Location-based Advertising. Aktuelle Trends und Erfolgsfaktoren


Bachelorarbeit, 2015

39 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Literaturüberblick
2.1 Location-based Systems
2.2 Location-based Advertising

3 Current Trends and Success Factors
3.1 Value-based Success Factors
3.1.1 Kosten
3.1.1.1 Gefährdung des Datenschutzes
3.1.1.2 Aufwand und monetäre Kosten
3.1.2 Nutzen
3.1.2.1 Relevanz
3.1.2.2 Qualität
3.1.2.3 Inhalt und monetärer Nutzen
3.2 Current Trends

4 Fazit

Abbildung 1: Two Sub-structual Models for the Different Intended Goals; Quelle: Chae et al. (2002, S.44)

Abbildung 2: Screenshot Facebook Buy Button; Quelle: Facebook (2014)

Abbildung 3: Screenshot Local Inventory Ads; Quelle: Google (2015)

Abbildung 4: Screenshot Snapchat Sponsored Ads; Quelle: Meeker (2015)

Abbildung 5: Zusammenfassung der in der vorliegenden Arbeit evaluierten Erfolgsfaktoren

Tabelle 1: Architektur eines LBS; basierend auf: Steiniger, Neun & Edwardes (2008, S.29-32)

Tabelle 2: Dimensionen von Konsumentenbedenken hinsichtlich ihrer Privatsphäre; basierend auf: Smith, Milberg & Burke (1996, S.172)

Tabelle 3: Dimensionen von Informations-Qualitäten; basierend auf Chae et al. (2002, S.39-41)

1 Einleitung

Anfang des Jahres 2015 nutzten 3,649 Milliarden Personen ein mobiles Endgerät. Das entspricht über der Hälfte der gesamten Weltbevölkerung und es kommen jährlich 185 Millionen hinzu (Kemp 2015). Smartphones und Tablet-PCs ermöglichen ihren Nutzern einen flexiblen Internetzugang, unabhängig von Ort und Zeit. Diese Entwicklung birgt ein enormes Potenzial für werbetreibende Unternehmen. Bis zur Erfolgsgeschichte der mobilen Endgeräte konnte Online Werbung den Konsumenten nur in einer begrenzten Auswahl von Situationen erreichen, nämlich ausschließlich in solchen mit Zugang zu einem PC wie im Büro oder zu Hause. Ein mobiles Endgerät hingegen begleitet den Nutzer durch seinen Alltag: Während des Shoppings, sucht er online nach Angeboten und Rabatten, er bucht spontan von unterwegs das nächstgelegene Hotel und checkt per App in seine neue Lieblingsbar ein. Heute finden bereits 75% der Seitenaufrufe im Internet von mobilen Endgeräten statt und machen Konsumenten in hoch relevanten Situationen für Werbung erreichbar (Kemp 2015).

Location-based Advertising stellt eine Unterkategorie des Mobile Advertising dar und berücksichtigt den Standort der mobilen Endgeräte. Durch den richtigen Einsatz können Marketer Konsumenten nicht nur in relevanten Kontexten erreichen, sondern die werblichen Inhalte auch individuell auf die aktuellen Bedürfnisse und spezifische Situation der Nutzer ausrichten. Um das Potenzial von Location-based Advertising auszunutzen, stehen werbetreibende Unternehmen vor der Herausforderung, Kommunikationsstrategien auf Mobilität und Charakteristika von Smartphones und Tablet-PCs anzupassen.

Aufgrund der Aktualität und Schnelllebigkeit der Thematik, existiert in der aktuellen Literatur nur eine begrenzte Anzahl an Forschungen und Studien zu Location-based Advertising. Neben diesen zieht die vorliegende Arbeit daher bestehende Erkenntnisse aus relevanten Forschungsgebieten wie Mobile Marketing und Location-based Systems mit ein. Sie identifiziert wesentliche Erfolgsfaktoren und gibt einen Einblick in aktuelle Marktentwicklungen.

In Kapitel 2 werden die begrifflichen Grundlagen und die Entwicklung von Location- based Advertising behandelt. In Kapitel 3 werden wesentliche Faktoren evaluiert, die aus Konsumentenperspektive Einfluss auf den Mehrwert und Erfolg von LBA nehmen. Aus Gründen der Leserfreundlichkeit, wird bereits in den jeweiligen Unterkapiteln ein Zwischenfazit gezogen. Es folgt ein Einblick in aktuelle Trends. Die Ergebnisse werden in Kapitel 4 abschließend zusammengefasst und im Bezug auf die vorherigen Ausführungen bewertet.

2 Literaturüberblick

2.1 Location-based Systems

In der aktuellen Literatur liegt kein einheitliches Begriffsverständnis von Location- based Systems (LBS) vor (Bauer, Bryant & Dirks 2008, S.205). Dies ist laut Küpper (2005, S.1) auf den Umstand zurückzuführen, dass Charakter und Erscheinung der LBS von vielen verschiedenen Parteien - wie den Telekommunikation und Computing Sektoren - geprägt sind. Allgemein können LBS definiert werden als informative IT Services mit dem besonderen Leistungsmerkmal, Inhalte in direkter Abhängigkeit vom aktuellen Standort des Nutzers auf mobilen Endgeräten bereitzustellen (Bauer, Bryant & Dirks 2008, S.206; Küpper 2005, S.13).

Anstoß zur Entwicklung ortsbasierter Service Systeme gab ein 1969 von der US Federal Communications Commission (FCC) eingeführtes Gesetz namens E911 zur Optimierung des Notfall Services für Wireless Nutzer (Bellavista, Helal & Küpper 2011, S.85; Unni & Harmon 2007, S.1). Dieses verpflichtet sogenannte „commercial wireless carriers“ (Schiller & Voisard 2004, S.17), die technologische Infrastruktur bis Oktober 2001 so auszubauen, dass die Position eines Anrufers automatisch an die nächstgelegene Notfallstation übermittelt wird, sobald dieser einen Notruf von einem mobilen Endgerät absetzt. So soll wertvolle Zeit gespart werden. Europa folgt dem amerikanischen Beispiel mit dem Gesetz E112. Da die Umsetzungsverantwortung jedoch bei den nationalen Behörden liegt und die einzuhaltenden Richtlinien weniger streng gefasst sind, treibt das Gesetz E112 die Entwicklung von LBS in Europa in vergleichsweise geringem Maße an (Jagoe 2003, S.5).

In der Absicht, angefallene Investitionen schneller zu amortisieren, geht die gesetzlich vorgeschriebene Optimierung des Notfall Services mit der Markteinführung erster kommerzieller LBS einher. Diese beschränken sich zunächst auf Dienste, die dem Nutzer Standorte naheliegender Points of Interest (z.B. Tankstellen, Restaurants) liefern (Bellavista, Helal & Küpper 2011, S.86). Der Erfolg bleibt jedoch hinter den hohen Erwartungen der Unternehmen zurück. Grund dafür könnte u.a. die unzureichende technische Qualität der mobilen Endgeräte sein. Steinfield (2004, S.180) argumentiert das marginale Konsumenteninteresse mit langen Ladezeiten, hohen monetären Kosten, qualitativ schlechten Displays/ Interfaces sowie begrenztem Inhalt. Der rapide wachsende Markt der mobilen Endgeräte motiviert Anbieter dennoch zu weiteren Investitionen, sodass kommerzielle LBS in den darauf folgenden Jahren an Bedeutung gewinnen und 2005, u.a. mit der Verwendung neuer Positionierungstechnologien, massenmarkttauglich werden (Bellavista, Helal & Küpper 2011, S.86; Bruner & Kumar 2007, S.6). Um eine solche Positionierungstechnologie handelt es sich bei dem Global Positioning System (GPS). Es liefert präzisere Ergebnisse als bisherige Technologien und hat den Vorteil, durch seine satellitenbasierte Funktionalität einen manuellen Input von standortspezifischen Daten hinfällig zu machen (Steinfield 2004, S.181).

Neben einem Positionierungselement besteht die Architektur eines standortbasierten Services aus drei weiteren zentralen Komponenten: dem „Mobile Device“, „Communication Network“ und „Service & Content Provider“ (Steiniger, Neun & Edwardes 2008, S.4). Ihre Funktionen werden in Tabelle 1 erläutert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Außer der Positionierungstechnologie entwickeln sich auch andere Komponenten der LBS weiter. So bieten mobile Endgeräte wie Smartphones ihren Nutzern heute hochauflösende Farb-Displays, neue Funktionalitäten und starke Rechenleistungen. 4G Netzwerke ermöglichen ein neues Niveau der Mobilität und Geschwindigkeit (Lehrer & Hess 2010, S.107). Diese und weitere Fortschritte der vergangenen Jahre steigern den

Mehrwert von kommerziellen LBS und das damit verbundene Konsumenteninteresse. Eine solche Entwicklung spiegelt sich auch in den Ertragserwartungen der Unternehmen wider. Während, laut einem Bericht der Allied Business Intelligence Ine., im Jahr 2007 die Umsatzprognose für 2013 bei $515 Millionen lag, wurde diese nur ein Jahr später auf $13,3 Milliarden hoch korrigiert (Xu et al. 2009, S.137).

Nach der ursprünglichen Idee der Notdienstoptimierung finden Location-based Systems heute vielfältige Anwendung in Kategorien wie Navigation, Infotainment, Community/ Proximity, Gaming und Advertising (Fritsch & Muntermann 2005, S.3; Schiller & Voisard 2004, S.21-22).

2.2 Location-based Advertising

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf dem Einsatz von LBS im Rahmen von Advertising Aktivitäten, dem Location-based Advertsing (LBA). Dabei handelt es sich um die gezielte Ausspielung von werblichen Inhalten auf mobile Endgeräte, die auf den lokalen und situativen Kontext des Nutzers abgestimmt sind (Unni & Harmon 2007, S.29). LBA ist nicht neu (Banerjee & Dholakia 2008, S.5). Die ursprüngliche Begriffsdefinition vernachlässigt die Rolle von mobilen Endgeräten und umfasst so z.B. auch Außenwerbung, die auf den Ort zugeschnitten ist, an dem der Nutzer die Werbebotschaft empfängt (Bruner & Kumar 2007, S.5).

Dass Werbebotschaften bei Anpassung auf den Standort des Empfängers stärkere Wirkungen entfalten, erkannten Marketer schon Anfang des 20. Jahrhunderts und ließen geografische Informationen in Entscheidungen der Verkaufsförderung einfließen (Christensen & Tedlow 2000, S.42). Laut Dholakia und Dholakia (2004, S.1393) befinden sich Konsumenten je nach lokalem Kontext in unterschiedlichen Rollen, wobei der empfundene Vorteil eines Produktes oder Services mit der aktuellen Rolle des Empfängers variiert. Durch die Berücksichtigung der Rollen und Standorte lenken und maximieren Unternehmen die Wirkung ihrer Advertising Aktivitäten seit Beginn des Einzelhandels (Unni & Harmon 2007, S.30).

Location-based Advertising kann somit nicht als neu bezeichnet werden. Wesentlich ist aber, dass es im Zuge des rasant wachsenden Mobile Marktes eine neue Bedeutung erfahren hat. Denn während standortspezifisches Marketing zuvor eine breite, anonyme

Masse erreichte, ist es nun technologisch möglich, bestehende Kundeninformationen

(z.B. Einkaufhistorie, Finanzstatus, Kaufverhalten) mit LBS basierten Echtzeit-Daten (z.B. situativer Kontext, exakter Zeitpunkt) zu kombinieren (Unni & Harmon 2007, S.30). Neben dem Standort nimmt so auch das Wissen über die Konsumentenidentität Einfluss auf die Wirksamkeit von Advertising Aktivitäten.

Ein konkreter Einsatz von LBA kann anhand eines Beispiels der Marke Reebok verdeutlicht werden. Dieser erfolgte im Kontext einer neueröffneten Verkaufsstelle, auf welche man Konsumenten aufmerksam machen und über ihren Standort informieren wollte. Die Marke verwendete einen LBS Service (ZagMe), um Konsumenten eine Benachrichtigung über eine Produktneuheit zu senden. In dieser Benachrichtigung bot sie zudem demjenigen, der die Verkaufsstelle als erstes erreicht, ein gratis Paar der neuen Schuhe an. Innerhalb von vier Minuten suchten über fünfzig Konsumenten die neue Verkaufsstelle auf (Buckley 2004, S.48).

Schiller und Voisard (2004, S.20) unterscheiden, ob der Nutzer vorab seine Einwilligung zu Location-based Advertising erklärt hat („subscription-based“), oder nicht. Dhar und Varshney (2011, S.124) differenzieren zudem zwei Kategorien von LBA, „Push“ und „Pull“ basierte Applikationen. Beim Pull-Advertising stellt der Nutzer eine Anfrage, auf welche er einmalig und ausschließlich auf seinen Abruf zugeschnittenen, werblichen Inhalt empfängt. Diese Form des LBA findet z.B. dann statt, wenn sich ein User in einem Einkaufszentrum befindet und mit dem Smartphone über aktuell verfügbare Rabatte und Coupons informiert. Um Push-Advertising handelt es sich in allen anderen Fällen des Zusendens von werblichen, standortbasierten Inhalten an mobile Endgeräte (Unni & Harmon 2007, S.30). Hier findet keine aktive Anfrage des Nutzers, sondern eine Initiierung des Service Anbieters statt. Diese Form wurde im Reebok Beispiel verwendet. Ein Risiko einer solchen proaktiven Zusendung von werblichen Inhalten, stellt die empfundene Störung der Privatsphäre dar, auf die in Abschnitt 3.1.1.1 dieser Arbeit näher eingegangen wird (Xu et al. 2010, S. 137).

3 Current Trends and Success Factors

3.1 Value-based Success Factors

Mit Location-based Advertising steht Unternehmen ein neues Marketing Tool zur Verfügung, mit dem Konsumenten gezielt, effektiv und personalisiert erreicht werden können. Der zunehmende Einsatz und die wachsende Bedeutung von LBA werfen jedoch auch kritische Fragen auf, z.B. hinsichtlich des Datenschutzes. Diese Hürden können negative Effekte auf die Konsumentenakzeptanz und Nutzenbereitschaft haben und nehmen somit Einfluss auf die Wirksamkeit werblicher Inhalte (Alwitt & Prabhakar 1992, S.38). Laut Silberer, Magerhans und Wohlfahrt (2001, S.320) hängt die Akzeptanz eines neuen Produktes direkt mit seinem Erfolg oder Misserfolg zusammen. Um Faktoren für den Erfolg von LBA zu definieren, ist es also essentiell, die Konsumentenperspektive einzubeziehen. Durch welche Einflussfaktoren können Unternehmen die Nutzungsintentionen und Akzeptanz der Konsumenten steigern?

In der aktuellen Literatur liegen differenzierte Ansätze zu Beantwortung dieser Frage vor. So gibt es Forschungen, die die Intentionen zum Gebrauch mobiler Services auf Basis der Theorie of Reasoned Action (TRA) von Fishbein und Ajzen (1977) untersuchen. Die TRA geht davon aus, dass sich Nutzer anhand abzuwägender Kriterien bewusst für oder gegen ein bestimmtes Verhalten entscheiden (Okazaki 2005, S.163). Definiert man das Verhalten als die Nutzung von LBA, identifizieren Bauer, Barnes und Reichardt (2005, S.189) die Faktoren Entertainment und Information als bedeutendste Kriterien. Auch Nysveen, Pedersen und Thorbjornsen (2005, S.330-334) widmen sich der Thematik und sehen Erweiterungsbedarf der TRA, da gewisse Aspekte außer Acht gelassen werden. So findet die TRA meist im beruflichen Kontext Anwendung, hier fallen jedoch keine Kosten für die Nutzung von mobilen Services an, obwohl diese in der Realität (z.B. in Form von monetären Kosten für Datenübertragung) einen hohen Einfluss auf die Gebrauchsintention haben können. Die Autoren beschreiben die Nutzenintentionen von Konsumenten als Funktion von wahrgenommener Nützlichkeit, Benutzerfreundlichkeit, Unterhaltung und Ausdrucksstärke. Jüngere Studien beziehen auch den sozialen Aspekt mit ein und schlagen Entertainment, soziale Stimulation, Eskapismus und Produktinformationen als Faktoren, die besonders junge Konsumenten zur Interaktion mit Mobile Marketing Angeboten motivieren, vor (O'Donohoe 2007, S.230).

Diese Arbeit folgt den Forschungsergebnissen von Cronin, Brady und Huit (2000, S.200), die dem jeweils wahrgenommenen Customer-Value einen positiven Einfluss auf geplantes Konsumentenverhalten zuschreiben. Sowohl in der Literatur, als auch im Konsumentenverständnis, kommt „Value“ eine hohe Bedeutung zu, wobei das Begriffsverständnis stark variiert (Zeithaml 1998, S.13). Bishop (1984, S.19) beschreibt Value als Zusammenspiel aus Abstraktionen von Auswahl, Service, Gelegenheit, Preis und Qualität. Doyle (1984, S.17) sieht Abstraktionen von Komfort, Neuheit und Zeit, kombiniert mit Preis und Qualität, als nötige Faktoren, um Value zu erzeugen. Beide Autoren beziehen sich jedoch auf eine Kaufsituation, die in einem Supermarkt entsteht - also offline stattfindet.

Zeithaml (1998) gelingt es, die verschiedenen Begriffsverständnisse zu einer übergreifenden Definition zusammenzufassen, die sich für den Transfer auf Location- based Advertising eignet. Sie definiert Value als Gesamtbewertung eines Produktnutzens, basierend auf der Differenz zwischen Kosten und Vorteil, genauer zwischen „what is received and what is given“ (Zeithaml 1998, S.14). Dabei sind beides, Kosten und Vorteil, abhängig vom individuellen Empfinden des Nutzers. Während manche Personen hauptsächlich den zeitlichen Aufwand als Kosten empfinden, betrachten andere die Bedrohung ihrer Privatsphäre als größte Hürde. Des Weiteren differenziert Zeithaml (1998, S.14) zwischen monetären und nicht-monetären Kosten (z.B. Kosten für Datenvolumen vs. Aufwand) und Nutzen (z.B. Ersparnis durch Coupons vs. Entertainment). Aus ihrer Studie schlussfolgert sie eine konkrete Strategie zur Steigerung des Values, nämlich die Minimierung jeglicher Kosten bei gleichzeitiger Maximierung der resultierenden Nutzen (S.18).

Im Folgenden überträgt die vorliegende Arbeit Zeithamls Ansatz auf die werbliche Nutzung standortbasierter Systeme und unterstellt Value als Treiber für eine positive Adaptionsintention und Akzeptanz von LBA. Sie untersucht, welche Kosten und Nutzen für den Konsumenten potentiell entstehen und damit Einfluss auf den Value und resultierenden Erfolg von LBA nehmen.

3.1.1 Kosten

3.1.1.1 Gefährdung des Datenschutzes

In der Wissenschaft herrscht Konsens darüber, dass Konsumentenbedenken hinsichtlich einer Gefährdung ihrer Privatsphäre zu den größten Hemmnissen des Erfolges von LBA gehören (z.B. Chellappa & Sin 2005; FTC 2000; Malhotra, Kim & Agarwal 2004; Zhong et al. 2004).

LBA kann nicht nur für die werbetreibenden Unternehmen, sondern auch für ihre Konsumenten eine Bereicherung darstellen und Einkaufsroutinen simplifizieren (Xu et al. 2010, S.141). Dies wird insbesondere durch das hohe Personalisierungsniveau bewerkstelligt. Personalisierung hängt zum einen von der praktischen/ technischen Fähigkeit der Werbetreibenden, dem Nutzer individualisierten Inhalt zu bieten und zum anderen von der Bereitschaft der Nutzer, den Anbietern persönliche Daten als Basis zur Personalisierung zur Verfügung stellen, ab. Für Konsumenten entsteht so ein Dilemma zwischen dem Schutz ihrer Privatsphäre und dem Bedürfnis nach Personalisierung (Chellappa & Sin 2005, S.181).

Die Personalisierung von LBA basiert auf Konsumenteninformationen. Die rasante Entwicklung des Online und Mobile Marktes führt dazu, dass die Möglichkeiten, Kundendaten zu finden, speichern und analysieren immer vielfältiger werden. Sie hängen kaum mehr von der aktiven Zurverfügungstellung der Konsumenten ab. Das Tracking von z.B. Browsing-Strukturen und Customer-Journeys und die darauf basierende Auslieferung von personalisierten Inhalten, ist heute nicht nur bei globalen Unternehmen wie Amazon und Facebook gängige Praxis (Chellappa & Sin 2005, S.182). Dabei werden Daten zwar meist anonym, z.B. über Cookies oder den Nutzerstandort, gesammelt. Um ein präzises Konsumentenprofil generieren zu können, werden jedoch Informationen aus verschiedenen Quellen zusammengefügt. Unter diesen Quellen können sich auch solche befinden, die Aufschluss über Identität des Nutzers geben (z.B. Online-Registrierungsformulare für Newsletter), sodass die Anonymität der Konsumenten nur bedingt gewahrt wird (FTC 2000, S.17). Laut Decker (2008, S.221) können u.a. Informationen über politische Orientierung, Arbeitgeber, Freundeskreis, Interessen und sogar Gesundheit generiert werden.

Privatsphäre kann als das Recht des Einzelnen, Informationen über sich selbst kontrollieren zu können, bezeichnet werden (Stone et al. 1983, S.460). Wie oben beschrieben, geben Konsumenten jedoch immer weniger Informationen aktiv über sich preis, sondern verfallen in eine passive Rolle - es entsteht ein Kontrollverlust. Gemäß der Definition von Stone et al. (1983, S.460) wächst für Konsumenten die Bedrohung ihrer Privatsphäre und fördert die Konsumentenbedenken hinsichtlich des LBA. Smith,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie der Tabelle zu entnehmen ist, haben Konsumenten hinsichtlich der Gefährdung ihrer Privatsphäre vielfältige Vorbehalte, welche von der Art der Datensammlung bis zur missbräuchlichen Weitergabe oder Fehlverwendung reichen. Die resultierende Skepsis stellt psychologische Kosten für die Nutzung von Location-based Advertising dar (Unni & Harmon 2007, S.31). Gemäß Zeithaml (1998, S.14) trägt die Minimierung dieser Kosten zum Erfolg von LBA bei. Was können Marketer tun, um die Barriere einer empfundenen Gefährdung des Datenschutzes möglichst gering zu halten?

Malhotra, Kim und Agarwal (2004, S.338-339) entwickeln zu dieser Thematik einen Lösungsansatz auf Basis der Social Contract Theory. Diese besagt, dass Konsumenten eher dazu bereit sind persönliche Daten preiszugeben, wenn sie davon ausgehen können, dass der Nutzung der Daten ein Vertrag zugrunde liegt, den sie als fair empfinden. Der Grad der empfundenen Fairness ist, bezogen auf LBA, abhängig von drei Faktoren: „collection“, „control“ und „awareness of privacy practices“.

„Collection“ betrifft die gerechte Sammlung der Daten, basierend auf dem abgeschlossenen Vertrag. Das heißt, der Konsument kann darauf vertrauen, dass nur die Art von Daten gesammelt wird, der er zuvor auch zugestimmt hat. Der Faktor „control“ befriedigt das Bedürfnis, jederzeit den Vertrag aufheben oder seine Meinung äußern zu dürfen. Somit ist der Konsument, im Falle technischen Fortschritts oder geänderten externen/ internen Bedingungen, weiterhin in der Lage, Einfluss auf den Umgang mit persönlichen Daten zu nehmen. „Awareness of privacy practices“ verlangt danach, dass der Konsument beim Eingehen des Vertrages über seine Konditionen und tatsächliche Bedeutung informiert ist und diese begreift. Sind alle drei Faktoren hinreichend erfüllt, wird der eingegangene Vertrag als fair empfunden. Das Gefühl, durch die Nutzung von LBA einen Eingriff in die Privatsphäre zu riskieren, minimiert sich.

Die gestiegene Relevanz des Themas Datenschutz betrifft nicht nur werbetreibende Unternehmen, auch die Politik wurde auf den wachsenden Handlungsbedarf aufmerksam. Die US Federal Trade Commission (2000, S.3) vertraut zwar der industriellen Selbstregulierung, ergänzt diese jedoch um einen rechtlichen Handlungsrahmen, mit dem Ziel, die Privatsphäre von Nutzern online garantieren zu können. Sie fordert die Einhaltung von verschiedenen Regeln („fair information practices“), die sich größtenteils mit den vorab definierten Anforderungen an einen fairen gesellschaftlichen Vertrag von Malhotra, Kim & Agarwal (2004) decken. Für den Nutzer bedeutet dies ein erhöhtes Sicherheitsgefühl, da der gesellschaftliche Vertrag nicht mehr nur auf Vertrauen, sondern einer gesetzlichen Reglung basiert (Xu et al. 2001, S.144).

Gross und Acquisti (2005) untersuchen in ihrer Studie Muster bei der Veröffentlichung privater Informationen in Sozialen Netzwerken von 4.000 amerikanischen Studenten. Die Nutzungszahlen von Sozialen Netzwerken wie Friendster oder Facebook sind in den vergangenen Jahren stark angestiegen und ermöglichen es Millionen von Nutzern, persönliche Daten wie Alter, Interessen und Hobbys mit Freunden und Fremden zu teilen (Gross & Acquisti 2005, S.71). Die Autoren finden heraus, dass, obwohl bei Sozialen Netzwerken ein nicht weniger hohes Risiko bezüglich des Datenschutzes besteht, ihre Nutzer private Informationen verhältnismäßig bereitwillig veröffentlichen. Als mögliche Gründe nennen sie u.a. Gruppenzwang, Vertrauen in das Netzwerk bzw. seine Mitglieder und unvollständige Kenntnis über die Konsequenzen (S.74). Wie können Unternehmen diese Bereitschaft, Daten zu veröffentlichen, nutzen, um Konsumenten offen für LBA zu stimmen? Neben Malhotra, Kim und Agarwal (2005) stellen auch Milne und Culnam (2002, S.345) ein Gefühl von Kontrolle als wichtigen Faktor heraus. Ein weiterer, bisher unerwähnter Anreiz zur Datenveröffentlichung, stellen monetäre Anreize, beispielsweise in Form von Coupons und gratis Produkten, dar. Um davon profitieren zu können, nehmen Konsumenten ein gewisses Risiko in Kauf (Xie, Teo & Wan 2006, S.70; Xu et al. 2001, S.145 u. 158).

Damit lässt sich folgendes Zwischenfazit ziehen: Konsumenten sind eher dazu bereit, persönliche Daten preiszugeben, wenn dies erstens in Sozialen Netzwerken geschieht, sie zweitens dabei eine aktive Rolle spielen (Kontrolle) und ihnen drittens monetäre Anreize geboten werden. Kombiniert man diese Erkenntnisse, können Unternehmen daraus konkrete Strategien ableiten. Ein Szenario wäre, dass Marken vorab mit Konsumenten, die später über LBA erreicht werden sollen, in Sozialen Netzwerken interagieren. Dies könnte in Form eines Gewinnspiels stattfinden, welches eine Registrierung erfordert (=Veröffentlichung sensibler Daten) und Gratisprodukte in Aussicht stellt (=Anreiz zur Überwindung des Datenschutzbedenken). Werden die teilnehmenden Nutzer anschließend durch LBA erreicht, erleben sie mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Gefühl von Kontrolle, da sie einen Teil der Daten selbst veröffentlicht haben und so zu wissen glauben, auf welchem Weg das Unternehmen an Informationen gelangt ist (z.B. Alter, Affinität für dekorative Kosmetik). LBA könnte so in einem geringeren Maße als Eingriff in die Privatsphäre empfunden werden, als ohne die vorherige Interaktion in Sozialen Netzwerken. Die psychologischen Kosten sinken und der Value und Erfolg von LBA steigen. Dieses Szenario stellt lediglich eine These der vorliegenden Arbeit dar und ist in der Literatur bislang unerforscht.

In Abschnitt 2.2 wurden zwei Formen des Location-based Advertisings vorgestellt, Push & Pull (Dhar & Varshney 2011, S.142). Während Marketer Push-LBA initiieren, erfolgt beim Pull-LBA eine vorherige Anfrage des Nutzers, auf welche inhaltlich und einmalig reagiert wird. Unni und Harmon (2007) widmen ihre Forschung in der Studie „Perceived Effectiveness of Push vs. Pull Mobile Location Based Advertising” dieser Thematik und untersuchen die zwei Formen hinsichtlich ihres Effekts auf Bedenken bzgl. der Privatsphäre, den empfundenen Nutzen und den resultierenden Value als Differenz (S.32). Sie setzen voraus, dass sich Konsumenten für beide Formen vorab registrieren müssen (vgl. „subscription based“, Schiller & Voisard 2004, S.20). Die Autoren stellen folgende Hypothesen auf: Bedenken bzgl. der Privatsphäre sind bei Push-LBA größer, als bei Pull LBA. Der empfundene Vorteil von Push-LBA ist kleiner, als von Pull-LBA. Durch Push-LBA entsteht folglich ein kleinerer Value, als bei Pull-

LBA. Die aufgestellten Hypothesen wurden anhand des 2x2 Between-Subjects Experimental Design untersucht, welches bei mehr als einer unabhängigen Variablen verwendet werden kann. Subjekt waren zufällig ausgewählte Wirtschaftsstudenten einer urbanen Universität, die durch ihre Altersstruktur und selbstständigen Konsumentscheidungen als besonders relevant und repräsentativ eingestuft wurden (S.33). Alle drei Hypothesen können signifikant bestätigt werden. Konsumenten empfinden standortbasierte Werbung als wesentlich weniger aufdringlich und risikoreich, wenn sie diese vorab aktiv anfordern und sind eher gewillt, sich für Pull- als für Push-basierte Applikationen zu registrieren. Diese Erkenntnis stellt für Unternehmen ein weiteres Instrument zur Minimierung der psychologischen Kosten in Form von Datenschutzbedenken dar. Der Value kann durch die Verwendung von Pull-basierten LBA Mechanismen gesteigert werden.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Konsumentenbedenken hinsichtlich des Schutzes ihrer Privatsphäre und persönlichen Daten hohe psychologische Kosten darstellen und starken Einfluss auf den empfundenen Value von Location-based Advertising haben. Durch die zunehmend passive Rolle und den Kontrollverlust der Konsumenten durch technischen Fortschritt, entstehen verschiedene Vorbehalte. Unternehmen müssen, innerhalb des politisch vorgegebenen Handlungsrahmens, Strategien entwickeln, um diese Barriere zu senken und LBA zugänglich zu machen. Diesem Ziel dienen u.a. die Verwendung von Pull- statt Push-basierten LBA Mechanismen, die Verknüpfung mit Social Media und ein transparenter gesellschaftlicher Vertrag.

3.1.1.2 Aufwand und monetäre Kosten

Anfangs blieb der Erfolg von standortbasierten Systemen für mobile Endgeräte hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück (Fritsch & Muntermann 2005, S.1). Wie in Abschnitt 2.1 erläutert, kann dies mit langen Ladezeiten, hohen monetären Kosten, qualitativ schlechten Displays/ Interfaces sowie begrenztem Content der mobilen Endgeräte begründet werden (Steinfield 2003, S.180). Die Kosten - in Form von Aufwand für die Nutzung von LBS - waren zu hoch und Anreize zur Überwindung der Barriere zu gering. Der Mobile Markt unterlag jedoch in den vergangenen Jahren einem rapiden Wachstum, welches neue Technologien und somit eine Minimierung der oben genannten Hürden mit sich brachte: Die mobilen Endgeräte sind klein und passen in

Taschen, die Konsumenten identifizieren sich durch personalisierten Input mit ihren Smartphones, die meisten mobilen Endgeräte sind mit built-in navigational systems wie GPS ausgestattet und haben Internetzugang über Wireless Links (Dhar & Varshney 2011, S.123). Solche Neuerungen sind längst nicht abgeschlossen und werden auch in Zukunft zu steigenden Nutzungszahlen führen. Sie verdeutlichen den enormen Effekt von Kostenminimierung in Form von Aufwand.

Monetäre Kosten verdienen eine nähere Betrachtung. Dabei sind aus Konsumentenperspektive die Kosten für LBA selbst zu vernachlässigen, vielmehr soll der Fokus auf der Bewertung der Kosten durch die generelle Nutzung von mobilen Endgeräten mit Internetzugang liegen. Als Dhar und Varshney ihre Studie im Jahr 2011 verfassten, boten Netzbetreiber meist Verträge mit Flatrate oder Abrechnung nach Minuten für Voice Services an, wohingegen Data Services je nach Airtime und bezogener Datenmenge bepreist wurden (S.127). Diese Preispolitik stieß auf eine geringe Konsumentenakzeptanz. Die Autoren prognostizierten, dass mit der Einführung der nächsten Generation von High Speed Networks (ab 4G) auch einfachere und attraktivere Preismodelle ermöglicht werden würden. Heute, 4 Jahre später, ist ihre Prognose erfüllt: Flatrates bieten eine unbegrenzte Datennutzung zu fixen Kosten und kostenfreies WLAN an öffentlichen Orten ist längst Standard (Stadie 2014; vgl. T- Mobile 2015). Die Preise der Flatrates berücksichtigen dabei nicht mehr nur das übertragene Datenvolumen, sondern auch Dimensionen wie „Speed, Qualität und Priorität“ (Stadie 2014). Anbietern stehen damit alternative Instrumente zur Absicherung vor der Übertragung außergewöhnlich hoher Datenmengen zur Verfügung: Nutzt ein Konsument Datenvolumen über einem bestimmten Limit, kann ein Netzanbieter die Übertragungsgeschwindigkeit reduzieren (vgl. T-Mobile 2015). Für den Konsumenten entstehen keine zusätzlichen monetären Kosten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Location-based Advertising. Aktuelle Trends und Erfolgsfaktoren
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
39
Katalognummer
V377284
ISBN (eBook)
9783668586420
ISBN (Buch)
9783668586437
Dateigröße
929 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
location-based, advertising, aktuelle, trends, erfolgsfaktoren
Arbeit zitieren
Kirsten Hillebrand (Autor:in), 2015, Location-based Advertising. Aktuelle Trends und Erfolgsfaktoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/377284

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