Die Grenze zwischen Arbeit und Privatwelt war im Rahmen der fordistischen und tayloristischen Produktion des letzten Jahrhunderts konstitutiv für das Verständnis von Arbeit und Freizeit als separaten Lebensbereichen. Bis heute prägt diese Grenzziehung die verbreitete Vorstellung von Arbeitszeit auf der einen Seite, und Freizeit zur Regeneration und Reproduktion der eigenen Kräfte auf der anderen Seite. Allerdings diagnostizieren die Sozial- und Kulturwissenschaften längst eine Entgrenzung dieser Sphären im Rahmen eines sich wandelnden, flexibilisierten und subjektivierten post-fordistischen Arbeitsmarktes. Anhand der Entgrenzungstendenzen der gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung lässt sich nachvollziehen, dass Arbeit und Freizeit demnach nicht als anthropologisch konstante Dichotomie beschrieben werden können, sondern gesellschaftlich hergestellt werden und gegenwärtig im Begriff sind, neu ausgehandelt zu werden. Qualitäten des vermeidlich autonomen Beschäftigten und der Flexibilisierung von Arbeitsinhalten und -zeiten stehen im Zuge eines sich wandelnden Arbeitsmarktes im Mittelpunkt, sodass berufliche und private Zeitfenster zunehmend entgrenzt werden und eine Vereinbarkeit von Lebensbereichen durch das zum gesellschaftlichem Ideal avancierende "unternehmerische Selbst" organisiert werden muss.
Im Rahmen dieser Hausarbeit soll der Frage nachgegangen werden, zu welchen Praktiken der Selbstregulierung die Entgrenzung von Lebensbereichen und damit einhergehende Beschleunigungstendenzen im Rahmen einer "neuen Arbeitswelt" führen. Zudem soll versucht werden, diese im Hinblick auf einen individualisierten Arbeitsmarkt einzuordnen. An Hand der einschlägigen Forschungen zu gegenwärtigen Verschränkungen der Sphären Arbeit und Privatheit und deren Folgen sollen zwei Umgangsformen und vermeidliche Lösungsstrategien vorgestellt und diskutiert werden, die insbesondere als Reaktion auf die Beschleunigung und Effizienzsteigerung gegenwärtiger Arbeitswelten zu lesen sind.. Aufgrund der virulenten gesellschaftlichen Dogmen des "Zeit sparens" oder "Zeit für sich nehmens" erscheint Zeit in allen Lebensbereichen zunehmend als knapp empfundene Ressource, weshalb Hartmut Rosa mit "Beschleunigung" und "Beschleunigung und Entfremdung" der prägnanteste Bezugspunkt dieser Seminararbeit ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Konturen einer „neuen“ Arbeitswelt
- 3. Probleme einer Entgrenzung und Flexibilisierung von Arbeit
- 4. Strategien der Bewältigung von Zeitdruck
- 4.1 Selbstorganisation als Anpassungsstrategie
- 4.2 »Achtsamkeit« und »Entschleunigung« als Gegenmaßnahmen
- 4.3 Vergleich und Ergebnis
- 5. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert die Entgrenzung von Arbeit und Privatleben im Kontext einer »neuen Arbeitswelt«. Sie untersucht die Herausforderungen und Auswirkungen der flexibilisierten und beschleunigten Arbeitswelt auf die individuelle Selbstorganisation und die Work-Life-Balance. Die Arbeit greift insbesondere auf die »Kritische Theorie der sozialen Beschleunigung« von Hartmut Rosa sowie auf Forschungen von Arlie Russell Hochschild und Sabine Flicks zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zurück.
- Entgrenzung von Arbeit und Privatleben
- Flexibilisierung und Subjektivierung der Arbeit
- Strategien der Selbstorganisation und Zeitmanagement
- Achtsamkeit und Entschleunigung als Gegenmaßnahmen
- Kritik an der »Ideologie der Entgrenzung«
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung stellt die Thematik der Entgrenzung von Arbeit und Privatleben in den Kontext der fordistischen und post-fordistischen Arbeitswelt dar. Sie beleuchtet die wachsende Bedeutung der Work-Life-Balance und die Herausforderungen, die sich aus der Individualisierung und Flexibilisierung der Arbeit ergeben.
- Kapitel 2: Konturen einer „neuen“ Arbeitswelt: Dieses Kapitel beschreibt die Kennzeichen der »neuen Arbeitswelt«, die durch Entgrenzung, Subjektivierung und Flexibilisierung geprägt ist. Die zunehmende Eigenverantwortlichkeit und die Integration von Soft Skills werden in den Mittelpunkt gestellt.
- Kapitel 3: Probleme einer Entgrenzung und Flexibilisierung von Arbeit: Dieses Kapitel geht auf die problematischen Seiten der Entgrenzung ein, insbesondere die Schwächung kollektiver Interessenvertretung und die Zunahme des individuellen Drucks auf die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.
- Kapitel 4: Strategien der Bewältigung von Zeitdruck: Das Kapitel beleuchtet verschiedene Strategien, die Menschen in einer beschleunigten Arbeitswelt anwenden, um mit den Herausforderungen des Zeitdrucks und der Entgrenzung umzugehen. Dabei werden Selbstorganisation, Achtsamkeit und Entschleunigung als potenzielle Gegenmaßnahmen diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Schlüsselbegriffe: Entgrenzung, Flexibilisierung, Subjektivierung, Work-Life-Balance, Zeitmanagement, Selbstorganisation, Achtsamkeit, Entschleunigung, Kritische Theorie der sozialen Beschleunigung, neoliberale Marktwirtschaft, Individuelle Selbstorganisation.
- Citation du texte
- Martha-Lotta Körber (Auteur), 2017, Zur Entgrenzung von Arbeit und Nichtarbeit in der Gegenwart. Eine Verortung von Anpassungsstrategien im Umgang mit einer entgrenzten und beschleunigten Arbeits- und Lebenswelt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378435