In der folgenden Arbeit steht der reformierte § 177 I – IV StGB in der Diskussion. Unter andrem werden Kritikpunkte wie zum Beispiel die praktische Umsetzung, die „Nein-heißt-Nein“ Lösung oder die „Nur-Ja-heißt-Ja“ Lösung diskutiert. Weiterhin werden Tatbestandsmerkmale sowie Gesetzesformulierungen mit Blick auf Interpretationsspielraum beleuchtet.
Am 09.11.2016 ist durch das „Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung“ der neue Gesetzesentwurf des § 177 StGB beschlossen worden. Dieser Gesetzesbeschluss wird von vielen Juristen und Kritikern bemängelt. Das liegt nicht vorrangig daran, dass statt des fehlenden Widerstands künftig das fehlende Einverständnis in das Zentrum des Sexualstrafrechts rückt. Vielmehr sind die systematischen Verwerfungen, die der neue § 177 StGB en passant anrichtet, eine große Herausforderung für die Praxis. Fraglich ist also, ob es sich hierbei um einen übereilten und nicht bis ins kleinste Detail überarbeiteten Gesetzesbeschluss handelt.
Das Sexualstrafrecht schützt unter anderem das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die sexuelle Selbstbestimmung ist ein Grundrecht, welches im Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht enthalten ist. Zweck dieses Grundrechts ist es, vor dem Hintergrund der Menschenwürde die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen. Weiterhin wird durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht das Selbstbestimmungsrecht geschützt. Dieses Recht erfasst unter anderem das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Geschützt wird dadurch vor allem das sexuelle Verhalten. Der Einzelne kann autonom festlegen, wen er als Sexualpartner wählt. Es lässt sich also schlussfolgern, dass der Betroffene selbst über seine Intim- und Privatsphäre entscheiden und bestimmen kann.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Schutzbereich
- C. Istanbul Konvention
- D. Begriffsbestimmung „Sexuelle Handlung“ § 184 h
- I. Sexuelle Handlung
- II. Sexuelle Handlung vor einer anderen Person
- E. Der reformierte § 177 I - IV StGB
- I. Erläuterung Abs. 1
- 1. Tathandlungsvarianten
- 2. „Nein heißt Nein“ Lösung
- 3. Subjektive Problematik
- II. Erläuterung Abs. 2
- 1. Willensbildungs- und Willensäußerungsunfähigkeit (Nr.1)
- 2. Ausnutzen einer Lage
- a. Fähigkeitseinschränkung (Nr.2)
- 3. Überraschungsmoment (Nr.3)
- 4. Empfindliches Übel durch Widerstand (Nr.4)
- 5. Drohung mit empfindlichen Übel (Nr.5)
- III. Versuch
- IV. Ausnutzen einer Krankheit oder Behinderung
- 1. Willensunfähig
- 2. Äußerungsunfähig
- F. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den reformierten § 177 I-IV StGB im Kontext der Silvesterübergriffe in Köln 2015/2016 und der daraus resultierenden Diskussion um die Überarbeitung des Sexualstrafrechts. Dabei wird untersucht, wie der neue Gesetzesentwurf den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung verbessern soll und welche Kritikpunkte an der Reform geäußert werden.
- Die Reform des Sexualstrafrechts im Kontext der Silvesterübergriffe in Köln
- Die Bedeutung des fehlenden Einverständnisses im neuen § 177 StGB
- Die praktische Umsetzung der „Nein-heißt-Nein“ Lösung
- Die Auswirkungen der Reform auf den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung
- Kritikpunkte an der Reform des § 177 StGB
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit beleuchtet den Hintergrund der Reform des § 177 StGB, insbesondere die Ereignisse in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln und die Kritik am neuen Gesetzesentwurf.
- Schutzbereich: Es wird das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung als Grundrecht im deutschen Rechtssystem erläutert.
- Istanbul Konvention: Die Arbeit stellt die Istanbul-Konvention des Europarates vor und erläutert deren Bedeutung für die Reform des Sexualstrafrechts.
- Begriffsbestimmung „sexuelle Handlung“ § 184 h: Es wird der Begriff der sexuellen Handlung nach § 184 h StGB definiert und die Bedeutung der „Erheblichkeit“ für die Einordnung von Handlungen als sexuell hervorgehoben.
- Der reformierte § 177 I - IV StGB: Der Fokus liegt auf den einzelnen Absätzen des reformierten § 177 StGB und deren Bedeutung für den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung.
- Erläuterung Abs. 1: Die Arbeit analysiert die Tathandlungsvarianten im § 177 Abs. 1 StGB, die „Nein-heißt-Nein“ Lösung und die damit verbundenen subjektiven Problematiken.
- Erläuterung Abs. 2: Die Arbeit erläutert die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 177 Abs. 2 StGB, wie die Willensbildungs- und Willensäußerungsunfähigkeit, das Ausnutzen einer Lage, den Überraschungsmoment und die Drohung mit empfindlichen Übel.
- Versuch: Die Arbeit erläutert die Anwendung des Versuchsbegriffs auf den § 177 StGB.
- Ausnutzen einer Krankheit oder Behinderung: Die Arbeit behandelt die Anwendung des § 177 StGB im Falle des Ausnutzens einer Krankheit oder Behinderung.
Schlüsselwörter
Sexualstrafrecht, sexuelle Selbstbestimmung, § 177 StGB, Reform, „Nein-heißt-Nein“, Istanbul-Konvention, Schutzstandards, Gewalt gegen Frauen, häusliche Gewalt, sexuelle Handlung, Erheblichkeit, Willensbildungs- und Willensäußerungsunfähigkeit, Fähigkeitseinschränkung, Überraschungsmoment, Drohung.
- Quote paper
- Yannick Unterkircher (Author), 2017, Diskussion über das neue Sexualstrafrecht § 177. Die "Nein-heißt-Nein" Lösung beim Schutz des Rechtes auf sexuelle Selbstbestimmung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/381375