Wechselkurse und Zinssätze sind zwei wesentliche volks- und finanzwirtschaftliche Faktoren, die Unternehmenswerte beeinflussen können. Eine Vielzahl an Unternehmen ist durch internationalen Handel, Erlöse von ausländischen Tochtergesellschaften oder durch den Besitz von Vermögenswerten in Fremdwährung einem Wechselkursrisiko ausgesetzt. In den letzten Jahrzehnten wurde in der Literatur intensiv die empirische Quantifizierung des aus der Wechselkursdynamik resultierenden Fremdwährungsexposure (FWE) untersucht und kontrovers diskutiert.
Seit Aufhebung des Bretton Woods Systems 1973 stellt die zunehmende Volatilität von Wechselkursen einen essentiellen Risikofaktor beim Währungsmanagement in Unternehmen dar. Unterstrichen wird die Relevanz dieses Risikofaktors durch die relativ gesehen hohe Volatilität von Wechselkursen, welche typischerweise deutlich höher als diejenige von Zinssätzen und Inflationskennzahlen ausfällt. Nicht zuletzt war einer der zentralen Motivationspunkte bei der Gründung des Euroraumes die Eliminierung des Wechselkursrisikos um Unternehmen einen Handel frei von unsicheren Änderungen der relativen Preise zu ermöglichen.
Neben dem Wechselkursrisiko stellt das Zinsrisiko einen ebenso wesentlichen Risikofaktor für Unternehmen dar, da dieser sowohl die zukünftigen Cash-Flows als auch deren Bewertung über den entsprechenden Diskontfaktor beeinflusst. Darüber hinaus sind Dynamiken des Zinssatzes meist sehr eng mit der Konjunktur des Wirtschaftszyklus verbunden, welche durch die Kapitalkosten wiederum die Investitionsbereitschaft von Unternehmen beeinflusst. Laut einer Umfrage von Graham und Harvey (2001) stellt das Zinsrisiko den zweitwichtigsten Risikofaktor (nach dem Kreditrisiko) für Manager von US-Unternehmen dar. [...]
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Rahmen
2.1 Wirkungskanäle des Währungs- und Zinsrisikos
2.2 Quantifizierung des Risikos
2.3 Makroökonomischer Zusammenhang von Wechselkurs und Zins
2.4 Indirektes Exposure und Hedging
3. Literaturüberblick
3.1 Beiträge zum Fremdwährungsexposure
3.2 Beiträge zum Zinsexposure
3.3 Beiträge zur Interaktion von Zinsen, Wechselkursen und Aktienpreisen
4. Datenbasis
5. Empirische Strategie und Methodik
5.1 Schätzung des Exposures
5.2 Erklärung des Exposures
6. Empirische Ergebnisse
6.1 Ausmaß des Exposures
6.2 Exposure auf Branchenlevel
6.3 Interaktion von Währungs- und Zinsexposure
6.4 Unternehmenscharakteristika als Determinanten des Exposures
6.4.1 Unternehmensgröße
6.4.2 Internationale Aktivität
6.4.3 Kapitalstruktur
6.4.4 Kapitalumschlag
6.4.5 Wachstumschancen und R&D Intensität
6.4.6 Financial Distress
6.5 Ergebnisse der Determinanten für alle Exposures
6.5.1 Interpretation der FWE Determinanten
6.5.2 Interpretation der TSE Determinanten
7. Robustness Check
7.1 Modellspezifikationen zur Schätzung des Exposures
7.2 Verwendung der Nelson Siegel Parameter für die Veränderung der Term Structure
7.3 Instrumentenvariable Ansatz für Subsample
8. Kritische Würdigung und Zusammenfassung
Anhang
A.1 Verwendete unabhängige Variablen für Determinanten
A.2 Ergebnisse Robustness Check
A.3 Generierung des internationalen Term Spread Index
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Theoretische Gleichgewichte des Währungsmarktes
Abbildung 2: Term Spread zwischen 10-Jahres und 3-Monats Treasury Yield
Abbildung 3: Verlauf des verwendeten Wechselkursindex
Abbildung 4: Anteil an Unternehmen mit sign. Exposure auf 10% Level
Abbildung 5: Höhe des Fremdwährungsrisikos über den Zeitablauf
Abbildung 6: Exposure Quantifizierung Nelson-Siegel Ansatz vs. Term Spread
Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Deskriptive Statistik der verwendeten Unternehmenskennzahlen
Tabelle 2: Deskriptive Statistik der geschätzten Exposure Koeffizienten
Tabelle 3: Anteil und Höhe des geschätzten Exposures auf Branchenlevel
Tabelle 4: Deskriptive Statistik der Exposure-Determinanten
Tabelle 5: Ergebnisse der Schätzung für Determinanten des Exposures
Tabelle 6: Koeffizientenvergleich 2SLS vs. „normal“
1. Einleitung
Wechselkurse und Zinssätze sind zwei wesentliche volks- und finanzwirt- schaftliche Faktoren, die Unternehmenswerte beeinflussen können.1 Eine Vielzahl an Unternehmen ist durch internationalen Handel, Erlöse von ausländi- schen Tochtergesellschaften oder durch den Besitz von Vermögenswerten in Fremdwährung einem Wechselkursrisiko ausgesetzt. In den letzten Jahrzehnten wurde in der Literatur intensiv die empirische Quantifizierung des aus der Wech- selkursdynamik resultierenden Fremdwährungsexposure (FWE) untersucht und kontrovers diskutiert.
Seit Aufhebung des Bretton Woods Systems 1973 stellt die zunehmende Vola- tilität von Wechselkursen einen essentiellen Risikofaktor beim Währungsma- nagement in Unternehmen dar. Unterstrichen wird die Relevanz dieses Risi- kofaktors durch die relativ gesehen hohe Volatilität von Wechselkursen, welche typischerweise deutlich höher als diejenige von Zinssätzen und Inflationskenn- zahlen ausfällt.2 Nicht zuletzt war einer der zentralen Motivationspunkte bei der Gründung des Euroraumes die Eliminierung des Wechselkursrisikos um Unter- nehmen einen Handel frei von unsicheren Änderungen der relativen Preise zu ermöglichen.3
Neben dem Wechselkursrisiko stellt das Zinsrisiko einen ebenso wesentlichen Risikofaktor für Unternehmen dar, da dieser sowohl die zukünftigen Cash- Flows als auch deren Bewertung über den entsprechenden Diskontfaktor be- einflusst.4 Darüber hinaus sind Dynamiken des Zinssatzes meist sehr eng mit der Konjunktur des Wirtschaftszyklus verbunden, welche durch die Kapitalkosten wiederum die Investitionsbereitschaft von Unternehmen beeinflusst. Laut einer Umfrage von Graham und Harvey (2001) stellt das Zinsrisiko den zweitwich- tigsten Risikofaktor (nach dem Kreditrisiko) für Manager von US- Unternehmen dar.
Trotz dieser ökonomisch einleuchtenden Zusammenhänge von Unternehmens- wert und Zinsänderungen sind empirische Untersuchungen des Zinsrisikos meist auf Unternehmen in der Finanz- bzw. Bankenbranche beschränkt, da in diesem Sektor der größte Einfluss von Zinsänderungen vermutet wird.5 Ebenso existiert nur eine limitierte Anzahl an Arbeiten, die eine empirische Un- tersuchung mit einer Interaktion dieser beiden makroökonomischen Fakto- ren in Betracht ziehen.6 Dies erscheint überraschend, zumal Wechselkurs und Zins u.a. durch die Zinsparitätentheorie einem ökonomisch logischem Gleichge- wicht folgen müssten.7 Die Liberalisierung von Finanzmärkten und rapider tech- nischer Fortschritt in der Informationsverarbeitung in den letzten Jahren verstär- ken den Zusammenhang zwischen Wechselkurs, Zins und Aktienmärkten im in- ternationalen Kontext.8 Aktuellere Forschungsbeiträge nutzen bezüglich des Zu- sammenhangs von Wechselkursen und Zinsen die gesamte Zinsstruktur um Dy- namiken von Wechselkursen zu erklären. Einige Autoren konstatieren, dass die Zinsstruktur einzigartige Informationen enthält, womit ein gesamtheitliches Untersuchungsdesign des FWE unter Berücksichtigung von Faktoren der Zinsstruktur wesentliche ökonomische Zusammenhänge beleuchtet.9
Diese Arbeit erweitert bisherige, klassische Untersuchungen des FWE durch ein Untersuchungsdesign, in welchem die Interaktion von Wechselkurs und Zinsen empirisch analysiert und darauf aufbauend die daraus resultierenden Risiken für Unternehmen quantifiziert werden. In einer zweiten Stufe der Untersuchung werden unternehmensspezifische Determinanten des Währungs- und Zinsexposures elaboriert. Das Problem potenzieller Endogenität im Untersuchungsdesign wird durch die Verwendung einer Instrumentenvariable für ein Subsample im Rahmen des Robustness Checks adressiert.
Im ersten Teil der Arbeit wird eine überblickshafte Darstellung des bisherigen Forschungsstandes dargelegt, die verwendete Datenbasis erläutert und die an- gewandte Methodik ausgeführt, ehe im zweiten Teil eine Darstellung der empirischen Ergebnisse folgt. Eine kritische Würdigung und Zusammenfassung der untersuchten Zusammenhänge bilden den Abschluss dieser Arbeit.
2. Theoretischer Rahmen
2.1 Wirkungskanäle des Währungs- und Zinsrisikos
Es existieren unterschiedliche Wirkungskanäle, durch die Wechselkurse den Wert eines Unternehmens beeinflussen können:
Zum einen können Wechselkursveränderungen den Wert von bereits fixierten Verbindlichkeiten oder Forderungen beeinflussen, welche zu einem späteren Stichtag in Fremdwährung mit einem a priori unbekannten Wechselkurs fällig werden. Dieser Effekt ist als Transaktionsrisiko bekannt.
Des Weiteren besteht ein Translationsrisiko bei der Konsolidierung von buch- halterischen Bilanzpositionen, wenn diese in Fremdwährung denominiert sind und der zur Verrechnung heranzuziehende Wechselkurs nicht fixiert ist. Dieses Risiko erscheint vor allem für Unternehmen mit ausländischen Tochtergesell- schaften relevant.
Das ökonomische Exposure ist schwerer zu greifen als die beiden zuvor ge- nannten Risiken. Es entsteht, wenn zukünftige erwartete Cash-Flows des Un- ternehmens aufgrund Wechselkursveränderungen variieren und damit den aktuellen Marktwert des Unternehmens beeinflussen. Das ökonomische Ri- siko kann dabei Cash-Flows in Heim- oder Fremdwährung betreffen und auch in indirekter Form auftreten, z.B. auch bei Unternehmen, die keinerlei Ge- schäftstätigkeit im Ausland aufweisen, deren Wettbewerbsposition jedoch im Vergleich zu lokalen Mitbewerbern beeinflusst wird, die potentiell von Wäh- rungsschwankungen profitieren.10
Der Zinssatz beeinflusst den Wert eines Unternehmens ebenfalls in vielschich- tiger Weise, da dieser sowohl die zukünftigen Cash-Flows als auch deren (bar- wertige) Bewertung über den entsprechenden Diskontfaktor beeinflusst.11 Zu- dem wird der Wert von Finanzpositionen (insbesondere der Verbindlichkeiten) maßgeblich durch Zinsänderungen beeinflusst.12 Prinzipiell sollten non-finan- cials in der Lage sein, den Unternehmenswert gegen Zinsänderungen durch Ab- gleich der Zinssensitivitäten ihrer Forderungen und Verbindlichkeiten mit- tels aktivem Risikomanagement zu einem gewissen Grad abzusichern (analog zum Duration Matching von Finanzintermediären). Aufgrund der Unsicherheit von zukünftigen Cash-Flows und den nicht fixierten ökonomischen Lebens- zyklen von Assets scheint die Kalkulation einer Duration Gap auch für non-fi- nancials eine Herausforderung darzustellen, die in signifikantes Zinsrisiko resul- tieren kann.13
2.2 Quantifizierung des Risikos
Empirische Untersuchungen nutzen zur Quantifizierung des Fremdwährungsex- posures (FWE) häufig ein simples lineares Regressionsmodell, bei dem Ak- tienrenditen durch die Veränderungen in den entsprechenden Wechselkursen bzw. Zinssätzen erklärt werden.14 Die daraus resultierenden (signifikanten) Ko- effizienten stellen technisch gesehen eigentlich die Elastizitäten der Aktien- renditen bei einer unvorhergesehenen Entwicklung des Wechselkurses respek- tive Zinssatzes dar. Per Definition müsste Exposure ein monetärer Betrag sein, den dieses Risiko betrifft. In der Literatur wird die Höhe der geschätzten Ko- effizienten jedoch häufig als Exposure bezeichnet,15 sodass diese Arbeit die- ser Bezeichnung folgt. Das Zinsrisiko welches aus den geschätzten Elastizitäten gegenüber Veränderungen des Term Spreads resultiert wird analog als Term Spread Exposure (TSE) bezeichnet.
2.3 Makroökonomischer Zusammenhang von Wechselkurs und Zins
Die nachfolgenden Ausführungen beleuchten zunächst theoretische Zusam- menhänge zwischen Wechselkursen und Zinsen, auf deren Implikationen die empirische Untersuchung fußt. Daran anknüpfend werden bereits bestehende empirische Erkenntnisse und deren Limitationen in diesem Kontext ausgeführt.
Dieser Arbeit adressiert nicht die Frage welche originären Faktoren Wechsel- kursschwankungen verursachen, sondern welche Implikationen bezüglich Wäh- rungs- und Zinsrisiken für Unternehmen aus diesem Zusammenhang resultieren und welche relevanten Folgerungen für ein Riskmanagement möglich sind. Ein grundsätzliches Verständnis der makroökonomischen Interdependen- zen ist and dieser Stelle jedoch notwendig, zum einen für eine korrekte Ergeb- nisinterpretation, zum anderen wird das Untersuchungsdesign damit gerechtfer- tigt.
Grundsätzlich entstehen Wechselkurse durch Angebot und Nachfrage von Wäh- rungen auf dem Devisenmarkt. Die jeweilige Nachfrage der Währung wird u.a. durch den Kapitalmarkt getrieben. Unter der Annahme von Arbitragefreiheit herrschen einige kurzfristige und langfristige Gleichgewichtsbedingungen zwischen zwei Währungsräumen. Neben der gütermarktorientierten Theorie der Kaufkraftparität, auf die hier nicht näher eingegangen wird, determiniert die Zinsparität in Bezug auf Kapitalmarktbewegungen sowie die damit verbundene Fisher-Gleichung und Erwartungshypothese wesentliche Interaktionen von Währungen und Zinsen. Abbildung 1 illustriert die jeweiligen Zusammen- hänge zwischen zwei Währungsräumen um die theoretischen Bestimmungsgrö- ßen abzugrenzen, welche in der darauffolgenden empirischen Analyse zu tragen kommen. 16
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Theoretische Gleichgewichte des Währungsmarktes
Neben kurz- und langfristigen Zinsen wird ebenfalls der Term Spread (Diffe- renz zwischen lang- und kurzfristigen Zinsen) als wichtiger Faktor in der Zins- struktur gesehen, welcher häufig Anwendung in empirischen Untersuchungen findet.17 Die Zinsstruktur determiniert, welche Vergütung Anlagen identischer Risikostruktur (selbes Ausfallrisiko, Liquidität, steuerliche Behandlung) auf- grund ihrer unterschiedlichen Laufzeit erfahren. Aus einem Band aller Lauf- zeiten ergibt sich (grafisch) eine Zinsstrukturkurve, deren Interpretation hin- sichtlich Form und Verlauf in der Literatur bereits vielschichtig diskutiert wurde. Die Zinsstrukturkurve kann dabei einen steigenden Verlauf annehmen, bei dem die langfristigen über den kurzfristigen Zinsen liegen. Dies wird häufig als „nor- maler“ Verlauf der Zinsstruktur gesehen, was zu einem positiven Term Spread führt. Wenn die langfristigen Zinsen unter den kurzfristigen liegen, ergibt sich eine inverse Zinsstrukturkurve mit einer negativen Steigung und negativem Term Spread. Bei einer flachen Zinsstruktur befinden sich lang- und kurzfris- tige Zinsen im Gleichgewicht.18 Abbildung 2 zeigt die Entwicklung des US- Treasury Term Spreads zwischen zehnjähriger und dreimonatiger Anleihe über den Untersuchungszeitraum.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Term Spread zwischen 10-Jahres und 3-Monats Treasury Yield. Orange Flächen kennzeichnen eine inverse Zinsstruktur
Bezüglich der theoretischen Begründung der Form der Zinsstrukturkurve hat sich u.a. die Erwartungswerthypothese als eine der prominentesten Erklä- rungen etabliert. Diese nimmt an, dass die Erwartungen der Anleger die Form der Zinsstruktur determinieren.19 Des Weiteren wird in diesem Rahmen ange- nommen, dass Anlagen unterschiedlicher Laufzeit perfekte Substitute un- tereinander bilden, also eine zweijährige Anleihe durch den Kauf von zwei einjährigen Anleihen hintereinander repliziert werden kann. Zinssätze längerer Laufzeit stellen damit einen geometrischen Durchschnitt von erwarteten kurz- fristigen Zinsen dar. Folglich erwarten die Anleger bei einer positiven Steigung der Zinsstruktur für die Zukunft höhere kurzfristige Zinsen. Die aktuellen Forward Rates stellen unter dieser Hypothese also unverzerrte zukünftige Spotrates dar. Bei genauerer Betrachtung kann konstatiert werden, dass für lang- fristige Zinsen zudem eine Laufzeitprämie existiert. Die Erwartungen der In- vestoren bezüglich der zukünftigen kurzfristigen Zinsen sind maßgeblich durch Inflationserwartungen getrieben. Erwartet der Markt Inflation (Defla- tion) hätte dies tendenziell eine stärker steigende (sinkende) Zinsstruktur zur Folge.20 Obwohl einige Autoren empirisch zeigen, dass Forward Rates letztlich eine verzerrte Erwartung der zukünftigen Spot Rates darstellen, reflektieren diese dennoch die aktuellen Markterwartungen entsprechend der verfügbaren In- formationen.21
Die aktuellere Finanzliteratur verfolgt deshalb einen strukturierten Ansatz zur Erklärung der Zinsstruktur, welcher die kurzfristigen Zinsen als Instrument der Geldpolitik sieht und längere Laufzeiten als risikoadjustierte, zukünftig erwartete kurzfristige Zinssätze ausführt. Weshalb die jeweilige Geldpolitik maßgeblich zur Höhe des Term Spreads beiträgt.22
Werden die zuvor ausgeführten Überlegungen in einen internationalen Kontext mit verschiedenen Währungsräumen überführt, liefert der Term Spread folglich u.a. Informationen über die inflationsbedingte Abwertung eines Währungs- raumes und könnte deshalb einen originären makroökonomischen Treiber des Währungsrisikos darstellen. Relevante Stellgrößen stellen im internatio- nalen Kontext dann u.a. die relativen Unterschiede im (nationalen) Term Spread zwischen zwei Währungsräumen dar.23 Ein relativ höherer Term Spread stellt folglich eine höhere erwartete Inflation für den jeweiligen Währungsraum dar. Seine theoretische Verankerung erfährt dieser Effekt durch Irving Fisher, wel- cher konstatierte, dass der einperiodige nominale Zins dem durchschnittlichen realen Zins plus der vom Markt erwarteten Inflation entspricht.
Fama argumentierte diesbezüglich, dass eine steigende Zinsstruktur (ein positi- ver Term Spread) eine Kompensierung von langfristigen Anlagen für die er- wartete Inflation darstellt, womit der (nationale) Term Spread theoretisch ebenfalls potentielle Informationen über erwartet inflationsbedingte Abwertun- gen eines Währungsraumes enthält.24 In einem internationalen Kontext hat der Term Spread aus einer theoretischen Sicht wesentlichen Einfluss auf das Verhalten von Wechselkursen.
2.4 Indirektes Exposure und Hedging
Adler und Dumas zeigten bereits 1984 auf, dass auch Unternehmen, die keine internationalen (Handels-)Aktivitäten aufweisen und keinerlei Fremdwährungs- positionen in den Büchern besitzen, dennoch indirekt von einem FWE über den internationalen Wettbewerb betroffen sein können. Unternehmen, die auf dem globalen Markt inaktiv sind, konkurrieren dennoch mit internationalen Mit- bewerbern. Diese profitieren potentiell von Währungsschwankungen bei Absatz und Beschaffung, wodurch deren Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität im Vergleich zum lokalen Unternehmen positiv beeinflusst wird.25 Ebenso kann dieses indirekte Exposure durch internationalen Wettbewerb auf Grundlage un- terschiedlicher Zinsrisiken auftreten.26
Mehrere Autoren konstatieren, dass eine große Diskrepanz zwischen der theo- retisch hohen Anzahl an erwarteten Unternehmen mit signifikantem FWE und der empirisch nachgewiesenen relativ geringen Anzahl selbiger besteht. Einige Autoren führen dieses „Exposure Puzzle“ auf naive Erwartungen im Vor- feld von vielen Untersuchungen zurück, welche von einer unrealistisch hohen Anzahl an Signifikanzen ausgehen. Deren Argumentation folgend werden exakt die Unternehmen, die ein signifikantes FWE aufweisen, verschiedene Instru- mente zum Hedgen dieses Risikos verwenden und weisen folglich in einer Un- tersuchung des residualen FWE keine Signifikanz mehr auf.27
Im Wesentlichen bieten sich zwei Möglichkeiten zur Reduzierung des FWE: Durch operationelles Hedging z.B. durch Diversifizierung der Input- und Output Faktoren sowie der Lokalisierung von Produktionsanlagen über verschiedene Währungsräume hinweg kann das unternehmensweite Exposure reduziert wer- den. Finanzielles Hedging trägt durch den Einsatz geeigneter Fremdwährungs- derivate oder durch Verschuldungspositionen in Fremdwährung zur Immunisie- rung der Cash-Flows gegenüber Wechselkursschwankungen bei. Darüber hinaus bietet sich hierbei die Möglichkeit, höhere Input-Kosten aufgrund von Währungsschwankungen an den Kunden weiterzureichen.28 Empirische Unter- suchungen zeigen, dass der Einsatz von finanziellem respektive operationel- lem Hedging das FWE um bis zu 40% bzw. 10-15% reduzieren kann.29
Aktuellen Beiträgen zufolge kommen im Zuge eines gesamtheitlichen Risikomanagements beide Maßnahmen ergänzend zum Einsatz, wodurch die Identifizierung der Unternehmen mit signifikantem Exposure von endogenen Faktoren beeinflusst werden kann. Dies gilt es bei der Interpretation der Anzahl und Höhe der Ergebnisse im Rahmen dieses Untersuchungsdesigns zu berücksichtigen.30 Dieser Hedging Effekt kann zu Teilen ebenfalls auf das TSE analog angenommen werden, da hier ebenfalls der Einsatz von Derivaten die Anzahl an Signifikanzen maßgeblich beeinflussen kann.31
3. Literaturüberblick
Basierend auf den zuvor dargestellten theoretischen Grundlagen hat sich eine Reihe an empirischen Beiträgen gebildet, welche die Gültigkeit der aufgestellten Hypothesen testen. Der nachfolgende Abschnitt gibt Aufschluss über die bisherige (empirische) Forschung in den jeweiligen Bereichen.
3.1 Beiträge zum Fremdwährungsexposure
Die Analyse von Wechselkursrisiken wird vor allem seit dem Zusammenbruch des Bretton Woods Systems 1973 intensiv in der Literatur diskutiert. In den Fokus der Untersuchungen ist dabei auch die Erklärung des FWE gerückt, sprich welche Unternehmenscharakteristika und wirtschaftliche Determinanten maßgeblich zur Höhe des Exposures beitragen.
Erste theoretische Arbeiten von Sharpio (1975), Aggarwal (1976) und Heckman (1985) befassen sich mit dem Einfluss von Wechselkursen auf Unternehmens Cash-Flows.
Adler und Dumas (1984) führten einen Ein-Faktor-Modellansatz zur Quantifizierung des FWE mittels linearer Regression ein. Jorion (1990) erweiterte diesen Ansatz um einen weiteren Marktfaktor, um auf allgemeine makroökonomische Einflüsse zu kontrollieren. Dieses Zwei-Faktoren-Modell fand als Grundmodell in einer Vielzahl weiterer Studien Anwendung.
Mittels linearer Regression untersuchten darüber hinaus Studien von Bodnar und Gentry (1993), Amihud (1994) sowie Choi und Prasad (1995) das Risiko von Wechselkursänderungen. Jedoch konnten diese keinen eindeutigen systemati- schen Einfluss des Wechselkursrisikos auf Aktienpreise nachweisen.
In Jorions Studie von 1990 zeigten nur etwa 5% aller betrachteten international agierender US-Unternehmen ein signifikantes Wechselkursrisiko auf.32 Amihud (1994) fand in seiner Betrachtung der 32 größten US-Exporteure kein signifi- kantes Fremdwährungsexposure.33 Entsprechende Forschungsergebnisse ergab auch die Studie von Choi und Prasad (1995).34 Lediglich die Untersuchung des Fremdwährungsrisikos auf Industrielevel von Bodnar und Gentry (1993) ergab ein signifikantes Exposure in 28% aller betrachteten US-Branchen.35 Auf europäischer Ebene beobachteten Muller und Verschoor (2006), dass etwa 14% der 817 international agierenden europäischen Unternehmen ein signifikantes Exposure gegenüber dem USD aufweisen.36
In zahlreichen fortführenden Studien wurde diskutiert, welches Untersuchungs- design zur Quantifizierung von FWE am besten geeignet ist um die geringe An- zahl an signifikantem Exposure zu erklären. Dies ist in der Forschung auch unter dem Begriff des „Exchange Rate Exposure Puzzle“ bekannt. Dabei resümieren Bodnar und Wong (2003), dass die Ergebnisse des FWE sen- sitiv gegenüber der Auswahl des Marktfaktors im Schätzmodell sind. Domi- nguez und Tesar (2006) sowie Martin und Mauer (2005) zeigten zudem, dass die Anzahl an signifikantem FWE mit der Länge des verwendeten Renditeho- rizonts steigt.37 Erstere untersuchten zudem FWE mittels bilateralen und han- delsgewichteten Wechselkursraten in einem Sample mit 8 Industrie- und Ent- wicklungsländer, wobei in 5 der 8 Länder mehr als 20% der Unternehmen ein signifikantes FWE aufwiesen. Bartram und Bodnar (2007) führen das Problem der empirisch relativ geringen Signifikanzen auf unrealistisch hohe Erwartun- gen im Vorfeld zurück und argumentieren, dass dieses residuale Exposure nach Hedging Maßnahmen von Unternehmen in diesem Ausmaß logisch sei.38 Bartram, Brown und Minton (2010) leiten aus ihrer Arbeit ab, dass operationel- les und finanzielles Hedging das FWE um 10%-15% respektive 40% reduziert. Hutson und Laing (2014) betrachten diesen Aspekt in ihrer Arbeit im Kontext von internationalen Unternehmen und konstatieren, dass operationelles und fi- nanzielles Hedging Substitute bildet, die maßgeblich zur Reduzierung von FWE beitragen und dass ein hoher Internationalisierungsgrad Wechselkurssensitivitä- ten von Unternehmen sogar reduziert. Damit werden vorangehende Studien wie von Huston und Stevenson (2010) sowie Aggarwal und Harper (2010) bestätigt, die aufzeigen, dass rein national agierende Unternehmen stark von indirektem Exposure betroffen sind.39
In aktuellen Beiträgen wie von Allayannis (1996), Doukas, Hall und Lang (2003), Priestly und Ødegaard (2007) sowie Bartram und Bodnar (2007) erfolgt zudem eine Diskussion über die Orthogonalisierung verschiedener Faktoren im Schätzmodell und die damit verbundene Quantifizierung von totalem oder residualem Exposure. Parlapiano et al. (2017) schlagen daher eine neue Vorge- hensweise vor, bei der explizit auf makroökonomische Faktoren, welche Wech- selkurse beeinflussen, kontrolliert wird und können leicht höhere signifikante Einflüsse von Wechselkursschwankungen auf Aktienrenditen als in bisherigen Beiträgen feststellen.
Jorion (1990) belegte in seiner Betrachtung von internationalen US- Unternehmen, dass die Höhe der Auslandsumsätze ein wesentlicher Einfluss- faktor des Fremdwährungsrisikos ist. Wei und Starks (2013) berichten, dass Financial Distress ebenfalls einen wesentlichen Treiber des FWE darstellt und Unternehmen mit höherer Ausfallwahrscheinlichkeit tendenziell ein höheres FWE aufweisen.
Darüber hinaus beschreiben Aysun und Guldi (2011) ein weitreichendes Prob- lem der Methodik dieser Studien. Nach deren Forschungsergebnissen wird das Fremdwährungsrisiko bei einem Vorgehen mittels linearer Regression unterschätzt.40
3.2 Beiträge zum Zinsexposure
Forschungsbeiträge, die den Einfluss von Zinsen auf Aktienrenditen untersuchen betreffen häufig Aktien von Finanzunternehmen, da diese erwartungsgemäß be- sonders stark von Zinsänderungen betroffen sind. Arbeiten zur Quantifizierung des Zinsexposure bauen dabei auf ein zwei-Faktoren Modell von Stone (1974) auf, welches neben einem Marktfaktor ebenfalls einen Zinsänderungsfaktor enthält. Frühe Arbeiten bezüglich des Zinsrisikos von Finanzinstitutionen von Lynge und Zumwalt (1980) sowie Flannery und James (1984) fußen in ihrer Methodik auf Stones Ansatz und konstatieren einen negativen Einfluss von Zinsänderungen auf den Unternehmenswert. Zu gegenteiligen Ergebnissen gelangen Chance und Lane (1980) in ihren Untersuchungen. Sweeny und Warga (1986) lieferten mit als erste Evidenz für eine Einpreisung von Zinsrisiken am Kapitalmarkt im Rahmen eines Arbitrage Pricing Modells. Madura und Zarruk (1995) zeigen auf, dass vor allem US-Banken neben Veränderungen von natio- nalen Zinsen auch von internationalen Zinsbewegungen beeinflusst werden. In einem europäischen Kontext kommen Oertmann, Rendu und Zimmermann (2000) für Finanzinstitutionen zu vergleichbaren Ergebnissen.
Im Kontext von non-financial Unternehmen untersucht Bartram (2002) das Zinsexposure von 490 Unternehmen und darauf aufbauend dessen Determinan- ten und konstatiert einen negativen Zusammenhang zwischen der Liquidität des jeweiligen Unternehmens und dessen Zinsrisiko. Überraschenderweise wird kein ähnlich starker Zusammenhang bezüglich des Financial Leverages ge- funden. Ferrer, Gonzáles und Soto (2010) wenden ein ähnliches Vorgehen auf dem spanischen Aktienmarkt an und resümieren, dass die Versorgungs- und Bankenbranche besonders von Zinsrisiken betroffen ist. Czaja, Scholz und Wilkens (2009) nutzen in ihrer Untersuchung anstelle eines einzelnen Zinsfak- tors die Veränderungen der gesamten Form der Zinsstrukturkurve hinsicht- lich deren Level, Steigung und Krümmung.
3.3 Beiträge zur Interaktion von Zinsen, Wechselkursen und Aktienpreisen
Die Anzahl an Arbeiten, die eine gesamtheitliche Betrachtung von Zinsen, Wechselkursen und Aktienmärkten vornimmt, ist äußerst beschränkt. Choi, Elyasiani und Kopecky (1992), Choi und Elyasiani (1997) sowie Joseph und Vezos (2006) führen Untersuchungen bezüglich der Aktienkurse von Finanzun- ternehmen in Hinblick auf Wechselkurs und Zinsänderungen durch. Beiträge von Prasad und Rajan (1995), Joseph (2001) sowie Hyde (2007) wenden dieses Vorgehen auf Aktienrenditen von non-financial Unternehmen an und stellen beide Faktoren (Zins- und Wechselkursänderungen) als essentielle Risikoquelle für Unternehmen dar.
[...]
1 Vgl. Jorion (1991), S.374; Sweeney, Warga (1986), S.393.
2 Vgl. Anderson, Hammond, Ramezani (2010), S.1342; Jorion (1991), S.331.
3 Vgl. Dominguez, Tesar (2006), S.189.
4 Vgl. Ferrer, Gonzáles, Soto (2010), S.431.
5 Vgl. Bartram (2002), S.101-102.
6 Vgl. Hyde (2007); Prasad, Rajan (1995); Chen, Roll, Ross (1986).
7 Vgl. Mishkin (2016), S.470-487.
8 Vgl. Anis, Mouna (2015), S.2.
9 Vgl. Volkman, Laforge, Wohar (2012), S.1491.
10 Vgl. Buckley (2012), S.109-111.
11 Vgl. Ferrer, Gonzáles, Soto (2010), S.431.
12 Vgl. Czaja, Scholz (2006), S.305.
13 Vgl. Bartram (200), S.108.
14 Vgl. Adler, Dumas (1984), S.44.
15 Vgl. Bartram, Bodnar (2007), S.644.
16 In Anlehnung an Buckley (2012), S.39.
17 Vgl. Bartram (2002), S.104.
18 Vgl. Mishkin (2016), S.171.
19 Im Folgenden wird genau genommen auf die unbiased expectation hypothesis eingegangen, siehe Ingersoll (1987), S.300-316 für genauere Diskussion dazu.
20 Vgl. Mishkin (2016), S.483; Choudhry (2004), S.87-93.
21 Vgl. Fama (1976) u.a.
22 Vgl. Chen, Tsang (2013), S.188.
23 Vgl. Chen, Tsang (2013), S.185.
24 Vgl. Fama (1975), S.269.
25 Vgl. Aggarwal, Harper (2010), S.1620.
26 Vgl. Bartram (2002), S.102.
27 Vgl. Bartram, Bodnar (2007), S.642-644; Bodnar, Dumas, Marston (2002).
28 Vgl. Bodnar, Dumas, Marston (2002), S.199.
29 Vgl. Bartram et al. (2010), S.148; Allayannis und Ofek (2001), S.294.
30 Vgl. Hutson, Laing (2014), S.110.
31 Vgl. Bartram (2002), S.102.
32 Vgl. Jorion (1990), S.337.
33 Vgl. Amihud (1994), S.50.
34 Vgl. Chio, Prasad (1995), S.81.
35 Vgl. Bodnar, Gentry (1993), S.30.
36 Vgl. Bartram, Bodnar (2007), S.643.
37 Vgl. Dominguez, Tesar (2006), S.201.
38 Vgl. Aggarwal, Harper (2010), S.1635.
40 Vgl. Aysun,Guldi (2011), S.322.
- Quote paper
- Thomas Kreuzinger (Author), 2017, Fremdwährungsexposure und die Sensitivität gegenüber Zinsdifferenzen von US-Unternehmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386670
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