Der internationale Kampf gegen Kinderarbeit. Eine Analyse der Wirkungen verschiedener Strategien


Term Paper, 2017

16 Pages, Grade: 1,7

Anonymous


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Kinderarbeit – Zahlen und Informationen

3. Kinderarbeit als Entwicklungshindernis

4. Kinderarbeit - ein ökonomisches Modell

5. Strategien im Kampf gegen Kinderarbeit
5.1 Armutsbekämpfung
5.2 Schulförderung
5.3 Handelsboykott
5.4 Gesetzliches Verbot

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Kinderarbeit in vielen Ländern der Welt die Regel, da von den Kindern erwartet wurde, dass diese sobald wie möglich zum Lebensunterhalt der Familien beitragen. Bis zu Beginn der Industrialisierung handelte es sich zumeist aber um einfache Arbeiten, zum Beispiel in den eigenen familiären Kleinbetrieben oder Landwirtschaften. Erst mit fortschreitender Industrialisierung entwickelten sich auch ausbeuterische Formen der Kinderarbeit unter besonders gefährlichen Arbeitsbedingungen. Während in den entwickelten Industrienationen Kinderarbeit im Laufe der Jahre verdrängt und die schulische Ausbildung immer wichtiger wurde, sind arbeitende Kinder in vielen Entwicklungsländern noch immer gängige Realität. Obwohl Kinderarbeit gegen elementare Menschenrechte verstößt, werden weltweit fortwährend Millionen von Kindern als billige Arbeitskräfte eingesetzt. Aus diesem Grunde ist Kinderarbeit in Entwicklungsländern seit Jahrzehnten ein großer Bestandteil des entwicklungsökonomischen sowie -politischen Diskurses. Ihre Bekämpfung ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Seit den 1990er Jahren wird medial viel über Kinderarbeiter weltweit berichtet, Nichtregierungsorganisationen sowie internationale Institutionen wie das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) oder die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) haben sich der Thematik zunehmend angenommen (Lloyd-Evans 2014: 207-208; Mielke 2009: 172). Wenn Kinder arbeiten hat dies unterschiedliche Auswirkungen auf ihr Leben. Zum einen hindert die Arbeit Kinder oft daran, die Schule regelmäßig oder überhaupt besuchen zu können. Des Weiteren sind Kinderarbeiter aufgrund unangemessener Arbeitsverhältnisse gesundheitlich oft in einem noch schlechteren Zustand als gleichaltrige Kinder, die ebenfalls in ärmlichen Verhältnissen aufwachsen (Todaro/Smith 2011: 368).

Ein Bericht der ILO besagt, dass im Jahr 2013 weltweit 168 Millionen Kinder als Kinderarbeiter tätig waren, was circa elf Prozent der weltweit gesamten Kinderpopulation ausmacht. Fast die Hälfte dieser Kinder, nämlich circa 85 Millionen, leiden zudem unter den sogenannten „schlimmsten Formen“ der Kinderarbeit, welche die Kinder in ihrer Gesundheit, Sicherheit und moralischen Entwicklung direkt negativ beeinträchtigt (ILO 2013: 3).

Diese Arbeit, im Kontext des Seminars Entwicklungsökonomik, soll sich mit Kinderarbeit als einem von vielen Einflussfaktoren auf die (ökonomische) Entwicklung eines Landes beschäftigen. Es soll untersucht werden, welche theoretischen Auswirkungen verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarbeit auf die betroffenen Familien sowie die ökonomische Situation eines Landes haben.

Im ersten Abschnitt dieser Arbeit soll sich hierfür als Arbeitsgrundlage zunächst mit der genaueren Definition von Kinderarbeit sowie der aktuellen globalen Situation befasst werden. Darauffolgend werden auch die Zusammenhänge zwischen Kinderarbeit und der erfolgreichen Entwicklung eines Landes skizziert, um die Relevanz dieses Bereichs und damit auch dieser Ausarbeitung, hervorzuheben. Im Anschluss daran soll das Modell multipler Equilibria des Ökonomen Kaushik Basu zur Erklärung von Kinderarbeit herangezogen werden. Die Kernfrage dabei lautet, ob und unter welchen Umständen ein gesetzliches Verbot die Lösung des Kinderarbeitsproblems sein könnte. Darauf folgt die Vorstellung weiterer möglicher Maßnahmen zur Bekämpfung von Kinderarbeit sowie deren Beurteilung in Bezug auf das vorgestellte Modell um abschließend eine zusammenfassende Einschätzung vornehmen zu können.

2. Kinderarbeit – Zahlen und Informationen

Kinderarbeit gibt es weltweit und in unterschiedlichen Ausprägungen. Von bezahlter Arbeit in Fabriken über Straßenverkauf im informellen Sektor bis zu unbezahlter Arbeit in privaten Haushalten oder auf dem Land – Arbeit wird von Kindern unter unterschiedlichsten Bedingungen verrichtet (Lloyd-Evans 2014: 209). Obwohl wir mit dem Begriff Kinderarbeit etwas Negatives assoziieren, muss diese nicht immer schädlich und ausbeuterisch sein. Durch Mithilfe im Haushalt, auf dem Hof oder im eigenen Handwerksbetrieb können Kinder auch profitieren indem sie wichtige Werte wie Zusammenarbeit und Einsatz für die Gemeinschaft erlernen. Doch da die Grenzen zwischen sinnvoller und unschädlicher Arbeit zu ausbeuterischen Formen fließend verlaufen, gibt es international drei wichtige Konventionen, welche die Grenzen für zulässige Formen von Kinderarbeit vorgeben und somit eine rechtliche Grundlage für die weltweite Bekämpfung schädlicher Formen von Kinderarbeit bieten. Dies sind die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, sowie die Konventionen 182 und 138 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO 2013: 16). In den Berichten zur Situation von Kinderarbeitern wird zwischen drei Formen unterschieden, welche aus Subkategorien verstanden werden müssen:

1) „Children in Employment“ sind alle Kinder, die mindestens einer Stunde am Tag einer Arbeit nachgehen. Diese Arbeit kann sowohl zum Zwecke einer Marktaktivität als auch zur Produktion von Gütern zum eigenen Verbrauch verrichtet werden.
2) „Children in Child Labour“ ist eine Unterkategorie der „Children in Employment“. Während hierunter auch die schlimmsten Formen von Kinderarbeit subsummiert sind, werden Kinder, die einer leichten Arbeit für nur wenige Stunden nachgehen, von dieser Kategorie nicht erfasst.
3) Die dritte Unterkategorie der ILO-Berichte ist die „Hazardous Work by Children“. Hier werden die Kinder erfasst, die einer Beschäftigung nachgehen welche grundsätzlich negative Effekte auf die Sicherheit, Gesundheit und moralische Entwicklung hat (ILO 2013: 16).

Abb. 1 Formen von Kinderarbeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: ILO 2013: 16

Während angemessene Arbeit einen durchaus positiven Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes haben kann, verletzt ausbeuterische Arbeit hingegen immer die Rechte eines Kindes und beeinträchtigt es in seiner körperlichen sowie seelischen Entwicklung (Terre des hommes 2017). Eine international anerkannte Definition solch ausbeuterischer Kinderarbeit liegt seit der IAO-Konvention 182 von 1999 vor. Als „Kind“ gelten demnach alle Personen unter 18 Jahren und unter ausbeuterische Kinderarbeit fallen folgende Tätigkeiten:

- Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken
- Prostitution und Pornographie
- Drogenhandel
- Allgemein alle Arbeiten, die für Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit von Kindern schädlich ist (ILO 1999).

Die folgende Abbildung aus einem Forschungsbericht der ILO soll die Verbreitung der verschiedenen Kategorien von Kinderarbeit in Entwicklungsländern verschiedener Regionen darstellen. Verglichen werden erhobene Zahlen aus dem Jahr 2008 sowie dem Jahr 2012, um die stattgefundene Entwicklung abbilden zu können.

Abb. 2 Kinderarbeit 2008 und 2012

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: ILO 2013: 27

Der Abbildung ist zu entnehmen, dass Kinderarbeit in der Periode zwischen 2008 und 2012 abgenommen hat, wobei dieser Trend in Asien und der Pazifikregion am stärksten ausgeprägt ist. Von 114 Millionen in 2008 zu 78 Millionen Kinderarbeitern in 2012 ist das eine Abnahme von circa vier Prozent. Der Nettoeffekt der Entwicklungen zwischen 2008 und 2012 ist, dass Kinderarbeit sich mehr und mehr auf den afrikanischen Kontinent konzentriert (ILO 2013: 28). Trotz des kontinuierlich rückläufigen Trends bei der Verbreitung von Kinderarbeit, werden weltweit noch immer Millionen von Kindern am Schulbesuch gehindert sowie in ihrer körperlichen sowie seelischen Unversehrtheit verletzt. Deshalb soll sich im weiteren Verlauf dieser Arbeit mit den Möglichkeiten der Bekämpfung von Kinderarbeit und deren Erfolgsaussichten beschäftigt werden.

3. Kinderarbeit als Entwicklungshindernis

Neben der moralischen und ethischen Meinung, dass Kinder nicht, und vor allem nicht unter schlechten Bedingungen, arbeiten sollten, gibt es auch noch rationale Argumente für ein Verbot von Kinderarbeit. Eine zentrale Herausforderung der Entwicklungsökonomie ist es, Einkommensunterschiede zwischen Industrie- und Entwicklungsländern zu erklären. Dabei ist vor allem auch die Bedeutung des Humankapitals seit den 1980er Jahren in den Fokus der Forschung gerückt (Doepke 2008: 73-74). Humankapital ist ein Fachausdruck für „wirtschaftsrelevante Fertigkeiten und Befähigungen, die durch fachliche Schulung erworben werden, und die daraus gespeisten Wissensbestände und Produktivitätseffekte“ (Schmidt 2010: 345). Diese „wirtschaftsrelevanten Fähigkeiten“ resultieren zumeist aus Ausgaben für (Aus-)bildung und ausreichender medizinischer Versorgung (Todaro/Smith 2011: 360). Und genau an dieser Stelle ist bereits die (potenziell) entwicklungshemmende Wirkung von Kinderarbeit zu erkennen. Bildung und Gesundheit sind im entwicklungsökonomischen Kontext eng miteinander verknüpft. Bei guter medizinischer Versorgung und damit einhergehendem guten Gesundheitszustand, können Kinder die Schule besuchen und Inhalte besser aufnehmen. Bessere Bildungsabschlüsse und höheres Einkommen sorgen dafür, dass Geld zurück in den Gesundheitssektor fließt, von dem foglende Generationen von Kindern wiederum profitieren können (Todaro/Smith 2011: 361). Auf beide Faktoren hat Kinderarbeit wiederum einen großen Einfluss. Zuerst einmal können Kinder, die arbeiten müssen, keine Schule besuchen. Entweder verlassen sie die Schule früh, ohne guten Abschluss oder ihnen bleibt der Schulbesuch sogar gänzlich verwehrt. Des Weiteren sind Kinder, die, unter oft schlechten Umständen, Arbeiten verrichten müssen, häufig in einem gesundheitlich wesentlich schlechteren Zustand als Gleichaltrige, die nicht arbeiten müssen. Zu erkennen ist also, dass Kinderarbeit einen negativen Einfluss auf beide wichtigen entwicklungsökonomischen Faktoren und somit einen entwicklungshemmenden Einfluss hat.

Obwohl dieser negative Einfluss sowie die weitreichenden Konsequenzen von Kinderarbeit auf das individuelle Wohlergehen der Kinder hinreichend bekannt sind, gestaltet sich die konsequente Bekämpfung als schwierig und nicht immer auch zum Wohle der Kinder. So ist nicht einfach anzunehmen, dass ein Verbot von Kinderarbeit auch immer im Interesse der betroffenen Kinder liegt. So kann das fehlende Einkommen eines Kindes einer Familie zum Beispiel dazu führen, dass Geld für Nahrung oder Schulgebühren fehlt. Unter den Folgen leidet dann die gesamte Familie (Todaro/Smith 2011: 369). Das im nächsten Abschnitt vorgestellte Modell multipler Equilibria soll veranschaulichen, welche Auswirkungen verschiedene Strategien zur Bekämpfung von Kinderarbeit haben und unter welchen Umständen ein Verbot sinnvoll sein kann.

4. Kinderarbeit - ein ökonomisches Modell

Das von dem indischen Ökonomen Kaushik Basu erarbeitete Modell multipler Equilibria beruht auf zwei einfachen Annahmen: erstens die Luxusgut-Annahme und zweitens die Substitutions-Annahme. Die Luxusgut-Annahme besagt, dass Eltern ihre Kinder nur dann zur Arbeit schicken, wenn sie durch Armut dazu gezwungen sind. Sie sehen die Zeit, die ihre Kinder mit nicht-erwerbsmäßigen Tätigkeiten verbringen als Luxusgut, das sie sich bei geringem Einkommen nicht leisten können und deshalb nur oberhalb bestimmter Einkommensgrenzen nachfragen. Die Substitutions-Annahme geht davon aus, dass die Arbeitskraft von Kindern und Erwachsenen Substitute sind (Basu/Van 1998: 416). Diese zweite Annahme widerspricht der häufig vertretenen Meinung, dass bestimmte Arbeiten nur von Kindern verrichtet werden können und ist deshalb von besonderer Bedeutung. Kinderarbeit wird häufig mit dem Argument gerechtfertigt, dass viele Arbeiten nur von Kindern auf Grund ihrer körperlichen Voraussetzungen geleistet werden können. Ein prominentes Beispiel für solche Tätigkeiten ist die Produktion von Teppichen. Es wird behauptet, dass Kinder für das Knüpfen feiner Teppichknoten besser geeignet sind als Erwachsene, da ihre Finger und Hände kleiner sind. Zahlreiche Studien haben allerdings belegt, dass Kinder in keiner der untersuchten Branchen, inklusive der Teppichherstellung, einen Vorteil gegenüber erwachsener Arbeitskraft bieten (Todaro/Smith 2011: 369). Weiterhin wird für das Modell angenommen, dass alle Erwachsenen, unabhängig von der Höhe des Lohnsatzes, arbeiten gehen, was in einer vollkommen unelastischen, vertikalen Arbeitsangebotskurve resultiert. Um den Produktivitätsunterschied zwischen Kindern und Erwachsenen zu berücksichtigen, wird unterstellt, dass die Arbeitsleistung eines Kindes einem bestimmten Bruchteil der Arbeitsleistung eines Erwachsenen entspricht.

Die folgende Abbildung zeigt, dass es in einem Arbeitsmarkt zwei Gleichgewichtssituationen geben kann – eine ohne und eine mit Kinderarbeit. Das Arbeitsangebot wird durch eine Treppenkurve dargestellt und hat zwei relevante Bereiche.

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Details

Title
Der internationale Kampf gegen Kinderarbeit. Eine Analyse der Wirkungen verschiedener Strategien
College
Leuphana Universität Lüneburg
Grade
1,7
Year
2017
Pages
16
Catalog Number
V380713
ISBN (eBook)
9783668573178
ISBN (Book)
9783668573185
File size
752 KB
Language
German
Keywords
kampf, kinderarbeit, eine, analyse, wirkungen, strategien
Quote paper
Anonymous, 2017, Der internationale Kampf gegen Kinderarbeit. Eine Analyse der Wirkungen verschiedener Strategien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380713

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