Zu Beginn steht die Fragestellung nach den Ursprüngen der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen, die von psychotherapeutischer Seite in Hinblick auf elterliche Beziehungsstörungen untersucht werden soll. Es wird überprüft, ob in der psychodynamischen Forschung genetisch-neurobiologische Standpunkte widerlegt werden können, die eine reine Medikation als kontraindikativ betrachten. Fundiert wird dies im Rahmen der Bindungstheorie, die mit den Konzepten der Mentalisierung und Affektregulation betrachtet wird. Mit dem Erhebungsverfahren des Experteninterviews wird ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut nach den Implikationen von ADHS in der heutigen Praxis befragt.
Die Ursachen von ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung) bei Kindern und Jugendlichen werden in der Forschung kontrovers diskutiert. Für die hier vorgestellte empirische Untersuchung wird die einheitliche Schreibweise ADHS verwendet, im Gegensatz zu AD(H)S oder ADS, bei denen mehr oder weniger auf die Differenzierung zwischen Aufmerksamkeit und Hyperaktivität Wert gelegt wird, was in diesem Kontext allerdings keinen Sinn macht, da ADHS als Syndrom mehrere Symptome einbezieht. In diesem Rahmen wird die Forschungsfrage untersucht, ob ADHS mit einem psychoanalytisch-bindungstheoretischem Verständnis von dysfunktionalen Beziehungsmustern vereinbar ist. Ausführlicher heißt dies: Welche Ursprünge und Behandlungsmöglichkeiten von ADHS gibt es im Rahmen elterlicher Beziehungsstörungen in der frühen Kindheit aus der Sicht ambulanter psychothepeutischer Maßnahmen?
Hierbei stehen drei Leitfragen voran: Welche psychodynamischen Ursachen für ADHS gibt es, die gegen eine verkürzte neurobiologische und genetische Ansicht sprechen? Warum reicht eine medikamentöse Behandlung nicht aus und kann sogar kontraindikativ sein? Wie kann man Kinder mit ADHS in einem psychoanalytischen Setting zielgeführt behandeln?
Inhaltsverzeichnis
- Eine kontroverse Diagnose
- Psychodynamische Bemerkungen zu ADHS
- Bindungstheorie zwischen Affektregulation und Mentalisierung
- ADHS auf dem Weg zu einem ursächlichen Verständnis
- Die Quantität in der Qualität
- Experteninterview und objektive Hermeneutik
- Erhebungsmethodische Expertise
- Feldzugang in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
- Eine sequenzielle Auswertungsmethode
- Objektiv-hermeneutische Rekonstruktionslogik
- Experteninterview und objektive Hermeneutik
- ADHS als gesellschaftliche Beziehungslosigkeit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Ursprünge der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen aus psychodynamischer Perspektive, insbesondere im Hinblick auf elterliche Beziehungsstörungen. Es wird geprüft, ob psychodynamische Forschung genetisch-neurobiologische Standpunkte widerlegen kann, die eine ausschließliche Medikation befürworten. Die Studie beleuchtet die Relevanz der Bindungstheorie, der Mentalisierung und der Affektregulation für das Verständnis und die Behandlung von ADHS.
- Psychodynamische Ursachen von ADHS im Vergleich zu neurobiologischen und genetischen Ansätzen
- Kritik an rein medikamentösen Behandlungsansätzen bei ADHS
- Die Rolle der Bindungstheorie, Mentalisierung und Affektregulation bei ADHS
- Psychoanalytische Behandlungsansätze für Kinder mit ADHS
- ADHS als Ausdruck gesellschaftlicher Beziehungslosigkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Eine kontroverse Diagnose: Das Kapitel beleuchtet die kontroversen Diskussionen um die Ursachen von ADHS in der Forschung. Es wird die Forschungsfrage gestellt, ob ADHS mit einem psychoanalytisch-bindungstheoretischen Verständnis von dysfunktionalen Beziehungsmustern vereinbar ist. Drei Leitfragen werden formuliert, die sich mit psychodynamischen Ursachen, der Unzulänglichkeit medikamentöser Behandlung und psychoanalytischen Behandlungsansätzen befassen. Der Zusammenhang zwischen ADHS und Misserfolgen im lebenslangen Lernen wird im Kontext frühkindlicher Traumata diskutiert, wobei die Bindungstheorie als Schnittstelle zwischen Bildungswissenschaft und Psychologie hervorgehoben wird. Die Studie nutzt die objektive Hermeneutik zur Auswertung eines Experteninterviews mit einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.
Psychodynamische Bemerkungen zu ADHS: Dieses Kapitel verwendet die Bindungstheorie nach Peter Fonagy als theoretischen Rahmen, der die Konzepte von John Bowlby mit dem Mentalisierungskonzept verbindet. Es wird der prägende Einfluss früher Beziehungen auf die psychische Strukturbildung betont, wobei die Objektbeziehungstheorie nach Fairbairn mit ihrer Fokussierung auf die Interaktion zwischen Trennung und Objektsuche eine Rolle spielt. Die Bedeutung der Affektregulation wird anhand des Beispiels eines Kindes mit einer depressiven Mutter erläutert. Der Beitrag von Daniel N. Stern zur Behandlung von Mutter-Kind-Dyaden wird hervorgehoben, sowie die Bedeutung guter Beziehungsrepräsentationen für die Funktion des psychischen Apparates. Mentalisierung wird als zentraler Begriff eingeführt, der die Beziehungsinteraktionen wissenschaftlich greifbarer macht und sowohl in der Psychoanalyse als auch in der Bindungstheorie verwurzelt ist.
Die Quantität in der Qualität: Dieses Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise der Studie. Es wird das Experteninterview als Erhebungsverfahren und die objektive Hermeneutik als qualitative Auswertungsmethode vorgestellt. Es werden Details zur erhebungsmethodischen Expertise, zum Feldzugang in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und zur sequenziellen Auswertungsmethode erläutert. Die objektiv-hermeneutische Rekonstruktionslogik wird detailliert dargelegt. Der Fokus liegt auf der empirischen Überprüfung der kontroversen Natur des ADHS-Syndroms und der Notwendigkeit einer tiefenpsychologisch-psychoanalytischen Behandlung im Gegensatz zu rein medikamentösen Ansätzen.
ADHS als gesellschaftliche Beziehungslosigkeit: Dieses Kapitel (voraussichtlich) stellt die Ergebnisse der Studie vor und diskutiert die Schlussfolgerungen bezüglich der gesellschaftlichen Aspekte von ADHS. Es wird vermutlich die Rolle von familiären Spannungen und gesellschaftlichen Anforderungen im Kontext von Affektregulationsstörungen beleuchtet, und Zusammenhänge zwischen ADHS und gesellschaftlichen Beziehungen analysiert werden.
Schlüsselwörter
ADHS, tiefenpsychologisch-psychoanalytische Behandlung, hyperaktive Kinder, Bindungstheorie, Mentalisierung, Affektregulation, elterliche Beziehungsstörungen, frühkindliche Entwicklung, Experteninterview, objektive Hermeneutik.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Psychodynamische Perspektiven auf ADHS
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Ursprünge der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen aus psychodynamischer Perspektive, insbesondere im Hinblick auf elterliche Beziehungsstörungen. Es wird geprüft, ob psychodynamische Forschung genetisch-neurobiologische Standpunkte widerlegen kann, die eine ausschließliche Medikation befürworten. Die Relevanz der Bindungstheorie, der Mentalisierung und der Affektregulation für das Verständnis und die Behandlung von ADHS steht im Mittelpunkt.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet psychodynamische Ursachen von ADHS im Vergleich zu neurobiologischen und genetischen Ansätzen, kritisiert rein medikamentöse Behandlungsansätze, untersucht die Rolle der Bindungstheorie, Mentalisierung und Affektregulation bei ADHS, geht auf psychoanalytische Behandlungsansätze für Kinder mit ADHS ein und betrachtet ADHS als Ausdruck gesellschaftlicher Beziehungslosigkeit.
Welche Methoden wurden angewendet?
Die Studie verwendet die objektive Hermeneutik als qualitative Auswertungsmethode, basierend auf einem Experteninterview mit einem Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Die erhebungsmethodische Expertise, der Feldzugang und die sequenzielle Auswertungsmethode werden detailliert beschrieben. Die objektiv-hermeneutische Rekonstruktionslogik bildet die Grundlage der Datenanalyse.
Welche theoretischen Ansätze werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf die Bindungstheorie nach Bowlby und Fonagy, die Objektbeziehungstheorie nach Fairbairn, den Beitrag von Daniel N. Stern zur Mutter-Kind-Dynamik und das Konzept der Mentalisierung. Der Fokus liegt auf dem Verständnis von Affektregulation und dem Einfluss früher Beziehungen auf die psychische Entwicklung.
Wie werden die Kapitel strukturiert?
Das erste Kapitel beleuchtet die kontroversen Diskussionen um die Ursachen von ADHS und formuliert zentrale Forschungsfragen. Das zweite Kapitel behandelt psychodynamische Aspekte von ADHS im Detail, insbesondere Bindung, Mentalisierung und Affektregulation. Das dritte Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise der Studie. Das vierte Kapitel (voraussichtlich) präsentiert die Ergebnisse und diskutiert gesellschaftliche Aspekte von ADHS.
Welche Schlussfolgerungen werden angestrebt?
Die Studie zielt darauf ab, die kontroverse Natur des ADHS-Syndroms zu untersuchen und die Notwendigkeit einer tiefenpsychologisch-psychoanalytischen Behandlung im Gegensatz zu rein medikamentösen Ansätzen zu belegen. Es wird die Rolle von familiären Spannungen und gesellschaftlichen Anforderungen im Kontext von Affektregulationsstörungen und die Zusammenhänge zwischen ADHS und gesellschaftlichen Beziehungen analysiert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
ADHS, tiefenpsychologisch-psychoanalytische Behandlung, hyperaktive Kinder, Bindungstheorie, Mentalisierung, Affektregulation, elterliche Beziehungsstörungen, frühkindliche Entwicklung, Experteninterview, objektive Hermeneutik.
- Citation du texte
- Bernd Aschenbrenner (Auteur), 2017, ADHS als Beziehungssyndrom. Eine Betrachtung im Kontext der Bindungstheorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378667