Wettbewerbliche Bewertung strategischer Allianzen im Luftverkehr


Seminararbeit, 2004

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Grundüberlegungen zu strategischen Allianzen
2.1. Definition strategischer Allianzen
2.2. Die Entstehung strategischer Allianzen – Theoretische Erklärungsansätze
2.3. Markteintritts- und Marktaustrittsschranken
2.4. Darstellung der aktuellen Situation: Status quo strategischer Allianzen

3. Pro und Contra strategischer Allianzen
3.1. Bewertung strategischer Allianzen aus Sicht der Mitglieder (Airlines)
3.2. Bedeutung strategischer Allianzen für Kunden (Passagiere)

4. Auswirkungen strategischer Allianzen auf den Wettbewerb
4.1. Folgen für den Wettbewerb
4.2. Die Sicherstellung diskriminierungsfreien Wettbewerbs

5. Schlussbetrachtung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die drei großen strategischen Allianzen und ihr Marktanteil

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung

Den Begriff der strategischen Allianz findet man fast täglich in der Wirtschaftspresse und in den Medien bei Berichten zum Luftverkehr. Die Mitgliedschaft in einem der drei großen Allianzsysteme „Star“, „Oneworld“ oder „Skyteam“ ist für große Luftverkehrsgesellschaften (LVG) heute eine nicht mehr in Frage zu stellende Selbstverständlichkeit geworden. An die Stelle der Konkurrenz zwischen einzelnen Airlines ist die Konkurrenz zwischen Allianzen getreten. Eine genaue Beobachtung der zukünftigen Entwicklungen ist aus Wettbewerbssicht erforderlich. Wettbewerbs- und Kartellbehörden sind hier im Besonderen gefordert, durch Kontrollen und Entscheidungen für einen freien Marktzugang und Wettbewerb zu sorgen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen Luftverkehrsallianzen im Bereich der Passage untersucht werden, aber auch im Cargo-Bereich schreitet die Allianzenbildung voran.

Zunächst soll ein theoretischer Einblick in die Entstehung strategischer Allianzen gegeben und mögliche Wettbewerbsschranken aufgezeigt werden. Anschließend erfolgen die Darstellung der aktuellen Allianz-Situation sowie die Vor- und Nachteile von Allianzen aus Mitglieder- und Kundensicht, bevor die Arbeit mit einer wettbewerblichen Bewertung der Allianzen abschließt.

2. Grundüberlegungen zu strategischen Allianzen

2.1. Definition strategischer Allianzen

Da es bis heute keine allgemeingültige Definition des Begriffs „strategische Allianz“ gibt, werden zunächst einige in der Literatur vorherrschende Definitionen aufgezeigt und einander gegenübergestellt. Verschiedene Definitionen erklären sich auch daraus, dass einige Autoren die Begriffe strategische Allianz und Kooperation synonym verwenden. Im Folgenden soll die strategische Allianz aber als eine von mehreren möglichen Kooperationsformen angesehen werden.[1] Nach Backhaus und Piltz sind strategische Allianzen „Koalitionen von zwei oder mehr selbständigen Unternehmen …, die mit dem Ziel eingegangen werden, die individuellen Stärken in einzelnen Geschäftsfeldern zu vereinen“[2]. Sie heben besonders hervor, dass die Partner trotz partieller Aufgabe ihrer Autonomie auch nach Bildung einer strategischen Allianz selbständig bleiben.[3] Die Definition wird eingegrenzt durch die Bedingung, dass die (zukünftigen) Allianzpartner in gleichen strategischen Geschäftsfeldern kooperieren. Die Zusammenarbeit in unterschiedlichen Aktivitäten der Wertschöpfungskette (z.B. Hersteller und Zulieferer), also eine vertikale Kooperation, ist nach Ansicht von Backhaus und Piltz keine strategische Allianz mehr.[4] Andere Autoren, wie z.B. Kathryn Rudie Harrigan, sehen auch in vertikalen Kooperationen mögliche strategische Allianzen.[5] Hammes, der sich mit einer Vielzahl von verschiedenen Definitionen (41) der strategischen Allianz beschäftigt hat, stellt fest, in welch unterschiedliche Richtungen die Definitionen gehen und dass sie sich zum Teil widersprechen. Er versteht eine strategische Allianz als „horizontale Kooperation zwischen zwei oder mehreren Unternehmen zum Erreichen strategischer Ziele“,[6] wobei die Unternehmen der gleichen Branche angehören. Auch er betont, dass die Partner nach Eingehen der Allianz weiterhin rechtlich selbstständig bleiben.[7]

Den Definitionen der erwähnten Autoren ist gemeinsam, dass sie die Selbstständigkeit der an der Allianz beteiligten Unternehmen auch nach deren Bildung bestätigen und hervorheben. Unklarheit herrscht allerdings darüber, ob eine Kapitalbeteiligung innerhalb strategischer Allianzen möglich ist oder ob diese den Begriff der strategischen Allianz negiert. Ohmae sieht durchaus die Möglichkeit von Kapitalbeteiligungen bei strategischen Allianzen, was hingegen der bei Backhaus/Piltz und Hammes hervorgehobenen Selbstständigkeit widerspricht.[8]

2.2. Die Entstehung strategischer Allianzen – Theoretische Erklärungsansätze

In der Literatur lassen sich v.a. vier verschiedene theoretische Erklärungsansätze zur Entstehung von strategischen Allianzen finden. Dies sind der industrieökonomische Ansatz, der transaktionskostentheoretische Ansatz, der spieltheoretische Ansatz sowie die Erklärung der Entstehung von strategischen Allianzen mit Hilfe der Shareholder-Value-Konzeption.[9]

Der industrieökonomische Ansatz, dessen zentralen Punkt das Structure-Conduct-Performance-Paradigma bildet, sieht strategische Allianzen als Antwort von Unternehmen auf veränderte Industriestrukturen. Allerdings verändern auch die Allianzen selbst wiederum die Industriestruktur, wodurch eine Art Kreislauf entsteht.[10] Die Veränderung der Industriestruktur kann durch eine Vielzahl von Faktoren induziert werden, insb. auch durch politische Veränderungen, wie dem Beitritt neuer Länder zur EU oder dem Wegfall staatlicher Regulierung. O.g. Kreislauf führt zu einer ständigen Zunahme von Allianzen, so dass es am Ende dieser Entwicklung aus theoretischer industrieökonomischer Sicht nur noch (mehrere große) Allianzen geben würde. Auf den Luftverkehr bezogen bedeutet dies, dass an die Stelle des Wettbewerbs zwischen einzelnen Fluggesellschaften ein Wettbewerb zwischen Allianzen, also ein „Inter-Allianz-Wettbewerb“ treten würde. Dass diese Entwicklung nicht nur theoretischen Charakter hat, zeigt die Zunahme von Allianzen im Luftverkehr der letzten Jahre.[11]

Der transaktionskostentheoretische Ansatz versucht die Bildung von Kooperationen durch Transaktionskosten zu erklären. Transaktionskosten sind hier zu verstehen als alle Kosten, die durch die Bildung oder das Eingehen einer Kooperation entstehen.[12] Das Eingehen einer strategischen Allianz kann nach diesem Ansatz sinnvoll und zweckmäßig sein, wenn diese Form der Kooperation verglichen mit anderen möglichen Kooperationen niedrigere Transaktionskosten verursacht. Möglichst geringe Transaktionskosten sind also das Motiv, eine Allianz zu bilden oder einzugehen. Diesem Ansatz ist als Kritik entgegenzuhalten, dass Transaktionskosten meist schwierig zu erfassen und von anderen Kosten abgrenzbar sind.[13]

Die Spieltheorie beschäftigt sich mit Konfliktsituationen, versucht innerhalb derer das individuelle Entscheidungsverhalten zu erklären und durch geeignete Spielsituationen abzubilden. Spieltheoretisch kann man nun verschiedene Situationen durchspielen, in deren Verlauf es zur Bildung von Allianzen kommen kann. Als Ergebnis der Spielsituationen kann sich zwar der Vorteil einer strategischen Allianz herausbilden, allerdings können Unternehmen, die einen Allianzbeitritt erwägen, diesem Ergebnis keine konkrete Handlungsanweisung entnehmen. Aber die aus den Spielsituationen gewonnenen Einsichten und Erfahrungen können zu neuen Denkanstößen und dem Erkennen neuer Perspektiven beitragen.

Versucht man die Entstehung strategischer Allianzen mithilfe der „ Shareholder Value“-Konzeption zu erklären, so rückt der Einfluss der Unternehmenseigner (Shareholder) in den Mittelpunkt. Wenn Unternehmen auf eine strategische Allianz verzichten, die zu Kostenreduktionen führen könnte, so stünde dies auch einer Erhöhung des Unternehmenswertes entgegen.[14] Das Nichteingehen einer Allianz trotz möglicher Kostenreduktionen lässt sich dadurch erklären, dass Unternehmen ungern ihre Autonomie und Entscheidungsfreiheit verlieren. Folglich ist davon auszugehen, dass die Shareholder, sofern sie in der Allianzbildung Kosteneinsparungen und Synergien erkennen können, Druck auf das Management ausüben, die Allianz einzugehen. Hierdurch soll eine Steigerung des Unternehmenswertes, die mit einer Erhöhung der Eigenkapitalrendite einhergeht, erreicht werden.

2.3. Markteintritts- und Marktaustrittsschranken

Im Folgenden sollen Markteintritts- und Marktaustrittsschranken[15] im Bereich von Luftverkehrsallianzen aufgezeigt werden.[16] Marktbarrieren hindern aktuelle und potenzielle Konkurrenten an einer freien Entscheidung hinsichtlich des Marktein- und -austritts. Sie stellen Wettbewerbsvorteile für aktive Unternehmen dar und schützen vor potenzieller Konkurrenz, die vom Marktzutritt abgehalten wird. Zur Untersuchung des Vorhandenseins von Marktbarrieren haben verschiedene Autoren die Theorie der „Contestable[17] markets“ herangezogen[18]. Der Contestable market lässt sich als Markt mit freiem Markteintritt und -austritt definieren.[19]

Als erste und zugleich wichtigste mögliche Markteintrittsbarriere ist der Besitz von Slots[20] und ihre Vergabe durch die sog. „Großvaterrechte“ zu nennen.[21] Potenziellen Konkurrenten wird ein Eindringen in profitable Marktbereiche so gut wie unmöglich gemacht,[22] denn ohne Besitz der begehrten Slots ist einer LVG der Flugbetrieb, zumindest an „High-density“-Flughäfen[23], nicht möglich.[24] Auch vor der Bildung von Allianzen waren Slots nicht frei zugänglich, sondern meist im Besitz einzelner LVG. Aber in Allianzen kommt es zur Konzentration von Slots unterschiedlichster LVG und Märkte. Diese stehen dann meist nur einem exklusiven Kreis von Airlines, nämlich den Allianzmitgliedern, zur Verfügung. Eine weitere Marktbarriere können Kundenbindungssysteme in Form von „Meilenprogrammen“ darstellen. Durch die gegenseitige Anerkennung der Meilen innerhalb der Allianzen werden die Kunden langfristig an diese gebunden und wählen möglichst Flüge eines Partners der Allianz.[25] Auch in den von Allianzen gebildeten Hub-and-spoke-Systemen kann eine Marktbarriere gesehen werden, da LVG, die sich außerhalb der Allianzen bewegen, die Vorteile eines solchen Systems nicht nutzen können.[26] Eine weitere Markteintrittsschranke kann dadurch entstehen, dass Gates oder Terminals exklusiv Allianzen zur Verfügung gestellt werden. Die Allianzen können dann ihre auf diesem Flughafen marktbeherrschende Stellung ausnutzen und LVG, die nicht Mitglied der Allianz sind, den Marktzutritt erschweren oder unmöglich machen.[27] Computerreservierungssysteme (CRS) können in zweierlei Hinsicht eine Marktbarriere darstellen. Zunächst ist vorstellbar, dass Allianzen zwar Dritten den Zugang zu ihren CRS gewähren, deren Angebote aber möglichst weit hinter ihren eigenen platzieren. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, dass die Allianzen Dritten keinen Zugang zu ihren CRS gewähren, wodurch diese ihre Angebote nicht in die CRS der Allianzen einspeisen können.[28]

[...]


[1] Weitere mögliche Kooperationsformen sind z.B. das Franchising oder Joint Venture, zur näheren Erläuterung siehe: Rose, G./Glorius-Rose, C. (2001), S. 150-154 oder Müller-Stewens, G. (1993), Spalte 4063.

[2] Backhaus, K./Piltz, K. (1990), S. 2.

[3] Hierin liegt der Unterschied zur Akquisition, vgl. Backhaus, K./Piltz, K. (1990), S. 2.

[4] Backhaus, K./Piltz, K. (1990), S. 3.

[5] Harrigan, K. R. (1988), S. 53.

[6] Hammes, W. (1994), S. 29.

[7] Hammes, W. (1994), S. 29.

[8] Vgl. Ohmae, K. (1990), S. 120.

[9] Zur näheren Erläuterung siehe: Hammes, W. (1994), S. 103 – 139.

[10] Vgl. Hammes, W. (1994), S. 109.

[11] 1997 wurde die erste große Allianz, die Star Alliance mit 5 Mitgliedern gegründet; sie umfasst mittlerweile 15 Mitglieder, insgesamt existieren heute 3 globale Allianzsysteme mit insgesamt 31 Mitgliedern, vgl. Homepages der Allianzen.

[12] Vgl. Coase, R. H. (1988), S. 114.

[13] Vgl. Laaser, C.-F. et al. (2000), S. 20 f.

[14] Vgl. Hammes, W. (1994), S. 136.

[15] Markteintritts- und Marktaustrittsschranken werden im weiteren Verlauf auch Marktbarrieren genannt.

[16] Auch Marktaustrittsschranken in Form von Marktaustrittskosten können Unternehmen vom Markteintritt abhalten, also Markteintrittsschranken darstellen.

[17] „Contestable“ kann mit „anfechtbar“ oder „bestreitbar“ übersetzt werden.

[18] Hauptvertreter der Theorie der Contestable markets ist Baumol, zur näheren Erläuterung siehe: Baumol, W. J. (1988); speziell für den Luftverkehr siehe: Weimann, L. C. (1998).

[19] Vgl. Baumol, W. J. (1982), S. 1-15.

[20] Slots sind Zeitfenster für Starts und Landungen an Flughäfen. Vgl. Aberle, G. (2003), S. 35.

[21] Großvaterrechte bedeuten in diesem Zusammenhang die Vergabe der Slots an die LVG; die Slots bleiben bis zu einer freiwilligen Abgabe oder Nichtnutzung von mehr als 20 % der Slots im Besitz der LVG. Auch wenn die Vergabepraxis in der EU teilweise geändert wurde, ist es für einzelne oder neu in den Markt eintretende LVG immer noch sehr schwer in den Besitz von Slots zu gelangen.

[22] Vgl. Weimann, L. C. (1998), S. 165.

[23] High density Flughäfen sind große Flughäfen mit einem besonders hohen Verkehrsaufkommen.

[24] Vgl. Schenk, G. P. (2004), S. 84.

[25] Vgl. Beyhoff, S. (1994), S. 15.

[26] Zu den Vorteilen eines Hub-and-spoke-Systems für eine Allianzairline, siehe Kap. 3.1.

[27] Vgl. Krahn, H. (1994), S. 79-82.

[28] Vgl. Weimann, L. C. (1998), S. 226.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Wettbewerbliche Bewertung strategischer Allianzen im Luftverkehr
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Veranstaltung
Transportwirtschaft
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
20
Katalognummer
V38032
ISBN (eBook)
9783638372237
Dateigröße
547 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wettbewerbliche, Bewertung, Allianzen, Luftverkehr, Transportwirtschaft
Arbeit zitieren
Roman Schweigert (Autor:in), 2004, Wettbewerbliche Bewertung strategischer Allianzen im Luftverkehr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38032

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