Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen des Kundenbindungsmanagements
2.1. Definition Kundenbindung
2.2. Ziele des Kundenbindungsmanagements
2.3. Unterschied zum Transaktionsmarketing
2.4. Anwendung von Theorien aus Psychologie und Marketing
2.4.1. Person Umwelt Modell nach Neumann
2.4.2. Kano- Modell der Kundenbegeisterung
3. Ausarbeitung eines Kundenbindungsprogrammes
3.1. Analyse der Ausgangssituation
3.1.1. Beschreibung des Unternehmens
3.1.2. Interne Analyse
3.1.3. Externe Analyse
3.1.4. Festlegung der Ziele
3.1.5. Analyse des Kundenstamms
3.1.6. Festlegung der Zielgruppe
3.2. Entwicklung einer Konzeption
3.2.1. .Ausbau der Website
3.2.2. Gemeinnützige Unterstützung bei jedem Kauf
3.2.3. Angebot von Workshops und Seminaren
3.2.4. Einführung einer App
3.3. Umsetzung der geplanten Maßnahmen
3.3.1. Ausbau der Website
3.3.2. Gemeinnützige Unterstützung bei jedem Kauf
3.3.3. Angebot von Workshops und Seminaren
3.3.4. Einführung einer App
3.4. Überprüfung der Maßnahmen
4. Kritik
5. Zusammenfassung
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Jeder erntet, das was er sät.“ Metaphern wie diese treffen auf vielerlei Situationen zu. Dennoch beschreiben sie in einigen Fällen auf eine unmissverständliche Weise genau das Kernproblem.
In einem Zeitalter, das fast schon tagtäglich Innovationen hervorbringt und von einem immer schnelleren Wandel sämtlicher Bereiche des Lebens geprägt ist, haben Unternehmen es schwer, erfolgreich aus der Masse herauszustechen. Der Wettbewerb ist für alle Beteiligten deutlich spürbar. So reicht es heutzutage nicht mehr aus, zweckmäßige und innovative Produkte anzubieten. Oftmals besteht eine ausgeprägte Produkthomogenität. Für Kunden unterscheiden sich die angebotenen Waren und Dienstleistungen nicht ausreichend genug, es kann keine eindeutige Differenzierung zu Konkurrenzangeboten erfolgen. (vgl. Kortmann 2004, S.277)
Auch der Anspruch sowie die Erwartungen der Verbraucher steigen spürbar. Bei einer Studie über das Käuferverhalten waren 74% der deutschen Befragten bereit, ihr gewohntes Kaufverhalten zu ändern. So besteht bei diesen keine Hemmung, Konkurrenzprodukte zu kaufen, sollte das Einkaufserlebnis nicht den Ansprüchen genügen. Entwicklungen wie die Digitalisierung und der Wertewandel tragen zusätzlich einen nicht zu vernachlässigenden Teil dazu bei, dass die erfolgreiche Differenzierung des eigenen Unternehmens immer komplexer wird. Gleichzeitig ist ein deutlicher Rückgang der Markentreue und Geduld der Verbraucher festzustellen. (vgl. zu diesem Absatz Oracle 2015, S.5f. oracle.com)
Es bedarf einer modernen und visionären Herangehensweise, die dem Unternehmen langfristigen Erfolg verspricht und vor allem dafür sorgt, dass die Kunden, trotz steigender Erwartungshaltung, ihre Bedürfnisse befriedigen können. „Für Marken geht es inzwischen also um viel mehr als nur um Aufmerksamkeit. Was jetzt wirklich zählt ist Relevanz und Bindung.“ (Böhme et al 2016, S.1) Weiter ist anzumerken, dass Marken einen Mehrwert bieten müssen, den der Kunde auch subjektiv als diesen empfindet und sich deshalb bewusst für das Unternehmen und seine Produkte entscheidet. (vgl. Böhme et al 2016, S. 2)
Damit steht das Management vor einer großen Herausforderung. Es gibt zahlreiche Strategien, die sich anbieten, um das eigene Unternehmen erfolgreich in die richtige Richtung zu steuern und so für „freie Fahrt“ zu sorgen. Jedoch sind einige nur auf kurzfristige Ziele ausgelegt. Gerade die langfristige Etablierung sollte für das Management ein wichtiges Auswahlkriterium darstellen. Die Strategie der Kundenbindung, die einen immer bedeutsameren Teil des Unternehmenserfolgs darstellt, eignet sich für den erwähnten Anspruch sehr gut als ein vielversprechendes Instrument zum Umgang mit den Herausforderungen im heutigen Zeitalter der allumfassenden Veränderungen.
In der vorliegenden Studienarbeit soll deshalb Kundenbindung als Erfolgskonzept für langfristigen Unternehmenserfolg thematisiert werden. Dazu erfolgt zuerst eine Einführung in die theoretischen Grundlagen. Die Definition, Darstellung der Ziele und Vorteile sowie der Vergleich mit herkömmlichem, transaktionsorientiertem Marketing ermöglicht ein Grundverständnis über das gesamte Konzept. Dieses ist nötig, um selbst eine mögliche Strategie zur Kundenbindung erarbeiten zu können. Wichtige Forschungserkenntnisse aus Psychologie und Marketing ergänzen die theoretische Ausarbeitung des Kundenbindungsmanagement. So erklären das Person- Umwelt Modell und das Kano- Modell der Kundenbegeisterung die psychologischen Hintergründe der Kundenbindung. Das Verständnis sowie die Integration dieser Erkenntnisse sind essentiell, um Kunden erfolgreich an das Unternehmen zu binden. Mit Hilfe dieser gesammelten Informationen erfolgt daraufhin eine denkbare Umsetzung eines Kundenbindungsprogramms für ein fiktives Unternehmen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden so in einem Konzept verarbeitet, das sich mit der Bindung von Kunden an die Café- und Restaurant Kette „Plantilicious“ beschäftigt. Im Rahmen dieser Studienarbeit sollen einige Ideen präsentiert werden, welche sich für ein solches Unternehmen anbieten. So können wertvolle theoretische Erkenntnisse sinnvoll und kreativ zugleich eingesetzt werden und so eine mögliche Umsetzung skizzieren. Im Anschluss erfolgt eine Kritik, welche auf weitere zentrale Punkte eines solchen Managementprozesses eingeht. Die Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse sowie ein Fazit runden die Studienarbeit ab.
2. Theoretische Grundlagen des Kundenbindungsmanagements
2.1. Definition Kundenbindung
„Der Kunde ist König“ ist eine häufig praktizierte Unternehmensphilosophie, wenn es um die Beziehung zu den eigenen Abnehmern geht. Doch ist dies keine langfristige und erfolgsversprechende Mentalität. Mit einem König werden Eigenschaften wie allumfassende Macht über hörige Untertanen und bisweilen auch Willkür assoziiert. Damit wird jedoch ein falsches Bild von einer wertvollen und harmonischen Beziehung von Kunden zum Anbieter vermittelt. Es sollte vielmehr die Metapher einer Beziehung von begeisterten Fans zu ihrem Vorbild herangezogen werden. Diese basiert darauf, dass die ehrgeizige Arbeit zu Gunsten der Zielgruppe mit einer Vielzahl an überzeugten und leidenschaftlichen Anhängern belohnt wird. (vgl. Schmid 2015, S. 18f.)
Dies ist die Grundidee der Kundenbindung, auch genannt Relationship Marketing. (vgl. Bruhns 2013, S. 14) Es geht darum, mit dem Abnehmer eine möglichst angenehme und effektive Beziehung einzugehen, die beiden Seiten vorteilhafte Resultate verspricht.
Nach sozialpsychologischer Definition sind „Vertrauen, Selbstsicherheit und eine harmonische Beziehung“ wichtige Bestandteile zur Herstellung einer Bindung. (Bierhoff 2006, S.34) Zielt das Unternehmen darauf ab, einen besonderen Status bei den Kunden zu erlangen, gilt es, diese elementaren Konzepte zu beachten.
Bruhns definiert Relationship Marketing als „sämtliche Maßnahmen der Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle, die der Initiierung, Stabilisierung, Intensivierung und Wiederaufnahme sowie gegebenenfalls der Beendigung von Geschäftsbeziehungen zu den Anspruchsgruppen – insbesondere zu den Kunden – des Unternehmens mit dem Ziel des gegenseitigen Nutzens dienen.“ (Bruhns 2013, S. 12)
Des Weiteren kann hinzugefügt werden, dass Kundenbindung auf mehrmaligen Transaktionen beruht, die nicht jedes Mal Neukundengewinnung voraussetzen. (vgl. Diller 2001, S. 250) Zwar kann die Akquise durchaus als Bestandteil für eine langfristige Kundenbindung angesehen werden, jedoch ist eine klare Trennung vorzunehmen. Ein großer Aufgabenbereich der Kundenbindung bezieht sich auf den Prozess des Erhaltens und der Intensivierung der Beziehung des bestehenden Kundenstamms. Daraus ergeben sich drei wichtige Eigenschaften, die im Rahmen der Definition von Kundenbindung von Bedeutung sind: Interaktivität, Interdependenz und Kontinuität. (vgl. Bernecker 2015, S. 242) Zwischen Nachfrager und Anbieter entsteht ein Austausch, welcher sich nicht nur auf Güter oder Dienstleistungen und eine daraus resultierende Bezahlung bezieht. Die Interaktion erfolgt auch auf emotionaler und psychischer Ebene. Aufgrund der Wechselseitigkeit besteht somit auch eine gegenseitige Abhängigkeit und Angewiesenheit. Damit das Konzept erfolgsversprechend durchgeführt werden kann, ist eine gewisse zeitliche Stabilität erforderlich.
Vor allem der Faktor Interdependenz verdeutlicht noch einmal die Bedeutung in der anfänglich gezogenen Gegenüberstellung von König und Fan. Der Kunde nimmt im Rahmen des Kundenbindungsmanagent eine zentrale Rolle ein, die davon lebt, dass dieser über einen gewissen Machtanteil verfügt. Allerdings ist anzumerken, dass das Unternehmen nicht lediglich die Rolle des Nebendarstellers einnimmt, sondern einen Großteil zum Gelingen des gesamten gemeinsamen Bühnenauftritts beiträgt.
Somit kann die Kundenbindung als eine Managementaufgabe verstanden werden, welche die Zusammenarbeit sämtlicher Abteilungen und Bereiche des Unternehmens erfordert. Für die erfolgreiche Implementierung des ganzheitlichen Ansatzes ist es für Manager bedeutend, einige wichtige Prinzipien zu beachten. Die stete Kundenorientierung ermöglicht es, Produkte zu entwickeln die einen Nutzen für den Kunden stiften. Mit Hilfe der Wirtschaftlichkeitsorientierung kann sowohl eine effektive als auch effiziente Vorgehensweise aufrechterhalten werden. Damit der Erfolg auf Dauer sichergestellt werden kann, bedarf es einer Systematisierung und langfristigen Zielorientierung. Als Kernelement der Kundenbindung sollte stets darauf geachtet werden, sämtliche Aktivitäten auf den Kunden und seine Bedürfnisse auszurichten. Da Abnehmer jedoch nicht als homogene Masse betrachtet werden sollten, ist die Individualisierung einzelner Prozesse, Produkte oder anderweitiger Aktivitäten als ein wichtiger Bestandteil der Maßnahmen anzusehen. (vgl. Bernecker 2015, S. 242)
Wie die genannten Eigenschaften des Kundenbindungsmanagent unschwer erkennen lassen, bedarf es eine konsequente Ausrichtung und Reaktion auf minimale Veränderung. All diese Merkmale stellen eine Herausforderung für das alltägliche Handeln des Unternehmens dar. Gerade die Aspekte stetige Kundenorientierung, Individualisierung und Wirtschaftlichkeitsorientierung lassen erkennen, dass Relationship Marketing nicht einfach nebenbei praktiziert werden kann. Deswegen stellt sich die Frage, was sich das Management erhofft, mit den umfassenden Maßnahmen zu erreichen.
2.2. Ziele des Kundenbindungsmanagements
Obige Definition der Kundenbindung lässt schon in Teilen den Rückschluss auf die Ziele des Kundenbindungsmanagement zu. Diese werden im Folgenden näher betrachtet.
Eine der zentralen Erwartungen der Führungsetage stellt die Steigerung der Rentabilität dar. Dazu zählen die geringeren Transaktionskosten aufgrund einer höheren Anzahl an kauffreudigen Stammkunden, einer verringerte Preissensibilität dieser, sowie Kundenstammgewinne und Kosteneneinsparungen im Allgemeinen. Alle durchgeführten Maßnahmen sollen einen höheren Nutzen und Gewinn erbringen und so für mehr Wirtschaftlichkeit und Profitabilität sorgen. Damit einher geht ein stetiges, positives Wachstum. Dieses wird durch eine höhere Kauffrequenz erreicht, aber auch aufgrund von Weiterempfehlungen und Cross- Buying Effekten der Zielgruppe des Kundenbindungsmanagement. Dank der umfassenden Analysen, die als Voraussetzung für eine erfolgreiche Kundenbeziehung gelten, erhält das Unternehmen dadurch wertvolle Informationen über Kundenwünsche, potentielle Geschäftsfelder und Verbesserungen, welche in den Augen der Kunden für einen Mehrwert sorgen würden. Somit erhofft sich das Management Planungssicherheit und ein geringeres Risiko, vor allem in Bezug auf Produktinnovationen. (vgl. Bruhns 2013, S. 17)
Mit einer besseren und intensiveren Bindung der relevanten Marktteilnehmer strebt die Unternehmensleitung eine steigende Kaufkraft der bestehenden Kunden an. Der Gewinn an Neukunden stellt zwar weiterhin einen wichtigen Aspekt dar, wird jedoch weniger zentral bearbeitet, Generell erhofft sich das Unternehmen eine Senkung der Akquisitionskosten. Eine Verlängerung als auch Intensivierung der Kundenbeziehung zu den Stammkunden ist hierbei ein hilfreiches Vorgehen. (vgl. Bernecker 2015, S.242)
In Bezug auf die anderen Marktteilnehmer ermöglicht sich durch die Maßnahmen der Kundenbindung eine Differenzierung vom Wettbewerb, welche durch Produktinnovationen kaum mehr zu erreichen ist. Aufgrund dieser Besonderheit sollten möglichst auch eine verbesserte Markenbekanntheit sowie eine diesbezügliche Einstellung erfolgen. Die Marke, sowie deren Image sorgen für eine Differenzierung von der Konkurrenz und eine Einstellungsmodifikation.(vgl. zu diesem Absatz Bruhns 2013, S. 2)
Doch sind nicht alle Maßnahmen lediglich ökonomisch motiviert. So soll Relationship Marketing zu einem Aufbau und einer Verbesserung des Vertrauens der Kunden zum Unternehmen beitragen. (vgl. Puchner 2011, S.1) Denn nur diejenigen Abnehmer, die mit sämtlichen Kontaktpunkten zum Unternehmen zufrieden sind und stets positive Erfahrungen machen, sind auch bereit dazu, langfristig eine geschäftliche sowie emotionale Beziehung einzugehen. (Nerdinger, Neumann 2007, S. 141)
Relationship Marketing soll also dafür sorgen, dass das Unternehmen langfristig und vor allem nutzenbringend agieren kann. Die Maßnahmen richten sich vor allem an die Nachfrager und die potenziellen Kunden. Dies sind Eigenschaften, die sehr stark an herkömmliches, transaktionsorientiertes Marketing erinnern. Dennoch ist zu beachten, dass hier einige essentielle Unterschiede bestehen. Diese sollen nun näher betrachtet werden.
2.3. Unterschied zum Transaktionsmarketing
Bei der Darstellung der Ziele des Relationship Marketing ist deutlich geworden, dass der Schwerpunkt auf dem Erhalt und der Verbesserung der Qualität der Beziehung zum bestehenden Kundenstamm liegt. Das Transaktionsmarketing konzentriert sich dagegen auf die Neukundenakquistion und Bekanntmachung bei potenziellen Abnehmern. (vgl. Bruhns 2013, S. 16)
Als Voraussetzung für eine Verbesserung der Beziehung bedarf es einer hohen Kontaktintensivität und die Möglichkeit zur Individualisierung hinsichtlich der einzelnen Nachfrager. Im Rahmen des Transaktionsmarketings wird jedoch lediglich eine Segmentierung in relativ homogene Kundengruppen vorgenommen, die sich allerdings nicht auf die Ansprache einzelner Personen konzentriert. (vgl. Puchner 2011, S.21)
Gerade das Merkmal der Ansprache einzelner Individuen stellt den entscheidenden Unterschied zwischen den beiden Marketingstrategien dar.
2.4. Anwendung von Theorien aus Psychologie und Marketing
Die Differenzierung des Kundenbindungsmanagements lässt erkennen, dass es sich um eine spezielle Art des Marketings handelt, die nicht mit herkömmlichen Modellen und Methoden des Transaktionsmarketing auskommt. Da vielmehr die interindividuellen Persönlichkeitseigenschaften relevant sind, spielen vor allem psychologisch fundierte Theorien und Ansätze aus der Marketingforschung eine wichtige Rolle. Denn um Kunden zu begeisterten Fans machen zu können, muss erst einmal verstanden werden, wie jeder einzelne denkt und welche Maßnahmen entsprechend geeignet sind, um sich mit einem Star-Status von anderen Wettbewerbern differenzieren zu können. Es gibt eine große Anzahl an Modellen und psychologisch basierten Erklärungsmodellen, die sich anbieten würden, um das Verhalten und die Einstellungen der Abnehmer zu erklären. Jedoch muss sich das zu Grunde liegende Konzept dafür eignen, selbst bei großer Heterogenität erfolgreich eine Vielzahl an sinnvollen Handlungsoptionen durchführen zu können. Das Person- Umwelt Modell nach Peter Neumann erfüllt diese Anforderungen und ermöglicht so einen Einblick in die Psyche des Konsumenten. Dies verhilft dazu, adäquate Maßnahmen auszuwählen und schließlich praktisch umzusetzen.
2.4.1. Person Umwelt Modell nach Neumann
Damit eine Einstellung oder ein Verhalten entstehen kann, müssen die dafür verantwortlichen Reize einen bestimmten Prozess durchlaufen. Die erfolgt über das dreistufige Speicher- Modell. Hierbei muss ein Reiz aus der Umgebung zuerst einmal von den Sinnesorganen der Person wahrgenommen werden und den Medienfilter durchdringen. (vgl. Kühling, Musiol 2009, S. 42f.)
Der physische Kontakt ermöglicht primär eine Wahrnehmung des Sinneseindrucks. Dieser aktiviert den Ultrakurzzeitspeicher lediglich kurzzeitig, führt deshalb noch nicht zu einem bleibenden Eindruck. Verfügt der Reiz über eine gewisse Intensität, ist er also in der entsprechenden Situation genügend relevant, so schafft er den Weg durch den Kurzzeitspeicher- Filter in den Kurzzeitspeicher, auch genannt Arbeitsgedächtnis. Hier entfaltet sich eine Wirkung. Es erfolgt eine allgemeine Aktivierung, die für eine höhere Effizienz der Verarbeitung sorgt. „Parallel dazu werden die ins Bewusstsein vordringenden Informationen mehr oder minder bewusst wahrgenommen und emotional bewertet.“ (Neumann 2013, S.59) Weiter werden die Reize in existierende Wissensstrukturen kognitiv verarbeitet und eingegliedert.
Lediglich einem Bruchteil der eintreffenden Reize gelingt es, den Langzeitfilter zu überwinden und so einen Lernprozess einzuleiten. Diejenigen Informationen, die ausreichend wichtig eingestuft werden, ermöglichen dem Gehirn drei verschiedene Arten der Speicherung: Wissen, Gefühle oder Motive. Es kommt also zu einer Anpassung von bisherigen Einstellungen, welche kognitiv, emotional oder motivational sein können. Dieser Adaptationsprozess findet ständig statt, da neue Inputs stets dafür sorgen, dass neues Wissen generiert wird. (vgl. Balderjahn, Scholderer 2007, S.8)
Nach Neumann ist das „tatsächlich gezeigte Verhalten … eine Funktion aus der Motivation …, den individuellen Ressourcen … und den situativen Hindernissen“. (Neumann 2013. S. 59f.) Dies bedeutet, dass ein Reiz, wenn er als genügend bedeutsam eingestuft wird, dafür sorgen kann, dass ein bestimmtes Verhalten gezeigt wird oder eine gewisse Einstellung generiert wird.
Dies ist von besonderer Bedeutung in Bezug auf das Kundenbindungsmanagement. Denn gelingt es, gezielte Informationen und relevante Reize an den Kunden weiterzuleiten, so kann dies zu einer entscheidend höheren Bindung als auch einer positiveren Wahrnehmung des Unternehmens und erhöhter Zufriedenheit führen. Da sämtliche Einstellungen als Lernprozesse im Gehirn des Kunden entstehen, kann dies jederzeit modifiziert und auch zu Gunsten des Anbieters genutzt werden. (vgl. Neumann 2013, S. 59f.) Somit lassen sich hieraus konkrete Handlungsmöglichkeiten für das Unternehmen ableiten.
Die kognitive Komponente, also nach Neumann (2013, S. 59f.) die individuellen Ressourcen, kann mit Hilfe von Informationsweitergabe an die Zielperson bearbeitet werden. Dabei ist es vorteilhaft, wenn diese neuen Informationen an vorhandenes Wissen anknüpfen. Denn es ist weitaus einfacher und effektiver, wenn neue Reize mit Inhalten aus dem Langzeitspeicher übereinstimmen und es so zu einer Wissenserweiterung kommt. (vgl. Kühling, Musiol 2009, S. 76) Allerdings kann eine Information, die nicht konform einzugliedern ist, dazu führen, dass dieser Reiz besonders intensiv verarbeitet wird. Die kognitive Dissonanz ist ein Konfliktzustand zwischen zwei aktiven Wissensinhalten. Menschen versuchen, diesen unangenehmen Zustand möglichst zu vermeiden und so wird dieser intensiv und mit großer Aufmerksamkeit gelöst. (vgl. Kroeber- Riel et al. 2009, S.231) Je nach Situation muss also entschieden werden, welche Informationen an die Zielperson weitergegeben werden, um so deren Wissensgrundlage zu erweitern und somit eine positivere Einstellung über das Unternehmen, und folglich eine engere Beziehung zu generieren.
Will man die Komponente der Gefühle bearbeiten, so bietet sich die klassische Konditionierung an. Diese ermöglicht es, einen zuvor unkonditionierten Reiz mit Hilfe von bestehenden, neutralen Reizen so zu verknüpfen, dass ein konditionierter Reiz zu einer konditionierten Reaktion führt. Beispielsweise wäre es also denkbar, dass ein Gefühl wie etwa Anerkennung und Wertschätzung des einzelnen Kunden mit dem Unternehmen verbunden werden soll. Dazu können ständige positive Kontakte zu Mitarbeitern helfen und es sollten möglichst angenehme Erfahrungen mit den Produkten sowie der Marke gemacht werden. Diese müssen ausreichend oft und intensiv mit dem Unternehmen verbunden werden, sodass der Kunde lernt, dass die individuelle Behandlung einen beständigen Teil der Beziehung zum Unternehmen darstellt. (vgl. Gerrig 2015, S. 206f.)
Zielt das Unternehmen darauf ab, Motivation zu erzeugen und Motive zu generieren, so bietet sich das Lernen am Erfolg oder Lernen am Modell an. Die Entstehung von Motiven erfolgt aufgrund der Wahrnehmung eines Mangels, den die Person als unangenehm empfindet und zu beseitigen versucht. Es liegt eine Vorstellung über ein bestimmtes Ziel vor, das erreicht werden soll. (vgl. Foscht, Swoboda 2011, S. 55) Die zugrundeliegende Annahme ist, dass aufgrund von positiver Verstärkung oder Bestrafung ein gewisses Verhalten gefördert, beziehungsweise unterdrückt, wird. Dies kann am Kunden selbst erfolgen, es bietet sich jedoch auch an, dies nur indirekt über die Beobachtung einer repräsentativen anderen Person exemplarisch darzustellen. (vgl. Fetchenbauer 2012, S. 83f.) Möchte also das Unternehmen die Kunden dazu anleiten, sich bewusst für eine Beziehung zu entscheiden, so wäre es ratsam, jede Handlung die hierbei förderlich ist, zu belohnen. Auch kann etwa eine Bestrafung wie etwa der Vorenthalt besonderer Leistungen oder Vorteile für die Motiventwicklung förderlich sein. Mit Hilfe von Vorbildern ist es möglich, den Kunden vorzuführen, welche Vorteile eine Beziehung zum Unternehmen bringt. Eine Möglichkeit stellt die Vorführung der engen Bindung zwischen dem Anbieter und einem Repräsentanten in der Werbung dar.
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