Lange Jahre gab es die „Arbeiterwohlfahrt Göttingen Stadt und Land“. Erst 1978 wurden Ortsverein und Kreisverband eigenständige Organisationen, als nach der Gebietsreform auch die Arbeiterwohlfahrt einen neuen Kreisverband mit den ehemaligen Kreisverbänden Duderstadt, Göttingen und Hann, Münden gründete. Die Arbeiterwohlfahrt in Göttingen hat bis heute eine wechselvolle gemeinsame Geschichte durchlebt. Die hier vorgelegte Untersuchung zeichnet die Gründungsjahre in der Weimarer Republik und die Neugründung nach 1945 nach.
Ihren Anfang nahm die Arbeiterwohlfahrt in der Not der 20er Jahre. Eine Handvoll Frauen aus dem SPD-Ortsverein um Luise Stegen und Luise Syring haben sich damals mit einfachen Mitteln dafür eingesetzt, das Leben in der Stadt in fast aussichtsloser Lage erträglicher zu machen. Sie haben Spenden gesammelt, Kleider genäht und Lebensmittel verteilt. Durch ihre Tätigkeit bekämpften sie vorwiegend die Not der Kinder. Das zeigt schon der erste Spendenaufruf des Ausschusses für Arbeiterwohlfahrt aus dem Jahr 1920. Nach der Kapitulation im April 1945 waren die Lebensverhältnisse in der Stadt schwierig. Diesmal waren es Tausende Flüchtlinge, die die größte Not litten.
Die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt durchziehen einige Leitmotive. Von Beginn an baut die neue Organisation auf ehrenamtlich tätige Frauen, und selbst die ersten Geschäftsführer waren ehrenamtlich tätig. Es bleibt schwierig, die notwendigen finanziellen Mittel zu erhalten. Und nicht nur in den Anfängen ist die praktische Fürsorge mit kommunalem sozialpolitischem Engagement verbunden.
Der Pragmatismus ist typisch. Aber auch die Weitsicht, mit der die Arbeiterwohlfahrt die Grundzüge der modernen Sozialpolitik mit begründete. Auch heute ist die Arbeiterwohlfahrt als moderner Wohlfahrtsverband bestrebt, neue Lösungen auf neue gesellschaftliche Herausforderungen zu entwickeln. Und so gilt auch heute der weitsichtige Apell von Marie Juchachz, der Gründerin der Arbeiterwohlfahrt, an alle Ehrenamtlichen und Mitarbeitenden: „und darum ist mein letztes Wort: bitte behalten, pflegen und fördern Sie die innere Bereitschaft zum Weiterwachsen, die innere Bereitschaft dazu, die Erkenntnisse der Gegenwart in sich aufzunehmen und zu verarbeiten, und je mehr wir das tun, umso mehr werden wir den Aufgaben, die wir uns als Arbeiterwohlfahrt im Staatsganzen und in der Gemeinschaft der Menschen gestellt haben, gerecht werden.“
Inhaltsverzeichnis
- VORWORT
- EINFÜHRUNG
- GRÜNDUNG DER ARBEITERWOHLFAHRT IN GÖTTINGEN. VON DER LOKALEN WOHLFAHRTSPFLEGE ZUR ORGANISIERTEN FÜRSORGE
- DIE DREI LUISEN IM GÖTTINGER ORTSAUSSCHUSS FÜR ARBEITERWOHLFAHRT. LUISE STEGEN, LUISE SYRING, LUISE MERGARD
- ROT VERTREIBT DIE NOT. DIE TÄTIGKEIT DER ARBEITERWOHLFAHRT
- DIE FINANZIERUNG DES ORTSAUSSCHUSSES FÜR ARBEITERWOHLFAHRT. VON DER SAMMELBÜCHSE ZUR WOHLFAHRTSLOTTERIE
- DIE FRAU UND... DAS BILDUNGSPROGRAMM DER FRAUENARBEITSGEMEINSCHAFT DES ORTSVEREINS
- DIE AWO-NÄHMASCHINEN IM NATIONALSOZIALISMUS
- DIE NEUGRÜNDUNG DER ARBEITERWOHLFAHRT NACH 1945. SPD-NAH UND DOCH ÜBERPARTEILICH
- KURZBIOGRAPHIEN
- Luise Syring, die Politische
- Luise Stegen, die Wohltätige
- Luise Mergard, die ideologisch Geschulte
- Heinrich Hampe, Ausflugsziel der Kinder - Hampes Gartenlokal
- Fritz Schmalz, vom Straßenkämpfer zum Gewerkschaftssekretär
- Henriette Danneil, die Finanziererin aus der Schweiz
- Marie Juchacz, die Frontfrau des Hauptausschusses
- Hedwig Wachenheim, die Intellektuelle
- Hanna Kirchner, die Revolutionärin
- Johanna Kirchner, Allen Vögeln, die gefangen
- Richard Schumacher, Gründungsmitglied der AWO nach 1945
- Else Wagener, die Tante Else der Stadt Göttingen
- Paul Lehmann, die Ironie des Unterbezirkssekretärs
- Otto Rogge, vom Wandergesellen zum Geschäftsführer
- Johannes Schiwara, Fürsorger und Geschäftsführer
- QUELLENABSCHRIFTEN
- Protokoll der Gründungsversammlung des Ortsausschusses für Arbeiterwohlfahrt Göttingen am 5.10.1925 im Volksblatt
- Ausbau der Kinderfürsorge durch die Gemeinde. Eine Rezension verfasst von Marie Juchacz
- Frauentag des Unterbezirks Göttingen am 4. Juli 1926 in Northeim
- Organisation des Bezirksausschusses und der Ortsausschüsse
- Unsere Aufgaben in den Wohlfahrtsämtern. Von Kreisausschussmitglied Alfred Krenzer, Uslar.
- Die Arbeiterwohlfahrt hilft
- Brief Johannes Schiwara an die Stadt Göttingen
- ABKÜRZUNGEN UND LEXIKOGRAPHISCHE ZEICHEN
- QUELLEN UND LITERATUR
- PERSONENVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Buch beleuchtet die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt in Göttingen von ihrer Gründung in der Weimarer Republik bis zur Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Fokus liegt dabei auf der Organisation der AWO und ihrem Engagement für die Menschen in Göttingen, insbesondere in Zeiten großer Not.
- Die Rolle der Arbeiterwohlfahrt in der Sozialpolitik der Weimarer Republik
- Die Herausforderungen und Erfolge der AWO in den 1920er Jahren
- Die Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die AWO
- Die Neugründung der AWO nach 1945 und ihre Bedeutung für den Wiederaufbau
- Die Entwicklung der Arbeiterwohlfahrt in Göttingen bis zum Ende des 20. Jahrhunderts
Zusammenfassung der Kapitel
- Gründung der Arbeiterwohlfahrt in Göttingen. Von der lokalen Wohlfahrtspflege zur organisierten Fürsorge: Das Kapitel behandelt die Anfänge der AWO in Göttingen. Es beschreibt die Situation der Arbeiterklasse in der Weimarer Republik und die Entstehung des Ortsausschusses für Arbeiterwohlfahrt.
- Die drei Luisen im Göttinger Ortsausschuss für Arbeiterwohlfahrt. Luise Stegen, Luise Syring, Luise Mergard: Dieses Kapitel stellt die drei wichtigsten Persönlichkeiten in der Gründungsphase der AWO in Göttingen vor. Es erläutert ihre Motivation, ihre Rolle im Ortsausschuss und ihre Beiträge zur Entwicklung der AWO.
- Rot vertreibt die Not. Die Tätigkeit der Arbeiterwohlfahrt: Das Kapitel beschreibt die vielfältigen Aktivitäten der AWO in Göttingen in den 1920er Jahren. Es zeigt, wie die Organisation mit einfachen Mitteln Menschen in Not half und sich für soziale Gerechtigkeit einsetzte.
- Die Finanzierung des Ortsausschusses für Arbeiterwohlfahrt. Von der Sammelbüchse zur Wohlfahrtslotterie: Das Kapitel analysiert die Herausforderungen der Finanzierung der AWO in den 1920er Jahren. Es zeigt, wie die Organisation ihre Mittel durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und andere Aktionen generierte.
- Die Frau und... Das Bildungsprogramm der Frauenarbeitsgemeinschaft des Ortsvereins: Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle von Frauen in der AWO. Es beschreibt das Bildungsprogramm der Frauenarbeitsgemeinschaft und die Bedeutung der Frauenarbeit für den Erfolg der Organisation.
- Die AWO-Nähmaschinen im Nationalsozialismus: Das Kapitel beschreibt die Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die AWO. Es zeigt, wie die Organisation unter dem Druck der neuen Machthaber ihre Tätigkeit einschränkte und sich mit dem Regime arrangierte.
- Die Neugründung der Arbeiterwohlfahrt nach 1945. SPD-nah und doch überparteilich: Das Kapitel behandelt die Neugründung der AWO in Göttingen nach dem Zweiten Weltkrieg. Es beschreibt die Situation der Stadt und die Rolle der AWO im Wiederaufbau.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die Geschichte der Arbeiterwohlfahrt in Göttingen, insbesondere in den Gründungsjahren der Weimarer Republik und in der Zeit des Wiederaufbaus nach 1945. Schlüsselbegriffe sind die lokale Wohlfahrtspflege, soziales Engagement, die SPD, Frauenarbeit, die Finanzierung der AWO, die Herausforderungen der Zeit und der Pragmatismus der Organisation.
- Citar trabajo
- Dr. Paul Forssbohm (Autor), 2017, Gründung und Neugründung der Arbeiterwohlfahrt Göttingen von 1920 bis 1948, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/382061