Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Definitionen von Sozialisation
2.1 Pädagogische Perspektive des Sozialisationsbegriffes
2.2 Psychologische Perspektive des Sozialisationsbegriffes
2.3 Soziologische Perspektive des Sozialisationsbegriffes
3. Vergleichende Analyse der drei vorgestellten Perspektiven
3.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede
3.2 Gewichtung
4. Diskussion und eigene Definition
5. Schluss
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In dieser Hausarbeit wird der Begriff der Sozialisation vorgestellt. Es soll aber nur einen kleinen Einblick in das große Feld der Sozialisation geben. Die Sozialisation wird je nach Wissenschaft mehr oder weniger anders umfasst. Die Sozialisation und die Bildung sind zwei grundlegende Konzepte der Erziehungswissenschaft. Sozialisation ist ein lebenslanger Lernprozess eines Menschen, deren Entwicklung durch seine Umgebung, also Freunde, Bekannte, Kultur und Gesellschaft etc. beeinflusst wird. Da es viele Sozialisationstheorien gibt, wird es auf drei Perspektive eingegrenzt. In dieser Hausarbeit wird der Begriff Sozialisation aus drei verschiedenen Perspektiven betrachtet, nämlich die pädagogische-, die psychologische- und die soziologische Perspektive und die Perspektiven gegenübergestellt. Wichtige Werkzeuge dieser Hausarbeit stellen die Lexika der Pädagogik, Psychologie und der Soziologie dar. Binnen dieser Hausarbeit werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser verschiedenen Perspektiven beschrieben und dargestellt. Das Ziel dabei ist, am Ende eine individuelle Definition des Begriffes der Sozialisation zu formulieren. Diese Hausarbeit soll nur einen Einblick auf die Sozialisation geben da alle Theorien vorzustellen zu viel für diese Hausarbeit wären, daher kann diese Hausarbeit auch nur einen Teilgebiet des Begriffes Sozialisation umfassen. Infolgedessen kann die individuelle Definition keine allumfassende Definition des Begriffes sein. Bis heute gibt es keine allgemeine Theorie der Sozialisation, obwohl es auch Versuche gibt, umfangreiche Modelle zu erstellen, beispielsweise das Modell der „produktiven Realitätsverarbeitung“ nach Klaus Hurrelmann.1
2. Die Definitionen von Sozialisation
2.1 Pädagogische Perspektive des Sozialisationsbegriffes
Die erste Perspektive die dargestellt wird, ist die Pädagogische. Nach Prof. Dr. Klaus Hurrelmann ist die Sozialisation wie oben beschrieben ein lebenslanger Lernprozess des Menschen, welches durch die Auseinandersetzung seiner „inneren und äußeren Realität“2 bestimmt wird. Diesen Prozess bezeichnet Prof. Dr. Hurrelmann zu Beginn seiner Definition als „produktive Realitätsverarbeitung“.
Prof. Dr. Hurrelmann beschreibt die Persönlichkeit in der gleichen Definition, wie folgt: „ Mit Pers ö nlichkeit wird das einem Menschen spezifische organisierte Gef ü ge von Merkmalen, Eigenschaften, Einstellungen, Fertigkeiten und Handlungskompetenzen bezeichnet, das sich auf der Grundlage der biologischen und psychischen Ausstattung als Ergebnis der Bew ä ltigung von Lebensaufgaben jeweils lebensgeschichtlich ergibt. “ 3
Also stellt Hurrelmann die Theorie, dass die Persönlichkeit des Menschen in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt und dem Charakter ausgebildet wird. In jedem Lebensabschnitt eines Menschen führen die physischen, äußeren und sozialen Umweltbedingungen ebenso die inneren, psychischen und körperlichen Bedingungen zur Entwicklung der Persönlichkeit und dem Charakter. Die Persönlichkeit eines Menschen formt sich, indem es sich an das Wert- und Normensystem der Gesellschaft richtet.
Heutzutage spielt Sozialisation eine wichtige Rolle in der Sozialwissenschaften. Das spiegelt sich in der zunhmenden Anzahl der Theorien wieder. Emile Durkheim war die Erste, die die Bedeutung der Sozialisation für die Erziehung illustrierte.4 Es gibt sehr viele verschiedene Ansätze wie psychoanalytische (Erikson, Freud), entwicklungstheoretische (Piaget), lerntheoretische (Bandura), interaktionistische (Mead) Ansätze, die zur Erklärung von Vorgängen in Sozialisation entworfen sind und heutzutage immer noch entwickelt werden. Von diesen Ansätzen gehen zum einen der soziologische Ansatz von Krappmann und zum anderen der psychoanalytische Ansatz von Erik H. Erikson von allen anderen Ansätzen als stärkste hervor.
Die Sozialisation wird in dem Rollenkonzept des soziologischen Interaktionismus als eine Identitätsbildung dargestellt. Identität wird nach Krappmann als ein Prozess dargestellt, der ständig wiederholt wird. In diesem Prozess muss ein Gleichgewicht zwischen Erwartungen und Bedürfnissen hergestellt werden.5 Folglich findet im sozialen Kontext die Identitätsbildung statt. Es müssen drei Gleichgewichte hergestellt werden. Das Erste ist ein Gleichgewicht, der zwischen paradoxen Rollenerwartungen hergestellt wird. Das Zweite ist ein Gleichgewicht, der zwischen den eigenen Bedürfnissen des Individuums und den Anforderungen anderer hergestellt wird. Und das Letzte ist ein Gleichgewicht, der zwischen dem individuellem Bedürfnis sich von allen anderen abzuheben und von allen übrigen anders darzustellen. Die Rollendistanz, die Identitätsdarstellung, die Ambiguitätstoleranz und die Empathie6 sind die vier identitätsfördernde Fähigkeiten, die Krappmann nennt, um die eigene Identität zu formen. Durch sie und durch dynamische Interaktionsprozesse wird das Individuum zu einem Mitglied der Gesellschaft.
Die Definition von Hurrelmann greift auch auf die psychoanalytische Theorie von Erik H. Erikson auf. Erikson erweitert die psychosexuelle Phasen Freuds und geht davon aus, dass Sozialisation in fünf Phasen stattfindet. Es ist wichtig, Krisen in den jeweiligen Phasen zu bewältigen, um den Sozialisationsprozess erfolgreich abzuschließen. Jede Phase beinhaltet eine bestimmte Krise. Um in die nächste Phase zu gelangen, muss die jeweilige vorherige Krise bewältigt werden.7 Bewältigt man eine bestimmte Krise in der bestimmten Phase nicht, bleibt man in dieser Phase stecken und die Entwicklung des Menschen misslingt und die Sozialisation ebenso. Nach Erikson ist die Entwicklung der autonomen Persönlichkeit das wesentliche Ziel. In jeder Phase ändert sich die Identitätsbildung und ist jeder Zeit änderbar, also nicht statisch. Zum Beispiel lernt das Kind in der zweiten Phase „Autonomie vs. Scham und Zweifel“8 seine Umwelt klarer wahrzunehmen. In dieser Phase lernt man die Unabhängigkeit. Dem Kind sollte mehr Freiraum für eigenverantwortliches Handeln gelassen werden. Im anderen Fall kann es sein, dass dem Kind Schamgefühle und Zweifel aufkommen.9
2.2 Psychologische Perspektive des Sozialisationsbegriffes
Die nächste Perspektive die dargestellt wird, ist die Psychologische. In dieser Perspektive fasst die Psychologie die Sozialisation als ein „ Hineinwachsen in soziale Beziehungsnetze “ 10 auf. Auch die Psychologie geht auf die von Hurrelmann aufgestellte „produktive Realitätsverarbeitung“ ein. Das Individuum ist einem passiven Prozess der Eingliederung ausgesetzt, welches als Sozialisation benannt wird. Allerdings nimmt das Individuum die Realität nicht nur passiv hin, sondern handelt aktiv gestaltend gegenüber der Realität. Das bedeutet, dass der Einzelne durch aktive Auseinandersetzung mit anderen Personen soziale Erfahrungen sammelt und so ein Mitglied der Gesellschaft wird.11 Heutzutage gilt Hurrelmanns produktive Realitätsverarbeitung gleich dem „ Mitglied Werdens in einer Gesellschaft “ .12 Hurrelmann sieht die Sozialisation als einen Prozess, wo der Einzelne seine Persönlichkeit durch das Wechselspiel zwischen soziale Integration und Individuation entwickelt.13 Soziale Integration bedeutet, dass man sich an die jeweiligen gesellschaftlichen Werte und Normen anpasst. Die Individuation hingegen bezeichnet das Streben nach Einzigartigkeit, also dass das Individuum versucht wirklich einmalig zu sein. Demzufolge üben die sozialen Umweltbedingungen und die individuellen Vorgaben einen großen Einfluss auf die Persönlichkeit, mehr die Persönlichkeit bildet sich in einer aktiven Auseinandersetzung aus diesen beiden. Daraus können wird entnehmen, dass die Sozialisation nicht nur soziologische sondern auch die entwicklungspsychologischen Mechanismen einschließt. Dazu nimmt man die Theorie von Erikson zur Hilfe. Dadurch das die Theorie von Erikson auf die psychoanalytischen Annahmen Freuds aufbaut, kann die Theorie von Erikson als die erste psychoanlaytische Theorie der Sozialisation aufgefasst werden. Im Mittelpunkt von der Theorie von Erikson steht die Persönlichkeit. Beispielsweise fängt das Kind in der zweiten Phase der Theorie an, seine Umwelt gezielt wahrzunehmen, dadurch entwickelt sich die Autonomie des Individuums. Wenn die Eltern oder aber auch externe, soziale Instanzen in dieser Phase Sanktionen ausüben, kann es sein, dass das Kind Gefühle von Scham und Zweifel entwickelt. Schuldgefühle können auch entwickelt werden, wenn dem Kind interne soziale Kontrollen wie Gebote und Verbote gegeben werden.14
2.3 Soziologische Perspektive des Sozialisationsbegriffes
Die letzte Perspektive die dargestellt wird, ist die Soziologische. Sozialisation wird in der Soziologie als eine „ […] Bezeichnung f ü r den Prozess, durch den ein Individuum ein eine soziale Gruppe eingegliedert wird […] . “ 15 beschrieben. Um ein Mitglied in der Gesellschaft zu werden, muss das Individuum gewisse Verhaltensmuster aufweisen. Zusätzlich muss das Individuum gewisse Werte und Normen der jeweiligen Gesellschaft akzeptieren und befolgen. Außerdem liegt die Gesellschaft einige Rollen fest. Diese Erwartungen muss widerum das Individuum erfüllen.16 Ralf Dahrendorf unterteilt diese Rollenerwartungen in drei.17 Die erste Rollenerwartung ist die „Muss - Erwartung“18, die an die Rollenträger gestellt sind. Diese Erwartungen sind rechtlich festgelegt und für alle verpflichtend. Die zweite Rollenerwartung ist die „Soll - Erwartung“19. Diese Erwartungen sind wiederum nicht rechtlich festgelegt. Die dritte und letzte Rollenerwartung ist die „Kann - Erwartung“20, welche nicht verpflichtend sind. Wenn man die ersten beiden Erwartungen nicht erfüllt oder sie nicht einhält, kann dies eine negative soziale Strafe nach sich ziehen. Um in die Gesellschaft ganz eingegliedert zu werden, muss das Individuum die Rollenerwartungen erfüllen und die Werte und Normen, die eine Kultur mit sich bringt, verinnerlichen. Man spricht hier auch von einer „Internalisierung“21. Diesen Ausdruck verwendet auch Hurrelmann. Seine acht Maxime, die er im Rahmen der „produktiven Realitätsverarbeitung“ erstellt, sind für die Bewältigung von „Internalisierung und Integration“22 von großer Bedeutung. Damit der Sozialisationsprozess erfolgreich abgeschlossen wird, müssen Anforderungen erfüllt werden, wie die Internalisierung und die Integration. Mit Internalisierung wird der Aufbau der Persönlichkeitsstruktur des Individuums gemeint.
[...]
1 Hurrelmann 1999, S. 483-484
2 Hurrelmann 1999, S. 483.
3 Hurrelmann 1999, S. 481.
4 Vgl. Hurrelmann 1999, S. 481.
5 Krappmann 2000, S.100-101
6 Krappmann 2000, S. 132-168.
7 Vgl. Erikson 2003, S. 114.
8 Erikson 2003, S. 115.
9 Vgl. Erikson 2003, S. 115.
10 Petzold/Miller 2001, S. 203.
11 Vgl. Petzold/Miller 2001, S. 204.
12 Petzold/Miller a.a.O., S. 204.
13 Vgl. Petzold/Miller 2001, S. 204
14 Vgl. Erikson 2003, S. 115.
15 Vermittler und Unterstützer kommen sogenannte Klinger 2007, S. 605.
16 Vgl. Klinger 2007, S. 605.
17 Dahrendorf 2010, S. 39.
18 Dahrendorf a.a.O., S. 39.
19 Dahrendorf a.a.O., S. 40.
20 Dahrendorf a.a.O., S. 40-41.
21 Klinger 2007, S. 606.
22 Klinger a.a.O., S. 606.