Die Identitätsentwicklung in der Jugendphase. Äußere Einflüsse der Peergroup und Schule auf die Identitätsfindung


Hausarbeit, 2014

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Begriff der „Jugend“.

2 Theorien zur Identitätsentwicklung
2.1 Begriff der „Identität“
2.2 Identitätsentwicklung nach Erik H. Erikson.
2.3 Identitätsentwicklung nach Heiner Keupp

3 Externe Faktoren zur Identitätsentwicklung
3.1 Die Peergroup
3.2 Die Schule

Fazit.

Literaturverzeichnis

Einleitung

Jeder Mensch macht im Laufe seiner Entwicklung eine Phase durch, in der er sich fragt, wer er ist und was er will. Es wird sich nicht selten gegen die Eltern aufgelehnt, Anschluss an Cliquen gesucht und ein Verhalten gezeigt, welches bei nur wenigen auf Verständnis stößt. Diese Phase ist gemeinhin als Jugendphase bekannt. Jugendliche befinden sich in dieser Phase im Umbruch. Sie müssen sich von der Kindheit verabschieden und den Weg zum Erwachsensein gehen. Dabei steht eine Frage ganz besonders im Mittelpunkt: Wer bin ich?

Jugendliche sind also auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Hierbei entsteht jedoch ein Dilemma: zum Einen wollen sie sämtliche Rechte besitzen, die das Erwachsensein mit sich sich bringt, zum Anderen müssen sie sich aber auch mit den dazugehörigen Regeln und Pflichten auseinandersetzen und diese einhalten. Es muss eine Balance zwischen den eigenen Wünschen und Vorstellungen und der ihnen von der Erwachsenenwelt auferlegten Normen und Werten geschaffen werden. Hier stellt sich die Frage, wie die Jugendlichen diesen Prozess bewerkstelligen.

Dieser Frage soll die vorliegende Arbeit nachgehen. Hierfür werden zunächst die Begriffe der Jugend und der Identität definiert, um anschließend die Theorien von Erik H. Erikson und Heiner Keupp zur Identitätsentwicklung darzustellen. Abschließend werden noch die äußeren Einflüsse der Peergroup und der Schule auf die Identitätsfindung der Jugendlichen untersucht, da die Identitätsentwicklung immer im Kontext der Umwelt des Heranwachsenden stattfindet.

1 Begriff der „Jugend“

Eine eindeutige Definition von „Jugend“ zu bestimmen, ist schwierig. Traditionell bezeichnet man wohl die Phase zwischen Kindheit und Erwachsenendasein als „Jugend“, aber allein hier klar zu definieren, was diese Phase beinhaltet und was nicht, erweist sich als fast unmöglich. Hinzukommt, dass der ständige gesellschaftliche Wandel immerzu nach einer neuen Definition der Phase „Jugend“ ruft.

Die einfachste Möglichkeit einer Definition von „Jugend“ ist vermutlich die juristische. Hier kann auf klare Regelungen und geschriebene Gesetze, die klären, was Jugendliche dürfen und was nicht, zurückgegriffen werden. In § 1 Absatz 2 JGG wird ein Jugendlicher als „wer […] vierzehn, aber noch nicht achtzehn […] Jahre alt ist“ definiert. Heranwachsender, und somit laut Gesetz nicht jugendlich ist, „wer […] achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.“ Kind ist nach § 176 Abs. 1 StGB „eine Person unter vierzehn Jahren“ . (vgl. Förtig 2002: 3)

Auch wenn sich die juristische Definition an soziologischen Begebenheiten orien- tiert, lassen sich diese kaum in solch starre Schemata zwängen. Die Bestimmung al- lein durch eine Altersgrenze scheint unsinnig oder zumindest nicht ausreichend. So- wohl soziale als auch ökonomische Aspekte sollten sinnvollerweise in die Definition einfließen. Gilt die Jugendphase laut Jugendgerichtsgesetz als mit achtzehn abge- schlossen, lässt sich dies soziologisch nicht bestätigen. Durch die verlängerte Ausbil- dungs- und Schulzeit deutlich über das 18. Lebensjahr hinaus und die damit meist verbundene Abhängigkeit, finanziell und auch sozial, verlängert sich folglich auch das Jugendalter, da das Ablösen vom Elternhaus als elementar für das Ende des Ju- gendalters gesehen wird. (vgl. Bartlitz 2006: 2)

Zum Ablösen gehört selbstverständlich zunächst das Schaffen einer persönlichen und sozialen eigenen Identität (eigene Meinung, eigene Wohnung, etc.), aber auch die ökonomische Unabhängigkeit (vgl. ebd.). Diese wird jedoch immer später erreicht. Wenn nach der Schulausbildung noch ein Studium angestrebt wird, bleiben die Eltern häufig finanzieller Unterstützer, und das teilweise noch bis Mitte/Ende der Zwanziger. Allerdings schwindet hier der Stellenwert für die Beendigung der Jugendphase, die dann in die Post- Adoleszenz übergeht. Kennzeichnend hierfür ist die Mündigkeit ohne wirtschaftliche Grundlage. (vgl. Schäfers 2001: 17)

Aufgrund von individuellen Unterschieden in den oben genannten Kriterien ist das Schaffen einer allgemeingültige Altersgrenze, die die Jugendphase nach unten und nach oben beschränkt, schwierig. Nach unten hin könnte man vermutlich das Alter von 12 Jahren als einen Annäherungspunkt setzen, auch wenn sich die Tendenz zeigt, dass die Geschlechtsreife immer früher eintritt. Die Grenze nach oben gestaltet sich, wie schon zuvor angedeutet, schwieriger, jedoch lässt sich vermutlich ein Alter von 25 aufwärts festlegen (vgl. Remscheidt 1992: 2). Verschiebungen kann es durch das Nichtfinden eines Arbeitsplatzes oder durch verlängerte Studienzeiten geben. Der Trend zeigt: Die Jugendzeit in den Industrieländern verlängert sich stets (vgl. Förtig 2002: 5).

2 Theorien zur Identitätsentwicklung

Im Folgenden soll zunächst der Terminus der „Identität“ geklärt und anschließend zwei Theorien zur Identitätsentwicklung dargestellt werden. Hierbei handelt es sich zum Einen um die klassische und zentrale Theorie Erik H. Eriksons und zum Anderen um den sozialpsychologischen Ansatz Heiner Keupps.

2.1 Begriff der „Identität“

Für den Begriff der „Identität“ gibt es keine allgemeingültige und einheitlich Defini- tion. Jedoch herrscht zumindest in einigen Charakteristika Konsens. Identität ist zu- nächst „die einzigartige Kombination von persönlichen, unverwechselbaren Daten des Individuums wie Name, Alter, Geschlecht und Beruf, durch die das Individuum gekennzeichnet ist und sich von anderen abgrenzt“ (Oerter/Montada 2009: 303). Dies allein genügt jedoch nicht. Hinzukommt noch das Bild, welches die Mitmenschen von dieser besonderen Persönlichkeitsstruktur haben und ferner, besonders wichtig für die Identitätsentwicklung in der Jugendphase, die Selbsterkenntnis, also zu wis- sen, was einen charakterisiert. (vgl. ebd.)

Wichtig ist folglich eine Art „innere Identität“ und damit das Selbstbild sowie eine „äußere Identität“, die beinhaltet, wie das Umfeld die Persönlichkeit wahrnimmt und beurteilt.

Häufig deckungsgleich wird der Begriff des „Selbst“ verwendet, welcher auf James (1890) zurückgeht. Er sieht das „Selbst“ primär als soziale Erfahrung und unterschei- det hier weiter zwischen „I“ und „Me“. „Me“ meint die Person als Objekt in ihrer ei- genen Wahrnehmung, „I“ das erkennende Subjekt, was der Welt gegenübersteht und handelt. George Herbert Mead entwickelte diesen Begriff maßgeblich weiter und trug ihn nach außen, da für Mead die bestimmende Elemente für die Entstehung des „Selbst“ die soziale Interaktion und Kommunikation waren und nicht länger die indi- viduellen Auseinandersetzungen mich sich und der Welt. (vgl. ebd.: 4)

2.2 Identitätsentwicklung nach Erik H. Erikson

Erikson unterscheidet mehrere Identitätsbegriffe. Im Folgenden soll sich primär auf den der „Ich-Identität“ beschränkt werden, der sich am meisten mit der oben verfass- ten Definition von „Identität“ deckt. Für Erikson drückt sein Begriff der „Ich-Identi- tät“ „eine wechselseitige Beziehung aus, als er sowohl ein dauerndes inneres Sich- Selbst-Gleichsein wie ein dauerndes Teilhaben an bestimmten gruppenspezifischen Charakterzügen umfasst“ (Erikson 2013: 124). In dieser Definition werden schon die drei Elemente deutlich, die für Erikson bei der Beschreibung von Identität am exis- tenziellsten sind: Kontinuität, Gleichheit und soziale Wechselseitigkeit. Es ist also unerheblich, wie ich mich gerade fühle oder was ich gerade erlebe, da ich im Kern bei sämtlichen Gefühlen, Gedanken und Handeln der einheitliche sowie gleichblei- bende Mensch bin. (vgl. Conzen 2010: 23)

Für Erikson verläuft die Persönlichkeitsentwicklung nach einem epigenetischen Prin- zip. Dieses besagt, „daß alles, was wächst, einen Grundplan hat, dem die einzelnen Teile folgen, wobei jeder Teil eine Zeit des Übergewichts durchmacht, bis alle Teile zu einem funktionierenden Ganzen herangewachsen sind“ (Erikson 2013: 57). Dieser für alle Menschen einheitliche Grundplan ist in einzelne Stufen gegliedert (vgl. ebd. : 58f.).

Auch wenn Erikson annimmt, die Identitätsentwicklung sei ein lebenslanger Prozess, übernimmt die Jugendphase für ihn eine besondere Rolle in eben diesem Prozess (vgl. Abels 2008: 93). Aufgrund dessen soll sich im Folgenden auf die Phase der Adoleszenz beschränkt und die anderen sieben Stufen des Lebenszyklus bei Erikson außer Acht gelassen werden.

Hierfür müssen zunächst einige Charakteristika der Jugendphase bei Erikson festge- stellt werden. Sie beginnt für ihn mit dem Einsetzen der Pubertät und dem damit ver- bundenen Wachstum der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale. Auf der einen Seite führt diese Entwicklung, die beispielsweise auch die erste Menstruation bzw. den ersten Samenerguss mit einschließt, zu einem neuen Stolz und Autonomie.

Die eigene geschlechtliche Identität wird konkreter erlebt und man fühlt sich de m Erwachsensein näher (vgl. Conzen 2010: 81). Auf der anderen Seite führt all dies auch zu großer Verunsicherung. Die Jugendlichen erleben eine neue Sensibilität gegenüber der Anerkennung unter Gleichaltrigen und vermeintliche oder tatsächliche Mängel in der körperlichen Entwicklung oder im Aussehen führen zu Selbstzweifeln (vgl. ebd.). Ganz gleich ob Verunsicherung oder Stolz, führen diese Veränderung zu einer erhöhten Selbstaufmerksamkeit (vgl. Abels 2008: 97).

Diese neu gewonnene Sensibilität führt laut Erikson auch zu einer Prüfung des Inne- ren. Es regt sich der Wunsch, eigene und neue Wege zu gehen. Dieses geht häufig mit einer Loslösung aus der Familie, die vorher primär identitätsstiftend war, hin zur „Peergroup“, also den Gleichaltrigen, einher (vgl. ebd.: 97f.; Conzen 2010: 83). In diesem neuen Umfeld geht es nun vermehrt darum, Erwartungen zu entsprechen und Anerkennung zu erlangen. Die Jugendlichen müssen ihr Selbstbild mit den Erwartun- gen der anderen vergleichen und möglichst Übereinstimmung erreichen, da sie ledig- lich so Anerkennung gewinnen und ihren Status in der Gruppe verbessern können. Dies kann jedoch auch zu einem schnell krankhaft wirkenden Versuch zur Erlangung von Anerkennung werden. (vgl. Abels 2008: 99)

Gelingt es die gemachten Erfahrungen sowie Veränderungen mit den neuen Herausforderungen zu einem nach innen und nach außen stimmigen Bild zusammenzufügen, so entsteht ein Gefühl der „Ich-Identität“.

Die Jugendphase ist eine Phase des Suchens, Neufindens und Zurücknehmens. Dabei nehmen die Jugendlichen sogenannte Probeidentitäten an. Um diesen Prozess einfa- cher zu gestalten, fällt es auf, dass die Heranwachsenden häufig sehr strikte Meinun- gen vertreten und so beispielsweise eine Stilrichtung absolut befürworten und die an- deren absolut ablehnen sowie sich stark abgrenzen. Es herrscht also ein großes Be- dürfnis nach Totalität, was dabei helfen soll, eine Identitätsdiffusion zu verhindern und die eigene Identität zusammenzuhalten (vgl. ebd.). Eine Identitätsdiffusion ist gekennzeichnet von starken Zweifeln bezüglich der Frage, wer man ist oder was man will (vgl. Conzen 2010: 81). Um diese Zweifel loszuwerden, flüchten sich die Ju- gendlichen möglicherweise in ihre „negative Identität“. Hierbei nähert sich der Ju- gendliche in seinen Vorstellungen und Handlungen den Personen oder Ideologien an, die ihm im Kindesalter noch als böse und unmoralisch vermittelt worden sind. (vgl. Conzen 2010: 148)

Für Erikson ist es entscheidend, dass in jeder seiner acht Lebensphasen eine Tugend ausgebildet wird. Diese Tugend ist in der Phase der Jugend die Treue (vgl. Abels 2008: 101). Sie schließt an der schon erwähnten Totalität an. Man kann diese Treue als Verpflichtung gegenüber der gewählten Ideale verstehen. Damit „wird die Identi- tät an etwas gebunden, was selbst Teil dieser Identität wird“ (ebd.) und sorgt so für Stabilität.

Damit die Heranwachsenden mit ihren Probeidentitäten experimentieren und gegebe- nenfalls auch provozieren können, bietet die Gesellschaft ihnen eine eigens für sie entwickelte psychosoziale Nische und lässt ihnen somit Zeit, zu den eigenen Einstel- lungen und somit zur eigenen „Ich-Identität“ zu gelangen (vgl. ebd.: 101f.). Erikson bezeichnet diese Nische auch als ein „psychosoziales Moratorium“. Jugendliche dür- fen hier teils jugendliche, teils erwachsene Verhaltensformen ausleben oder zumin- dest ausprobieren. (vgl. ebd.)

Für Erikson ist jeder seiner Lebensphasen durch eine bestimmte Krise gekennzeich- net. Im Fall der Jugendphase besteht diese Krise zwischen Identität und Identitätsdif- fusion. Die Lösung dieser Krise am Ende der Jugendphase bildet für Erikson eine be- stimmte Grundhaltung, die „Ich-Qualität“, welche Aussagen über die psychische Ge- sundheit des Einzelnen trifft. Solche Lösungen gibt es am jeden Ende der acht Pha- sen des Lebenszyklus und alle Lösungen bauen aufeinander auf. Am Beispiel der Ju- gendphase ist die positive, gesunde „Ich-Qualität“ das Gefühl der Identität, die nega- tive „Ich-Qualität“ die der Identitätsdiffusion. (vgl. Abels 2008: 96)

Im Idealfall sollte also am Ende der Adoleszenz eine positive „Ich-Qualität“ mit gefundener „Ich-Identität“ stehen, damit in der folgenden Lebensphase auf ein psychosozial gesundes Ich aufgebaut werden kann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Identitätsentwicklung in der Jugendphase. Äußere Einflüsse der Peergroup und Schule auf die Identitätsfindung
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V386527
ISBN (eBook)
9783668605992
ISBN (Buch)
9783668606005
Dateigröße
654 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
identitätsentwicklung, jugendphase, äußere, einflüsse, peergroup, schule, identitätsfindung
Arbeit zitieren
Wenka Kasper (Autor:in), 2014, Die Identitätsentwicklung in der Jugendphase. Äußere Einflüsse der Peergroup und Schule auf die Identitätsfindung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386527

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