Verschiedene Kulturen unterscheiden sich in ihren Vorstellungen über die Zeit und in ihrem Umgang damit. So weit, so gut. Aber was bedeutet das für Menschen, die ihren gewohnten Kontext verlassen, um in einem fremden Land, einer fremden Kultur zu leben? Wie erleben und gestalten Migranten ihren Alltag in Deutschland, und welche Zeitkonzepte liegen ihrer Alltagsorganisation zugrunde? Welche Zeitkonzepte lassen sich überhaupt unterscheiden? Wie entwickeln sich unterschiedliche Konzepte, und gibt es welche, die für Migranten typisch sind? Dies sind die Fragen, denen ich in dieser Arbeit nachgehen möchte.
Um darzustellen, was die Alltagswelt beinhaltet und aus welchen Elementen sie sich im Hinblick auf die Zeit aufbaut, beziehe ich mich in Kapitel 1 auf ein Konzept der Alltagswelt von Schütz und Luckmann. Den Autoren geht es darum, Kriterien zu beschreiben, die für alle Menschen - egal zu welchem historischen Zeitpunkt und in welchem kulturellen Kontext sie leben - Gültigkeit haben. Also es geht um eine allgemeingültige Struktur der Alltagswelt. Wie diese Struktur im einzelnen ausgefüllt wird, kann von Gesellschaft zu Gesellschaft und nicht zuletzt von Mensch zu Mensch variieren. Mit den verschiedenen Möglichkeiten der Ausgestaltung dieser Struktur setze ich mich in den folgenden Kapiteln auseinander. In Kapitel 2 geht es um die Entwicklung von Zeitbegriffen überhaupt und von soziokulturellen Zeitbegriffen im speziellen. Dabei wird deutlich, warum es zu Spannungen kommen kann, wenn unterschiedliche Konzepte aufeinandertreffen. Auf welchen Dimensionen man kulturelle Zeitkonzepte einordnen kann, schildere ich in Kapitel 3. Hier versuche ich auch, mit Hilfe der beschriebenen Merkmale dieser Dimensionen, das „deutsche Zeitkonzept“ zu konstruieren. Die Konstruktion soll als Grundlage dienen, um die Bedingungen zu beschreiben, die Migranten in Deutschland antreffen und mit denen sie sich in irgendeiner Weise arrangieren müssen.
In Kapitel 4 komme ich noch einmal zurück auf das Konzept der alltäglichen Lebenswelt von Schütz und Luckmann, und zwar im Hinblick darauf, was das Verlassen des gewohnten Umfeldes und der gewohnten Kultur für den Menschen in Bezug zur alltäglichen Lebenswelt bedeutet. Ich stelle hier auch kurz dar, welche Formen der Konfliktlösung es gibt. Wie Migranten ihren Alltag in Deutschland (er)leben und welche Zeitkonzepte sich daraus ableiten lassen, beschreibe ich in Kapitel 5 anhand von ausgewählten Beispielen.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1 DIE ALLTÄGLICHE LEBENSWELT
- 1.1 Die zeitliche Struktur der alltäglichen Lebenswelt
- 1.1.1 Die Weltzeit
- 1.1.2 Die Zeitstruktur der Reichweite
- 1.1.3 Die subjektive Zeit
- 2 DIE BILDUNG VON ZEITBEGRIFFEN
- 2.1 Entwicklung soziokultureller Zeitkonzepte
- 3 DIMENSIONEN KULTURELLER ZEITKONZEPTE
- 3.1 Orientierung an Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft
- 3.2 Soziales Tempo und Abfolge sozialer Prozesse
- 3.3 Monochronie und Polychronie
- 3.4 Konkrete und abstrakte Zeitvorstellungen
- 3.5 Zyklische und lineare Zeitvorstellungen
- 3.6 Das Zeitkonzept der Deutschen
- 4 AUSWIRKUNGEN DER MIGRATION AUF DIE ALLTÄGLICHE LEBENSWELT
- 5 ZEITKONZEPTE VON MIGRANTEN IN DEUTSCHLAND
- 5.1 Das biographische Muster des Produktivitätstypus
- 5.1.1 Lebenszeit und Alltagszeit des Produtivitätstypus am Beispiel von Herrn Krizan
- 5.2 Zeiterleben von Aussiedlern und türkischen Migranten im Alltag
- 5.2.1 Zeiterleben der Aussiedlerinnen
- 5.2.2 Zeiterleben der Aussiedler
- 5.2.3 Zeiterleben der Türkinnen
- 5.2.4 Zeiterleben der türkischen Männer
- 5.2.5 Zusammenfassung und Schlußfolgerungen
- 6 SCHLUẞBEMERKUNGEN
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den Zeitkonzepten von Migranten in Deutschland. Ziel ist es, die Auswirkungen der Migration auf die alltägliche Lebenswelt und die Zeitkonzepte von Migranten zu untersuchen. Dabei werden verschiedene theoretische Konzepte der Zeit und deren Anwendung in unterschiedlichen Kulturen beleuchtet.
- Die Struktur der Alltagswelt und die verschiedenen Dimensionen von Zeitkonzepten.
- Die Entwicklung soziokultureller Zeitbegriffe und die Entstehung von Spannungen bei unterschiedlichen Konzepten.
- Die Herausforderungen, denen Migranten in Deutschland in Bezug auf Zeitkonzepte begegnen.
- Die Analyse von Zeitkonzepten bei verschiedenen Migrantengruppen, wie beispielsweise Aussiedler und türkische Migranten.
- Die Auswirkungen der Migration auf das Zeiterleben im Alltag.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt die zentralen Fragestellungen vor. Kapitel 1 definiert die alltägliche Lebenswelt und beleuchtet deren zeitliche Struktur. In Kapitel 2 wird die Entwicklung von soziokulturellen Zeitbegriffen analysiert. Kapitel 3 fokussiert auf die Dimensionen kultureller Zeitkonzepte und beschreibt das "deutsche Zeitkonzept". Kapitel 4 untersucht die Auswirkungen der Migration auf die alltägliche Lebenswelt. Kapitel 5 stellt die Zeitkonzepte von Migranten in Deutschland anhand von ausgewählten Beispielen dar.
Schlüsselwörter
Zeitkonzepte, Migration, Alltagswelt, soziokulturelle Zeitbegriffe, kulturelle Dimensionen, Deutschland, Aussiedler, türkische Migranten, Zeiterleben, Alltag.
- Citation du texte
- Dipl.-Kommunikationpsychologin Petra Bühler (Auteur), 2004, Theoretische Zeitkonzepte von Migranten im Alltag, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38351