Rechtsprobleme von Internetapotheken


Trabajo Escrito, 2005

21 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

1. der bisherige Rechtsstreit
1.1 der Berliner Rechtsstreit
1.2 der Rechtsstreit in Frankfurt am Main

2. die einschlägigen Rechtsnormen im Überblick
2.1 relevante nationale Vorschriften bezüglich des Versandhandels
2.2 relevante nationale Vorschriften der Heilmittelwerbung
2.3 relevante europarechtliche Normen zum Arzneimittelrecht

3. rechtliche Probleme des Versandhandels
3.1 Verstoß bei zugelassenen Arzneimitteln gegen § 43 Abs. 1 S. 1 AMG ?
3.2 Verstoß bei zugelassenen Arzneimitteln gegen § 43 Abs. 1 S. 2 AMG ?
3.3 Verstoß bei zugelassenen Arzneimitteln gegen § 17 ApoBetrO ?
3.4 Verstoß bei nicht zugelassenen Arzneimitteln gegen § 73 Abs. 1 AMG ?
3.5 Ausnahme bei nicht zugelassenen Arzneimitteln gem. § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG ?

4. rechtliche Probleme der Heilmittelwerbung
4.1 Verstoß gegen § 8 Abs. 1 HWG ?
4.2 Verstoß gegen § 8 Abs. 2 HWG ?
4.3 Verstoß gegen § 3a HWG ?
4.4 Verstoß gegen § 10 HWG ?

5. nationale Vorschriften und Europarecht
5.1 Anwendung der E-Commerce-RL und der Gemeinschaftskodex-RL
5.2 Anwendung von Art. 28 EGV
5.3 Rechtfertigung durch Art. 30 EGV

6. Zusammenfassung und Blick auf die aktuelle Gesetzeslage

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Seit Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes zum 01.01.2004 ist der Versandhandel mit Arzneimitteln in Deutschland für bestimmte Arzneimittel unter gewissen Voraussetzungen zugelassen. Der deutsche Gesetzgeber verspricht sich damit einerseits enorme Einsparungen im Bereich der Arzneimittelausgaben und eine Entlastung unseres finanzschwachen Krankenversicherungssystems. Gleichzeitig trägt er mit der Neuregelung dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11.12.2003 in Sachen Doc Morris Rechnung, wonach das nationale Verbot des Versandhandels dem Europäischen Gemeinschaftsrecht zu wider läuft.[1]

Die Zulassung des Versandhandels war und bleibt nach wie vor höchst umstritten, da mit den vielen möglichen Vorteilen auch unzählige Risiken einhergehen. Grund für die Skepsis ist, dass über das Internet neben den in Apotheken freiverkäuflichen Präparaten auch apotheken- und rezeptpflichtige Medikamente unkontrolliert bezogen werden können. Aus diesem Grund wurde seitens des Gesetzgebers 1998 eigens ein Verbot für den Versandhandel mit apotheken- und verschreibungspflichtigen Medikamenten verhängt. Aufgrund der fehlenden Beratungsmöglichkeit durch einen Apotheker wurde der Versand seinerzeit als eine nicht geeignete Form der Abgabe von Arzneimitteln angesehen.[2]

Eine niederländische Onlineapotheke namens „0800 DOC Morris N.V.“ unterlief seit dem Jahr 2000 dieses Verbot und schuf mit ihrem Internetauftritt die Möglichkeit der Bestellung von Arzneimitteln über das „World-Wide-Web“ auch für deutsche Verbraucher. Mit mehreren Unterlassungsklagen gegen die Firma „0800 DOC Morris N.V.“ (nachstehend Doc Morris genannt) wurde ein Rechtsstreit entfacht, der nach einigen vorinstanzlichen Urteilen zum Ende des Jahres 2003 durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs seinen vorläufigen Abschluss fand.

Diese Hausarbeit beschäftigt sich vorrangig mit den rechtlichen Problemen der Zulassung von Internetapotheken bezogen auf das deutsche und europäische Recht. Diese wurden zwar teilweise mit dem Urteil des EuGH und dessen Umsetzung im Gesundheitsmodernisierungsgesetz behoben, jedoch bleibt die juristische Problematik insbesondere bei verschreibungspflichtigen Medikamenten nach wie vor bestehen und verdient eine entsprechend intensivere Beleuchtung.

Im ersten Kapitel soll zunächst ein Überblick über den gesamten Rechtsstreit mit seinen einzelnen Urteilen geschaffen werden, um die Argumente zu sammeln, welche die rechtliche Zulässigkeit von Internetapotheken in Frage stellen bzw. gestellt haben.

Anschließend sollen die gesammelten Argumente in konkrete rechtliche Probleme umformuliert und jeweils einzeln erörtert werden. Hierbei ist zu beachten, dass die Prüfung von Verstößen gegen nationale Vorschriften auf Grundlage des alten Rechts erfolgt. Zitierte Normen sind daher, sofern nicht anders gekennzeichnet, in der alten Fassung angegeben. Das zweite Kapitel bietet eine Übersicht über die in Frage kommenden Rechtsnormen. Eine intensive Beleuchtung der Rechtsprobleme des Versandhandels erfolgt im dritten Abschnitt, die rechtlichen Probleme der Heilmittelwerbung werden entsprechend im vierten Kapitel aufgezeigt.

Des weiteren ist es erforderlich, die erarbeiteten Rechtsprobleme unter dem Einfluss des Europarechts zu untersuchen. Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 11.12.2003 die Stellung der nationalen Vorschriften im Hinblick auf Gemeinschaftsrecht bewertet. Im fünften Kapitel wird daher die Anwendbarkeit nationaler Vorschriften unter dem Einfluss des höherrangigen europäischen Primär- und Sekundärrechtes geprüft.

Abschließend erfolgt im sechsten Kapitel die Untersuchung der Umsetzung der Erkenntnisse aus der EuGH-Entscheidung durch das zum 01.01.2004 in Kraft getretene Gesundheitsmodernisierungsgesetz und die Beurteilung der rechtlichen Lage von Internetapotheken heute.

1. der bisherige Rechtsstreit

1.1 der Berliner Rechtsstreit

Grund für den Rechtsstreit vor dem Landgericht Berlin war ein Antrag des „Verband Sozialer Wettbewerb Berlin e.V.“ (Antragsteller) auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die niederländische Apotheke „0800 Doc Morris N.V.“ (Antragsgegner). Es sollte Doc Morris untersagt werden, apothekenpflichtige Arzneimittel für den deutschen Endverbraucher auf dem Wege des Versandhandels in Verkehr zu bringen, sowie für diese Vertriebsform an den deutschen Endverbraucher gerichtete Werbung zu betreiben.

Der „Verband Sozialer Wettbewerb Berlin e.V.“ begründet seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung damit, dass Doc Morris mit seinem Internetauftritt gegen das Versandhandelsverbot des

§ 43 Abs.1 AMG verstieße. Laut dieser Vorschrift dürfen apothekenpflichtige Arzneimittel berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbraucher nur in Apotheken und nicht im Wege des Versandes in Verkehr gebracht werden. Des weiteren soll ein Verstoß gegen das Werbeverbot des § 8 Abs. 1 HWG vorliegen, wonach eine Werbung unzulässig ist, die darauf hinwirkt, Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, im Wege des Versandes zu beziehen.

Doc Morris hingegen beruft sich aufgrund des grenzüberschreitenden Sachverhalts auf europäisches Gemeinschaftsrecht, wonach die einschlägigen Vorschriften des AMG und HWG gemeinschaftsrechts-konform auszulegen sind. Der betriebene Versandhandel würde zwar grundsätzlich unter das Versandhandelsverbot des § 43 Abs.1 AMG fallen, jedoch würde er von einem Ausnahmetatbestand gem. § 73 Abs.2 Nr. 6a erfasst. Danach ist ein Bezug von zulassungspflichtigen Arzneimitteln durch deutsche Endverbraucher aus anderen Mitgliedsstaaten der EU unter gewissen Voraussetzungen ausdrücklich vorgesehen. Auch liege ein Verstoß gegen § 8 Abs.2 Alt . 2 HWG nicht vor, da der Versandhandel nicht unter den Werbebegriff dieser Norm falle.

Das Landgericht Berlin schloss sich in seinem Urteil vom 07.11.2000 (Az 16 O448/98) den Ausführungen des Antragsgegners Doc Morris an und wies den Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung mangels Verfügungsanspruch ab. Ein Verstoß gegen § 43 Abs. 1 AMG käme zwar grundsätzlich in Betracht, jedoch kann Doc Morris seine Handlungen auf die in § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG aufgeführten Ausnahmen stützen. Zwar regele diese Vorschrift nicht eindeutig die Zulässigkeit des Versandes, jedoch würde eine Zulassung des Bezuges von Arzneimitteln nur Sinn machen, wenn umgekehrt auch der Versand möglich ist. Von einer gewerbs- oder berufsmäßigen Vermittlung kann nicht ausgegangen werden, da es hierzu bei Auslegung nach dem Wortsinn der Einschaltung eines Dritten zur Vermittlung zwischen Käufer und Verkäufer bedarf. Eine andere Auslegung hätte zur Folge, dass der gewerbliche Versandhandel generell vom Ausnahmetatbestand des § 73 Abs. 2 Nr. 6 a AMG ausgeschlossen wäre, was mit der in Art. 28 EGV garantierten Warenverkehrsfreiheit unvereinbar wäre. (zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift später)

Das mit dem Internetauftritt von Doc Morris verbundene Bestellformular verstößt nach Auffassung des LG Berlin auch nicht gegen das Werbeverbot des HWG. Zwar sind laut Richtlinie 92/28 EWG[3] unter „Werbung für Arzneimittel“ alle Maßnahmen zu verstehen, die geeignet sind, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern. Jedoch ist solch ein Online-Bestellformular und die darin enthaltenen Informationen unerlässlich für den Betrieb eines Internet-Versandhandels, so dass eine Untersagung dieser Präsentationsform durch § 8 Abs. 2 HWG den Versandhandel faktisch unmöglich machen würde. Dies wäre - gleichermaßen wie das Versandhandelsverbot - mit der in Art. 28 EGV garantierten Warenverkehrsfreiheit unvereinbar, so dass eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des Begriffs Werbung erfolgen muss. Im Ergebnis kommt das Gericht zur Auffassung, dass der Internetauftritt von Doc Morris nicht unter den Werbebegriff von § 8 Abs. 2 HWG fällt. Der Arzneimittelversand nach Deutschland ist der Entscheidung des LG Berlins nach zulässig.[4]

Das KG Berlin kam im Berufungsverfahren in seinem Urteil vom 29.05.2001 (Az U10150/00) jedoch zu einer anderen Auffassung und hob das Urteil seines Landgerichts entsprechend auf.

Es hält das im Gesetz benannte Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 S.1 AMG für den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, um eine Verbesserung der Arzneimittelsicherheit mittels der Gewährleistung einer fachkundigen Beratung durch den Apotheker zu erreichen. Ein Ausnahmetatbestand gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG liegt nicht vor, da es das Kammergericht für fraglich hält, ob die Voraussetzung einer „nicht gewerbs- oder berufsmäßige Vermittlung“ tatsächlich gegeben ist. Des weiteren fehlt es an einem „Beziehen der Arzneimittel“ im Sinne des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG, da dies einen Kauf unter persönlicher Anwesenheit in der ausländischen Apotheke erfordert. Grundsätzlich umfasse der Wortlaut des „Beziehens“ zwar auch eine telefonische, schriftliche oder per Internet getätigte Bestellung, jedoch hält es unter arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten und einem früheren Urteil des EuGH eine einschränkende Auslegung für gerechtfertigt und geboten.[5]

Dort wurde der Versand von Arzneimitteln aus dem EG-Ausland nach Deutschland nur unter der Voraussetzung einer vorherigen persönlichen Anwesenheit des Käufers beim Kauf zur Wahrung der Beratungs- und Informationspflicht für rechtmäßig erachtet. Das Kammergericht gewann daraus die Erkenntnis, dass der EuGH das deutsche Apothekenmonopol und die damit einhergehenden Auflagen sachlich für gerechtfertigt hält und diese auch für Apotheken aus dem europäischen Ausland gelten müssen. Andernfalls läge eine Benachteiligung inländischer Apotheker vor, denen die Möglichkeit des Versands nicht gegeben ist. Die Ausnahmen des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG sind daher nur auf Einzelfälle des Reise- und grenznahen Verkehrs zu beschränken und können nicht zugunsten der Rechtmäßigkeit von reinen Versandapotheken ausgelegt werden.

Das Gericht ist weiterhin der Auffassung, dass der Verstoß der nationalen Vorschriften gegen die Warenverkehrsfreiheit des Art. 28 EGV zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen gemäß Art. 30 EGV gerechtfertigt ist. (zur Anwendbarkeit später mehr) Nur der persönliche Verkauf von Arzneimitteln in der Apotheke kann diesem Schutzgedanken ausreichend Rechnung tragen. Der Versandhandel mit Arzneimitteln bedroht darüber hinaus den Bestand der öffentlichen Apotheken, was im Interesse der Belange der Allgemeinheit nicht hinzunehmen ist.

Auch die „Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“ (nachstehend E-Commerce-RL genannt)[6] steht dem Versandhandelsverbot nicht entgegen, da die Anforderungen bezüglich der Lieferung von Human-Arzneimitteln nicht in den koordinierten Bereich fallen. Die zwischenzeitlich in deutsches Recht umgesetzte Fernabsatzrichtlinie erlaubt in Art. 14 den Mitgliedsstaaten, für bestimmte Waren wie beispielsweise Arzneimittel, den Vertrieb im Fernabsatz auszuschließen.

Entgegen der Auffassung seines Landgerichts stellt das Kammergericht Berlin auch einen Verstoß gegen das Werbeverbot des § 8 Abs.1 S.1 HWG fest und ist der Ansicht, dass es sich bei dem Internetauftritt von Doc Morris um eine Werbung im Sinne der Richtlinie 92/28/EWG handelt. Das Anbieten von in Indikationsgruppen unterteilten Arzneimitteln mit Preisangabe und Produktbeschreibung stellt zweifelsfrei eine verbotene Werbung im Sinne der Richtlinie dar, da gezielt für die Einfuhr nach § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG geworben wird.

Das Werbeverbot ist unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Gesundheit und des Lebens auch mit der Warenverkehrsfreiheit gem. Art. 28 EGV vereinbar. Die E-Commerce-RL steht dem ebenfalls nicht entgegen, da der Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Verbraucherschutz durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften geregelt werden können. Die Untersagung des Arzneimittelversandhandels ist den Mitgliedsstaaten in Art. 14 der Fernabsatzrichtlinie ausdrücklich erlaubt, so dass dies notwendiger Weise auch für das Werbeverbot gelten muss.

Doc Morris wirbt auch für den Bezug von in Deutschland nicht zugelassenen und verschreibungs-pflichtigen Arzneimitteln, so dass weiterhin in Verstoß gegen die §§ 3a und 10 HWG in Frage kommt. Da sämtliche Verstöße wettbewerbswidrig nach §1 UWG sind, untersagte das KG Berlin Doc Morris den Versandhandel mit Arzneimitteln nach Deutschland im Rahmen einer einstweiligen Verfügung.[7]

1.2 der Rechtsstreit in Frankfurt am Main

Im Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt am Main waren zwei Klagen gegen die Firma Doc Morris, die auch hier der Antragsgegner war, anhängig. Antragsteller im zuerst ergangenen Urteil vom 09.11.2000 mit dem Aktenzeichen 2-03 O 365/00 war ein deutsches Pharmaunternehmen, das weltweit Arzneimittel vertreibt. Im zweiten – ebenfalls am 09.11.2000 ergangenen Urteil mit dem Aktenzeichen 2-03 O 366/00 war Antragsteller der Deutsche Apothekenverband e.V., der sich aus den Landesapothekerverbänden der einzelnen Bundesländer zusammensetzt. Mitglieder dort sind wiederum Leiter öffentlicher Apotheken in Deutschland. Aufgrund der Gemeinsamkeiten zwischen beiden Rechtsstreitigkeiten erfolgt nachstehend eine zusammenfassende Erörterung. In beiden Fällen war das Klagebegehren der Antragsteller ebenfalls eine Untersagung des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln.

Die Antragsteller im Frankfurter Rechtsstreit beriefen sich im Wesentlichen auf die selben Rechtsvorschriften wie im Berliner Fall. Zum Tragen kamen also auch hier ein Verstoß gegen das Versandhandelsverbot des § 43 Abs. 1 AMG sowie zusätzlich gegen § 17 Abs. 2 der Apotheken-betriebsordnung (ApoBetrO). Die Ausnahmevorschriften des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG seien laut den Verfügungsklägern nicht einschlägig, da sie nur den gelegentlichen Medikamentenversand im Ausnahmefall und nicht den gewerblichen Betrieb einer Versandapotheke gestatten. Im Übrigen liege auch hier ein Verstoß gegen das Werbverbot der §§ 3a, 8 Abs. 2 und 10 HWG vor.

Doc Morris ist auch hier der Ansicht, dass der Betrieb der Internetapotheke nicht gegen die Vorschriften den AMG, des HWG und der ApoBetriebsO verstößt, da das Verhalten durch die Ausnahmetatbestände des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG gedeckt sei und eine europarechtskonforme Auslegung zur Anwendung komme müsse, um der Freiheit des Warenverkehrs gem. Art. 28 EGV Rechnung zu tragen. Die Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung können im übrigen nur für deutsche Apotheken Geltung finden. Auch im Hinblick auf die Vorschriften des HWG müsse eine enge Auslegung erfolgen, da ein generelles Werbeverbot weder mit den Regelungen der E-Commerce-RL noch mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs des Art. 28 EGV vereinbar wäre.

Das Gericht bejaht den Verstoß gegen das sich aus dem AMG ergebende Versandhandelsverbot, da sämtliche Vorschriften dem Schutz der öffentlichen Gesundheit als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut dienen. Es hält die Ausnahmevorschriften des § 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG für nicht anwendbar, da es in dem gewerblichen Versandhandel eine berufs- oder gewerbsmäßige Vermittlung sieht. Es erachtet die Personengleichheit von Verkäufer und Vermittler als unproblematisch und plädiert für eine enge Auslegung der Vorschrift, um deren Schutzwirkung zu erhalten. Würde man den gewerblichen Versandhandel von § 73 Abs.2 Nr. 61 AMG als gedeckt ansehen, hätte dies die grundsätzliche Zulässigkeit des Arzneimittelversandes aus der EU nach Deutschland zur Folge, was nicht die Intention des Gesetzgebers bei Schaffung dieser Norm gewesen sein dürfte.

Ein Verstoß des Verbots gegen Art. 28 EGV sieht das Gericht nicht, es hält vielmehr dessen Anwendung schon für fraglich. (zur Anwendbarkeit später mehr) In jedem Fall steht jedoch das möglicherweise gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßende Versandhandelsverbot in Einklang mit Art. 30 EGV, da es als Maßnahme zum Schutz von Gesundheit und Leben von Menschen notwendig und gerechtfertigt ist und eine vollständige Harmonisierung des Regelungsbereiches (Arzneimittel) auf EU-Ebene bislang nicht realisiert ist. Es hält Schutzmöglichkeiten und die Beratungsqualität beim Versandhandel für nicht gleichwertig gegenüber der persönlichen Abgabe in den Betriebsräumen der Apotheken. Des weiteren ist das Missbrauchspotential im Versandhandel laut Gericht deutlich höher. Ein Verstoß gegen Art. 3 der E-Commerce-RL sieht das Frankfurter Landgericht ebenfalls nicht, da das Verbot des grenzüberschreitenden gewerblichen Versandhandels mit Medikamenten nicht in den koordinierten Bereich dieser Richtlinie fällt.

Es bejaht zudem einen Verstoß gegen Werbeverbot gem. §§ 8 Abs. 2 Alt. 2, 3a und 10 HWG. Zwar gelten die Vorschriften des HWG nur für Deutschland, jedoch kommt es entscheidend auf die Zielrichtung der Werbung und nicht auf die Herkunft an. Doc Morris zielt mit seinen deutschsprachigen Internetseiten gezielt auf den hiesigen Markt ab. Der Internetauftritt erfüllt die Anforderungen des Werbebegriffs der Richtlinie 92/28/EWG. Eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des

Werbebegriffs ist zu verneinen, da sich ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit des Art. 28 EGV zum Schutz von Gesundheit und Leben von Menschen gem. Art. 30 EGV rechtfertigen lässt.

Eine Einschränkung des Werbebegriffs ergebe sich auch nicht aus den Regelungen der Richtlinie über E-Commerce. Zwar fällt das Werbeverbot zunächst in den koordinierten Bereich dieser Richtlinie, es ist jedoch durch den Art. 1 Abs. 3 der gleichen Vorschrift zum Schutz der Gesundheit und des Verbraucherschutzes gerechtfertigt. Ein Werbeverbot mache den Arzneimittelversandhandel zwar in der Tat gänzlich unmöglich, jedoch ist dieses Vorgehen eindeutig in Art. 14 der bereits in deutsches Recht umgesetzten Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG[8] so vorgesehen und somit vom europäischen Gesetzgeber als Teil des gemeinschaftsrechtlichen Schutzniveaus anerkannt. Es bestehe demnach keine Notwendigkeit, den Werbebegriff im Sinne von Doc Morris einschränkend auszulegen.

[...]


[1] EuGH, DocMorris/Deutscher Apothekerverband e.V., Rs. C-322/01.

[2] Stewens, Christa, Perspektiven zur Regelung des Internetversandhandels von Arzneimitteln..., S.9.

[3] Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel.

[4] Siehe hierzu ausführlich: LG Berlin, Urteil vom 07.11.2000 (103 O 192/00).

[5] EuGH Slg. 1989, Rs. 215/87 „Schuhmacher“.

[6] Richtlinie 2000/31/EG „Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“ (E-Commerce-RL).

[7] Siehe hierzu die Entscheidung: KG Berlin, Urteil vom 29.05.2001 (5 U 10150/00).

[8] Richtlinie 97/7/EG des Rates vom 20.05.1997 über den Verbraucherschutz bei Fernabsatzverträgen.

Final del extracto de 21 páginas

Detalles

Título
Rechtsprobleme von Internetapotheken
Universidad
University of Applied Sciences Berlin
Curso
Wirtschaftsverwaltungsrecht
Calificación
1,3
Autor
Año
2005
Páginas
21
No. de catálogo
V38602
ISBN (Ebook)
9783638376129
ISBN (Libro)
9783638790352
Tamaño de fichero
502 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Rechtsprobleme, Internetapotheken, Wirtschaftsverwaltungsrecht
Citar trabajo
Christian Quellmalz (Autor), 2005, Rechtsprobleme von Internetapotheken, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38602

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