Israels Atommachtstreben als neorealistische Notwendigkeit


Dossier / Travail, 2004

15 Pages, Note: 2,5


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Die Sicherheitslage Israels
2.1. Israels geopolitische Situation im Nahen Osten
2.2. Der kriegsgeschichtliche Kontext Israels
2.2.1. Unabhängigkeitskrieg
2.2.2. Suez-Konflikt
2.2.3. Sechs-Tage-Krieg
2.2.4. Yom-Kippur-Krieg

3. Die theoretischen Grundgedanken des Neorealismus nach Waltz
3.1. Struktur & Akteure
3.2. Prinzip der Selbsthilfe
3.3. Balance of Power

4. Israels Atommachtstreben als neorealistische Notwendigkeit
4.1. Konkretisierung
4.2. Konsequenz

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Am 21. Mai diesen Jahres wurde Mordechai Vanunu aus dem israelischen Hochsicherheitsgefängnis bei Aschkelon entlassen, in dem er seit 18 Jahren einsaß. Er hatte von 1976 bis 1985 an Israels geheimem Programm für nukleare Waffen in den Labors bei Dimona mitgearbeitet und war mit detailliertesten Insiderinformationen 1986 an die Weltöffentlichkeit gegangen: Im Oktober 1986 erschien in der Sunday Times der Exklusiv-Bericht, nach welchem Israel bis zum damaligen Zeitpunkt ungefähr hundert Atombomben gebaut haben soll.[1]

Auch hat Israel allem Anschein nach bereits im September 1979 in Kooperation mit Südafrika einen Atomtest im Südindischen Ozean durchgeführt: Ein amerikanischer Erdüberwachungssatellit hatte Lichtblitze aufgezeichnet, bei denen es sich nach Auswertungen des US-amerikanischen Militärgeheimdienstes DIA um Nuklearexplosionen handeln musste.[2]

Trotz eindeutiger Anzeichen hat Israel bis zum heutigen Zeitpunkt die Existenz eines Nuklearwaffenprogramms weder bestätigt noch dementiert. Vielmehr wurde das 1983 von dem damaligen Ministerpräsidenten Yitzhak Shamir abgegebene Statement zur immer wieder verwandten Standartformel: Israel habe keine Atomwaffen, greife nicht auf den Einsatz solcher Waffen zurück und würde sie auch nicht als erste in der Region des Nahen Ostens einführen.[3]

Geht man nun – was sehr realistisch erscheint – davon aus, dass Israel im Besitz nuklearer Waffen ist, so kann man die israelischen Kernwaffen als Abschreckungsmittel gegen eine existenzielle Bedrohung Israels durch die arabischen Staaten in einem konventionellen Krieg sehen. Da das israelische Arsenal von konventionellen Waffen sowie die absolute Truppenstärke ungleich geringer ist als die seiner arabischen Nachbarn zusammengenommen und sich Israel in der Vergangenheit auf seine Verbündeten Frankreich und die USA nur insoweit verlassen konnten, als dass es stets mit den neustentwickelten konventionellen Waffen beliefert wurde, lässt sich Israels Atommachtstreben damit erklären, dass es in eigener Verantwortung ein Gleichgewicht an kriegerischer Stärke gegenüber seinen Nachbarn herzustellen beabsichtigt.

Eine solche Argumentation der Sicherheitsgewährleistung ist auch in der neorealistischen Theorie der Internationalen Beziehungen zu finden.

Mit dem Werk Theory of International Politics[4] legte Kenneth Waltz 1979 den Grundstein für die neorealistische Theorie, deren Grundelemente unter Anderem das Prinzip der Selbsthilfe und das Prinzip des Strebens nach Machtgleichgewicht sind.[5]

Das Ziel dieser Arbeit ist es, zu zeigen, dass die Waltz’sche Theorie des Neorealismus das Handeln Israels erklären kann: Israels Streben, Atommacht zu werden ist die neorealistisch notwendige Konsequenz seiner Sicherheitslage.

Dazu soll im Folgenden ein Blick auf die einzelnen Komponenten dieser These geworfen werden: auf Israels Sicherheitslage und das theoretische Grundgerüst des Neorealismus nach Kenneth Waltz.

Um ein Bild der Sicherheitslage Israels entstehen zu lassen, wird sowohl Israels geopolitische Situation im Nahen Osten als auch der grobe kriegsgeschichtliche Kontext betrachtet. Denn sowohl die territorialen Größenverhältnisse als auch die Tatsache, dass die arabischen Staaten trotz vorangegangener Niederlagen, wiederholt nicht davor zurückschreckten, kriegerische Auseinandersetzungen zu provozieren, tragen dazu bei, Israels Streben nach der Option auf die ultima ratio zu erklären. Für diese Arbeit sind nur die geschichtlichen Entwicklungen bis Ende der Siebziger Jahre von Relevanz.

2. Die Sicherheitslage Israels

2.1 Israels geopolitische Situation im Nahen Osten

Nach seinem Unabhängigkeitskrieg 1948 ist Israel ein jüdischer Staat, der von arabischen Staaten umringt ist.

Das jedoch größte Problem an Israels Staatsgebiet liegt darin, dass es keine strategische Tiefe besitzt. Sein Territorium entspricht ungefähr der Größe des Bundeslandes Hessen. Seine Hauptstadt Jerusalem liegt in Gewehrschussweite der jordanischen Artillerie, seine größte Stadt, Tel Aviv, nur 17 Kilometer von der Waffenstillstandslinie von 1948 entfernt; an der breitesten Stelle liegen Mittelmeer und Jordan nur 83 Kilometer und an der schmalsten nur 45 Kilometer auseinander. So ließe sich Israel mit einem erfolgreichen Panzervorstoß einer arabischen Allianz von den östlichen Grenzen her innerhalb weniger Stunden überrollen.[6]

Auch lassen die politischen Führer der Nachbarländer an ihrem Wunsch, Israel im wahrsten Sinne des Wortes vernichtend zu schlagen, keine Zweifel aufkommen. 1966 erklärt Gamal Abdel Nasser, dass es Hauptziel aller arabischen Staaten sei, Israel auszulöschen, es von der Landkarte verschwinden zu lassen.[7]

So nimmt sich Frankreich dem kleinen jüdischen Staat an und liefert bis Ende der Sechziger Jahre die neusten Waffensysteme: Die komplette israelische Luftwaffe besteht aus französischer Produktion. Ebenso erhält Israel aus den USA stets die modernste Waffentechnik.[8] Mit Frankreich kommt es 1956 auch zu geheimen Vereinbarungen über Hilfen beim Bau eines Atomreaktors, der gemeinhin als Textilfabrik oder als Wasserpumpwerk ausgegeben wird.[9]

Während die westlichen Großmächte für die militärische Stärke Israels Sorge tragen, ist es die Sowjetunion, die durch Waffenlieferungen ihrerseits die arabischen Nachbarstaaten unterstützt. Jedoch haben beide Großmächte stets darauf geachtet, lediglich die Situation und die Kriegsgeschehnisse im Nahen Osten von Außen zu beeinflussen, aber niemals die Möglichkeit der Intervention mit eigenen Soldaten in Erwägung gezogen.[10]

[...]


[1] vgl. Goodman, Amy 2004: „Israeli nuclear whistleblower risks arrest, again. An Interview with Moderchai Vanunu“, 18.08.2004: http://www.counterpunch.org/goodman08182004.html, (21.09.2204)

[2] vgl. Hersh, Seymour M.: Atommacht Israel. Das geheime Vernichtungspotential im Nahen Osten, München 1991, S. 281

[3] vgl. Cohen, Yoel: Die Vanunu-Affäre. Israels geheimes Atompotential, Heidelberg 1995, S. 21

[4] Waltz, Kenneth: Theory of International Politics, New York 1979

[5] vgl. Vogt, Thomas: Der Neorealismus in der Internationalen Politik, Wiesbaden 1999, S. 48

[6] vgl. Argov, Shlomo: Über Frieden und Sicherheit, in: Tophoven, Rolf (Hg.): Der israelisch-arabische Konflikt, Bonn 1990, S. 47

[7] vgl. Krupp, Michael: Die Geschichte des Staates Israel. Gütersloh 1999, S. 74 f.

[8] vgl. ebenda, S. 69 f.

[9] vgl. Cohen, Yoel: a.a.O., S. 37 f.

[10] vlg. Tibi, Bassam: Konfliktregion Naher Osten. Regionale Eigendynamik und Großmachtinteressen, 2. Auflage, München 1991, S. 138 f.

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Israels Atommachtstreben als neorealistische Notwendigkeit
Université
Johannes Gutenberg University Mainz  (Institut für Politikwissenschaft)
Note
2,5
Auteur
Année
2004
Pages
15
N° de catalogue
V37973
ISBN (ebook)
9783638371742
ISBN (Livre)
9783640330331
Taille d'un fichier
465 KB
Langue
allemand
Mots clés
Israel, Atommachtstreben, Notwendigkeit, Internationale Beziehungen, Neorealismus
Citation du texte
Tilman Scheipers (Auteur), 2004, Israels Atommachtstreben als neorealistische Notwendigkeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37973

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