Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704). Hintergründe zu den Rosenkranz-Sonaten


Seminararbeit, 2002

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Geschichte Salzburgs vor und während Bibers Wirken

2. Bibers Leben und Werk

3. Die Rosenkranz-Sonaten

4. Verzeichnis der Literatur und Quellen

1. Geschichte Salzburgs vor und während Bibers Wirken:

Der Staat des Erzstiftes Salzburg war ein geistliches Fürstentum und gleichzeitig Pufferstaat zwischen Österreich und Bayern. Erzbischof Paris Lodron, der von 1619 bis 1653 regierte, war durch viel diplomatisches Geschick darauf bedacht, den Erzstift aus dem 30-jährigen Krieg herauszuhalten. In seine Zeit fiel die Gründung der Universität (1622) und die Vollendung des 1000 Personen fassenden Domes (1628). Sein Nachfolger Erzbischof Guidobald von Thun (1654-1669) konnte nach Ende des 30-jährigen Krieges die Befestigungsbauten, welche die Stadt schützen sollten, einstellen. Soldaten wurden abgedankt und der Steuerdruck gelöst. Der als absoluter Fürst regierende Erzbischof erließ vielerlei Verordnungen, die in das persönliche Leben der Menschen eingriffen. Als Beispiel sei das Tabakverbot von 1657 genannt, welches aber später zu einer Tabaksteuer umgewandelt wurde. Mit zahlreichen Bauten, unter anderem des Residenzbrunnens auf dem Residenzplatz oder der Winterreitschule, frönte der Herrscher seinem übersteigerten Repräsentationsbedürfnis. 1665 war sogar Kaiser Leopold I. zu Besuch in Salzburg. Erzbischof Guidobald war der letzte Bischof, der sich in der Reichspolitik engagierte. Er wurde 1662 zum „Prinzipalkommissär“ ernannt und war somit persönlicher Stellvertreter des Kaisers auf dem Regensburger Reichstag. Daher stand der Erzstift unter starkem Einfluss der Habsburger. Schließlich wurde der Erzbischof 1666 zum „Primas Germaniae“, also zum ersten Kirchenfürsten Deutschlands ernannt.

Der kommende Nachfolger Max Gandolph Graf von Kuenburg (1668-1687) hatte unmittelbar auf das Schaffen Bibers Einfluss, der wohl Ende August, Anfang September 1670 nach Salzburg kam. Max Gandolph baute den Obrigkeitsstaat seiner Vorgänger weiter aus. Es wurden neue Behörden geschaffen und eine Reihe von Mandaten und Verordnungen erlassen. Die Feuerlöschordnung von 1677, die Almosenordnung des folgenden Jahres, die Infektionsordnung 1679 und die Säuberungsordnung von 1678, welche die schlechten hygienischen Verhältnisse zu der Zeit in den Griff bekommen sollte. 1684 ließ er über 1000 Deferegger Protestanten ausweisen. Dies zeigt deutlich die religiöse Intoleranz des Grafen und die polizei-staatliche Kontrolle, mit der er seinen Staat regierte. In seine Regierungszeit fiel auch das 1100-jährige Jubiläum der Stadt Salzburg (17.-24. Oktober 1682), die damit die vermeintliche Ankunft des heiligen Rupert 582 feierte. Später datierte einer der ersten Urkundenforscher Mabillion die Ankunft auf das Datum 696, was aber keinen mehr interessierte. Zu diesem großen Jubiläum schrieb Biber seine „Missa Salisburgiensis“, die sehr prunkvoll ausfiel. Fünf Chöre auf vier Pfeileremporen und dem Presbyterium unterstrichen im Salzburger Dom die Bedeutung der Feier. Zudem gab es am 18. Oktober 1682 noch eine Festprozession bei der 36 Zünfte und Bruderschaften vertreten waren. Max Gandolph führte die Bauvorhaben seines Vorgängers fort in dem er die Domausstattung mit sechs Seitenaltären und einem Abschlussgitter mit seinem eigenen Wappen vollendete. Er ließ in Erfüllung eines Gelübdes, wie schon sein Vorgänger, durch Antonio Dario 1671-73 die Wallfahrtskirche Maria Plein errichten. Sie unterstellte er der Universität, später der Abtei St. Peter zur Betreuung. Weitere Bauten unter Max Gandolph als Bauherrn waren die Hofbibliothek oder Max-Gandolph-Bibliothek, für seine Verwandten der Langenhof als Stadtpalais und die Fronburg als Sommerresidenz. Die zwei letzten bedeutenden Kirchenbauten des italienischen, in München als Hofbaumeister angestellten, Gasparo Zugalli, waren die Kajetanerkirche mit angegliedertem Kloster und die in traditionell italienischer Baukunst gefertigte Eberhardkirche im Nonntal. Mit Zugallis Entlassung nach Max Gandolphs Tod (1693) endete die über ein Jahrhundert lang währende Tradition italienischer Baukunst, die seit Scamozi und Solari in Salzburg dominiert hatte. Ebenfalls in die Zeit des Grafen von Kuenburg fiel die bisher größte und blutigste Hexenverfolgung in der Geschichte Europas, der „Zauberer-Jackl-Prozeß“. Dieser begann mit der Verfolgung eines Jakob Koller (bzw. Tischler), der sich mit einer Bande Jugendlicher in Lungau und Pongau herumtrieb. Daraufhin wurden immer mehr Gefangene gemacht und unter den beiden Richtern Dr. Sebastian Zillner und Dr. Johann Nikolaus Maralt gefoltert und verhört. Dabei wurden die Geständnisse der "Malefikanten" unter schlimmster Folter erzwungen. Innerhalb von sechs Jahren wurden 133 Personen hingerichtet, 1678 allein 109. Zwei Drittel waren zwischen 10 und 21 Jahren, 70 % männlichen Geschlechtes. Viele kamen schon bei ihrer Haft wegen den unmenschlichen Verhältnissen im eigens dafür errichteten Hexenturm um. Ihnen wurden folgende Vergehen vorgeworfen: Teufelspakt, Hexentänze, Verzauberung von Mensch und Vieh, Wetterzauber, Schändung von Hostien und Heiligenbildern, Sodomie usw.. Die Exekution erfolgte durch Erdrosselung, im Falle des Leugnens durch Verbrennung. Kindern unter 14 Jahren kam die „milde“ Tötung durch das Fallbeil zu. Ziel dieser Hexenverfolgung war sicherlich die Beseitigung des fahrenden Volkes, der Bettler und Landstreicher, die einen stetigen Unruheherd darstellten. Aber auch natürliche Unglücksfälle brachen über die Bevölkerung herein. So gab es 1661/62 Hochwasserkatastrophen, und am 18. Februar 1663 fegte ein Orkan die Markthütten und das Kupferdach des Domes fort. Das schlimmste Unglück war am 16. Juli 1669 bei dem bei einem Bergsturz vom Mönchsberg im Gstättenviertel ein Dutzend Häuser, zwei Kirchen und das Priesterseminar zerstört wurden. Hierbei fanden 220 Menschen den Tod.

Der Nachfolger Max Gandolphs, dem kurz vor seinem Tod noch die Kardinalswürde verliehen wurde, war Johann Ernst Graf Thun. Er war der Vollender des fürstlichen Absolutismus in Salzburg. Zunächst kam der Erzbischof in Konflikt mit dem hochadeligen Domkapitel, dem einzigen politischen Widerpart. Das Domkapitel wählte nämlich den Fürsten nur, wenn dieser ihnen politische Zugeständnisse machte, die ihn aber in seiner fürstlichen Omnipotenz einschränkten. Der Erzbischof gewann den Kampf gegen die Domherren aufgrund eines Verbotes der Wahlkapitulation, welches Papst Innozenz XII. 1695 erließ. Somit blieb die alleinige politische Entscheidungsgewalt beim Landesfürsten und seinen unmittelbaren Mitarbeitern.

Zusammenfassend lässt sich folgendes über den Staat des Erzstiftes Salzburg sagen.

Im Zentrum lag immer die Selbstdarstellung des unbeschränkten fürstlichen Absolutismus, die sich besonders in den barocken Bauten und der Kultur niederschlug. Die Macht lag bei den jeweiligen geistlichen Landesfürsten, die durch Verordnungen, wie der Stadt- und Polizeiordnung von 1524, die nach einer Stadtauflehnung gegen den Herrscher (1511) erlassen wurde, oder der Landesordnung von 1526, erlassen nach dem Bauernaufstand 1525, stetig ihren Einfluss vergrößerten. 1620 wurde schließlich die Landschaft „verbeamtet“ und war somit nur noch ein „Vollzugsorgan der landesherrlichen Bürokratie ohne Entscheidungskompetenzen.“[1]

Biber profitierte sehr von der politischen Konstellation in Salzburg, was an einem Zitat deutlich wird: „ In einer Sozialordnung, wo die Staatsgewalt um ihrer selbst willen der Repräsentation bedarf, ist die Kultur primär im Umfeld der politisch Mächtigen anzutreffen.“[2]

2. Bibers Leben und Werk:

Biber war einer der bedeutendsten Musiker des 17. Jahrhunderts und ein führender Violinkomponist seiner Zeit. Seine Werke hatten großen Einfluss auf das Instrumental- und Violinspiel der Epoche des Barock. Zudem schrieb er über 50 kirchenmusikalische Werke, darunter Messen, Offertorien und Psalme. Zu mehr als ein Dutzend Schuldramen komponierte er die Musikeinlagen, die bei den Aufführungen der Studenten der Salzburger Benediktineruniversität einen musikalischen Rahmen bildeten. Selbst zwei Opern in italienischer Sprache und eine Hochzeitskantate gehören zum Schaffen des Komponisten. Heinrich Ignaz Franz Biber wurde in Wartenberg nahe Reichenbach (Nordböhmen) geboren und am 12. August 1644 getauft. Sein musikalisches Talent wurde früh gefördert, bisher unbekannt von wem, aber vermutlich vom Grafen Maximilian Liechtenstein-Castelcorno, der, wie seine Familie, Musikliebhaber war. Wahrscheinlich studierte Biber bei Schmelzer (1623-1681) in Wien, der dort kaiserlicher Hofkomponist und später Kapellmeister war. Man geht davon aus, dass Biber vor 1668 eine Stellung zusammen mit Prinner in Graz hatte. Darauf deutet ein Brief Schmelzers an den Fürsterzbischof Karl Liechtenstein-Castelcorno vom 24. Dezember 1670 hin. Das erste, nach Dokumenten belegte Engagement Bibers war in Kremsier unter Karl Liechtenstein-Castelcorno von 1668 bis 1670, bei dem er den Posten des Kammerdieners erfüllte. Neben seiner Tätigkeit als Hofmusiker schrieb er Instrumentalkompositionen, aufgrund der Vorliebe des Fürsterzbischofs , bevorzugt Violinkompositionen und Kirchenwerke mit festlicher Besetzung. Schon hier machte sich Bibers, durch Schmelzer stark beeinflusster, Kompositionsstil bemerkbar. Denn Biber hat in seinen Kirchenwerken programmatische und volkstümliche Elemente mit sakraler Musik vermischt, so dass keine klare Trennung zwischen höfischer und traditionell kirchlicher Musik vorhanden ist. Folglich kann man in einer Kirchensonate Elemente einer höfischen Suite erkennen. Diese Vermischung nationaler, traditionell österreichischer, also volkstümlicher Elemente und von außen kommender italienischer Einflüsse finden in der Musik des 17. Jahrhunderts ihre früheste Manifestation in Kompositionen von Biber und Schmelzer. In späteren Werken Bibers finden wir immer wieder diesen Kompositionsstil wieder, der zum Beispiel in Form der Skordatur, eine typische Tendenz der individualistischen Natur österreichischer Instrumentalmusik, eine Fortführung in späteren Kompositionen Bibers erfährt. In der zweiten Hälfte des Jahres 1670 nahm Biber eine Stellung in Salzburg an, die zunächst im selben Aufgabenbereich, wie in Kremsier lag. Dabei hatte er dort nicht um seine Freigabe erbeten und war, wie es Schmelzer beschrieb, „in saluto hospite“ einfach davongelaufen. Somit stand er seit ungefähr Ende August, Anfang September im Dienst des Fürsterzbischof Max Gandolph in Salzburg. In den ersten Jahren schrieb er dort hauptsächlich Instrumentalwerke in einer großen Vielfalt an Besetzungen. Folgende Werke sind überliefert:

[...]


[1] Putzer, Peter: „Der Staat des Erzstiftes Salzburg zur Zeit des Hochbarock“, Salzburg, S. 165

[2] Ebda., S. 172

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704). Hintergründe zu den Rosenkranz-Sonaten
Hochschule
Staatliche Hochschule für Musik Trossingen
Veranstaltung
Musikalische Topographie des barocken Österreich
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
17
Katalognummer
V37840
ISBN (eBook)
9783638370790
ISBN (Buch)
9783638778749
Dateigröße
460 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Heinrich, Ignaz, Franz, Biber, Hintergründe, Rosenkranz-Sonaten, Musikalische, Topographie, Barock, Österreich
Arbeit zitieren
Thomas Grasse (Autor:in), 2002, Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704). Hintergründe zu den Rosenkranz-Sonaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37840

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704). Hintergründe zu den Rosenkranz-Sonaten



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden