Der Kosovo-Konflikt und seine historischen Grundlagen


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2002

16 Pages, Note: 1,5


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Ein Überblick

2. Geschichte der Ethnostruktur
2.1Die Rolle der Ethnostruktur
2.2Überblick über die nationalen Geschichtsbilder
2.3Vom Mittelalter zur frühen Osmanenzeit
2.4Mittlere Osmanenzeit
2.5Entwicklungen im 19. Jahrhundert
2.6Der Konflikt im 20. Jahrhundert

3. Die Konfliktgeschichte in der neueren Zeit
3.1Der Kosovo im politischen Mythos
3.2Serbische Strategien im Umgang mit den Albanern
3.3Der Weg in den Konflikt von 1998/

4. Wirtschaft und Gesellschaft seit 1945
4.1Entwicklung der wirtschaftlichen Struktur
4.2Entwicklungen in der Gesellschaft
4.3Ein Ausblick

5. Kultur und Konflikt
5.1Territorium und Siedlungsgeschichte
5.2Kulturelle Zeugnisse und Bildung

6.Ein Fazit

7.Literaturverzeichnis

1. Ein Überblick

Die Begründung territorialer Konflikte erlebte im 19. Jahrhundert einen grundlegenden Wandel: In den „alten Zeiten des ‚Länderschachers‘“(S.17)[1] waren sie noch durch die Geltendmachung von dynastischen Rechtsansprüchen geprägt. Im Unterschied dazu hat sich, bedingt durch die Veränderung des Verständnisses, was ein Staat ist, danach eine neue Art von Gebietsansprüchen durchgesetzt, die Bevölkerung und deren Ethnie in den Vordergrund stellt[2].

So wurde auch im Kosovo im Rahmen des Krieges von 1998/99 die Ethnostruktur der Region zum Ausgangspunkt für dessen Begründung. Die Kosovaren behaupteten einen 90-prozentigen Bevölkerungsanteil zu haben, während die Serbische Seite deutlich niedrigere Zahlen anführte und auch auf ihre „historischen Rechte“(S.18) verwies. In der Sprachregelung der Internationalen Staatengemeinschaft fixierte man den Kosovo schließlich als „multiethische Region“(S.17).

In dieser Arbeit sollen im Folgenden die historischen Grundlagen dieses Konfliktes im Mittelpunkt stehen. Dazu wird aus dem Werk „Der Kosovo Konflikt“, herausgegeben von Jens Reuter und Konrad Clewing,[3] das erste Kapitel mit seinen vier Aufsätzen herangezogen und dessen Gesichtspunkte zusammengefasst.

2.Geschichte der Ethnostruktur

Die Arbeit von Konrad Clewing „Mythen und Fakten zur Ethnostruktur im Kosovo – ein geschichtlicher Überblick“ vermittelt die historischen Grundlagen des Konfliktes im besonderen Hinblick auf die Bevölkerungsstruktur und deren geschichtlichen Wandel.

2.1Die Rolle der Ethnostruktur

„Der Streit um die Entwicklung der Ethnostruktur Kosovos“, so schreibt Konrad Clewing, „ist ein Streit um dessen Geschichte überhaupt“(S.19). Als politisches Territorium existierte der Kosovo erstmals in den 1870er als Verwaltungseinheit und, etwa in den heutigen Grenzen, erst seit 1945. Trotzdem handelt es sich bei dieser Region um eine eigenständige Geschichtslandschaft, die gekennzeichnet ist, durch das Aufeinandertreffen der Serben und Albaner.[4]

Um aktuelle Ansprüche zu rechtfertigen verweisen beide Seiten heute auf „ihre“(S.19) Geschichte und legen dabei den Schwerpunkt auf die Entwicklung der Struktur der Bevölkerung. So existieren zwei Argumentationslinien: Die albanische, die behauptet man sei schon immer da gewesen und die serbische, die den Kosovo als „Zentrallandschaft des mittelalterlichen Serbiens“(S.19) betrachtet und in den Albanern Eindringlinge sieht.

2.2 Überblick über die nationalen Geschichtsbilder

Die albanische Seite erklärt ihre Geschichte sehr einfach: Sie seien demnach Nachfolger der antiken Illyrer und somit direkte Erben des Kosovo. Sie hätten, dieser Idee zufolge, deshalb in dieser Gegend auch immer die Mehrheit gestellt, wären aber seit dem Mittelalter von den zugewanderten Serben unterdrückt worden[5].

Die Serben dagegen behaupten, der Kosovo wäre als „serbisches Kernland“(S.21) im Mittelalter und auch nach der Schlacht auf dem Amselfeld 1389, „praktisch rein serbisch besiedelt“(S.21) gewesen. Erst mit den osmanischen Vorstößen von 1690 und 1737 wäre der Wendepunkt gekommen, an dem die Albaner als „Profiteure“(S.21) serbischer Fluchtbewegungen ins Kosovo eingedrungen wären. Doch hätten sie erst sehr spät, im 19. oder 20 Jahrhundert, dort die Bevölkerungsmehrheit erreicht[6].

Es stehen sich hier also zwei „konkurrierende Nationalhistoriografien“(S.22) gegenüber, die den Charakter von „Mythen“(S.22), so Clewing, hätten, da ihnen eine „kritisch begegnende Vergangenheitsbewältigung“(S.23) fehle. Gemeinsam ist ihnen ein „Glaubens-Dreisatz“(S.22):

„a) Wir waren zuerst da; b) wir waren seitdem immer in der Mehrheit bzw. sollten dies von Rechts wegen sein; und c) wir sind diejenigen, denen das Land gehört, denn wenn es jemanden gibt, dem die Geschichte übel mitgespielt hat, dann sind das wir“(S.22-23).

Den nationalen Historikern ist es zu keiner Zeit gelungen diese „geistige Selbstisolation“(S.24) zu überwinden, was auch heute eine friedliche Koexistenz gefährdet.[7]

2.3Vom Mittelalter zur frühen Osmanenzeit

Das erste Zeugnis für die Existenz von Albanern in Südosteuropa stammt aus einer Quelle von 1095, worin im Kosovo ansässige Dardanen (ein Zweig der Illyrer) genannt werden.[8] Doch auch die Slawen (die späteren Serben) sind seit dem sechsten Jahrhundert in dieser Region. Erste verwertbare schriftliche Quellen über die Bevölkerungsstruktur liegen jedoch erst seit dem Spätmittelalter vor.

Darin lassen sich weitere Belege für das Vorhandensein von Albanern in diesem Gebiet finden, entgegen serbischer Lehrmeinung. Besonderes Gewicht haben hierbei das „osmanische Katasterverzeichnis“(S.27) von 1455 sowie die auf Steuerlisten gestützte Namensforschung. Besonders Letzteres verweist auf einen „nicht unerheblichen albanischen Bevölkerungsanteil“(S.28) im 15./16. Jahrhundert. Jedoch widerlegen diese Dokumente auch die albanische Historiografie, denn von einer Mehrheit kann in dieser Epoche nicht die Rede sein.[9]

2.4Mittlere Osmanenzeit

Somit ist dargelegt, dass es Kosovo-Albaner schon seit dem Mittelalter in dem umstrittenen Territorium gibt. Das steht im Gegensatz zur serbischen Lehrmeinung, die in den Daten 1690 und 1737 den Beginn der Albanisierung des Kosovo sehen. Geschichtlicher Hintergrund dieser beiden Jahreszahlen ist folgender: In beiden Jahren drangen habsburgische Truppen bis zur Gegend des Kosovo vor, wo sie sich jedoch gegen die osmanischen Heere nicht halten konnten und sich zurückzogen. Verbunden mit den kriegerischen Auseinandersetzungen waren starke Fluchtbewegungen. In großem Maße flohen Serben vor den vorrückenden Osmanen. Dies führte zum Mythos der „großen serbischen Wanderung“(S.29), vergleichbar mit dem biblischen Exodus. Nach ihrer Vertreibung hätten sich dann die Albaner, die mit den Osmanen zusammenarbeiteten, dort niedergelassen. So plausibel das auch zunächst klingt, außer dem im vorherigen Abschnitt Angeführten, zeugen auch habsburgische Quellen von dem Vorhandensein der Albaner im Kosovo vor 1690.

[...]


[1] Konrad Clewing (2000): Mythen und Fakten zur Ethnostruktur im Kosovo – Ein geschichtlicher Überblick, in: Jens Reuter, Konrad Clewing (Hrsg.): Der Kosovo Konflikt/Ursachen – Verlauf – Perspektiven, Klagenfurt; alle folgend eingefügten Seitenangaben beziehen sich darauf.

[2] Ebd., S.17.

[3] Jens Reuter, Gustav Clewing (Hrsg.) (2000): Der Kosovo Konflikt/ Ursachen – Verlauf – Perspektiven, Klagenfurt.

[4] Vgl. Konrad Clewing (2000), S.19.

[5] Ebd., S.21.

[6] Ebd., S.22.

[7] Ebd., S.25-26.

[8] Ebd., S.25.

[9] Ebd., S.28-29.

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Der Kosovo-Konflikt und seine historischen Grundlagen
Université
University of Bamberg  (Institut für Politikwissenschaften)
Note
1,5
Auteur
Année
2002
Pages
16
N° de catalogue
V3796
ISBN (ebook)
9783638123464
ISBN (Livre)
9783638841726
Taille d'un fichier
477 KB
Langue
allemand
Mots clés
Kosovo Konflikt, Ethnostruktur, Geschichte des Kosovo, Jugoslawien
Citation du texte
Felix Hessmann (Auteur), 2002, Der Kosovo-Konflikt und seine historischen Grundlagen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3796

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