Die Diskussion um die Verlegerbeteiligung in der VG WORT


Hausarbeit, 2017

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

I. V orwort
Die Verlagsgesellschaft WORT und ihre Ziele

II. Die Entwicklung des Rechtsstreits
1. V erfahren vor dem Landgericht München
2. Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht München
Folgen aus der richterlichen Entscheidung des OLG München
3. Zeitgleich stattfindendes Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof
Reaktion der VG WORT auf das Urteil des EuGH
4. Die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs

III. Folgen und rechtliche Betrachtung des Urteils
1. Rechtliche Überlegungen zur letztinstanzlichen Entscheidung
2. Folgen für Verlage und Autoren

Literaturverzeichnis

Bücher

Hoeren/ Sieber/ Holznagel (Hrsg.), Handbuch Multimedia-Recht, Loseblatt (Stand: 07/2017)

Aufsätze in Zeitschriften

Flechsig, Prof. Dr. Norbert: Verlegeranteil und Sukzessionsschutz nach nationalem Recht. GRUR-Prax 2016, 209ff.

Handor, David/Bergan, Maik: VG WORT-Nachzahlungen - Verzichten oder nicht?! Eine steuerliche Betrachtung. DStR2017, 433ff.

Kraft, Nikolaus: Die Beteiligung der Verlage an gesetzlichen Vergütungsansprüchen. Beilage zu Medien und Recht 4/15, S. 1-18

Kraßer, Rudolf: Die Beteiligung von Verlegern an den Vergütungen für gesetzlich zugelassene Vervielfältigungen verlegter Werke. GRUR2016, 129ff.

Libor, Christine: Bundestag erwägt gesetzliche Grundlage für Verlegerbeteiligung an Privatkopien. AfP 2016, 237

Loewenheim, Ulrich: Das BGH-Urteil zur Verlegerbeteiligung an den Einnahmen der VG WORT. NJW 2016, 2383ff.

Peifer, Karl-Nikolaus: Anmerkung zu BGH, Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 198/13 - Verlegeranteil. ZUM 2016, 650

Riesenhuber, Karl: Die Kontrolle des Verteilungsplans im Lichte unionsrechtlicher Vorgaben. ZUM 2016,613

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Vorwort

Ziel dieser Seminararbeit ist die Erarbeitung des Themas Die Diskussion um die Verlegerbeteiligung in der VG WORT. Dass es überhaupt zu dieser weitreichenden Diskussion kam, erschließt sich über einen mehrere Jahre andauernden Rechtsstreit zwischen einem wissenschaftlichen Autor gegen die Verwertungsgesellschaft VG WORT. Der Kläger, Martin Vogel, sah seine Rechte als Autor verletzt, indem auch die Verleger von der Verwertungsgesellschaft zu gleichen Teilen wie er an den Tantiemen der Verwertung seiner Werke beteiligt wurde. Vom Landgericht, über Oberlandesgericht bis hin zum Bundesgerichtshof wurde der Rechtsstreit getragen. ln dieser Arbeit wird jener Rechtsstreit betrachtet, Aktionen und Reaktionen der Verwertungsgesellschaft VG WORT miteinbezogen und schließlich darüber berichtet, wie sich die Verteilungspraxis nach dem letztinstanzlichen Urteil bis heute entwickelt hat.

Die Verlagsgesellschaft WORT und ihre Ziele

Im Februar 1958 gegründet, ist die Verlagsgesellschaft WORT (VG WORT) kraft Verleihung ein rechtsfähiger wirtschaftlicher Verein nach § 22 BGB. Dieser Verein zeichnet sich durch das Merkmal aus, nicht gewinnorientiert zu sein. Vielmehr schließen sich in ihm Verlage und Autoren zusammen, um die gemeinsame Verwertung ihrer Urheberrechte zu verwirklichen.

Das Ziel der VG WORT ist es, treuhänderisch tätig zu werden und im Zuge dessen die ihr vertraglich anvertrauten Rechte und Ansprüche aus Nutzung und Vergütung wahrzunehmen. Die sogenannten Schranken im Urheberrecht, §§ 44a - 63a UrhG, erlauben die Verwertung von urheberrechtlich geschützten Inhalten ohne das Einverständnis des Rechtsinhabers. Jedoch besteht für einige dieser Nutzungen der Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Hier kommt die VG WORT ins Spiel, wenn sie Gebühren für diese Nutzungen einsammelt und diese an die Rechtsinhaber ausschüttet. Wer wie viel Geld bekommt, regelt ein genau festgelegter Verteilungsplan und der Wahrnehmungsvertrag zwischen Autoren und der VG WORT.

Im Bereich der wissenschaftlichen Publikationen ging die Ausschüttung der Gebühren, sogenannter Tantiemen, zu gleichen Teilen an die Verleger und Autoren.

Das Urheberrecht[1] und die VG WORT sahen zunächst diesen gemeinsamen Verwertungsanspruch vor. Doch genau diese Regelung führte in der Vergangenheit zu Diskussionen. Denn die Verlegerbeteiligung sahen nicht alle als rechtmäßigen Teil der Tantiemenausschüttung.

II. Die Entwicklung des Rechtsstreits

Der Urheberrechtler, ehemalige Patentrichter in München und Buchautor Martin Vogel ist mittlerweile als größer Kritiker der VG WORT bekannt. Er fand für die Ausschüttungspraxis an Verlage keine rechtliche Grundlage und leitete Ende des Jahres 2011 erste juristische Schritte gegen die Verwertungsgesellschaft WORT ein. Schon in erster Instanz, beim Landgericht München I (LG) im Mai 2012[2] und später, im Oktober 2013, zweitinstanzlich vor dem Oberlandesgericht München[3] (OLG), bekommt Martin Vogel die Bestätigung seiner Auffassung.

1. Verfahren vor dem Landgericht München I

Vor dem LG München I ging es erstmals um die Lrage, ob eine Gewinnbeteiligung der Verlage seitens der VG WORT rechtlich zulässig sei. Grundsätzlich ging es auch um die Lrage, ob weiterhin nach festen Quoten gezahlt werden dürfe, oder nicht. In diesem Lall verneinte das LG München I diese Lragen, die VG WORT unterlag. Da es hier um die Klage eines Autors, nämlich Herrn Martin Vogel, ging, ist das Urteil des LG München I[4] auch auf den Lall und Sachverhalt des Autors beschränkt. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der Kläger, Martin Vogel, bereits im Jahr 1984 seine Vergütungsansprüche durch den Wahrnehmungsvertrag an die VG WORT abgetreten habe. Eine nachträgliche Abtretung der selben Rechte ist dann nicht mehr möglich. In der Begründung des Urteils heißt es, dass Verlage kein Leistungsschutzrecht einbringen könnten. Allenfalls wäre es für sie möglich, vom Urheber abgeleitete Rechte zu nutzen und diese dann bei der VG WORT einzubringen[5]. Durch den Wahrnehmungsvertrag kam es aber dazu, dass die Verleger gar keine Rechte von den Urhebern mehr wahmehmen hätten können. Daher kam es zu dem pauschalen Anteil an Tantiemen aus § 3 der Verteilungspläne der VG WORT[6], die die VG WORT von den Urhebern einbehalten und an die Verlage ausgezahlt hat. Laut dem Urteil des LG München I sei dies ein Verstoß gegen das Willkürverbot aus § 7 UrhWahrnG.

Schon zu dieser Zeit war wohl zu erwarten, dass das weitere Verfahren von erheblicher Bedeutung für die kommende Praxis seien wird. Denn die VG WORT dachte schon jetzt genauer darüber nach, ob die für das Jahr 2012 geplanten Ausschüttungen an die Autoren und Verlage auch wie geplant durchführbar wären. In einer außerordentlichen Sitzung am 14.08.2012 trat der Verwaltungsrat der VG WORT zusammen, um dies zu besprechen. Durch einstimmige Entschlossenheit wurden die Zahlungen in diesem Jahr durchgeführt, allerdings schon mit Hinweis auf eine mögliche Rückforderung[7]. Auch bezugnehmend auf das nicht vorhandene Leistungsschutzrecht der Verleger reagierte die Verwertungsgesellschaft. Denn seit August 2013 bietet sie zumindest den Presseverlegern an, das Leistungsschutzrecht für sie auszuüben.

2. Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht München

Durch die Einlegung einer Berufung nach § 511 I ZPO, wurde der Fall am OLG München erneut behandelt. Die VG WORT sah das Urteil des LG München I als Widerspruch zu den geltenden Verteilungsplänen und dem Vereinszweck[8]. Nach der mündlichen Verhandlung vor dem OLG München, die am 11.04.2013 stattfand, machte die VG WORT über ihren Internetauftritt erneut bekannt, dass die Hauptausschüttung im Jahr 2013 erneut später erfolgt, als üblich. Zweck dessen war, abzuwarten, was das Urteil des OLG München besagt. Termin zur Entscheidung war der 17.10.2013 sein. Der Verwaltungsrat der VG WORT trat schließlich am 09.08.2013 zusammen, um zu beschließen, dass die Ausschüttung der Tantiemen doch vor der Gerichtsentscheidung erfolgen soll. Als Grund nannte der Verwaltungsrat damals die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die den Berechtigten der Ausschüttungen durch eine Verschiebung um zwei Monate entstehen würden[9]. Das Urteil[10], welches im Oktober 2013 erging, gab Martin Vogel erneut recht. Es wird festgestellt, dass die VG WORT als Beklagte seit dem Jahr 2008 nicht berechtigt war und auch in der Zukunft nicht berechtigt sein wird, Abzüge des Verlegeranteils und Abzüge aus §12 der Verteilungspläne Wissenschaft der VG WORT[11] zu berechnen. Der Abzug des Verlegeranteils wäre nur dann rechtmäßig, wenn die Vergütungsansprüche des Martin Vogel erst an den Verlag abgetreten und dann von diesem in die Verwertungsgesellschaft eingebracht würden. Doch der Autor hat die gesetzlichen Vergütungsansprüche laut seinem Vertrag[12] vom 26.01.1984 komplett an die VG WORT abgetreten. Somit gleichen sich die Urteile der Richter vom LG München I und OLG München derart, dass festgestellt wird, dass gleiche Rechte später nicht mehr abgetreten werden können.

Ebenfalls sieht das OLG München einen Verstoß gegen das Willkürverbot aus §7 Satz 1 UrhWahrnG, der sich aus den in den Verteilungsplänen ersichtlichen pauschalen Vergütung ergibt.

Weiterhin sehen die Richter es als unvereinbar mit den Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die sich aus § 307 BGB ergeben. Es handle sich bei dem Verteilungsplan um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegen die Bestimmungen aus § 63a Satz 2 UrhG, sowie § 7 UrhWahrnG den Kläger unangemessen benachteiligen.[13]

Auch die Grundsätze des Willkürverbots sieht der Richter am OLG München durch die pauschale Ausschüttung, genau wie jener am LG München I, für verletzt. Andere Regelungen aus der Satzung der VG WORT und ihrem Verteilungsplan seien nicht zu vereinen mit § 63a UrhG und dem Europäischen Recht. Der § 63a UrhG bestimmt ausdrücklich, dass ein Urheber nicht im Voraus auf seine gesetzlichen Vergütungsansprüche verzichten kann, sondern lediglich an eine Verwertungsgesellschaft abtreten. Somit ist er keine objektiv-gesetzliche Beteiligungsnorm für Verleger, denn er erhält eine Legalzession. Es wird lediglich der Urheber ermächtigt zugunsten seines Verlegers im Voraus über seine gesetzlichen Vergütungsansprüche zu verfügen. Der Urheber als Zedent hat damit keine Verfügungsbefugnis. Somit besteht Sukzessionsschutz nach § 399 BGB. Es würde dem Unionsrecht widersprechen, wenn der § 63a UrhG dahin ausgelegt würde, dass die Norm einen originären Anspruch des Verlags auf eine pauschale Beteiligung an den Erlösen begründen könnte.[14]

Folgen aus der richterlichen Entscheidung des OLG München Da die Entscheidung grundlegende Auswirkungen auf die gemeinsame Wahrnehmung von Rechten ausübt und laut der VG WORT zu kaum lösbaren Schwierigkeiten führe, die für die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache von hoher Bedeutung seien, ließ das OLG München eine Revision zum Bundesgerichtshof zu. Die Verwertungsgesellschaft sieht den grundlegenden Zweck ihrer Satzung mit der Entscheidung, dass zukünftig nur noch Autor oder Verleger an den Einnahmen beteiligt werden dürften, für nicht erfüllt an. Denn der einstige Gedanke war ein Zusammenschluss von Autoren und ihren Verlegern, die gemeinsame Rechte an die Verwertungsgesellschaft abtreten. Die VG WORT sieht hier auch den solidarischen Punkt aus dem Verteilungsplan durch das Urteil des OLG München für grundlagenentzogen[15]. Die VG WORT bezieht sich bei der Begründung ihrer Revision auch auf die im Urteil des OLG München zitierte Gesetzesbegründung des Bundestages zum § 62a Satz 2 UrhG, in der es heißt, dass der Ausschluss des Verlegers angesichts seiner erbrachten Leistung nicht sachlich hinnehmbar wäre. Diese hätte vielmehr eine angemessene Beteiligung von den Erträgen der VG WORT zu rechtfertigen[16]. Eine Beteiligung der Verlage nur dann, wenn dieser die Rechte erwerbe, bevor der Urheber sie an die VG WORT abtritt, sieht die Verwertungsgesellschaft als nicht hinnehmbaren Akt. Doch scheint es zumindest für den äußeren Betrachter als sinnvoll, dass der Wortlaut aus der Gesetzesbegründung, nämlich die Verlage angemessen zu beteiligen, hier etwas genauer ausgelegt werden sollte. Denn auch da bestätigt sich die Meinung der Richter, dass die pauschale Abgabe von Erträgen an Verlage nicht als angemessen erscheint. Was angemessen ist, kann kaum pauschal ermittelt werden. Vielmehr müssten dabei genaue Beträge ermittelt werden, die der Leistung der Verlage gerecht werden. So müsste also die Quotenberechnung neu geregelt und nach dem Prioritätsprinzip die abgetretenen Rechte geprüft werden, bevor erneute Ausschüttungen nach diesem Urteil zustande kämen.

Aus anderer Sicht gedeutet, ist das Urteil des OLG München aber auch für das Vertrauensverhältnis zwischen Verlag und Autor nicht von Vorteil. Geht man von der gängigen Praxis aus, dass ein Autor das Werk erschafft und der Verlag dieses Werk publiziert, so ist von Natur aus der Gedanke da, dass beide für ihre Arbeit entsprechend entlohnt werden sollen. Für diesen Zweck wurde auch die VG WORT gegründet. Liefe es darauf hinaus, dass ein Wettstreit entstünde, ob nun Verlag oder Autor zuerst bei der Verwertungsgesellschaft vorstellig werden und die Rechte abtreten, würde ebenfalls ein recht willkürliches Bild der Rechtsverteilung hervorrufen. So gesehen dürften beide Parteien verhindern wollen, dass der jeweils andere als Erster seine Rechte an die VG WORT abtritt. Die Frage die sich dann stellt, ist auch, welchen Stellenwert der Verleger bei den Autoren dann noch bekäme. Denn viel einfacher erscheint es doch folglich, ein geschaffenes Werk im Selbstverlag zu publizieren, um keinen anderen Verlag in seine Gewinne mit einzubeziehen. Dann wäre ein mögliches Wettrennen zwischen Verleger und Autor nicht mehr gegeben und der Autor wäre freier in seinen Entscheidungen, nicht nur was das "wie" des zu verlegenden Buches beträfe, sondern auch das "wie" der abzutretenden Rechte an die Verwertungsgesellschaft. So entstünde gegebenenfalls eine eigene Maschinerie aus immer egoistischeren Zuständen, die den Verlagen mit der Zeit den grundlegenden Wert ihres Daseins rauben.

3. Zeitgleich stattfindendes Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof

Die mündliche Verhandlung um den Rechtsstreit ging am 18.12.2014 in die nächste Runde. Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wurde erneut das Klageverfahren des wissenschaftlichen Autors Martin Vogel gegen den Verteilungsplan der VG WORT aufgegriffen. Da zu dieser Zeit jedoch beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein anderen Verfahren anhängig war, welches sich zwar mit der Rechtslage in Belgien befasst, aber auch über die Fragen der Verlegerbeteiligung an gesetzlichen Vergütungsansprüchen der Urheber diskutiert, wurde das Verfahren vor dem BGH mit Hinblick auf die Entscheidung des EuGH zunächst ausgesetzt. Am 12.11.2015 schließlich kam das mit Spannung erwartete Urteil des EuGH[17], welches die gängige Praxis der VG WORT erneut infrage stellte. Einige der Artikel der Urheberrechtsrichtline[18] stünden dem entgegen, dass die Verleger einen Teil des Ausgleichs, der den Urhebern zusteht, erhielten. Nationale Regelungen, die vorsehen, dass die Vergütungen auf Kosten der Autoren an die Verlage weitergeleitet werden, seien europarechtswidrig. Wenn die Autoren über pauschale Abgaben vergütet werden, so ergebe sich ein Anspruch aus der EU- Urheberrechtsrichtlinie (Urh-Ril). Schon in Artikel 2 2001/29/EG Urh-Ril wird dem Urheber dort das Vervielfältigungsrecht ausgesprochen. Verlage werden in diesem Artikel nicht benannt. Laut ihm ergibt sich demnach kein Schaden für die Verlage, durch private Kopien, für diesen sie eine entsprechende Ausgleichszahlung erhalten müssten. Laut Urteil des EuGH würde vielmehr den Autoren ein Schaden dadurch entstehen, wenn sie den bereits erlittenen durch die privaten Kopien monetär auch noch mit den Verlagen teilen müssten.[19] Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Urteils unter der Randnummer 48. Der Generalanwalt, der das Plädoyer zum EuGH Urteil veröffentlicht hatte, ging in seiner Meinung davon aus, dass es noch Ansprüche aus nationalem Recht geben könnte, die unabhängig von den EU-

Urheberrechtsvorgaben eine Stütze für Verlage seien könnte[20]. Diese Sonderbeschränkung gibt es im abschließenden Urteil jedoch nicht mehr.

Mit dem nun erschienenen Urteil des EuGH, konnte auch der Rechtsstreit vor dem BGH weitergehen. In seinem Urteil ist dieser auf die Auslegung des Europarechts angewiesen, hat aber die Entscheidungsfreiheit, wie die Rechtslage hier in Deutschland zu werten ist.

Reaktion der VG WORT auf das Urteil des EuGH

Als im November 2015 turnusmäßig der Verwaltungsrat der VG WORT zusammentraf, wurden eine Reihe von Entscheidungen getroffen, die das Urteil des EuGH betrafen. Anders als in den Vorjahren wurde entschieden, dass über die anstehenden Ausschüttungen erst nach dem Urteil des BGH entschieden werden konnte. Die im Jahr 2015 greifende Sonderregelung der von den Verlagen abzugebenden Verpflichtungserklärung entfiel damit ebenfalls. Nur für die Berufsgruppe 5, die Bühnen- und Theaterverlage und für Schulbuchverlage galten andere Regelungen. Bei ersteren kommt es zum Beispiel nur über die Ausschüttung an Verlage auch zur Auszahlung des Autorenanteils. Und gerade dieser sollte ja auf jeden Fall sichergestellt werden.

Für den Fall, dass sich die Verteilungspraxis als fehlerhaft erweisen würde, gibt es eine Regelung für solche Verteilungsfehler. Eine nachträgliche Korrektur der Ausschüttungen wäre damit zulässig. Das bedeutet, dass es für nachteilig Betroffene möglich wäre, aus künftigen Einnahmen befriedigt zu werden. Somit könnten Nachteile, die Autoren erlitten haben, durch Mehreinnahmen folgender Ausschüttungen reguliert werden. Andersherum könnten ebenfalls Rückforderungen der VG WORT mit künftigen Einnahmen verrechnet werden. Sollte nach dem Endurteil eine Auszahlung nach Quote nicht mehr rechtens sein, so müsste die Verteilung rückabgewickelt werden und erneut unter geltenden Bestimmungen geregelt werden. Vorausdenkend hatte die VG WORT für diesen Fall auch bereits Rückstellungen gebildet[21].

Ebenso sorgte sich die VG WORT um die Verjährung der Forderungen. Diese ist laut Satzung auf drei Jahre beschränkt. Somit würde für sämtliche Zahlungen, die im Jahr 2012 von der VG WORT an Verlage gezahlt hatte, mit Ende des Jahres 2015 die Verjährung greifen. Demnach wurden alle Verlage aufgefordert, den Betrag aus 2012 bis Mitte Dezember 2015 zurückzuzahlen oder eine Verzichtserklärung bezüglich der Verjährung zu unterschreiben. Damit standen die Verlage in der Bredouille, entweder auf ein wichtiges Recht zu verzichten, oder einen für manch kleinere Verlage doch erheblichen finanziellen Schaden zu erleiden. Daher empfahlen die VG WORT in Übereinstimmung mit dem Börsenverein Deutschen Buchhandels, die Verlage sollen besser auf die Verjährung verzichten.[22]

4. Die letztinstanzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Am 21.04.2016 erging schließlich das langersehnte Urteil in dem Klageverfahren Martin Vogels gegen die VG WORT. Der erste Zivilsenat des BGH entschied mit dem Urteil im Aktenzeichen I ZR 198/13, dass eine pauschale Beteiligung der Verlage an den Einnahmen der VG WORT nicht zulässig sei[23]. Dabei beziehen sich die Richter bei ihrer Entscheidung zuerst auf §7 Satz 1 UrhWahrnG, der besagt, dass die Einnahmen einer Verwertungsgesellschaft ausschließlich an die Beteiligten auszuschütten seien. Das Verhältnis in dem die Geltendmachung von Ansprüchen und die Verwertung der Rechte dabei stehen, sieht die Entscheidung als maßgebend. So kann man aus dem Gesetzeswortlaut entnehmen, dass ein "willkürliches Vorgehen"[24] nicht erwünscht sei und stattdessen "feste Regeln"[25] im Sinne eines Verteilungsplanes greifen sollen. Die Verteilungspraxis der VG WORT, so wie sie bis dato gehandhabt wurde, hielt sich zwar an die im Verteilungsplan festgelegten Quoten, sah aber kein Verhältnis zwischen eben genannten Ansprüchen und einer Verwertung der Rechte vor. Sie lief im Bereich der wissenschaftlichen Werke pauschal je zur Hälfte ab. Somit kann die Verteilung der Einnahmen an Autoren und Verlage gut und gern als willkürliches Vorgehen benannt werden. Zudem wurden die Verlage ganz unabhängig von der tatsächlichen Wahrnehmung ihrer Rechte durch die VG WORT bereichert. Wie die vorherigen Instanzen, führte das BGH in seinen Entscheidungsgründen ebenfalls auf, dass Buchverlage, anders als Presseverlage, über kein eigenes Leistungsschutzrecht verfügten und daher nur dann an einer Ausschüttung der Einnahmen beteiligt werden dürften, wenn der Autor seine Vergütungsansprüche an sie abgetreten und übertragen hätte.[26] Die gesetzliche Grundlage, um die Auszahlungen zu rechtfertigen fehlt damit und eine alleinige verlegerische Leistung entwickelt sich nicht zu einem Anspruch auf Tantiemen.

III. Folgen und rechtliche Betrachtung des Urteils

Die Grundsätze der Verwertungsgesellschaft, genauer gesagt jener aus § 9 I Nr. 3 der Satzung[27], der besagt, dass den Verlagen ein Anteil entsprechend ihrer verlegerischen Leistung zustehe, wurden mit dem Urteil des BGH im Angesicht dessen Rechtskraft unwirksam. Anders als vom Kläger erhofft, urteilte das Gericht jedoch, dass eine Ausschüttung der Einnahmen an Urheberorganisationen grundsätzlich wirksam sei, wenn diese auch Inhaber der von den Berechtigten abgetretenen Ansprüche seien.[28] Durch die Entscheidung, dass nur noch an Berechtigte ausgeschüttet werden darf, musste die VG WORT nach dem Urteil prüfen, wie eine Lösung zur gemeinsamen Rechtewahrnehmung aussehen könnte. Zunächst wurde jedoch gegen das Urteil des BGH Verfassungsbeschwerde eingelegt. Festgestellt wurde, dass eine Ausschüttung an Autoren weiterhin turnusgemäß stattfinden könne und diese als Abschlagszahlung auf der Grundlage der bisherigen Aufteilungsquote vorgenommen würde. Hinsichtlich der Ausschüttung an Verlage erging ein sehr weitreichender Entschluss. Denn diese sollten bis auf weiteres nicht durchgeführt werden.[29] Auch Verbände der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger wurden bis auf weiteres von der Zahlung ausgenommen. In einer weiteren außerordentlichen Sitzung des Verwaltungsrates der VG WORT am 11.10.2016 wurde über die Rückabwicklung der Ausschüttung an die Verlage aus den Jahren 2012 bis 2015 diskutiert. Es wurde bestimmt, dass jene Verlage, die in diesen Jahren Zahlungen bekommen hätten noch im November 2016 die Beträge zurückzuzahlen hätten[30]. Dass dies für manch kleinen Verlag eine große Not hervorrufen kann, wurde auch der VG WORT klar, denn im selben Beschluss wurde auch die Möglichkeit deutlich gemacht, dass ein Zahlungsaufschub möglich wäre, wenn der Verlag belegen könne, dass eine vollständige Rückzahlung in so kurzer Zeit für ihn die Gefahr der Insolvenz bergen würde.[31]

Knapp einen Monat später verabschiedete der Deutsche Bundestag gesetzliche Regelungen, die den Verwertungsgesellschaften wieder etwas Boden unter den Füßen gaben. Konkret ging es um das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG), genauer um den § 27 II VGG und den § 27a VGG. Konkret bezieht sich der Wortlaut des § 27 II VGG nun darauf, dass egal, wer die Rechte in die Verwertungsgesellschaft eingebracht hat, die Einnahmen nach festen Regeln laut dem Verteilungsplan verteilen kann. Auch feste Quoten dürften von den Verwertungsgesellschaften vorgesehen werden. Außerdem besagt der neue Wortlaut des § 27a VGG, dass der Urheber auch nach der Anmeldung bei einer Verwertungsgesellschaft noch zustimmen kann, dass der Verlag aufgrund der gesetzlichen Vergütungsansprüche an den Einnahmen beteiligt werden kann. Dies teilte die VG WORT in ihrer Pressemitteilung am 16.12.2016 mit.[32]

[...]


[1] § 36 I 1 UrhG;

[2] LG München I. Teilurteil v. 24.05. 2012. Az. 7 O 28640/11. GRUR-RS 2012, 11109;

[3] OLG München. Schlussurteil v. 17.10.2013. Az. 6 U 2492/12. GRUR-RS 2014, 272;

[4] LG München I. Teilurteil v. 24.05. 2012. Az. 7 O 28640/11. GRUR-RS 2012, 11109.

[5] LG München I. Teilurteil v. 24.05. 2012. Az. 7 O 28640/11. GRUR-RS 2012, 11109;

[6] Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaft WORT nach § 9 der Satzung, Fassung vom 04.06.2016. Seite 4, § 3 Nr.1 Grundsätze der Verteilung;

[7] VG WORT. aktuelle Information: "VG WORT schüttet noch im August 2012 an Urheber und Verlage aus". http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/PM_Ausschuettung14_08_12.pdf (Fundstelle am 05.12.2012);

[8] VG WORT. aktuelle Information: "In Sachen(...)".

http ://www. vgwort. de/fileadmin/pdf/stellungnahmen/121012_Aktuelle_Information_in_Sachen_Land gericht I Urteil 24.5.2012.pdf (Fundstelle am 05.12.2017).

[9] VG WORT. aktuelle Information: "Hauptausschüttung (...) ab Mitte August 2013". http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/allgemeine_pdf/9.8.2013_Hauptausschuettung_2013_f%C3°%BC r_2012.pdf (Fundstelle am 06.12.2017);

[10] OLG München. Schlussurteil v. 17.10.2013. Az. 6 U 2492/12. GRUR-RS 2014, 272 ;

[11] VG WORT. Verteilungspläne Wissenschaft vom 22.05.2010, abrufbar unter:

http ://www. vgwort.de/fileadmin/verteilungsplan/Verteilungsplan_Wissenschaft_Juni_2010. pdf (Fundstelle am 15.12.2017);

[12] OLG München. Schlussurteil v. 17.10.2013. Az. 6 U 2492/12, Anlage K. GRUR-RS 2014, 272;

[13] Kraßer, Rudolf: Die Beteiligung von Verlegern an den Vergütungen für gesetzlich zugelassene Vervielfältigungen verlegter Werke. GRUR2016, 129f.

[14] Flechsig, Prof. Dr. Norbert: Verlegeranteil und Sukzessionsschutz nach nationalem Recht. GRUR- Prax 2016, 209;

[15] VG WORT. aktuelle Information: "Stellungnahme zum Urteil (...)",

http ://www.vgwort. de/fileadmin/pdf/stellungnahmen/OLG_Stellungnahme_24.10.2013.pdf (Fundstelle am 08.12.2017);

[16] Deutscher Bundestag, BT-Drs. 16/1828, S. 31 f..

[17] EuGH. Urteil v. 12.11.2015, Az. C-572/13. NJW2016, 39 Rn. 46;

[18] Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.Mai 2001;

[19] Kraßer, Rudolf: Die Beteiligung von Verlegern an Vergütungen für gesetzlich zugelassene Vervielfältigungen verlegter Werke. GRUR2016, 136f.

[20] Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón, 11-06.2015, Rechtssache C-572/13, Randnummer 47.

[21] VG WORT: "Wichtige Fragen (...) VG WORT", Seite 5, Nummer 14, http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/allgemeine_pdf/FAQs_Klageverfahren_11. 11.2013.pdf (Fundstelle am 08.12.2017);

[22] VG WORT. Aktuelle Information: "Beschlüsse und Maßnahmen der VG WORT in Folge des EuGH-Urteils ...". Seite2, Nummer 3,

http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/allgemeine_pdf/FAQs_Klageverfahren_11. 11.2013.pdf (Fundstelle am 08.12.2017);

[23] BGH. Urteil v. 21.4.2016. Λζ. IZR 198/13. GRUR 2016, 596;

[24] §7 Satz 1 UrhWahrnG;

[25] ebd..

[26] BGH, Urteil v. 21.04.2017, Az. I ZR 198/13, R, 12. GRUR 2016, 596,

[27] VG WORT: Satzung vom 20.05-2006, § 9 I Nr.3,

[28] BGH, Urteil v. 21.04.2017, Az. I ZR 198/13, R. 91 und 97. GRUR 2016, 596.

[29] VG WORT. Presseinformation: Gremiensitzung Berlin 2016, Seite 3,

http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/pressemitteilungen/Gremiensitzungen_Berhn_2016_PM_6.6.201 6.pdf (Fundstelle am 11.12.2017);

[30] VG WORT. aktuelle Information: "Beschluss (...) 2012 bis 2015", Seite 1,

http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/allgemeine_pdf/11_10_2016_Beschluss_VR_R%C3%BCckabwi cklung_Verlage.pdf (Fundstelle am 11.12.2017);

[31] ebd.;

[32] VG WORT. Presseinformation: "Gesetzliche Regelungen (...)",

http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/pressemitteilungen/16.12.2016_Verlegerbeteiligung_Bundestag_ PM.pdf (Fundstelle am 11.12.2017).

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Diskussion um die Verlegerbeteiligung in der VG WORT
Hochschule
Technische Universität Dresden
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V385601
ISBN (eBook)
9783668634817
ISBN (Buch)
9783668634824
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
vg wort, martin vogel, autorschaft, urheberrecht
Arbeit zitieren
Linda Dittrich (Autor:in), 2017, Die Diskussion um die Verlegerbeteiligung in der VG WORT, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/385601

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