Fertilitätsorientierte Reform der gesetzlichen Rentenversicherung zur Berücksichtigung der Kinderzahl in Beiträgen und Leistungen umlagefinanzierter Alterssicherungssysteme


Diplomarbeit, 2004

104 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Fertilität
2.1 Bestandsaufnahme
2.2 Streuung der Fertilität
2.3 Ursachen des Geburtenrückgangs
2.3.1 Emanzipation der Frau
2.3.2 Zunehmende Unfruchtbarkeit
2.3.3 Finanzielle Belastung
2.3.4 Weniger Ehen, mehr Scheidungen
2.3.5 Modernisierung der Gesellschaft
2.3.6 Sonstiges
2.3.7 Empirische Beobachtungen

3 Alterssicherung
3.1 Bestandsaufnahme
3.2 Grundprinzipien der GRV
3.3 Finanzielle Probleme der GRV
3.4 Anerkennung der Erziehungsleistung im heutigen System

4 Fertilität und Alterssicherung
4.1 Die mikroökonomische Fertilitätstheorie der Chicago school
4.1.1 Das Qualitäts-Quantitäts-Modell
4.1.2 Theorie der Zeitallokation
4.1.3 Erklärung des Geburtenverhaltens im Zeitablauf
4.2 Das Pennsylvania-Modell
4.2.1 Das „natürliche Fertilitätsverhalten“
4.2.2 Die Easterlin-Hypothese
4.3 Spieltheoretische Analysen der Fruchtbarkeit
4.4 Empirische Befunde
4.5 Rückwirkungen der Sozialversicherung auf die Fertilität
4.6 Implikationen für die Ausgestaltung einer politischen Maßnahme

5 Fertilitätsorientierte Reform der gesetzlichen Rentenversicherung
5.1 Externe Effekte von Kindern
5.2 Steuer- versus Rentensystem
5.3 Der vollständige Generationenvertrag
5.3.1 Kinderleistungsausgleich
5.3.2 Kindergeld- und Ausbildungskreditsystem
5.3.3 Rekonstruktion des Generationenvertrages
5.4 Leistungsseitige Reformideen
5.4.1 Rente in Abhängigkeit von der Kinderzahl
5.4.1.1 Vorschläge
5.4.1.2 Pro-Argumente
5.4.1.3 Contra-Argumente
5.4.1.4 Fazit zur Rentendifferenzierung...
5.4.2 Elternrenten-Modelle
5.5 Einnahmenseitige Reformideen
5.5.1 Beiträge in Abhängigkeit von der Kinderzahl
5.5.1.1 Vorschläge
5.5.1.2 Pro-Argumente
5.5.1.3 Contra-Argumente
5.5.1.4 Fazit zur Beitragsdifferenzierung
5.5.2 Kinderjahre
5.6 Sonstige Vorschläge
5.6.1 Voll eigenständiges System
5.6.2 Flexibles System eigenständiger und leistungsbezogener Alterssicherung
5.6.3 Erziehungsgehalt
5.6.4 Ausweitung der Erziehungszeiten
5.7 Zur Berücksichtigung der Qualität

6 Zur Wirksamkeit bevölkerungspolitischer Maßnahmen

7 Blick über die Grenzen
7.1 Beispiel Frankreich
7.2 Beispiel Ex-DDR
7.3 Beispiel Norwegen
7.4 Beispiel USA

8 Schluss

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

- Abkürzungsverzeichnis -

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

- Abbildungsverzeichnis -

Abbildung 1: Kinderzahlen der Mütterjahrgänge 1940-1967, prozentuale AnteileSeite

Abbildung 2: Zusammengefasste Geburtenziffern und Netto- Reproduktionsraten in Deutschland, 1950-2003...Seite

1 Einleitung

Das gesetzliche Rentensystem in Deutschland steckt in der Krise. Ein seit Jahren zu niedriges Geburtenniveau auf der einen und die steigende Lebenserwartung auf der anderen Seite sorgen für eine bald ins Unzumutbare steigende Belastung unse-res Alterssicherungssystems. Seit Einführung des Umlageverfahrens im Jahr 1957 ist das Verhältnis zwischen Rentenempfängern und Beitragszahlern, der sog. Rentnerquotient, von einst acht zu eins auf vier zu eins gesunken, und in wenigen Jahren, wenn die geburtenstarken 60er Jahrgänge in den Ruhestand eintreten, müssen etwa zwei Beitragszahler einen Rentner finanzieren. Für das laut Progno-sen kritischste Jahre 2035 errechnete Koll (2001) eine Gesamtsozialabgabenbe-lastung von 63 Prozent, um den demographisch bedingten erhöhten Ausgaben-bedarf der Sozialversicherung decken zu können.[1] Obwohl in diese Berechnung bereits ein erhöhter Bundeszuschuss und zudem die mildernden Wirkungen der Rentenreformen seit 1992 eingingen, die den Beitragssatz der GRV um etwa zehn Prozentpunkte entlasteten, übersteigt eine derart hohe Belastung die Grenze des Zumutbaren bei weitem. Sie setzt falsche Anreize auf dem Arbeitsmarkt, mindert den Konsum und hemmt das wirtschaftliche Wachstum, sodass das Beitragsauf-kommen des gesetzlichen Umlagesystems noch zusätzlich unter Druck gerät und bald vor dem völligen Kollaps steht. Auch die angestrebte Generationengerech-tigkeit kann auf diese Weise nicht erreicht werden.

Besonders unter Druck gerät der Sozialversicherungsbeitrag durch das Rentensys-tem. Anders als z.B. in der gesetzlichen Krankenversicherung endet die Beitrags-pflicht dort nämlich mit dem Eintritt des Beschäftigten in den Ruhestand, sodass die GRV von einem Tag auf den nächsten Ausgaben zu tätigen hat, gleichzeitig aber auf die Einnahmen aus den Beiträgen dieser Person verzichten muss. Inso-fern gibt es vor allem bei der Rentenversicherung weiteren Reformbedarf, um die Folgen der Demographie gleichmäßig auf alle Generationen zu verteilen. Und wie beispielsweise Sinn (2003b) anmerkt, muss eine solche Reform möglichst schnell umgesetzt werden. Schon in wenigen Jahren wird sich die politische Mehrheit durch das Altern des Medianwählers von den Jüngeren zu den Älteren verschie-ben, sodass die Durchsetzung politischer Interessen der jungen zu Ungunsten der alten Generation dann kaum noch möglich erscheint, weil eine solche Reform we-niger Gewinner als Verlierer hervorbringen würde.

Zum derzeitigen Stand haben sich im gesetzlichen Umlagesystem Rentenansprü-che in Höhe von etwa sechs Billionen Euro aufgebaut, denen jedoch nur rund 3,5 Billionen Euro an Beitragszahlungen gegenüber stehen. Um diesen Saldo ausge-glichener zu gestalten, stehen dem Gesetzgeber zwei Möglichkeiten zur Auswahl. Zum einen kann er auf der Leistungsseite Kürzungen vornehmen, zum anderen auf der Einnahmenseite ansetzen, um das Beitragsaufkommen zu erhöhen. Letzte-res lässt sich durch eine Vielzahl verschiedener Instrumente erreichen, die in der politischen Diskussion zumeist auch schon Beachtung gefunden haben. Dazu ge-hört neben einer forcierten Einwanderung, der Ausweitung des Pflichtversicher-tenkreises oder der Ausdehnung der Bemessungsgrundlage auf alle Einkunftsarten auch die Steigerung der Fertilität. Obwohl die Höhe der Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung von mehreren Faktoren abhängt, sehen viele Au-toren die Ursache des Problems in der zu niedrigen Kopfzahl der nächsten Gene-ration. Mit dem Argument, ein Umlagesystem könne nur bei ausreichender Nach-kommenschaft existieren, und vor dem Hintergrund des ihrer Ansicht nach falsch konstruierten Generationenvertrages fordern sie bevölkerungspolitische Maßnah-men innerhalb des Rentensystems mit dem Ziel der Steigerung der Geburten-zahlen.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen der Fertilität und Alterssicherung gibt (Kapitel 4) und widmet sich an-schließend möglichen Reformvorschlägen, die das Geburtenverhalten positiv zu beeinflussen versuchen (Kapitel 5). Zuvor werden die beiden Teilbereiche Ferti-lität (Kapitel 2) und Alterssicherung (Kapitel 3) getrennt voneinander betrachtet. Nach einer Überprüfung der Wirksamkeit bevölkerungspolitischer Maßnahmen (Kapitel 6) wagt die Arbeit einen Blick über die Grenzen (Kapitel 7), bevor sie in Kapitel 8 mit einem Fazit schließt.

2 Fertilität

Kapitel 2 beschäftigt sich mit dem Geburtenverhalten der deutschen Frauen und dessen Veränderung innerhalb der letzten einhundert Jahre. Nach einer Bestands-aufnahme (Abschnitt 2.1) wird in Abschnitt 2.2 kurz auf die Streuung der Fer-tilität eingegangen, bevor Abschnitt 2.3 schließlich versucht, mögliche Gründe für den Rückgang der Kinderzahlen aufzuzeigen.

2.1 Bestandsaufnahme

Durch die Veränderung der Familienstrukturen in Folge der industriellen Revolu-tion ist die zusammengefasste Geburtenziffer in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts stark auf Werte um 2,0 gesunken, nachdem eine Frau wenige Jahre zuvor durchschnittlich noch rund fünf Kinder zur Welt gebracht hatte.[2] War die Gesellschaft früher durch ein hohes Bevölkerungswachstum gekennzeichnet, so erreichte seit 1900 fast kein Mütterjahrgang mehr die zur Bestandserhaltung not-wendige Kinderzahl von 2,08.[3] Wenige Ausnahmen bildeten die Jahrgänge 1930 bis 1937, die 25 bis 30 Jahre später durchschnittlich 2,4 bis 2,5 Kinder gebaren. Auch der höchste Wert des letzten Jahrhunderts (2,54) wurde 1964 in der Phase des sog. „Babybooms“ erreicht, als das Statistische Bundesamt in Gesamtdeutsch-land 1,357 Millionen Geburten zählte.[4] Nach dieser kurzen Phase der Erholung setzte sich der Abwärtstrend der Fertilität dann seit Anfang der 70er Jahre unver-mindert fort. In der jüngsten Vergangenheit hat sich die durchschnittliche Kinder-zahl nun bei Werten um 1,3 bis 1,4 stabilisiert. Den jüngsten Angaben des Statis-tischen Bundesamtes zufolge bekommt eine in Deutschland lebende Frau im Lau-fe ihres Lebens zurzeit 1,34 Kinder.[5]

2.2 Streuung der Fertilität

Als Ansatzpunkt für bevölkerungspolitische Maßnahmen ist es wichtig, die Struk-tur des veränderten Geburtenverhaltens zu kennen. Aus diesem Grund soll nun untersucht werden, ob der Rückgang der Fertilität insbesondere auf bestimmte Familiengrößen zurückzuführen ist oder ob er sich konstant über die Bevölkerung verteilt.

Abbildung 1 lässt einen eindeutigen Trend erkennen: Während der Anteil west-deutscher Frauen aus den Geburtsjahrgängen 1940 bis 1967 mit einem bzw. zwei Kindern relativ konstant geblieben ist, hat sich nur noch etwa die Hälfte der Müt-ter (20,6 Prozent des Jahrgangs 1967 im Vergleich zu 41,5 Prozent des Jahrgangs 1940) für drei und mehr Kinder entschieden.[6] Der Anteil der kinderlosen Frauen hat sich hingegen fast verdreifacht von 10,5 auf 28,6 Prozent. Mit einem Anteil von rund 30 Prozent nach wie vor sehr populär ist die vollständige Familie mit zwei Kindern.

Abbildung 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es bleibt festzuhalten, dass die niedrigen durchschnittlichen Geburtenzahlen in Deutschland vorwiegend im hohen Anteil der kinderlosen Frauen begründet sind. Wer schon ein Kind hat, entscheidet sich häufig noch für weiteren Nachwuchs: Wenn bspw. im Geburtsjahrgang 1967 die Entscheidung für das erste Kind gefal-len war, entschieden sich rund 73 Prozent dieser Mütter auch noch für eine zweite Schwangerschaft. Besonders hoch scheinen also die Opportunitätskosten des er-sten Kindes zu sein.

2.3 Ursachen des Geburtenrückgangs

In diesem Abschnitt sollen zunächst mögliche Ursachen der Kinderarmut aufge-listet werden, die sich über viele Forschungsbereiche der Wissenschaft erstrecken. Der politisch beeinflussbare Teil dieser Faktoren wird in Kapitel 4 dieser Arbeit erneut aufgegriffen und einer ökonomischen Betrachtung unterzogen.

2.3.1 Emanzipation der Frau

Die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft hat sich im Verlauf der letzten Jahr-hunderte grundlegend verändert. Während die Versorgung des Gemahls und die Kindererziehung früher die wichtigsten Lebensaufgaben der Ehefrau waren, möchte die emanzipierte Frau von heute nicht mehr nur Hausfrau und Mutter sein, sondern gleichzeitig gut qualifiziert, berufstätig und gesellschaftlich oder politisch aktiv. Gerade die langen Ausbildungszeiten haben jedoch zur Folge, dass die Ge-burt des ersten Kindes anders als früher in die späteren fruchtbaren Jahre ver-schoben wird, wodurch sich der Zeitraum, in dem die Frau dann biologisch gesehen noch Kinder bekommen kann, erheblich verkürzt. In den letzten beiden Jahrzehnten ist das Durchschnittsalter der Mütter bei Geburt ihrer lebendgebore-nen Kinder von 25,2 (1980) auf 29,1 Jahre (2001) angestiegen.[7] Viele Frauen se-hen sich ganz vor der Entscheidung zwischen Beruf und Familie und treffen diese dann zu Ungunsten der Kindererziehung.

Zwischen 1750 und 1824 hatte eine Familie im Durchschnitt noch 6,8 Mal Nach-wuchs. Häufig lagen zwischen der Geburt des ersten und letzten Kindes mehrere Jahrzehnte und demzufolge hatte die Frau 30 bis 40 Jahre und damit den Großteil ihres Lebens die Mutterrolle zu übernehmen.[8] Überhaupt galt es zu dieser Zeit für eine Frau als verpönt und unweiblich, wenn sie neben ihrer Haushaltstätigkeit ei-nen Beruf ausüben wollte. Es war ein Statussymbol und die ideologische Einstel-lung eines jeden Arbeiters, wenn er genügend verdiente, sodass seine Gattin nicht zum Lebensunterhalt beitragen musste.

Heutzutage strebt die Frau nach Individualität und Unabhängigkeit und da verur-sacht die Geburt eines Kindes oft einen Bruch in der Lebens- und Berufsplanung. Durch die Auszeit in Folge von Schwanger- und Mutterschaft verringern sich die Berufsaussichten, es entstehen Nachteile am Arbeitsmarkt und die Entlohnung sinkt, weil viele Frauen – besonders bei Teilzeitarbeit – nach ihrer Babypause nur in unterqualifizierten Berufen weiterbeschäftigt werden. Mit steigender Kinder-zahl wird die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufgrund mangelnder Kinder-betreuungseinrichtungen ein immer schwierigeres Unterfangen. Die hohe Wahr-scheinlichkeit einer Scheidung setzt die Frau dabei zusätzlich unter Druck, da sie sich nicht mehr wie früher auf die Rente ihres Mannes verlassen kann, sondern selbst für ihr Alter vorsorgen muss. Dieser Sachverhalt dürfte auch zum Teil die stark angestiegene Frauenerwerbsquote erklären.

Des Weiteren ergeben sich aus der besseren Ausbildung der Frauen höhere Op-portunitätskosten der Kindererziehung. In der Nachkriegszeit sind die Lohnein-kommen der Frauen relativ zu den Löhnen der Männer stark angestiegen. Wäh-rend weibliche Angestellte im Jahr 1960 noch 55 Prozent des Lohnes ihrer männ-lichen Kollegen erhielten, sind es heute bereits mehr als 70 Prozent dessen. Im Zuge dieser Entwicklung ist es für die Frau damit teurer geworden, zugunsten der Kindererziehung auf die Berufstätigkeit zu verzichten.

Der Opportunitätskostenansatz, der auf die ökonomische Fertilitätstheorie der Chicago-Columbia school zurückgeht und in Kapitel 4.1 ausführlich betrachtet wird, findet z.B. bei Dorbritz (2003) Bestätigung, der einen eindeutigen negativen Zusammenhang zwischen Bildung und der Kinderzahl entdeckt. Zum einen unter-suchte er die Altersgruppe der 30- bis 34-jährigen Frauen und beobachtete, dass mit höher werdendem Berufsabschluss die Kinderlosigkeit zunimmt. Während die Promovierten zu 66,9 Prozent kinderlos waren, hatten lediglich 23,6 Prozent der Frauen ohne beruflichen Abschluss keine Nachkommen. In den späteren Alters-klassen nahm diese Divergenz zwar wieder leicht ab, weil viele Promovierte noch erste Kinder bekamen, die negative Korrelation blieb aber bestehen. Zum zweiten fiel Dorbritz der negative Zusammenhang bei der Betrachtung kinderreicher Müt-ter auf: Bei den 35- bis 39-jährigen Ungelernten hatten neun Prozent mindestens vier Kinder, bei den Promovierten nahezu niemand mehr.

Andere Autoren teilen diese Meinung nur bedingt. Zwar stellen auch Rürup und Gruescu (2003) fest, dass westdeutsche Frauen mit Hochschulabschluss und/oder Promotion sehr häufig kinderlos bleiben, doch können sie diesen Zusammenhang in den neuen Bundesländern nicht erkennen.[9] Anders als Dorbritz beobachten sie zudem, dass auch westdeutsche Frauen ohne Schulabschluss und ostdeutsche Frauen ohne Berufsausbildung mit rund 30 Prozent überdurchschnittlich oft keine Kinder haben.[10] Dies mag damit zusammenhängen, dass die Opportunitätskosten mit besserer Ausbildung zwar absolut gesehen höher sind, relativ aber gerade bei den weniger gut ausgebildeten Frauen schwerer wiegen, da diese nicht auf ihr Einkommen verzichten können.

Eine solche U-förmige Verteilung mit niedrigen Kinderzahlen bei den hohen und sehr niedrigen Einkommen ermittelt auch das Deutsche Institut für Wirtschafts-forschung (2004), das diese Beobachtung wie folgt begründet: Offenbar verzich-ten die niedrigen Einkommen auf ihre Reproduktion, weil die direkten Kosten der Kinder zu hoch sind und sie sich deshalb keinen Nachwuchs leisten könnten, wohingegen die hohen Einkommen gerade darin begründet zu sein scheinen, dass man sich seiner beruflichen Karriere widmet und den Kinderwunsch hinten an-stellt.

2.3.2 Zunehmende Unfruchtbarkeit

In Folge der Emanzipation entscheiden sich viele Frauen heutzutage zunächst für eine Ausbildung und die Etablierung im Berufsleben. So gehen viele fruchtbare Jahre kinderlos vorüber, in denen früher schon der erste Nachwuchs zur Welt ge-bracht wurde. Hinzu kommt, dass die Fruchtbarkeit sowohl bei den Frauen als auch den Männern mit zunehmendem Alter abnimmt. Beim Einsetzen ihrer Perio-de hat ein junges Mädchen rund 400.000 Eizellen, im Alter von 35 Jahren sind es nur noch deren 35.000 – die biologische Uhr tickt unaufhaltsam und nimmt keine Rücksicht auf die Berufswünsche potentieller Mütter.

Neben dem erhöhten Alter der Eltern bei Geburt ihrer Kinder begünstigen weitere Faktoren die wachsende Sterilität innerhalb der Bevölkerungen Westeuropas. Durch die Zunahme der Zahl der Geschlechtspartner erhöht sich das Infektionsri-siko für sexuell übertragbare Krankheiten, zudem treten gehäuft Fälle von Entzün-dungen des Eierstocks auf. Vermehrte Umweltgifte wie Abgase, Wandfarben, Pestizide, Plastik und Waschmittel, sowie veränderte Lebensgewohnheiten wie Tabak- und Alkoholkonsum, Übergewicht, das Tragen zu enger Hosen und langes Sitzen auf dem Fahrrad verringern die Samenqualität des Mannes und tragen mit dazu bei, dass Schätzungen zufolge jedes sechste Paar zeitweise ungewollt kinder-los bleibt.[11]

2.3.3 Finanzielle Belastung

Im dörflichen und bäuerlichen Milieu der vorindustriellen Zeit waren Kinder eine ökonomisch wertvolle Ressource. Zum einen war der eigene Nachwuchs die ein-zige Möglichkeit, einen Teil des Gegenwartskonsums in die Zukunft zu verschie-ben und sich somit gegen die drohende Altersarmut abzusichern, zum zweiten benötigte man die Kinder im bäuerlichen oder kleingewerblichen Betrieb als Ar-beitskräfte. Die hohe Kindersterblichkeit setzte Anreize, mehr Kinder als ge-wünscht auf die Welt zu setzen, weil die Wahrscheinlichkeit hoch war, eines oder mehrere wieder zu verlieren und dann im Alter darben zu müssen.

In der Zwischenzeit haben sich nun die Rahmenbedingungen grundlegend verän-dert. Die Kindersterblichkeit in den Industrienationen ist durch den medizinisch-technischen Fortschritt vernachlässigbar gering, außerdem veränderte sich die Rolle der Kinder durch deren Schulpflicht und das Verbot von Kinderarbeit von einer potentiellen Einkommensquelle zum Kostenfaktor. Schon im 19. und frühen 20. Jahrhundert war in den Oberschichten ein Trend rückläufiger Geburtenzahlen auszumachen, als man erkannte, dass eine Vielzahl an Nachkommen mehr eine finanzielle Belastung denn einen ökonomischen Vorteil einbrachte. Je mehr Kin-der vorhanden waren, desto stärker war die Zersplitterung des Familienerbes, ein Sachverhalt, den man vermeiden wollte.

In der heutigen Zeit verringern Kinder nicht nur merklich das verfügbare Ein-kommen, sondern tragen zum sozialen Abstieg bei und stellen für viele Familien gar ein Armutsrisiko dar.[12] Ende 2002 lebten in Deutschland 1,02 Millionen Kin-der und Jugendliche unter 18 Jahren von Sozialhilfe, der Anteil der Minderjäh-rigen an den Sozialhilfeempfängern betrug 37 Prozent.[13] Während 1980 noch 2,1 Prozent der deutschen Kinder unter sieben Jahren Sozialhilfe erhielten, waren es 20 Jahre später schon erschreckende 7,5 Prozent.[14] Die Erziehung eines Kindes schlägt Schätzungen zufolge mit 250.000 bis 300.000 Euro zu Buche, die etwa zur Hälfte von den Eltern getragen werden müssen. Eher gering ist dagegen heute der investive Nutzen, man wünscht sich Nachwuchs nicht mehr aus ökonomischen Gründen, sondern weil man sich eine Bereicherung seines Lebens erhofft. Zur emotionalen Befriedigung des Kinderwunsches genügt vielen allerdings schon ein einziges Kind.

Über gut entwickelte Kapitalmärkte bieten sich in den Industrieländern – selbst bei angenommener Abwesenheit einer gesetzlichen Rentenversicherung – weitaus sicherere und rentablere Alternativen der Versicherung und Ersparnisbildung als die Kindererziehung, sodass die Fertilität nur noch eine von vielen Möglichkeiten der Alterssicherung darstellt. Seit der Rentenreform von 1957 und der damit ein-hergehenden Sozialisierung der monetären Beiträge ist die Bedeutung der eigenen Kinder für die individuelle Altersvorsorge stark in den Hintergrund gerückt. Ob-wohl die Renten grundsätzlich nur dann gewährt werden können, wenn ausrei-chend Beitragszahler vorhanden sind, macht es für den Einzelnen keinen Unter-schied, ob er durch eigene Kindererziehung einen Beitrag zur Existenz der nächs-ten Generation geleistet hat oder nicht – die Rentenhöhe hängt im derzeitigen System fast ausschließlich von den eingezahlten monetären Beiträgen ab.[15]

Wie Cigno und Rosati (1996) zeigen, hat schon die bloße Existenz eines Alterssi-cherungssystems, gleichgültig ob kapitalgedeckt oder umlagefinanziert, negative Auswirkungen auf die Fertilität. Dieser Zusammenhang bildet den Kern der vor-liegenden Arbeit und wird in Kapitel 4.5 noch ausführlich diskutiert.

2.3.4 Weniger Ehen, mehr Scheidungen

Die Gesellschaft hat sich über die letzten Jahrzehnte beständig fortentwickelt und mit ihr die Wertvorstellungen ihrer Mitglieder. Längere Ausbildungszeiten sorgen für ein späteres Verlassen des Elternhauses, und dadurch bedingt kommt es zu einem Heiratsaufschub und einer Abnahme der Heiratshäufigkeit. Dieser Trend wird zusätzlich unterstützt durch die zunehmende Akzeptanz anderer Lebensfor-men wie z.B. eheähnlicher Lebensgemeinschaften oder Single-Haushalte. Dies bestätigen auch die Umfragewerte des Instituts für Demoskopie Allensbach (2002, IfD) zur Wichtigkeit der Eheschließung: Während Anfang der 50er Jahre noch etwa 90 Prozent der Bevölkerung eine Ehe als notwendig betrachteten, reduzierte sich diese Zahl bis zum Jahr 2000 auf 56 Prozent.[16]

Parallel zu diesem Trend stieg das Heiratsalter lediger Männer in der jüngsten Vergangenheit von etwa 26 Jahren (1985) auf 31 Jahre (1999) an.[17] Die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) liefern starke Hinweise darauf, dass Männer sich erst dann für Kinder entscheiden, wenn sie die Ernährerrolle übernehmen können.[18] Diese Beobachtung wird auch durch die Umfrage des IfD bestätigt: 53 Prozent der Befragten gaben an, zunächst das Leben genießen und sicher im Beruf stehen zu wollen, bevor sie an eine Familiengründung zu denken beginnen. Nur 29 Prozent waren der Meinung, mit der Nachwuchsplanung nicht allzu lange warten zu wollen, 18 Prozent waren unentschieden.[19] Dieses beobachtete Streben nach Autonomie und Individualität wirkt sich negativ auf die Fertilität aus. Mit der späteren Heirat verzögert sich auch die Geburt des ersten und verringert sich die Wahrscheinlichkeit eines zweiten und dritten Kindes.

Ein weitere Ursache für die niedrige Fertilität dürfte in den hohen Scheidungs-zahlen zu suchen sein. Während es früher üblich war, mit ein und demselben Partner sein ganzes Leben zu verbringen, sind Scheidungen heute gesellschaftlich akzeptiert und haben im Jahr 2003 mit fast 214.000 einen neuen Höchststand erreicht. 18 Jahre zuvor wurden noch knapp 34.000 Ehen weniger geschieden.[20] Laut Schätzungen des Statistischen Bundesamtes (2000) ist langfristig damit zu rechnen, dass etwa ein Drittel der bestehenden Ehen durch Scheidung enden wird.[21] Wiederum Dorbritz (2003) zeigt, dass es die höchste Zahl an Scheidun-gen um das sechste Ehejahr herum gibt. Da Kinder vorwiegend in den ersten Ehe-jahren gezeugt werden, ist die Wahrscheinlichkeit, ein- oder zweimal Nachwuchs zu haben noch relativ groß, für ein drittes oder viertes Kind dagegen eher klein.

2.3.5 Modernisierung der Gesellschaft

Was früher kaum für möglich gehalten wurde ist heute vielfach Realität. Per Flug-zeug erreicht man in wenigen Stunden Ziele auf der ganzen Welt, der Informa-tionsfluss erfolgt rasend schnell über die Neuen Medien und die großen Unter-nehmen operieren global. Gefragt ist berufliche Mobilität, die oft schwer mit der Kindererziehung vereinbar ist. Sowohl die Daten des Sozio-oekonomischen Pa-nels (SOEP) als auch die Ergebnisse des Mikrozensus lassen darauf schließen, dass etwa 16 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung beruflich mobil sind.[22] Wie Hagemann-White und Hantsche (1996) beweisen, bleiben mobile Männer signifi-kant häufiger kinderlos als nicht mobile. Viel dramatischer ist die Situation noch bei den Frauen, die im Falle beruflicher Mobilität fast ausnahmslos keine Kinder haben. Somit bleibt die Feststellung, dass Mobilität die Familienentwicklung ver-hindert oder zumindest stark hemmt.

Ein weiterer Grund für die niedrigen Geburtenzahlen dürfte in unserer Infor-mationsgesellschaft zu suchen sein. Die Massenmedien verbreiten in Windeseile gute wie schlechte Nachrichten aus aller Welt und machen Informationen für je-dermann verfügbar. Dadurch wird das im Gegensatz zu früher riesige Freizeitan-gebot transparent, die Bildung wird gefördert, aber auch Kriege und Umweltka-tastrophen werden allgegenwärtig. Viele Menschen beurteilen die Zukunft pessi-mistisch und machen sich Sorgen über das Wohl ihrer Kinder. So haben nach der repräsentativen Online-Umfrage „Perspektive-Deutschland“ 36 Prozent der Men-schen die Befürchtung, dass sich die Lebensbedingungen für Familien und Kinder in naher Zukunft deutlich verschlechtern werden.[23] Die hohe Arbeitslosigkeit und die daraus entstehende Unsicherheit dürften diese Vermutung untermauern.

Auch aus beruflicher Sicht ist im letzten Jahrhundert ein klarer Wandel erkennbar. Im Zeitraum 1850 bis 1900 waren zwischen 50 und 60 Prozent der Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig, heute sind es nur noch etwa 1,5 Prozent. Wie Dorbritz (2003) zeigt, verhalten sich die in landwirtschaftlichen Berufen tätigen Frauen noch heute sehr traditionell. Können sie keinen Abschluss vorweisen, so ist die Kinderlosigkeit mit 5,5 Prozent im Vergleich zu anderen gering qualifizierten Berufen außerordentlich niedrig ausgeprägt.[24] In der Landwirtschaft arbeitende Frauen mit Hochschulabschluss bleiben zwar mit ca. elf Prozent etwa doppelt so oft kinderlos wie ihre Kolleginnen ohne Abschluss, stellen aber bei weitem die am seltensten kinderlos bleibende Berufsgruppe aller Hochschulabsolventen.

2.3.6 Sonstiges

Bei der Untersuchung der Gründe für den starken Rückgang der Geburtenzahlen während des 20. Jahrhunderts können auch soziale, kulturelle und religiöse Fak-toren von Bedeutung sein, die jedoch erst näher erforscht werden müssten. Früher sah man eine Schwangerschaft beispielsweise als gottgewollt an, wohingegen die Religion heute eine eher untergeordnete Rolle spielt. Noch immer wird hingegen die Erziehungsleistung von Frauen gegenüber einer Berufstätigkeit gesellschaft-lich minderbewertet. Kinder werden häufig nicht mehr wie früher als selbstver-ständlich angesehen sondern als Problemfall, und eine Familie mit hoher Kinder-zahl gilt vielfach als asozial. Prestige spielt in den Industrieländern eine große Rolle und kaum jemand möchte durch die Geburt eines Kindes seinen Status in der Gesellschaft gefährden.

Auch der durch die beiden Weltkriege gestörte Altersaufbau in Deutschland dürfte seinen Teil zur „Geburtenmisere“ beigetragen haben. Besonders nach dem Zwei-ten Weltkrieg fehlte vielen Frauen im gebärfähigen Alter der Partner, weil zahl-reiche Männer im Krieg gefallen waren. Aufgrund dessen konnten einige eigent-lich gewünschte Kinder nicht geboren werden, die dann selbst wieder 20 bis 30 Jahre später als mögliche Eltern ausfielen.

Einfluss auf die Fertilität dürfte zudem das Vorhandensein von Mitteln und Me-thoden der Geburtenkontrolle haben, was bspw. Westoff und Ryder (1977) als einen der Hauptgründe sehen. Wenige Jahre nach Einführung der Verhütungs-mittel, die Mitte der 60er Jahre zunächst den verheirateten Frauen und später auch den jüngeren Altersgruppen zugänglich waren, ist die Zahl ungewollter Schwan-gerschaften deutlich zurückgegangen, was die amerikanische Literatur vielfach bestätigte.[25] Wie anhand Abbildung 2 ersichtlich ist, hat die Fertilität auch in Deutschland vor allem Ende der 60er und in den 70er Jahren stark abgenommen und sich anschließend mehr oder weniger auf niedrigem Niveau eingependelt. Was früher noch die Regel war, dass die tatsächlich realisierte über der gewünsch-ten Kinderzahl lag, ist nach der Einführung der neuen Mittel zur Empfängnisver-hütung und der seit 1972 legalisierten Abtreibung zur Ausnahme geworden.

Abbildung 2:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine weitere mögliche Begründung für die gesunkenen Geburtenzahlen ist die Theorie, dass sich die Fertilität zyklisch verhält und es immer zu einer Wellenbe-wegung kommt – auf eine Phase mit vielen Geburten folgt ein Zeitraum, der sich durch ein niedriges Fertilitätsniveau kennzeichnet und umgekehrt. Dieser Ansatz wurde vorwiegend von Easterlin (1966) geprägt, der mit seiner relativen Einkom-menshypothese einen wichtigen Beitrag zur ökonomischen Erforschung des Ge-burtenverhaltens geleistet hat. Sein Denkansatz wird in Kapitel 4.2 genauer vor-gestellt und diskutiert.

2.3.7 Empirische Beobachtungen

Auf der Suche nach den Hauptgründen für die niedrigen Geburtenzahlen in Deutschland sind diverse Meinungsumfragen zu unterschiedlichen Schlussfolge-rungen gekommen. Während die 2002 im Landkreis Karlsruhe durchgeführte Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach[26] zu dem klaren Ergebnis kommt, dass eine stärkere finanzielle Förderung wichtiger sei als der Ausbau von Betreu-ungseinrichtungen, liegt nach der Umfrage „Perspektive-Deutschland“ gerade in Letzterem der Schlüssel für das Geburtenwachstum, wohingegen eine Erhöhung des Kindergeldes nur einen geringen Anreiz für die Nachwuchsplanung setzt.

Bei der Umfrage „Perspektive-Deutschland“ waren 60 Prozent der Teilnehmer der Meinung, dass die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie mit erheblichen beruf-lichen Nachteilen einhergeht und darin die Hauptursache für die in der Bundes-republik im Vergleich zu anderen europäischen Staaten niedrigen Geburtenzahlen zu suchen sei. 53 Prozent der Befragten beklagten den hohen finanziellen Auf-wand der Kindererziehung. Mehr als zwei Drittel der Frauen, die bereits ein Kind haben, behaupteten, sich keinen weiteren Nachwuchs leisten zu können. Mit dem Ausbau von Kinderhort-, Kindergarten- und Ganztagesschulplätzen sowie der Einrichtung einer größeren Anzahl von Teilzeitstellen könnten Mütter ihrem Be-ruf nachgehen ohne gleichzeitig die Kindererziehung zu vernachlässigen, und da-durch auch ihre finanzielle Situation verbessern. Eine Verdopplung des Kinder-geldes würde hingegen nur sehr wenige Menschen dazu bewegen, sich für weite-ren Nachwuchs zu entscheiden.

Völlig gegensätzliche Ergebnisse brachte die Studie des Instituts für Demographie Allensbach hervor. Bei der Wahl zwischen einer stärkeren finanziellen Unter-stützung und besseren Betreuungseinrichtungen sprachen sich 81 Prozent der Be-fragten für höhere Geldleistungen aus, nur zwölf Prozent entschieden sich für den Ausbau der staatlichen Kinderbetreuung und sieben Prozent waren unentschlos-sen. 59 Prozent der Interviewten stellten dem Staat für seine bisherige finanzielle Unterstützung der Erziehungsleistung ein mangelhaftes Zeugnis aus, lediglich 36 Prozent hielten die derzeitigen Zuschüsse für ausreichend. Trotz klarer Dominanz der Forderung nach einer Erhöhung der staatlichen Geldleistungen für Familien wünschten sich viele Menschen auch eine Verbesserung der beruflichen Rahmen-bedingungen. 56 Prozent der Befragten würden die Ausweitung des Rechts auf Teilzeitarbeit begrüßen, 45 Prozent forderten bessere Kinderbetreuungsmöglich-keiten und 52 von je 100 Befragten erachteten Maßnahmen zur besseren Wieder-eingliederung von Müttern in den Beruf für notwendig.

Offen bleibt letztlich die Frage, ob sich eine stärkere staatliche Förderung der Kindererziehung in Form von monetären Leistungen positiv auf das Geburten-verhalten auswirken würde. Hierbei kam das Institut für Demoskopie Allensbach zu folgendem Schluss: „Angesichts der schon festgestellten Tatsache, dass we-nigstens 10 Prozent der Eltern sich die Erfüllung eines Kinderwunsches versagen, zum großen Teil, weil sie offenbar den Eindruck haben, sich kein weiteres Kind leisten zu können, wird eine deutliche Zunahme der Geburten als Folge einer spürbaren finanziellen Förderung wahrscheinlich.“[27] Obwohl in der Studie mit 670 Euro ein durchschnittlicher Wert ermittelt wird, bei dem sich ein Berufstä-tiger ganz der Kindererziehung widmen würde, bleibt der Ausdruck „spürbar“ hier undefiniert. Je nach dessen Auslegung dürften die Autoren mit großer Sicherheit Recht behalten, da eine unangemessen hohe Prämie mit Sicherheit die Fertilität beeinflussen dürfte. Ob dies ökonomisch sinnvoll ist, ist jedoch fraglich.

3 Alterssicherung

3.1 Derzeitiges System

In seinen Grundzügen existiert das gesetzliche Umlageverfahren seit der Renten-reform von 1957 und wurde von der Regierung Adenauer eingeführt. Es ist kons-truiert als „Generationenvertrag“, einer unausgesprochenen und nicht schriftlich festgelegten Vereinbarung zwischen der jeweils beitragszahlenden und rentenem-pfangenden Generation, die die Beitragszahler zur Sicherung der Rente der ihr vorausgehenden Generation verpflichtet.[28] Im Gegenzug erwerben die Mitglieder der gesetzlichen „Rentenversicherung“ (GRV) durch die Zahlung ihrer Beiträge wiederum einen Anspruch an die nächste Generation.[29]

Der Personenkreis der GRV setzt sich zusammen aus Pflicht- und freiwillig Versi-cherten. Prinzipiell kann ihr jeder beitreten, Arbeiter und Angestellte müssen ihr beitreten. Von der Versicherungspflicht ausgenommen sind Beschäftigte, die des Schutzes der GRV nicht bedürfen oder in ähnlichen Alterssicherungssystemen wie z.B. der Beamtenversorgung organisiert sind. Hierzu zählen u.a. auch Richter, Selbständige und Berufssoldaten.

Das Aufkommen der GRV setzt sich zusammen aus Beiträgen der Versicherten, denselbigen des Arbeitgebers und dem Bundeszuschuss. Bis zu einer Beitrags-bemessungsgrenze von derzeit 5150 Euro müssen Beschäftigte 19,5 Prozent ihres Arbeitsentgelts an die GRV abführen, die – als eines der Grundprinzipien unseres Systems – paritätisch von Arbeitgeber und -nehmer getragen werden.[30] Zusätzlich werden über allgemeine Steuern durchschnittlich etwa neun Prozent des Brutto-Einkommens zur Finanzierung des Bundeszuschusses verwendet, der sich in einen allgemeinen und zusätzlichen Teil untergliedern lässt. Während der allgemeine Bundeszuschuss die „versicherungsfremden“, d.h. nicht beitragsgedeckten Leis-tungen der Rentenversicherung decken soll, führte man den zusätzlichen Bundes-zuschuss 1998 ein, um den Beitragssatz um einen Prozentpunkt zu entlasten.

Über die Rentenformel, in der die persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert eines Entgeltpunktes miteinander multipliziert wer-den, wird die monatliche Rentenhöhe ermittelt. Neben Altersrenten umfasst das gesetzliche System auch Renten bei Erwerbsminderung oder Tod des Versicher-ten und schützt damit auch hinterbliebene Ehepartner oder Kinder. Genauere An-gaben zur Ausgestaltung unserer Sozialversicherung macht die Bundesversiche-rungsanstalt für Angestellte (2003). Die vorliegende Arbeit konzentriert sich im Folgenden ausschließlich auf die Alterssicherungsfunktion der gesetzlichen Ren-tenversicherung und lässt alle anderen Rentenarten unberücksichtigt.

3.2 Grundprinzipien der GRV

Das gesetzliche Alterssicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland stützt sich auf einige Grundprinzipien. Hierzu zählt neben der bei Beitragssatzsteigerun-gen verzerrend auf den Arbeitsmarkt wirkenden und deshalb viel kritisierten pari-tätischen Beitragszahlung auch die Einkommensersatzfunktion, die zusammen mit dem Prinzip der Teilhabeäquivalenz dem Versicherten im Vergleich zu anderen Mitgliedern genau den Lebensstandard erhalten soll, den er auch während seiner Beitragszeit inne hatte.

Ein weiteres Hauptmerkmal des Umlagesystems ist sein Versicherungscharakter. Welches Risiko im gesetzlichen Rentensystem genau versichert werden soll, darü-ber herrscht in der Literatur Uneinigkeit. Während das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (2003) davon spricht, dass die GRV „insbe-sondere die Absicherung gegen das biometrische Risiko des Einkommensmangels infolge Langlebigkeit“ gewährleistet und „dem Einzelnen einen eigentumsrecht-lich geschützten Anspruch auf den Ertrag des Faktors Arbeit in der Zukunft“[31] er-möglicht, spricht Sinn (2003b) von einer „Versicherung gegen Kinderlosigkeit“.[32] Im von Maydell und Ruland (2003) herausgegebenen „Sozialrechtshandbuch“ wird als oberstes Sicherungsziel die „Vermeidung von Altersarmut“ genannt.[33]

Das letzte der Grundprinzipien ist der soziale Ausgleich.

3.3 Finanzprobleme der GRV

Das Umlagesystem wurde 1957 zu einer äußerst günstigen Zeit eingeführt. Durch die Folgen des Ersten und Zweitens Weltkriegs mussten vergleichsweise wenige Rentner finanziert werden, die Wirtschaft boomte und hohe durchschnittliche Ge-burtenzahlen mit Werten um 2,5 sorgten für ein Wachstum der Bevölkerung und eine solide Basis des Rentensystems. Der Beitragssatz lag bei 14 Prozent des Bruttolohns, durch dessen Entrichtung der Eckrentner mit 45 Versicherungsjahren zusätzlich zu seiner betrieblichen Rente Ansprüche in Höhe von umgerechnet rund 120 Euro aufbaute. Wie dieser niedrige Wertes zeigt, wurde mit dem gesetz-lichen Umlagesystem in seinen Anfängen noch keine umfassende Lebensstan-dardsicherung angestrebt. Die durchschnittliche Rentenbezugsdauer der Männer betrug im Jahr 1960 9,6 Jahre, die der Frauen 10,6 Jahre, und ihr standen lange Beitragszeiten der Versicherten gegenüber.

Da sich die Erwartungen eines langfristigen demographischen Gleichgewichts und anhaltenden Wirtschaftswachstums zunächst erfüllten, zeichnete sich das Umlage-system durch eine hohe Leistungsfähigkeit aus und ließ daran auch die Rentner partizipieren. Bei zunächst gleichbleibenden und dann leicht steigenden Beitrags-sätzen wurde das Leistungsangebot des Rentensystems stark ausgeweitet und ließ die betriebliche Altersvorsorge mehr und mehr überflüssig werden. Die Regel-altersgrenze wurde ohne versicherungsmathematische Abschläge auf 63 Jahre ab-gesenkt und das Rentenniveau des Eckrentners schrittweise von 60 auf 70 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts angehoben. So wurde die gesetzliche Rente im Verlauf der Jahre nach und nach zur Lohnersatzleistung ausgebaut. Finanziert wurde die Ausdehnung des Leistungskatalogs zum Großteil durch die Abschmelzung des nicht unerheblichen Rentenfonds. Anstatt Rücklagen für schlechtere Zeiten zu bilden, schüttete die GRV den Einführungsgewinn des Um-lageverfahrens an ihre Versicherten aus, obwohl diese kriegs- und inflationsbe-dingt oft gar keine eigenen Ansprüche aufgebaut hatten.

In naher Zukunft wird die bis heute aufgebaute implizite Staatsschuld durch den steigenden Rentnerquotienten zum immer größeren Problem. Zusätzlich unter Druck gesetzt durch u.a. die schwache Konjunktur, verkürzte Beitragszeiten und die zunehmende Restlebenserwartung stehen den aufgebauten Rentenansprüchen in Höhe von sechs Billionen Euro nur Beitragseinnahmen von etwa 3,5 Billionen Euro gegenüber. Im Zeitraum 1960 bis 2001 hat sich die Rentenbezugsdauer der Männer um ca. 47 und die der Frauen sogar um 73 Prozent erhöht. Und alleine in den letzten zehn Jahren ist die Anzahl der Rentner um vier Millionen auf 17,8 Millionen gestiegen, die im Mittel rund 1175 Euro Rente erhalten.[34] Der Kapital-stock der gesetzlichen Rentenversicherung reicht nur für einen Monat, sodass – wie Sinn (2003b) anmerkt – das Umlagesystem bereits heute „von der Hand in den Mund“ lebt.[35] Dieser finanzielle Engpass wird sich im Verlauf der nächsten dreißig Jahre weiter verstärken und erst um 2035/36 seinen Kulminationspunkt erreichen, wenn die geburtenstarken 60er Jahrgänge das Rentenalter erreichen. Dann müssen etwa zwei Beitragszahler einen Rentner alimentieren, und trotz der mildernd wirkenden Rentenreformen vor allem der Jahre 1992 und 2001 würde der Beitragssatz der GRV auf rund 26 und die Grenzabgabenlast der Wertschöp-fung eines Arbeitnehmers auf über 76 Prozent steigen.[36] Dass ein solches Szenario schon wegen seiner Fehlanreize auf den Arbeitsmarkt weder für den Staat, noch für seine Bürger zumutbar ist, hat auch der Gesetzgeber erkannt und sich ver-pflichtet, spätestens bei Erreichen eines Beitragssatzes in Höhe von 20 Prozent bis anno 2020 bzw. 22 Prozent bis 2030 Maßnahmen zur Gegensteuerung zu verab-schieden.

Eine abermalige Erhöhung des Bundeszuschusses, der bereits heute 25 Prozent der GRV-Gesamteinnahmen ausmacht und seit 1998 die „versicherungsfremden“ Leistungen übersteigt, ist dabei kein Beitrag zur Generationengerechtigkeit, da dies die ganze Last auf zukünftige Generationen überwälzt. Ohne die zusätzliche Subventionierung aus dem Steuersystem hätten wir heute schon Beitragssätze von ca. 21 Prozent, und bis 2035 müssten diese auf rund 32 Prozent ansteigen.

Vor allem mit der Rentenreform des Jahres 1992 hat der Gesetzgeber einen ersten wichtigen Schritt zur Entlastung des Umlagesystems getan und auch die Maßnah-men der Folgezeit brachten leichte Verbesserungen. Dennoch ist die Notwendig-keit weiterer Reformen nicht zu übersehen. Die Aufrechterhaltung eines konstan-ten Rentenniveaus von 67 Prozent bei zugleich nur geringfügig steigenden Bei-tragssätzen erscheint aufgrund der demographischen Schieflage kaum möglich, es sei denn Kriege, Krankheiten oder Seuchen würden für eine baldige Verringerung des Rentnerquotienten sorgen. Letzten Endes wird wohl auch kein Weg an weite-ren Rentenniveausenkungen vorbeiführen, auch wenn das Bundesverfassungs-gericht den Anwartschaften aus der GRV Eigentumscharakter zugesprochen hat. Ein Ansatzpunkt für die Zukunft wäre möglicherweise die Gewährung von Lebens- statt Monatsrenten, sodass die Versicherten zumindest die Kosten ihrer höheren Lebenserwartung selbst zu tragen hätten.

3.4 Anerkennung der Erziehungsleistung im heutigen System

Obwohl ihn seine Berater Wilfried Schreiber (1955) und Oswald von Nell-Breu-ning (1979) mehrfach darauf hinwiesen, dass ein Umlagesystem nur bei ausrei-chender Nachkommenschaft einer Gesellschaft existieren kann, ließ Adenauer die Kindererziehung bei der Konstruktion des Generationenvertrages unberücksich-tigt. Erst als der Nachwuchs in der Folgezeit mehr und mehr ausblieb, sah sich die Politik gezwungen zu handeln.

Die erste Anerkennung der Erziehungsleistung von Müttern erfolgte 1986 mit der Einführung der Kindererziehungszeiten, die zunächst auf ein Jahr pro Kind fest-gesetzt wurden. Sechs Jahre später wurde diese unmittelbar rentenbegründende und die monatliche Rente pro Kind heutzutage um etwa 75 Euro erhöhende Zeit auf drei Jahre ausgeweitet. Im sog. „Mütterrentenurteil“ vom 7. Juli 1992 er-kannte das Bundesverfassungsgericht die Benachteiligung kindererziehender Fa-milienmitglieder, vor allem von Frauen, in der Alterssicherung als verfassungs-widrig, befürwortete zwar die Anrechnung der Erziehungszeiten als „geeignetes und systemgerechtes“ Mittel zu deren Beseitigung, forderte aber zugleich eine Ausweitung dieser Maßnahme.[37] Als die Verfassungsrichter in ihrem Urteil vom 12.3.1996 zudem die rentenrechtliche Gleichbehandlung von erwerbstätigen und nicht-erwerbstätigen Eltern forderten, reagierte der Gesetzgeber im Zuge der Ren-tenreform 1998 mit der additiven Anrechnung von Beitragszahlungen und Kinder-erziehungszeiten und hob letztere bis zum Jahr 2000 stufenweise von einst 75 auf 100 Prozent des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts aller Versicherten des jeweiligen Jahres an.[38]

Im Jahr 2002 traten zur weiteren Anerkennung der Elternschaft die nächsten Än-derungen in Kraft. Neben einer Aufwertung der Kinderberücksichtigungszeiten um bis zu 50 Prozent durch Aufnahme einer die Erziehung begleitenden Teilzeit-arbeit wurde u.a. auch bei der ergänzenden privaten Altersvorsorge („Riester-Ren-te“) die Kindererziehung durch staatliche Förderung entsprechend honoriert. Heu-te können für die Erziehung eines Kindes bis zu sieben Entgeltpunkte gutgeschrie-ben werden, was einer Beitragsleistung von rund 40.000 Euro entspricht.

Zusammen mit den familienpolitischen Maßnahmen des Steuer- und Transfer-systems wie u.a. dem Kindergeld, alternativen Kinderfreibeträgen, der beitrags-freien Mitversicherung von nicht-erwerbstätigen Angehörigen in der Krankenver-sicherung, dem Erziehungsgeld oder staatlichen Bildungsaufwendungen existiert ein breit gefächertes und kaum noch überschaubares Gebilde an Elementen zur „Entschädigung“ der Erziehungslasten.

4 Fertilität und Alterssicherung

In Kapitel 2.3 wurden mögliche Ursachen erörtert, die für die starke Abnahme der Fertilität in den OECD-Ländern in der Nach-Babyboomphase verantwortlich sein könnten. Viele dieser Faktoren sind Entwicklungen, die mit der Modernisierung der Gesellschaft einhergehen und die durch eine politische Einflussnahme nicht aufgehalten oder rückgängig gemacht werden können. Ein Teil des Rückgangs scheint allerdings auch auf gewisse staatliche Aktivitäten und hier vorwiegend auf den Ausbau des Wohlfahrtsstaates zurückzuführen sein. Dieser Gedanke hat Ende der 50er Jahre das Interesse einiger Ökonomen geweckt und das Verlangen her-vorgerufen, die Fertilität ökonomisch zu erklären. Man stellte sich die Frage, ob es möglich sei ein politisches Instrument zu konstruieren, welches die Netto-Re-produktionsrate in den Entwicklungsländern senken und das starke Bevölkerungs-wachstum hemmen kann.

Sicherlich lässt sich der Rückgang der Fruchtbarkeit durch eine ausschließlich ökonomische Betrachtung nicht vollständig erklären, doch es lassen sich – wie Rürup und Gruescu (2003) anmerken – „gerade die Determinanten des Geburten-verhaltens untersuchen, die der (Familien-)Politik als Betätigungsfeld zur Verfü-gung stehen“.[39] Wenn die Wirtschaftswissenschaft einen Beitrag zur Lösung der demographischen Krise leisten kann, müssen zunächst die Hauptaussagen der mikroökonomischen Fertilitätstheorie erörtert werden. Daraus können dann Impli-kationen für die Politik abgeleitet werden. Dies soll nun im Folgenden geschehen.

[...]


[1] Im Jahr 2003 betrug die Gesamtbelastung des Bruttolohns eines typischen Arbeitnehmers 42,1 Prozent. Zusätzlich wird seine Wertschöpfung noch mit der Einkommen- und Mehrwertsteuer belastet.

[2] Die zusammengefasste Geburtenziffer gibt die Zahl der Kinder an, die eine Frau im Laufe ihres Lebens zur Welt bringen würde, wenn während ihres gesamten gebärfähigen Alters die für das jeweilige Kalenderjahr beobachteten Geburtenziffern gelten würden.

[3] Ein Wert von 2,08 ist nötig, um den Bevölkerungsstand in Deutschland von derzeit 82,5 Millio-nen Einwohnern auf dem bestehenden Niveau zu halten, d.h. eine Netto-Reproduktionsrate von Eins zu erreichen. Unter Beachtung der Tatsachen, dass etwas mehr als die Hälfte der Neugebore-nen Jungen sind, die selbst keine Kinder bekommen können, und einige Mädchen sterben, bevor sie ins gebärfähige Alter kommen, ergibt sich ein Wert, der leicht größer 2,0 ist.

[4] Vgl. Statistisches Bundesamt, auf Anfrage.

[5] Vgl. Statistisches Bundesamt, auf Anfrage.

[6] Bei den Zahlen handelt es sich um vorläufige Werte, da die jüngeren der betrachteten Jahrgänge noch nicht ganz aus dem gebärfähigen Alter heraus sind.

[7] Vgl. Robert Koch-Institut (2004), Seite 10.

[8] Vgl. Marianne Sander (2000), Kapitel 3, Seite 10.

[9] Nicht auszuschließen ist allerdings, dass viele der betrachteten 35- bis 39-jährigen ostdeutschen Frauen ihre Kinder bereits vor der deutschen Wiedervereinigung bekommen haben.

[10] Vgl. Seite 14.

[11] „Zeitweise“ bezieht sich sowohl auf Paare, die ihren Kinderwunsch gar nicht realisieren können als auch auf solche, die weniger Kinder bekommen als gewünscht. Dauerhaft müssen den Schätz-ungen des Robert Koch-Instituts (2004) zufolge etwa drei Prozent der Paare kinderlos bleiben.

[12] Das Institut für Demoskopie Allensbach (2002) errechnete, dass einem durchschnittlichen Ehe-paar aus dem Landkreis Karlsruhe vor der Schwangerschaft nach Abzug der Lebenshaltungskosten rund 650 Euro zur freien Verfügung blieben. Nach der Geburt eines Kindes verringerte sich dieser Betrag aufgrund der Berufsunterbrechung eines Partners trotz aller staatlichen Förderungen auf ca. 200 Euro, muss aber nun für drei Personen reichen. Der Lebensstandard nahm demzufolge durch die Geburt eines Kindes rapide ab.

[13] Vgl. Statistisches Bundesamt (2003).

[14] Vgl. Rürup und Gruescu (2003), Seite 37.

[15] Durch die Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten werden auch Humankapital-beiträge berücksichtigt, der Großteil des Rentenanspruchs beruht jedoch auf monetären Beiträgen.

[16] Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (2002), Seite 26f.

[17] Vgl. Statistisches Bundesamt (2001), Seite 69.

[18] Vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (2004).

[19] Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (2002), Seite 32.

[20] Vgl. Statistisches Bundesamt (2004).

[21] Vgl. Seite 43.

[22] Vgl. Schneider, Limmel und Ruckdeschel (2002), Seite 430.

[23] An der Umfrage „Perspektive-Deutschland“ (2004), der weltweit größten Online-Umfrage in Initiative von McKinsey, stern, ZDF und AOL, haben sich 2003 450.000 Menschen beteiligt.

[24] Vgl. Seite 410ff.

[25] Vgl. Dinkel (1984), Seite 25ff.

[26] Bei der repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (2002) wurde im März/April 2002 eine Stichprobe von 507 Bewohnern des Landkreises Karlsruhe zwischen 24 und 40 Jahren anhand eines einheitlichen Fragebogens mündlich-persönlich befragt.

[27] Vgl. Seite 144.

[28] Unzutreffend ist im Prinzip das Wort „Generationen vertrag “, da ein Vertrag laut Gesetz Frei-willigkeit der Vertragspartner voraussetzt und dies im Fall der umlagefinanzierten Rentenversiche-rung nicht gegeben ist. Dort wird der „Vertrag“ geschlossen zwischen den derzeit Erwerbstätigen und ihrer Folgegeneration, die entweder noch gar nicht geboren oder zumindest noch nicht im ge-schäftsfähigen Alter ist, diese aber dennoch verpflichtet, für die Alterssicherung ihrer Vorgänger aufzukommen. Von der Definition her treffender als der Begriff „Vertrag“ wären demnach die Be-zeichnungen „Enteignung“ oder „Kredit“. Beim Aufbau der Rentenanwartschaften wird in der Ge-genwart ein Sozialprodukt verteilt, das erst in Zukunft erwirtschaftet wird. Dies erkannte auch der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul A. Samuelson, der die umlagefinanzierten Rentensysteme als „the biggest Ponzi Game ever“ (vgl. Wikipedia (2004)) bezeichnete. In Anlehnung an die Literatur wird im folgenden am Begriff „Generationenvertrag“ festgehalten. Der Leser möge diesen jedoch mit Vorsicht genießen.

[29] Auch der Begriff „Renten versicherung “ ist nicht ganz korrekt. Ein Umlagesystem kann nicht privat, sondern nur staatlich betrieben werden, da die Menschen sich aufgrund der höheren Rendite stets für ein Kapitaldeckungsverfahren entscheiden würden. Insofern rechtfertigt dies den staat-lichen Zwang. Von „Versicherung“ kann dennoch nicht gesprochen werden, da sich die Prämien-höhe nicht nach dem Risiko des Versicherten richtet. Hierzu schreibt Köhler-Rama (2003, vgl. Seite 2): „Da die gesetzliche RV bereits eingetretene Risiken (z.B. von Geburt an Behinderte) an-erkennt sowie – abgesehen vom Risikoausgleich – auch einen sozialen Ausgleich vornimmt (z.B. einheitlicher Beitragssatz für Männer und Frauen trotz längerer durchschnittlicher Lebenserwar-tung von Frauen [...]), ist für sie die Kalkulation einer „fairen Prämie“ von vornherein nicht mög-lich.“ Da die GRV jedoch starke Versicherungselemente enthält, wird auch dieser Begriff in der vorliegenden Arbeit von der Literatur übernommen.

[30] Die Beitragsbemessungsgrenze von 5150 Euro gilt für die alten Bundesländer. In den neuen Ländern beträgt sie derzeit 4350 Euro.

[31] Vgl. Seite 69ff.

[32] Vgl. Seite 372.

[33] Vgl. Seite 59.

[34] In den neuen Bundesländern beläuft sich die durchschnittliche Rente auf rund 1033 Euro.

[35] Vgl. Seite 351.

[36] Vgl. Sinn (2003b), Seite 357. Heute beträgt die Grenzabgabenlast eines typischen Arbeitneh-mers 66,7 Prozent.

[37] Vgl. BVerfGE 87.

[38] Vgl. BVerfGE 94.

[39] Vgl. Seite 19.

Ende der Leseprobe aus 104 Seiten

Details

Titel
Fertilitätsorientierte Reform der gesetzlichen Rentenversicherung zur Berücksichtigung der Kinderzahl in Beiträgen und Leistungen umlagefinanzierter Alterssicherungssysteme
Hochschule
Universität Mannheim
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
104
Katalognummer
V38466
ISBN (eBook)
9783638375238
Dateigröße
874 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fertilitätsorientierte, Reform, Rentenversicherung, Berücksichtigung, Kinderzahl, Beiträgen, Leistungen, Alterssicherungssysteme
Arbeit zitieren
Matthias Heim (Autor:in), 2004, Fertilitätsorientierte Reform der gesetzlichen Rentenversicherung zur Berücksichtigung der Kinderzahl in Beiträgen und Leistungen umlagefinanzierter Alterssicherungssysteme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38466

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