiven Bewertung, ausfüllen sollten (Pleinair, Rothe 2009: 182). Die Gefühle, die den Befragten dem Deutschen gegenüber empfinden, sind fast ausschließlich positiv. Hierbei bekundeten 47%, dass „Liebe“ oder „Stolz“ (56%) (Anhang: Grafik 2) Emotionen darstellen, die der Muttersprache zuzuordnen sind. Desweiteren geben 76% der Befragen an, dass die deutsche Sprach als „schön“ zu empfinden sei und dass sie „logisch“ (62%) aufgebaut ist (Anhang: Grafik 3). Ganz im Gegenzug zu den länderübergreifenden Stereotypen wurde sogar mit 28% Deutsch als „weiche“ Sprache tituliert. Interessant hierbei ist, dass Gefühle wie „Gleichgültigkeit“ (10%) und „Abneigung“ (5%) selten auftreten (Eichinger et al. 2009: 9f). Aus den Nennungen dieser statistischen Befunde kann man schließen, dass die Deutschen ihre Sprache als etwas betrachten, worauf man stolz sein und mit dem man eine Verbindung herstellen kann.

Die Frage nach der Einstellung der Deutschen gegenüber dem Deutschen kann jedoch so noch nicht abschließend und allumfassend beantwortet sein, denn fast jeder Deutsche empfindet seine Alltagssprache als etwas, dass nicht dem Deutschen - also dem Standarddeutsch oder Hochdeutsch - entspricht, sondern eben eine Abwandlung dessen darstellt. Deswegen werden nun noch die regionalen Sprachformen - die Dialekte - analysiert und untereinander verglichen.

Die Sprache an sich stellt einen zentralen Träger der persönlichen Identität dar. Mit der Verwendung von Sprache, speziell in der artikulierten Form, werden nicht nur kommunikative Signale, die z.B. den Kern einer Unterhaltung beschreiben, vermittelt. Ein kommunikatives Signal kann unteranderem durch eine regionale Markierung beeinflusst sein (Plewnia, Rothe 2009: 179). Dieser Regionalitätsmarker wird als Dialekt beschrieben. Die Mundart gibt dem Kommunikationspartner meist einen Hinweis auf das Geburts-Bundesland. Neben dem kommunikativen Signal und dem Regionalitätsmarker werden dem Dialekt in einer Interaktion noch bestimmte, unscharfe stereotypische Eigenschaften zugeschrieben. So wurde in der Studie im gesamtem Bundesgebiet festgestellt, dass das Bairische durchgängig „anziehender“, „schöner“ und „melodischer“ als das Sächsische beurteilt wurde (Eichinger et al. 2009: 22) (Anhang: Grafik 4). Diese Gewichtung ist unteranderem dadurch entstanden, dass die Bayern vermehrt ihre eigene Dialektform positivere Kriterien zuordneten, als z.B. die Personen aus dem Norden. Da auch die südliche Bevölkerung höhere Befragtenzahlen aufweisen als die nördliche Bevölkerung, ist dieses Süd-Nord Gefälle eine verstärkt-subjektive und sprachpatriotische Note zuzuschreiben. Trotzdessen wird das Standarddeutsch als die sympathischste Form des Deutschen empfunden (Eichinger et al. 2009: 22).

Der Dialekt, auf dem das Luxemburgische gründet, wurde nur von 3% der Teilnehmer überhaupt als eine bekannte Dialektform genannt (Eichinger et al. 2009: 13). Bei der Einteilung zwischen sympathischen und unsympathischen Dialekten tritt Moselfränkisch gar nicht mehr auf, da hier nicht genug repräsentative Aussagen zugeordnet werden konnten (Eichinger et al. 2009: 21).

Bei der demographischen Sicht auf die deutsche Sprache wurde festgestellt, dass im Süden und in weiten Teilen von Mitteldeutschland noch vermehrt Dialekte auftreten, wohingegen die niederdeutsche Dialekt-Vielfalt - z.B. das Plattdeutsch - stark an Sprecher verloren hat. Die norddeutsche Bevölkerung weist vermehrt nur noch eine umgangssprachliche Variation des Hochdeutschen auf, die mit einer gewissen regionalen Färbung versehen ist (Eichinger et al. 2009: 9).

Eine regionale Färbung beschreibt eine Unterart des Dialekts, wobei die veränderte Artikulation der Phoneme nicht so verstärkt vom Standarddeutschen abweichen, als dass sie einen eigenständigen Dialekt formen würden. Diese regionale Färbung kann als eine Übergangsform vom Dialekt zu einer Standardvarietät oder umgekehrt bezeichnet werden. Wenn wir die Antipathien und Sympathien der Studie analysieren ist festzustellen, dass 63% eine regionale Färbung als eine „sympathische“ oder sogar „sehr sympathische“ Form des Standarddeutschen auffassen. Hierbei ist aber zu erwähnen, dass die Dialektfärbungen nicht allgemein als etwas Positives zu bewerten ist, sondern diese Sympathie durch die Nähe zu einem bekannten, etablierten Dialekt bestimmt wird (Eichinger et al. 2009: 25).

Zu den dialektalen Färbungen ist noch interessanter Weise festzustellen, dass die Personen, die eine hohe Lebenszufriedenheit aufweisen und die eine starke ökonomische Position beziehen, das dialektgefärbte Deutsch verstärkt als etwas Sympathisches empfinden. Diese Feststellung, in Kombination mit dem oben genannten Fakt, dass Personen, die eine gute Lebenslage aufweisen, positive Empfindungen für das Deutsche besitzen, lässt den Schluss zu das gebildete, wohlhabende, zufriedene Menschen die Muttersprache als etwas wertigeres und sympathischeres auffassen, als die Befragten, die jene Kriterien nicht zuzuordnen sind. Diese These lässt sich auch durch den Blick in die Bildungsabschlüsse bestätigen. Hier weisen ca. 65% der Befragten - die alle 18 Jahre oder älter sind - mindestens einen Realschulabschluss nach, der einen Grund für die erhöhte monetäre und emotionale Lebenszufriedenheit darstellt, die sich anscheinend auf das Sprachempfinden zurückschließen lässt.2

Der Sprachgebrauch in der Mediennutzung spiegelt sich so wieder, dass knapp die Hälfte der Teilnehmer einmal pro Woche deutsche Bücher lesen. Die deutsche Zeitung wird sogar von 70% der Befragten täglich und somit regelmäßig gelesen (Eichinger et al. 2009: 40). Lediglich 21% der Befragten lesen sie einmal pro Woche. Die Nutzung des Internets, was die Beiträge von klassischen Verlagsmedien angeht, fällt erstaunlich gering mit 45% aus (Eichinger et al. 2009: 40). Bei der Nutzung von Deutschen Medien ist eine Geschlechterdifferenz zu erkennen. Frauen lesen häufiger deutsche Bücher als Männer, jedoch nutzen Männer häufiger das Internet, um deutsche Beiträge zu erlesen. Die klassischen Medien wie z.B. Bücher, Zeitungen und Zeitschriften werden häufiger von älteren Personen konsumiert, die Jüngeren recherchieren die Neuigkeiten vermehrt im Internet.

Hierzu muss wiedermal erwähnt werden, dass die Personen häufiger lesen, die einen höheren Bildungsabschluss haben, besser ökonomisch positioniert, mit ihrem Leben zufriedener sind und sich vermehrt für Sprache interessieren (Eichinger et al. 2009: 40).

Abschließen kann nun zum Empfinden der deutschen Sprache von Deutschen gesagt werden, dass Dialekte generell negativer bewertet werden, als die standarddeutsche Sprache. Das Moselfränkische hat als Dialekt eine zu kleine Sprechergruppe, sodass eine empirische Bewertung der Empfindung für diese Form des Deutschen keine repräsentative Meinung dargestellt werden kann.

Unter den Empfindungen zwischen den Dialekten wurden massive Unterschiede festgestellt. So ist der bairische Dialekt mit über 20% positiver bewertet worden als der Sächsische. Der norddeutsche Dialekt bzw. die dort vorzufindenden dialektalen Färbungen sind mit insgesamt 35,3% - unter den acht am häufigst-genannten Dialekten - am sympathischsten eingeschätzt worden (Plewnia, Rothe 2009: 181). Generell wurden die ostdeutschen Dialekte wie Berlinerisch, Sächsisch und Ostdeutsch als unsympathischer eingestuft als die Westlichen.

2. Luxemburg - Entstehung eines dreisprachigen Landes

Die Frage, die sich als erstes auftürmt, wenn man den Fakt hört, dass Luxemburg ein Land ist, in dem es drei verschiedene, in der Verfassung festgehaltene, Landessprachen gibt, ist: „Wie kam es dazu, wieso hat ein Land drei Sprachen?“. Diese Frage wird im folgendem kurz, einleitend zum Hauptthema, beantwortet.

Die Zweisprachigkeit Luxemburgs lässt sich bis in das späte Mittealter zurückführen. Im Jahre 1340 teilte Johann der Blinde Luxemburg in ein „quartier wallon“ und ein „quartier allemand“, also in ein französischsprachigen und ein deutschsprachigen Teil des Landes (Fehlen und Heinz 2016: 13). Somit entstand eine germanisch-romanische Sprachgrenze, eine Diglossie. 1815 wurden die Grenzen in Europa neugezogen. Da die Niederlage Napoleon Bonapartes und die Französische Revolution in die Veranstaltung des Wiener Kongress resultierte, entschied man sich dort, dass Luxemburg fortan zum Mitgliedstaat des Deutschen Bundes zugeordnet werden würde (Fehlen und Heinz 2016: 13). Der Anteil der Deutschsprechenden in Luxemburg wurde auf rund 99% geschätzt. Da jedoch Frankreich immer noch große Macht in Europa besaß, war die Sprache der Eliten, der königlichen Korrespondenz und der Gerichtsbarkeit Französisch (Fehlen und Heinz 2016: 16). Die Eliten gewannen verstärkt Macht in Luxemburg, sodass ein Aufzwang der französischen Sprache stattfand (Fehlen und Heinz 2016: 16f). Da die Luxemburger jedoch vermehrt Deutsch sprachen, kam es zu einer Konfliktsituation, aus dem sich 1839 das Luxemburgische vereinzelt, aus dem moselfränkischen Dialekt, herausbildete (Fehlen und Heinz 2016: 17). Die weitestgehende Verbannung des Französischem aus Luxemburg war dem zweiten Weltkrieg zuzuschreiben. Straßenschilder, Straßennamen und Ladenschilder

[...]


1 Hierbei ist zu erwähnen, dass ein Vergleich aus fremdsprachiger und deutscher Mediennutzung in Deutschland nicht möglich war, da die Quellen nicht so ausführlich oder kaum vollständig aufgeschlüsselt worden sind, wie es im Vergleich der luxemburgischen Mediennutzung der Fall ist.

2 Die Korrelation, die mit erhöhtem monetärem Einkommen und Bildungsabschluss auf die positive Beeinflussung der Lebenszufriedenheit einhergeht, findet man unter anderem im Sozio-oekonomischen Panel von Ulrich Kohler und Frauke Kreuter aus dem Jahr 2009 (Anhang: Regressionsmodell).

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Sprachempfindung des Deutschen in Luxemburg
Hochschule
Universität Potsdam
Note
2.0
Autor
Jahr
2016
Seiten
16
Katalognummer
V376817
ISBN (eBook)
9783668563797
ISBN (Buch)
9783668563803
Dateigröße
669 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutschland, Luxemburg, Vergleich, Empfinden, Bayern, Sachsen, PDF, Hausarbeit
Arbeit zitieren
Philipp Nern (Autor:in), 2016, Sprachempfindung des Deutschen in Luxemburg, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376817

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