Biete Privatsphäre gegen Sozialkapital. Eine kritische Untersuchung der Funktionsweisen von Social Media


Masterarbeit, 2017

84 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung und Problemaufriss

2 Forschungsfrage

3 Methodisches Vorgehen

4 Vorstellung unterschiedlicher Kommunikationsmodelle zur Klärung des Begriffs „Kommunikation“

5 Klärung des Begriffs „Sozialkapital“

6 Rolle und Funktion der bedeutendsten Social Media im Internet
6.1 Wissensgesellschaft, Internet und Social Media: Begriffsklärungen
6.2 Darstellung der Funktionsangebote des sozialen Mediums Facebook
6.3 Darstellung der Funktionsangebote der Social Media Plattform YouTube
6.4 Angebote und Funktionen des Sozialmediums Twitter
6.5 Zwischenfazit

7 Die mögliche Generierung von Sozialkapital durch die Nutzung von Social Media
7.1 Facebook, YouTube und Twitter: Ihre Funktionen als Möglichkeit individueller Selbstverwirklichung durch soziale Kommunikation unter Aspekten des Begriffs Sozialkapital
7.2 Zwischenfazit

8 Der Verlust an informationeller Selbstbestimmung in den Kanälen der Social Media: Sozialkapital unter negativen Aspekten
8.1 Facebook: Auflösung der Privatsphäre und der Verlust informationeller Selbstbestimmung unter Aspekten von Sozialkapital
8.2 Überwachungsmöglichkeiten und soziale Kontrolle von Nutzern in den Social Media unter Aspekten der informationellen Selbstbestimmung und des Sozialkapitals
8.3 Beeinträchtigung der Privatsphäre auf den Social Media durch Gewaltdarstellungen und politischen Extremismus: Reduktion möglichen Sozialkapitals
8.4 Zwischenfazit

9 Vergleich der medialen Kommunikationsmöglichkeiten in den Social Media mit dem Zeitalter der klassischen Medien

10 Beantwortung der Forschungsfrage

11 Zusammenfassung und Fazit

Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Profil- und Aktivitätsangaben auf einer Beispielseite von Facebook

Abbildung 2: Beispiel für die Menüangebote für Freundschaftsanfragen auf Facebook

Abbildung 3: Veröffentlichung privater Krankheitsphänomene auf Videoclip von YouTube: Venenleiden und Kompressionsstrümpfe

Abbildung 4: Kanal "Family Fun"

Abbildung 5: Twitter-Auftritt

Abbildung 6: Ganzheitsvorstellungen und Nachhaltigkeitsdimensionen in der Lebenshaltung der LOHAS

Abbildung 7: Selbstdarstellung der LOHAS auf Facebook

Abbildung 8: Networking zur Generierung von Sozialkapital durch die LOHAS-Gruppe auf YouTube

Abbildung 9: Finger eines Affen in einer KitKat-Packung von Nestlé im Kampagnen-Video gegen den Konzern

Abbildung 10: Fanpage von Nestlé mit kritischen Kommentaren als Auszug eines Shitstorms in Bezug auf die Greenpeace-Kampagne gegen Nestlé

Abbildung 11: Boykottaufrufe und "Killer-Logos" von Nutzern auf der KitKat-Fanpage von Nestlé

Abbildung 12: www.occupyresearch.net/orgs

Abbildung 13: Werbung des Geschäftsführers von Philip Morris: Rauchen ist für Schwangere kein Gesundheitsproblem

Abbildung 14: Beispiel für rechtsextremistische Meinungsäußerungen auf Facebook

1 Einleitung und Problemaufriss

Mit dem Aufkommen des Internets (www.) und besonders mit der Etablierung des Social Web (Web 2.0) entstand eine globale Wir-Gemeinschaft, die mit ihren Plattformen einen räumlich und zeitlich unbegrenzten Austausch von Mitteilungen, Informationen, Dienstleistungen und Produkten ermöglichte. Die Integration des Einzelnen in eine universelle Gemeinschaft fand ihre erstmalige Thematisierung schon in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts in den Visionen
M. McLuhans, der den Begriff des „Global Village“ prägte. Die Aktivitäten, die sich im Internet mit den Angeboten solcher Social Media wie Facebook, YouTube, Google+, Twitter, Podcasting usw. durchführen lassen, reichen jedoch über den thematischen Zusammenhang eines Global Village weit hinaus: Das Social Web und seine Komponenten initiieren eine globale Kommunikationsgemeinschaft, die sich als eine neuartige Community versteht. P. Glaser charakterisiert die psychologische Dimension des inneren Zusammenhalts dieser Community als „Verwandlung der vielen Ichs in ein neues großes Wir“. Allein das soziale Netzwerk Facebook verfügte 2015 über etwa 1,44 Milliarden Mitglieder weltweit. Facebook bietet eine umfangreiche Bandbreite interpersonaler Kontaktaufnahmen auf globaler Basis, personaler Selbstdarstellung und Profilierung, der Etablierung sozialer Gruppen mit gleichgerichtete Interessen (Communities), Informationen, Stellenbörsen, Videos usw.. Ähnliches gilt mit Bezug auf das Hochladen personaler Videos und marketingorientierter Selbstdarstellung auch von YouTube. Mit den umfangreichen Profilierungsmöglichkeiten, die die Social Media im Internet bereitstellen, entsteht für den Einzelnen erstmals die Möglichkeit, eigene Leistungen, Kompetenzen und Interessen der Öffentlichkeit ohne die Einschränkungen der klassischen Medien zu präsentieren. Auch die ökonomischen Handlungsspielräume erweitern sich für den Einzelnen hinsichtlich seiner beruflichen Selbstverwirklichung durch die Social Media erheblich: Der individuellen Selbstvermarktung werden hier umfangreiche Potentiale geboten.

Die Dynamik der Kooperation in den Social Media ist beachtlich. Man kann sich sowohl als Leser rezeptiv an den dort existierenden Communities beteiligen oder als Autor Aktivität mit der Erstellung von Inhalten auftreten. Die sogenannten Digital Natives, also Jugendliche, die mit dem Internet aufgewachsen sind, nutzen die entsprechenden Funktionen im Netz über ihre Smartphones und iphones nahezu permanent. Ebersbach et al. bezeichnen die fast unbegrenzten Möglichkeiten, mit Hilfe des Social Web (Facebook etc.), mit anderen Nutzern zu kommunizieren, Informationen auszutauschen, Freundschaftsbeziehungen aufzunehmen, sie auf flexibilisierten Arbeitsmärkten umzusehen als die Etablierung sozialer Dimensionen, die in dieser Form bisher nicht existierten. Schließlich wurden mit Hilfe der sozialen Netzwerke auch politische Prozesse angestoßen, deren emanzipatorische Wirkung umfangreiche Auswirkungen zeitigte. Das oben angesprochene Wir-Gefühl der Internet-Gemeinde, die auf der Basis der sozialen Medien aktiv ist, lässt sich mit dem Begriff des Sozialkapitals charakterisieren. Diese Begrifflichkeit beschreibt den kollektiven Wertezusammenhang, der sich in den Social Media aus dem Selbstverständnis der Nutzer und ihrer Communities ergibt. Der amerikanische Soziologe R. D. Putnam bemühte sich als einer der ersten um eine deutlichere Begriffsbestimmung dieser Dimension.

Putnam beschrieb „Sozialkapital“ als die Chance für den isolierten Einzelnen mit Gemeinschaften gegenseitiges Vertrauen und Gemeinschaftsgeist zu erzeugen. Dieser Gemeinschaftsgeist impliziert wechselseitige Unterstützung und Hilfeleistungen von Seiten einer Community, die aus kooperierenden Netzwerken besteht. Die virtuelle Aktivität der Nutzer in den Social Media erzeugt eine soziale Bindungskraft, die sich im Austausch interpersonaler Mitteilungen nicht erschöpft, sondern ein Zugehörigkeitsgefühl generiert, das der Soziologe Bourdieu als kulturelles Kapital charakterisiert. An der Wahlkampfstrategie des US-Präsidenten Obama lässt sich die Entstehung aktiver Solidarität ablesen, mit der dieser Präsident den amerikanischen Wahlkampf im Jahre 2008 gewann. Das virtuelle Sozialkapital kann man als die Basis betrachten, die sich in den Social Media und der Vielfalt ihrer interaktiven Möglichkeiten permanent generiert. Die Nutzer der Social Media verfügen gegenüber den traditionellen Medien wie etwa der Presse über den Vorteil, ihre Selbstdarstellung sowie den Austausch ihrer Profile kostenlos betreiben zu können und zugleich ein geringes Ausmaß an technischem Aufwand aufbringen zu müssen. Auf der anderen Seite exponieren sich Millionen von Internetnutzern in den Social Media mit ihrer Selbstdarstellung und Selbstentblößung in einem Ausmaß, das den Begriff der Privatsphäre nahezu völlig obsolet erscheinen lässt. Sowohl Meinungsäußerungen in Blogs, intime Fotos auf Facebook als auch auf YouTube hochgeladene Videos oder bei YouNow repräsentieren vielfach eine Freizügigkeit der Selbstoffenbarung, die in allen traditionellen Medien undenkbar wäre.

Unter dem Begriff „Privatsphäre“ soll in der Arbeit weitgehend die Begrifflichkeit „informationelle Selbstbestimmung“ verstanden werden. Der tiefe Einblick, den die Nutzer von Social Media in ihr Privatleben gestatten, bietet die Gefahr der völligen Aufgabe und des Verlustes informationeller Selbstbestimmung, also einer Dimension, in der das Individuum noch über die Möglichkeit verfügt, selbst zu bestimmen, was mit seinen Daten geschieht.

Sowohl auf den Social Media Plattformen Facebook als auch auf Google+ sind Funktionen vorhanden, die sich als Bereich der „Privatsphäre“ einstellen lassen. Eine solche explizite Verschlüsselungsmöglichkeit führt jedoch, wie die Fachliteratur vielfach konstatiert, nicht dazu, dass die als privat eingestellten Daten auf den Social Media, besonders auf Facebook, so abgesichert sind, dass Unbefugten der Zugang nicht möglich ist. Qualman spricht in diesem Sinne von Nutzern der Social Media als einer „Glasshouse-Generation“. Im Falle von Facebook gilt die Datenunsicherheit als besonders gravierend. Facebook selbst beansprucht in seinen Richtlinien explizit die Verfügungsmacht über die Daten seiner Nutzer. Mit der Möglichkeit des Missbrauchs der Nutzerdaten auf den Social Media ist die Thematik „Big Data“ angesprochen. Der Begriff bildet eine Sammelbezeichnung für die digitale Verarbeitung großer Datenmengen in der internetgestützten Kommunikation allgemein. Im Falle von Facebook bedeutet die Verarbeitung von Nutzerdaten ihre Verwertung zu Marketingzwecken. Als börsennotierter Großkonzern lebt Facebook von der Nutzung der Daten seiner Mitglieder, die zum Beispiel für die Platzierung personalisierter Werbung auf den entsprechenden Seiten verwendet wird. Gleiches gilt für Google+ und teilweise für den Kanal YouTube, der dem Unternehmen Google gehört. Die Nutzer der Social Media finden sich also in einer fundamentalen Ambivalenz: Einerseits stehen ihnen in den Social Media unbegrenzte Möglichkeiten globaler Kommunikation und Selbstdarstellung offen, andererseits geben die Nutzer ihre Privatsphäre und ihr informationelles Selbstbestimmungsrecht weitgehend auf, da ihre Daten ungesichert sind, und damit zu Vermarktungszwecken genutzt werden können. Mit der detaillierten Darstellung dieser Ambivalenz beschäftigt sich die vorliegende Thesis.

2 Forschungsfrage

Die Forschungsfrage der Thesis lautet: Bildet der Aspekt der Generierung von Sozialkapital durch die globale Nutzung der Social Media eine Bereicherung, die die Nachteile und Risiken mit der Auflösung der Privatsphäre und der informationellen Selbstbestimmung aufwiegt?

3 Methodisches Vorgehen

Die Thesis besteht aus zwei Teilen: Im ersten Teil sind die positiven Aspekte der Akkumulation von Sozialkapital durch die globale Nutzung von Social Media darzustellen, im zweiten Teil erfolgt die Abwägung solcher Vorteile gegenüber den offenkundigen Verlusten an Privatsphäre und informationeller Selbstbestimmung durch die Social Media. Um die Arbeit begrifflich zu fundieren, sind zunächst unterschiedliche Kommunikationsmodelle, die Begrifflichkeiten des Sozialkapitals und im Anschluss daran die der Privatsphäre und der informationellen Selbstbestimmung zu klären. Es folgt sodann die detaillierte Vorstellung solcher Social Media wie Facebook und YouTube, die als Medien mit umfangreichsten Mitgliederzahlen gelten, und zugleich das größte Ausmaß an Selbstentblößung mit der Vielzahl ihrer technischen Funktionen bieten. Die Arbeit konzentriert sich dabei auf die detaillierte Darstellung der entsprechenden Funktionen bei Facebook, Youtube und Twitter. Am Beispiel der Darstellung der vielfachen kommunikativen Selbstverwirklichungsmöglichkeiten ist die emanzipatorische Tendenz zu klären, die sich auf die individuelle Ebene, die Ebene einer solidarischen Protestkultur (Sozialkapital), eines emanzipierten Konsumverhaltens (Beispiel LOHAS) und schließlich auf die der politischen Emanzipation erstreckt.

Im zweiten Teil der Arbeit sind detailliert die Nachteile, Gefahren und Risiken zu entwickeln, die durch die Nutzung der Social Media mit ihrer Datenunsicherheit gegenüber der möglichen Akkumulation von Sozialkapital bestehen: Die mögliche Ausnutzung privater Nutzerdaten für kommerzielle Zwecke von Facebook, die Ausweitung sozialer Überwachung und Kontrolle durch Facebook hinsichtlich der Beschäftigungssituation der Nutzer, die Einführung von Gesichtserkennungsmethoden auf Facebook zur intensiveren Identifizierung der Nutzer, der Missbrauch der Marktstellung von Facebook durch seine Vertragsbestimmungen, die mangelnde Unterdrückung von Hasspropaganda, Nachrichten und Fotos. Im weiteren Verlauf sind die positiven Aspekte der Generierung von Sozialkapital gegen die negativen Aspekte abzugrenzen, um die Forschungsfrage beantworten zu können.

4 Vorstellung unterschiedlicher Kommunikationsmodelle zur Klärung des Begriffs „Kommunikation“

Die Grundlage der Interaktivität, die sich ohne Begrenzung von Raum und Zeit auf den Interaktionsplattformen der Social Media ereignet, ist die der Kommunikation. Dieser Begriff bedarf daher zunächst der Klärung. Die Fachliteratur bietet keine konsensfähige Definition für den Begriff. Bei Merten finden sich etwa 160 unterschiedliche Definitionsansätze für den Begriff Kommunikation.[1] Die Vielfalt unterschiedlicher Definitionsansätze rührt von der Tatsache her, dass die Begriffsklärung von den jeweiligen Erkenntnisinteressen der Disziplinen abhängt, die sich wissenschaftlich mit dem Begriff beschäftigen. Diese Erkenntnisinteressen reichen von soziologischen Modellen, Wortmodellen, kulturbasierten Ansätzen über Modelle der Medienwirksamkeit bis zu Funktionsmodellen, wie sie etwa das Vier-Seiten-Modell von Schulz von Thun darstellt.[2] Als einer der bedeutendsten Kommunikationstheoretiker gilt Watzlawick. Watzlawick stellte fünf Axiome der Kommunikation auf, die die Grundlagen kommunikativer Prozesse zusammenfassen. Diese Axiome lauten: Es ist unmöglich nicht zu kommunizieren, Kommunikation lebt von Inhalts- und Beziehungsaspekten, die Partner definieren kommunikative Abläufe durch sogenannte Interpunktionen, humane Kommunikation findet auf analoger und digitaler Basis statt, intersubjektive Kommunikation kann komplementär oder symmetrisch verlaufen. Letzteres hängt davon ab, ob die Relationen zwischen den Kommunikationspartnern sich auf dem Niveau der Gleichheit oder der Unterschiedlichkeit abspielen.[3]

Die Systemtheorie, wie sie N. Luhmann entwickelte, betont dagegen stärker den Anforderungscharakter kommunikativen Austauschs in der Form der Selektion.

Luhmann erklärt Kommunikationsverläufe folgendermaßen: „Selektion einer Information, Selektion einer Mitteilung dieser Information und selektives Verstehen oder Missverstehen dieser Mitteilung und ihrer Information“.[4] Godulla beschreibt kommunikative Prozesse auf einer allgemeineren Basis unter sechs Kategorien. Diese Kategorien eignen sich für die Komplexität der Darstellung kommunikativer Prozesse. Sie lauten: „Profanität“ (1), „Universalität“ (2), „Flüchtigkeit“ (3), „Relationalität“ (4), „Heterogenität“ (5) sowie „Selbstbezüglichkeit“ (6).[5] Mit dem Begriff „Profanität“ (1) beschreibt Godulla die Selbstverständlichkeit und wenig reflektierte Kommunikativität des Alltags, die letztlich humanes Überleben sichert.[6] Mit dem Begriff „Universalität“ (2) charakterisiert Godulla die Omnipräsenz der Kommunikativität und ihrer Anforderungen. Mit dem Begriff „Flüchtigkeit“ (3) gibt Godulla den „Prozesscharakter“ an, der die Anstrengungen der Konservierung alltäglicher Kommunikation nahezu unmöglich macht.[7] Der Begriff der „Relationalität (4) betont den Austauschcharakter, den Informationen auf der intersubjektiven Basis stets besitzen. Mit dem Begriff „Heterogenität“ (5) macht Godulla deutlich, dass Kommunikationsstrukturen von „ihrer jeweiligen Kontextualisierung“ abhängen und daher extrem verschiedenartig ausfallen können.[8] Die „Selbstbezüglichkeit“ (6) beschreibt die Tatsache, dass „Austausch über Kommunikation … nur kommunizierend möglich“ ist, also eine „Metakommunikation“ impliziert.[9]

Aus dem Bereich der Naturwissenschaft stammt das Kommunikationsmodell von Shannon / Weaver, das als grundlegendste Konstellation kommunikativer Situationen betrachtet werden kann.[10] Shannon / Weaver beschreiben Kommunikation modellhaft als eine Situation zwischen Sender und Empfänger. Zwischen einem Sender, welcher bei Shannon / Weaver als Sendegerät dargestellt ist, und einem Empfänger (Empfängergerät) existiert ein Kanal, über den in der Form von Signalen kommunikative Zeichen ausgetauscht werden. Die obigen Darstellungen kommunikativer Prozesse erschöpfen den Begriff der Kommunikation, wie er sich auf den Plattformen der Social Media darstellt, jedoch nur unvollständig. Im virtuellen Raum der Social Media entsteht zwischen den Kommunizierenden eine Dynamik, die zwar die obigen Kategorien (Beispielsweise von Godulla) impliziert, jedoch aufgrund der Virtualität dieser Kommunikation über sie hinausgeht. Die Konstituierung virtueller Gemeinschaften mit ihren räumlich und zeitlich unbegrenzten Kommunikationsmöglichkeiten und zusätzlich mit der Chance einer extrem individualisierter Selbstdarstellung lassen im Cyberspace „ein Geflecht persönlicher Beziehungen“ entstehen, die über den bloßen Kontaktzusammenhang hinausreicht.[11] Diese neuartige Dimension, die sich aus der globalen Vernetzung persönlicher Beziehungen in den Social Media ergibt, lässt sich mit dem Begriff „Sozialkapital“ charakterisieren. Die Art Sozialkapital, wie es in sozialen Netzwerken online entsteht, charakterisiert einen Beziehungsaspekt, der generiert wird, obgleich die Nutzer dieser Medien keine Face-to-Face-Kommunikation betreiben, sich also persönlich nicht begegnen.[12] Als eines von vielen Beispielen für den Einfluss der Social Media und den dort akkumulierten Elementen an Sozialkapital lässt sich der Erfolg der oben schon angesprochenen Internetkampagne nennen, die B. Obama 2008 zum Präsidenten der USA werden ließ. Mit der Online-Kampagne, die über soziale Vernetzungsplattformen (my.barackobama.com) ablief, wurden mit Hilfe von Communities, Blogs und Tauschbörsen umfangreiche Mittel der Wahlkampffinanzierung aufgebracht.[13] Die Vielzahl kleiner Spenden entstammte den virtuellen Ressourcen und hatte damit konkrete Auswirkungen auf die reale Welt. Der Begriff des Sozialkapitals ist im Folgenden zu entwickeln.

5 Klärung des Begriffs „Sozialkapital“

Einer der ersten, der den Begriff Sozialkapital thematisch und begrifflich entwickelte, war der US-Soziologe R. D. Putnam.[14] Putnam umschreibt den Begriff Sozialkapital als diejenigen Ressourcen, die dem Individuum aus seiner engagierten Einbettung in sein soziales Umfeld angeboten werden: „Die ganze Gemeinschaft wird von der Zusammenarbeit ihrer Teile profitieren, und der einzelne wird infolge seiner Verbindungen Vorteile wie Hilfeleistungen, Mitgefühl und den Gemeinschaftsgeist seiner Nachbarn erfahren. Wenn die Menschen in einer Gemeinschaft miteinander vertraut und ihnen … Versammlungen … zum geselligen Austausch oder zum persönlichen Vergnügen zur Gewohnheit geworden sind, kann dieses Sozialkapital … zur allgemeinen Verbesserung der Wohlfahrt der Gemeinde eingesetzt werden.“[15] Die Definition Putnams zeigt, dass Sozialkapital allgemein den Nutzen charakterisiert, welchen das Individuum aus seiner Einbettung in soziale Kontexte ziehen kann. Auch für den Begriff Sozialkapital existiert keine einheitliche Definition. Franzen / Pointner charakterisieren Sozialkapital als „Ressourcen …, die ein Akteur nicht selbst besitzt, sondern über die ein Individuum nur aufgrund seiner sozialen Kontakte zu anderen Akteuren verfügen kann“.[16]

Sozialkapital lässt sich also nicht als reine Qualität eines Individuums betrachten, sondern akkumuliert sich auf einem Niveau, das zwischen den Individuen und den Institutionen gelagert ist.[17] Betrachtet man das Individuum bzw. die Person mit Jansen als Mikro- und die institutionelle Ebene als Makroebene, so lässt sich die Akkumulation von Sozialkapital als Ressource sozialer Beziehungen auch als Brückenfunktion charakterisieren, die die Kluft zwischen beiden Ebenen schließen kann.[18] Putnam differenziert zwischen drei Erscheinungen des Sozialkapitals: Formelle gegen informelle Beziehungen (1), vertikale gegen horizontale Beziehungen (2) sowie starke gegen schwache Beziehungen (3).[19] Formelle Beziehungen (1) sind für Putnam diejenigen, die sich im Austausch von Institutionen entwickeln, informelle Beziehungen (1) sind dagegen diejenigen, die sich zwischen Personen entwickeln. Vertikale Beziehungen (2) entstehen zwischen Individuen, die sich auf einem ähnlichen Macht- bzw. Statusniveau miteinander austauschen. Horizontale Beziehungen (2) sind dagegen solche, die entstehen, wenn Personen aus unterschiedlichen und ungleichen Gesellschaftsschichten miteinander kommunizieren. Starke Beziehungen (3) entstehen aus emotional intensiven Beziehungen von Personen untereinander, schwache Beziehungen (3) werden zum Beispiel durch Bekanntheitsgrade zwischen Personen charakterisiert, die nur einen oberflächlichen Bindungsgrad zustande kommen lassen.

Eine weitere Nuance des Begriffs Sozialkapital findet sich bei dem französischen Soziologen Bourdieu. Bourdieu definiert Sozialkapital als „die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind; es handelt sich dabei um Ressourcen, Der Definitionsansatz Bourdieus lässt erkennen, dass Sozialkapital für ihn aus der Zugehörigkeit zu einer gruppenbezogenen Machtposition sich entwickelt. Bourdieus Analyse konzentriert sich infolgedessen auf die obige Kategorie 2, nämlich die vertikale Relation zwischen Personen oder Gruppen. Die besondere Energie und Dynamik, die sich aus den Beziehungen zwischen den Teilnehmern von Online Social Networks ergibt, besteht gerade darin, dass die vertikale Beziehung, die eine vertrauensfördernde Wirkung eher ausschließt, sich in den Social Media kaum findet. Für die Social Media (Facebook usw.) trifft eher ein weiterer Definitionsansatz zu, der von Franzen / Pointner stammt: „Als Sozialkapital werden … die Ressourcen aufgefasst, auf die ein Individuum aufgrund seiner Zugehörigkeit zu verschiedenen Netzwerken potentiell zugreifen kann“.[20]

In den Online-Netzwerken, die horizontal ausgelegt sind, entwickelt sich zugleich ein „generalisiertes Vertrauen in Personen und Institutionen“, das in der Realität nur in geringem Ausmaß so besteht.[21] Kneidinger betrachtet in diesem Sinne die Differenz von starken gegen schwache Beziehungen (3) als „von besonderer Relevanz“ für die an Sozialkapital orientierten Beziehungen zwischen Nutzern, wie sie in den Social Media entstehen.[22] Die spezifische Energie, wie sie in der Form unterschiedlicher Niveaus der Akkumulation von Sozialkapital in den Social Media sich entwickeln kann, besteht darin, dass in den virtuellen Netzwerken Hilfeleistungen zwischen den Personen ausgetauscht werden oder soziale Zuwendung erfolgt, obgleich die Personen keinen Face-to-Face-Kontakt gehabt haben. Die in der Realität („offline“) anfallende Überwindung der alltäglich vorhandenen Entfremdungsgrade reduziert sich in den Social Media auf ein Minimum. Formen von Sozialkapital können auf formaler Ebene bis zur Erleichterung der Arbeitsplatzbeschaffung durch die Netzwerke reichen. Durch die in sozialen Netzwerken zugängliche Information lassen sich Quellen der Hilfsbereitschaft, der möglichen Ressourcen finanzieller Mittel und der Information dann erheblich leichter auffinden als in der Realität offline.[23]

Die Akkumulation von Sozialkapital, wie sie in den virtuellen Gemeinschaften (Communities) der Social Media entsteht, unterscheidet sich von Gemeinschaften der Realität durch eine Dynamik, der es gelingt, „binnen kürzester Zeit Konventionen zu bilden, ihre Reproduktion zu betreiben, Transformation solcher Communities zu gestalten und auf diese Weise ein virtuelles Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen“.[24] Rheingold betrachtet die Qualitäten einer virtuellen Community, obgleich sie eher aus einem losen Zusammenschluss besteht, als Chance für soziale Beziehungen.[25] Die Bildung von Sozialkapital lässt sich in den virtuellen Gemeinschaften der Social Media auch dadurch charakterisieren, dass die dort stattfindende Konstruktion sozialer Netzwerke unkomplizierter und rascher vor sich geht als in der Realität („offline“). Zusätzlich sind die sozialen Barrieren, der Gruppenzugehörigkeit, wie sie Bourdieu in seiner Machttheorie des Sozialkapitals beschreibt, im Internet erheblich reduzierter als in der Realität. Eine Reihe von Autoren charakterisierte die Möglichkeiten, die das Internet in diesem Sinne seinen Nutzern bietet, unter den Aspekten einer mythischen Dynamik.[26]

6 Rolle und Funktion der bedeutendsten Social Media im Internet

6.1 Wissensgesellschaft, Internet und Social Media: Begriffsklärungen

Soziale Medien (Social Media) sind digitale Technologien, auf deren Softwarebasis Personen global und zeitlich unbegrenzt mediale Kontexte austauschen oder in der Form einer Community generieren können. Social Media verdanken ihre Entstehung und weltweit intensive Anwendung durch Milliarden von Nutzern dem Internet und seinen digitalen Angebotsdimensionen. Neben den großen Web-Konzernen wie Google und Amazon bilden die Social Media den umfassendsten und meist genutzten Bereich der Kommunikation im Internet. Social Media (Facebook, Youtube, Google+ usw.) sind Bestandteile einer Informationsgesellschaft, deren Einfluss sich über die Wissensvernetzung und den zugehörigen Datenaustausch sich auf nahezu alle Bereich der Lebenswelt erstreckt. Die Informationsangebote des Internets bieten nicht nur lexikalische Inhalte, wie zum Beispiel Wikipedia, sondern umfassen einen digitalen Zeitungsmarkt, der ebenfalls beträchtliche Dimensionen erreicht, und für die analoge Presse mittlerweile einen lebenswichtigen Informations- bzw. Wirtschaftsbereich darstellt.[27]

Die Social Media gelten als ein Element des sogenannten Web 2.0. Dieser Begriff beschreibt die dynamische Entwicklung der Software, mit der die Plattformen im World Wide Web entstanden.[28] Auch für das Social Web existiert keine konsensfähige Definition in der Fachliteratur. Hipner definiert die sozialen Medien als „webbasierte Anwendungen, die für Menschen den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und die Kommunikation in einem sozialen Kontext unterstützen“.[29] Das Neuartige in der Nutzung und im Gebrauch der Social Media besteht darin, dass die User einerseits ein Element der Dimensionen des Internets bilden, andererseits aber selbst als seine Gestalter fungieren.[30] In diesem Zusammenhang wird vielfach für die Gestaltbarkeit der Social Media der Begriff „User-Generated Content“ verwendet.[31] Der Begriff „User-Generated Content“ bedeutet, dass es die Nutzer sind, die die eigentlichen Inhalte im Internet bzw. in den Social Media hervorbringen. Die Social Media bilden also auch in diesem Sinne eine umfangreiche zeitlich und räumlich unbegrenzte Kommunikationsmöglichkeit, die sich auf soziale Aktivitäten richtet und die Begrenztheiten der „Offline-Kommunikation“ beträchtlich reduziert. Ebersbach et al. beschreiben die Ebenen des Social Web als „webbasierte Anwendungen, die für Menschen den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und seine Pflege, die Kommunikation und Zusammenarbeit in einem gesellschaftlichen oder gemeinschaftlichem Kontext unterstützen sowie den Daten, die dabei entstehen und den Beziehungen zwischen Menschen, die diese Anwendungen nutzen“.[32]

Als Zentrum der Nutzerkategorien in den Social Media bezeichnet Hippner Individuen, Gruppen, Einbettung des Individuums in eine Gruppe, die Sichtbarmachung bestimmter Inhalte, Meinungen und Bewertungen, die Dynamik der Selbstorganisation auf den Plattformen, die soziale Rückkopplung zwischen den Mitgliedern, die Vernetzungsaktivitäten und damit die Entstehung einer bestimmten Art der kollektiven Information und des kollektiven Wissens.[33] Weitere Charakteristika der Social Media bestehen darin, dass alle, die partizipieren, ihre eigenen Inhalte und Kreationen auf die Plattformen stellen dürfen, dass die jeweiligen Beiträge der Registrierung unterliegen, dass die Organisation der Inhalte vollkommen bei den Nutzern liegt, dass es den Nutzern freisteht, jederzeit neue Inhalte anzulegen und die Verweisstrukturen zu verändern und dass der Nutzer als Individuum eher in den Hintergrund rückt.

6.2 Darstellung der Funktionsangebote des sozialen Mediums Facebook

Die Nutzerzahl, die die global operierende Social-Media-Plattform Facebook sowohl für private als auch für kommerzielle Kommunikation zur Anwendung bringen, hat sich innerhalb einiger Jahre auf mehr als eine Milliarde Teilnehmer gesteigert. Hoffmann nennt Nutzerzahlen der Plattform, die sich im zweiten Quartal des Jahres 2011 auf circa 46,1 Millionen erhöhten. Weltweit nutzen über 1,5 Milliarden Menschen die Facebook-Plattform.[34] Da Facebook eine große Anzahl an individuellen Gestaltungsmöglichkeiten und Features vorhält, sind für die Zukunft umfangreiche Wachstumsraten naheliegend. Andere Social-Media-Plattformen wie YouTube, Podcasts, Blogs und Twitter können solche umfangreichen Nutzerzahlen nicht vorweisen, haben jedoch mit ihren Interaktions- und Selbstdarstellungsangeboten kaum geringere Bedeutung als Facebook. Nach dem Börsengang der Plattform im Jahre 2012 steigerte sich die globale Bekanntheit und damit das Nutzerinteresse von Facebook noch einmal erheblich. Privatpersonen und Unternehmen, die ihre Produkte und Serviceleistungen auf Facebook präsentieren, können dies auf einer Profilseite tun. Auf dieser Seite lassen sich individuelle Botschaften, Produktfotos und Videos posten, wie es in den traditionellen Medien Funk, Fernsehen und Presse nicht möglich war und ist. Auf den Facebook-Plattformen entwickelt sich zwischen den Nutzern und Unternehmen und ihren möglichen Kunden infolgedessen ein umfangreicher Informationsaustausch über die individuellen Einstellungen bzw. Dienstleistungen oder Produkte. B. Frischling bezeichnet diese Profilseite als „zentrales Element …, das jede / jeder NutzerIn bei der Registrierung anlegt“.[35] Die unten stehende Abbildung zeigt ein Beispiel für den Informations- bzw. Selbstdarstellungsinhalt, den ein User auf Facebook einstellen kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Profil- und Aktivitätsangaben auf einer Beispielseite von Facebook[36]

Die obige Abbildung reicht mit ihren Informationsgehalten zur Nutzerin („Anette Schwindt“) über die Angaben der Protokollseite hinaus. Die Protokollseite, die ein Nutzer auf Facebook anlegt, enthält generell nur Daten zum Heimatland, zur Heimatstadt, zum Geschlecht, zum Geburtstag, zu allgemeinen Interessen und zu Sprachkenntnissen des Nutzers / der Nutzerin.[37] Wie die facebook-Seite der obigen Abbildung erkennen lässt, geht das dort abgebildete „Aktivitätenprotokoll“ mit seinen Informationen zur Selbstdarstellung des Nutzers in großem Ausmaß über die Profilangaben hinaus. Das auf der rechten Seite der Abbildung aufgeklappte Menü unter „Alle“ enthält 14 Kategorien, die sich auf die Individualität des Nutzers / der Nutzerin beziehen. Der User verfügt, wie das Menü demonstriert, über umfangreiche Möglichkeiten des Informationsaustauschs und der Selbstdarstellung. Diese reichen von persönlichen Fotos, Videos, Notizen, Gefällt-mit-Angaben bis hin zur Registrierung von Freunden, Abonnements und Informationsaktualisierungen. Das „Aktivitätenprotokoll“ auf Facebook bildet eine Weiterentwicklung der Features, die die Möglichkeit bieten, eine Liste seiner sämtlichen Aktionen auf Facebook aufzurufen.[38] Die unterschiedlichen Kategorien in dem besagten Menü lassen sich so einstellen, dass sie nur von bestimmten Nutzern, Freunden oder Bekannten online einsehbar sind. Für solche Einstellungsdifferenzierungen bietet Facebook eine Seite, die „Privatsphäre-Einstellungen“ genannt wird.[39] Die 14 Kategorien des Menüs auf der Aktivitätenprotokoll-Seite machen deutlich, dass Facebook einen Austausch persönlicher Kommunikationen in beträchtlichem Umfang bietet. Die Kategorien „Fotos“ und „Videos“ können Selbstdarstellungen enthalten, die den Nutzer etwa auf privaten Partys abbilden. Mit dem Gefällt-mir-Button präsentiert er zu einer nahezu unbegrenzten Anzahl von Thematiken seine individuelle Meinung.

Eine der bedeutendsten Dimensionen der Facebook-Plattform bildet die Möglichkeit, auf globalem Niveau „Freunde“ zu finden, indem man entsprechende Anfragen mit den vorhandenen Buttons einstellt. Die unten folgende Abbildung bietet ein Beispiel für diese bedeutende Funktion von Facebook als sozialem Medium.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Beispiel für die Menüangebote für Freundschaftsanfragen auf Facebook[40]

Der Freundschaftsbereich bildet diejenige Facette auf der Facebook-Plattform, die die soziale Universalität dieses Mediums am deutlichsten charakterisiert. Adelmann betrachtet diesen Aspekt von Facebook als das Anzeichen einer „potentiell revolutionären Politik der Freundschaft“, die Facebook als Sozialmedium auszeichnet.[41] Die Freundschaftsbeziehung, die sich mit den unterschiedlichen Einstellungsmöglichkeiten und persönlichen Informationsangeboten auf Facebook entwickeln kann, bietet den Vorteil einer sozialen Dynamik, die in der Realität nicht existiert, und damit den großen Servicevorteil repräsentiert, der die Sozialmedien im Netz charakterisiert.[42] Die Vielfalt möglicher Einstellungen und Interaktionsangebote auf Facebook umfassen über hundert Menüpunkte. Zusätzlich lassen sich die Einstellungen auf Facebook mit Artikulationsmöglichkeiten des Nutzers auf anderen Sozialmedien, etwa Twitter, kombinieren, sodass beide Kanäle parallel nutzbar werden.[43] Außerdem kann man seine Facebook-Sites mit der globalen Community mit Unternehmen seiner Wahl teilen. Die Einstellungen der individuellen Facebook-Seite auf eine Unternehmenskommunikation bedeutet, dass der Nutzer Marketing für bestimmte Produkte auf seinem Facebook-Portal betreiben kann.[44]

Die Interaktivitätsangebote, wie sie die abgebildeten Menüs präsentieren, sind hinsichtlich der Personalangaben extrem individualisiert (siehe Menükategorien in den Abbildungen). Diese Vielfalt bildet die Ambivalenz ab, die sich aus der Tatsache einer extremen Informations- und Selbstdarstellung bzw. Selbstentblößungsqualität und der damit zusammenhängenden Reduktion der Privatsphäre einstellt. Einerseits leistet Facebook mit seinen Interaktivitätsangeboten auf globalem Niveau eine soziale Dynamik, deren kommunikative Wirkung sich als Erweiterung des individuellen Lebenskreises betrachten lässt. Hiermit ist die Dimension der Akkumulation von Sozialkapital angesprochen. Andererseits löst Facebook Identitätskrisen „von bislang unbekannten Dimensionen“ aus, die sich für viele Nutzer aus dem unbegrenzten Umfang privater Informationen ergeben.[45]

[...]


[1] Vgl. Merten 1977, S. 11.

[2] Vgl. Schulz v. Thun 1981.

[3] Vgl. Watzlawick 2007, S. 53-70.

[4] Vgl. Luhmann 2001, S. 97.

[5] Vgl. Godulla 2017, S. 4.2-4.4.

[6] Vgl. Godulla 2017, S. 43.

[7] Vgl. Godulla 2017, S. 43.

[8] Vgl. Godulla 2017, S. 44.

[9] Vgl. Godulla 2017, S. 44.

[10] Vgl. Shannon / Weaver 1975.

[11] Vgl. Rheingold 1998, S. 16.

[12] Vgl. Kneidinger 2010, S. 35ff.

[13] Vgl. Talbot 2008, Technology Review 11/2008, https://www.heise.de/tr; Abruf 15.1.2017.

[14] Vgl. Putnam / Goss 2001, S. 16ff.

[15] Vgl. Putnam / Goss 2001, S. 16ff.

[16] Vgl. Franzen / Pointner 2007, S. 67.

[17] Vgl. Brauer 2005, S. 264.

[18] Vgl. Jansen 2003, S. 27.

[19] Vgl. Putnam 1993, S. 173f.

[20] Vgl. Franzen / Pointner 2007, S. 71.

[21] Vgl. Franzen / Pointner 2007, S. 71.

[22] Vgl. Kneidinger 2010, S. 27.

[23] Vgl. Wöhler / Hinz 2007, S. 95.

[24] Vgl. Deterding 2009, S. 118.

[25] Vgl. Rheingold 1994, S. 12.

[26] Vgl. Münker / Roesler 1994.

[27] Vgl. Lehmann / Schetsche 2005, S. 213.

[28] Vgl. Ebersbach et al. 2009, S. 23ff.

[29] Vgl. Hippner 2006, S. 3.

[30] Vgl. Münker 2012, S. 54.

[31] Vgl. Jünger 2011, S. 433.

[32] Vgl. Ebersbach et al. 2009, S. 31.

[33] Vgl. Hippner 2006, S. 17ff.

[34] Vgl. Weinberg 2011, S. 169.

[35] Vgl. Frischling 2014, S. 11.

[36] Vgl. Schwindt 2012, S. 40

[37] Vgl. Schwindt 2012, S. 34.

[38] Vgl. Schwindt 2012, S. 41.

[39] Vgl. Schwindt 2012, S. 42.

[40] Vgl. Schwindt 2012, S. 74.

[41] Vgl. Adelmann 2011, S. 133.

[42] Vgl. Adelmann 2011, S. 133.

[43] Vgl. Schwindt 2012, S. 147.

[44] Vgl. Weinberg 2011, S. 173.

[45] Vgl. Lovink 2011, S. 183.

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Biete Privatsphäre gegen Sozialkapital. Eine kritische Untersuchung der Funktionsweisen von Social Media
Hochschule
Beuth Hochschule für Technik Berlin
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
84
Katalognummer
V380624
ISBN (eBook)
9783668597419
ISBN (Buch)
9783960951681
Dateigröße
4445 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Privatsphäre, Sozialkapital, Funktionsweisen, soziale Medien, social media, nestle, lohas, greenpeace, selbstbestimmung, kommunikation, facebook, twitter, youtube, klassische medien, Instagramm, selbstverwirklichung
Arbeit zitieren
Firat Yildirim (Autor:in), 2017, Biete Privatsphäre gegen Sozialkapital. Eine kritische Untersuchung der Funktionsweisen von Social Media, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380624

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