Internationalisierung von Messegesellschaften. Markteintritt deutscher Messegesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten


Thèse de Bachelor, 2011

40 Pages, Note: 1,7


Extrait

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Zielsetzung

1.2 Vorgehensweise

2. Theoretisches Konzept zur Internationalisierung von Messegesellschaften

2.1 Motivation zur Internationalisierung

2.2 Markteintrittsformen von Messegesellschaften

2.3 Chancen und Risiken des Markteintritts

3. Der Messemarkt in den Vereinigten Arabischen Emiraten

3.1 Wirtschaftlich relevante Indikatoren und Standortvorteile

3.1.1 Wirtschaftsindikatoren der Vereinigten Arabischen Emirate

3.1.2 Der Standort Vereinigte Arabische Emirate

3.2 Eine Konkurrenzanalyse

4. Markteintritt deutscher Messeveranstalter in den Vereinigten Arabischen Emiraten

4.1 Das Joint Venture KITAB in Abu Dhabi

4.2 Deutsche Messegesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten

4.2.1 Messe Essen in Kooperation mit verschiedenen Partnern

4.2.3 Messe Frankfurt mit eigener Tochtergesellschaft in Dubai

4.3 Diskussion

5. Fazit und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis


 1. Einleitung

 

Der europäische Markt für Messen[1] gilt als gesättigt, denn während die Hallenkapazitäten steigen, bleibt die Anzahl der Aussteller und Besucher sowie der Umsatz der Messegesellschaften nahezu konstant[2]. Insbesondere in Deutschland ist der Konkurrenzdruck zwischen den einzelnen Messegesellschaften enorm hoch[3]. Das weitere Wachsen der Messegesellschaften im Inland kann nicht mehr durch eine Erhöhung der Kapazitäten der Messegelände erreicht werden. Zudem reicht es im Zuge der Globalisierung nicht mehr aus, nur internationale Messen[4] am Heimatstandort zu veranstalten. Daher müssen deutsche Messegesellschaften selbst im Ausland präsent sein und durch geeignete Markteintrittsformen agieren. Weiterhin müssen Messegesellschaften aufgrund ihrer Funktion als Marktabbilder, d.h. sie dienen als Barometer oder Spiegel der Märkte[5], dort agieren, wo ihre Kunden (Aussteller und Besucher) tätig sind. Durch Auslandsveranstaltungen unterstützen sie zudem deutsche Unternehmen bei der Erschließung neuer Absatzmärkte[6].

 

Deutsche Messegesellschaften folgen bereits dem Trend der Internationalisierung. Die Anzahl der Auslandsmessen deutscher Veranstalter sowie die Zahl der Aussteller und Besucher auf diesen sind stetig steigend[7]. 2011 veranstalten deutsche Messegesellschaften 261 Messen weltweit[8]. Neben China, Russland und Indien sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) das vorrangige Ziel[9]. In den VAE veranstalten deutsche Messeunternehmen im Jahr 2011 20 Messen[10], da deutsche Unternehmen zunehmend in die dynamischen VAE exportieren, in denen Produkte aus Deutschland ein hohes Ansehen genießen[11]. Dabei lockt Dubai als Investitionsstandort für Messeveranstalter insbesondere durch seine Weltoffenheit[12] und Standortvorteile wie seine exzellenten Handelsbeziehungen, einfache Import- und Export-Prozeduren, einfache Visa-Regelungen, steuerfreie Incentives und die Infrastruktur[13]. Zudem gilt Dubai aufgrund seiner geographischen Lage als Drehkreuz in der Golfregion und hat sich, indem es sowohl seine Nachbarstaaten als auch weiter entfernte Länder wie zentralasiatische Republiken bedient, mittlerweile als großes Zentrum für den Warenumschlag etabliert[14]. Obwohl deutsche Messeveranstalter in den VAE aktiv sind, ist dieses Phänomen noch relativ unerforscht. Daher soll die vorliegende Arbeit dieses Untersuchungsobjekt analysieren. Dabei wird insbesondere auf die Motive, die gewählte Markteintrittsform sowie die Chancen und Risiken eingegangen.

 

1.1 Zielsetzung

 

Die vorliegende Arbeit untersucht den Markteintritt einiger ausgewählter Messegesellschaften aus Deutschland, die in den VAE agieren. Dabei soll insbesondere geklärt werden, aus welchen Gründen heraus die einzelnen Messegesellschaften gerade in diesem Auslandsmarkt aktiv tätig sind. Zudem sollen die Markteintrittsformen der verschiedenen Messegesellschaften untersucht werden und abschließend gegeneinander abgewogen werden. Folgend werden die Chancen und Risiken aufgezeigt, die sich aufgrund der Markteintrittsformen ergeben.

 

1.2 Vorgehensweise

 

Zu Beginn der Arbeit wird das theoretische Konzept zur Internationalisierung von Messegesellschaften (Kapitel 2) vorgestellt, das die Grundlage für die weiteren Kapitel bildet. Dabei werden zunächst die Motive genannt, die Unternehmen und insbesondere Messeveranstalter dazu veranlassen, im Ausland zu agieren (Kapitel 2.1). Daran schließt die Aufzählung der relevanten Markteintrittsformen an, die Messeunternehmen zum internationalen Einstieg wählen können (Kapitel 2.2). Nachfolgend werden die Chancen und Risiken aufgezeigt, die durch die Internationalisierung auftreten können (Kapitel 2.3).

 

In Kapitel 3 wird eine Marktanalyse vorgenommen, die die wirtschaftlich-relevanten Indikatoren aufzeigt (Kapitel 3.1.1) sowie den Standort VAE untersucht (Kapitel 3.1.2). Anschließend folgt eine Betrachtung der Messeveranstalter in den VAE die potenzielle Konkurrenten deutscher Messegesellschaften darstellen (Kapitel 3.2). Anschließend werden deutsche Messeveranstalter analysiert, die in den VAE agieren (Kapitel 4). Zunächst wird das Joint Venture zwischen einem deutschen Verlag und einem Messeveranstalter der VAE untersucht (Kapitel 4.1). Daran schließt die Analyse des Markteintritts ausgewählter deutscher Messegesellschaften an (Kapitel 4.2). Dabei wird insbesondere auf die Messegesellschaften Messe Essen GmbH (Kapitel 4.2.1), die durch Kooperationen mit verschiedenen Partnern in den VAE unterschiedlich erfolgreich tätig ist sowie auf die EPOC Messe Frankfurt GmbH, eine Tochtergesellschaft des Messeveranstalters Messe Frankfurt Exhibition, die die aktivste deutsche Messegesellschaft vor Ort ist, eingegangen (Kapitel 4.2.2). Darauf folgt die abschließende Diskussion (Kapitel 4.3), die analysiert, inwiefern die einzelnen Markteintrittsformen für die VAE geeignet sind. Abschließend wird ein Fazit gezogen und ein Ausblick gegeben.

 

2. Theoretisches Konzept zur Internationalisierung von Messegesellschaften

 

Unter Internationalisierung sind Wirtschaftsaktivitäten, die über die Grenzen des Stammlandes hinausgehen, zu verstehen. Streng genommen fällt darunter bereits die Kommunikation mit ausländischen Interaktionspartnern[15]. Dabei nimmt die Internationalisierung die letzte Stufe der Diversifikationspolitik ein[16]. Entschließt sich ein Unternehmen zur Internationalisierung, sind strategische Entscheidungen bezüglich des Zielmarktes, des Markteintritts, des Zeitpunktes, der Koordination und der Allokation zu treffen[17]. Während der internationale Einstieg für Unternehmen meist leichter ausfällt, können bei der Internationalisierung von Messegesellschaften spezifische Schwierigkeiten auftreten. Diese ergeben sich aufgrund der Besonderheiten der Messewirtschaft, denen insbesondere die Akteure, die Typologie und die Aufgaben des Messewesens zugrunde liegen.

 

Die Akteure der Messewirtschaft lassen sich unterteilen in primäre und sekundäre Teilnehmer. Primäre Akteure sind Messeveranstalter oder Betriebsgesellschaften, Aussteller und Besucher. Messedienstleister, Medien, das lokale Gewerbe, Messestädte, Besitzgesellschaften und Wirtschaftsverbände zählen zu den sekundären Akteuren.

 

Messeveranstalter sind Unternehmen, die mit der Organisation und Durchführung von Messen beauftragt sind. Zudem sind sie für die Konzeption und das Risiko einer Messe verantwortlich. Um erfolgreich zu sein, haben sie aufgrund der dualen Positionierung (aussteller- und besucherseitig) dafür zu sorgen, dass attraktive Marktpartner zusammengeführt werden[18]. Bei der Typologie von Messeunternehmen ist hinsichtlich ihrer Tätigkeiten und Funktionen zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaften, reinen Besitz- und reinen Betriebsgesellschaften sowie Wirtschaftsverbänden zu differenzieren. Während reine Besitzgesellschaften lediglich Eigentümer eines Messegeländes sind, dieses betreiben und vermarkten (beispielsweise durch die Hallenvermarktung an Messeveranstalter), veranstalten reine Betriebsgesellschaften (oder Messeveranstalter) ebenso wie Wirtschaftsverbände Messen[19]. Die in Deutschland verbreiteten Besitz- und Betriebsgesellschaften sind Messeveranstalter mit eigenem Gelände, die Messekonzepte entwickeln und deren Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung betreuen und dabei meist in kommunalem oder landeseigenem Besitz sind[20].

 

Ebenso wie die Veranstalter prägen die Aussteller das Erscheinungsbild und die Qualität einer Messe durch ihre Stände, das angebotene Produkt- und Dienstleistungsspektrum sowie die präsentierten Innovationen[21]. Genauso wichtig für eine erfolgreiche Messe sind die Besucher, die sich nach Fach- und Privatbesuchern kategorisieren lassen.

 

Wirtschaftsverbände fördern die gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder und bringen sich bei der Weiterkonzeptionierung oder Neuentwicklung von Messethemen ein[22]. Die Verkehrsinfrastruktur (u.a. Zufahrtsstraßen, Parkmöglichkeiten, Flughafennähe), die eine starke Wirkungsweise auf die reibungslose Durchführung von Messen hat, kann in hohem Maße von der Messestadt beeinflusst werden. Das Stadtambiente (Sehenswürdigkeiten, Freizeitmöglichkeiten usw.) kann positiv auf das Image eines Messestandorts wirken und Aussteller sowie Besucher anlocken. Im Gegenzug dazu treten in der Messestadt durch stattfindende Messeveranstaltungen sozioökonomische Effekte auf. Durch Ausgaben seitens der Aussteller und Besucher werden Arbeitsplätze und Umsätze in Gewerbebetrieben generiert, die durch Steuereinnahmen der Stadt zufließen. In diesem Kontext ist die Umwegrentabilität zu nennen, die das Verhältnis zwischen den direkten Ausgaben, die staatliche Eigentümer in die Messebetriebe und -infrastruktur investieren, und den messeinduzierten Steuereinnahmen darstellt[23]. Daher kann der internationale Einstieg für Messegesellschaften schwerer ausfallen, als für Messeveranstalter. Die Gesellschaften sind im Gegensatz zu privaten Messeveranstaltern durch den Besitz der Gelände an ihren Standort gebunden und müssen aufgrund ihrer Beziehungen zur Stadt die Umwegrentabilität beachten, die durch die Verlagerung von Messen ins Ausland niedriger ausfallen könnte. Da sie allerdings durch den Einstieg in Auslandsmärkten u.a. mehr Besucher und Aussteller für den Heimatstandort akquirieren können, kann die Umwegrentabilität dennoch ansteigen. Die restlichen Akteure spielen beim Markteintritt eher eine untergeordnete Rolle und werden daher nicht weiter erörtert[24].

 

Neben dem Instrument des Absatz- und Beschaffungsmarketings haben Messeveranstaltungen marktpflegende und -bildende Funktionen. Unter marktpflegend ist zu verstehen, dass Messen Gelegenheit zur Interaktion zwischen Ausstellern und Besuchern bieten und damit die Marktentwicklung positiv beeinflussen können. Darüber hinaus spiegeln sie die Märkte wider und können als Treiber des Wandels von Märkten gesehen werden[25]. Daher wird deutlich, dass Messegesellschaften – um erfolgreich zu bleiben und weiterhin ihrer Funktion gemäß gerecht zu werden – dort präsent sein sollten, wo ihre Kunden agieren. 

 

Im Folgenden sollen die Gründe beschrieben werden, die Messeunternehmen veranlassen ihre Aktivitäten international auszurichten. Daran schließt die Beschreibung der verschiedenen Markteintrittsformen, die sie wählen können, an. Abschließend werden die Chancen und Risiken aufgezeigt, die sich für Messegesellschaften im Kontext der Internationalisierung ergeben.

 

2.1 Motivation zur Internationalisierung

 

Internationalisierungsmotive sind vielfältig und unterscheiden sich von Unternehmen zu Unternehmen. Hinsichtlich der theoretischen Konzepte, die erklären sollen, wieso Unternehmen international agieren, kann zwischen makroökonomischen, mikroökonomischen, institutionenökonomischen, verhaltensorientierten Ansätzen und empirischen Erhebungen unterschieden werden[26]. Die Studie von Behrman[27] kommt zu dem Ergebnis, dass der Großteil der Unternehmen aufgrund höherer Gewinnerwartungen gefolgt von der wachsenden Nachfrage auf Auslandsmärkten in neue Märkte eintritt.

 

Meissner und Gerber[28] bezeichnen Auslandsinvestitionen als zentralen Stellenwert für Unternehmen, die sich auf Märkten weltweit ausrichten wollen. Dabei spielen die Parameter Absatzsicherung und Rohstoffgewinnung eine entscheidende Rolle. Zum einen sollten Unternehmen in den Ländern aktiv werden, deren Märkte erhalten und weiter ausgebaut werden sollen, zum anderen kann das Verhalten der Konkurrenz eine Motivation zur Durchführung von Auslandsinvestitionen spielen, wobei sich die Errichtung von eigenen Produktionsstätten anbietet, durch die, aufgrund ihrer Marktnähe, ein größerer Marktanteil generiert werden kann. Ein weiterer Grund, weshalb Unternehmen, die traditionell in Deutschland einen hohen Marktanteil aufweisen, auf ausländischen Märkten tätig werden sollten, ergibt sich dann, wenn diese durch ausländische Konkurrenzunternehmen oder aufgrund von Marktsättigungen auf deutschen Märkten dazu gezwungen werden, sich neu zu positionieren um weiterhin erfolgreich zu sein.

 

Diese Motive sind ebenfalls für Messeunternehmen zutreffend. Messeunternehmen gehören dem Dienstleistungssektor an. Dienstleistungen sind Produkte, die nicht lager- und transportfähig sind. Sie stellen einen Interaktionsprozess zwischen Anbieter und Nachfrager dar, der nach dem uno-acto-Prinzip funktioniert, d.h. die Produktion und die Verwendung fallen zeitlich und räumlich zusammen[29].

 

Aufgrund der vielversprechenden neuen Wachstumsregionen und der zunehmenden globalen Ausrichtung ihrer Kunden (Aussteller und Besucher), müssen auch Messegesellschaften international agieren. So können sie ihrer Rolle als Abbild der Märkte gerecht werden und sich gegenüber ausländischen Messeveranstaltern behaupten, die ihre Kunden durch interessante Messekonzepte anlocken.

 

Einige Messeexperten sind der Auffassung, dass Europa in naher Zukunft nur noch einer von drei wichtigen Messekontinenten sein wird. Ihrer Meinung nach werden aus Weltmessen Kontinentalmessen[30]. Das bedeutet für die deutschen Messegesellschaften, die einen besonders hohen Anteil an Leitmessen austragen, dass sie sich auch auf den beiden anderen Messekontinenten (Amerika und Asien) betätigen sollten.

 

Zudem ist der deutsche Messemarkt nahezu gesättigt und um weiter wachsen zu können, ist es für Messeunternehmen daher unverzichtbar, neue globale Märkte zu erschließen[31].

 

Im Ausland sind außerdem oft erhebliche Gewinne zu erzielen. Neben diesen abzuschöpfenden Umsatzpotentialen wird durch Messen im Ausland versucht, den Bekanntheitsgrad der Messeprodukte im Stammland zu erhöhen[32].

 

Die oben genannte Rohstoffgewinnung mag im Falle von Messegesellschaften irreführend klingen, daher wird vorgeschlagen, darunter die Akquise von ausländischen Ausstellern und Besuchern für den Heimatmarkt zu verstehen.

 

2.2 Markteintrittsformen von Messegesellschaften

 

Entschließt sich eine Messegesellschaft international tätig zu werden, ergeben sich ihr strategische Handlungsmöglichkeiten, die sich hinsichtlich der Intensität der Leistungserbringung im Ausland unterscheiden lassen. Dabei können sie als Markteintrittsform u.a. zwischen indirektem Export, Third-country trade, Auslandsmessebeteiligung, Lizenzierung, Franchising, Kooperation, Niederlassung und Tochtergesellschaft wählen.

 

 

Abb. 1: Markteintrittsformen von Messegesellschaften

 

Quelle: In Anlehnung an Meissner & Gerber (1980), S. 224, Delfmann & Arzt (2005), S. 149 f., Klein (1998), S. 90.

 

Diese unterscheiden sich hinsichtlich einiger Kriterien. Zu deren Systematisierung gehören u.a. das Ausmaß der Risiken, die Dauer sowie die Kontrollmöglichkeiten des Auslandsengagements[33], als auch die Kapital- und Managementleistungen im In- und Ausland[34]. Zudem kann bei der Organisation von Auslandsmessen entschieden werden, ob die Markteintrittsstrategie ohne oder mit Kapitalbeteiligung durchgeführt werden soll[35]. Dabei stellt sich außerdem die Frage, ob sie dafür das Messegelände von ausländischen Besitzgesellschaften mieten oder ein eigenes Gelände kaufen, sich an einem bereits vorhandenen beteiligen oder ein neues entwickeln (Geländestrategie)[36].

 

Grundsätzlich nehmen Exporte die erste Stufe des Markteintritts ein. Export bezeichnet den Absatz eigener Sachgüter und Dienstleistungen im Gastland und kann unterteilt werden in direkten und indirekten (durch Handelsvertreter) Export[37]. Im Gegensatz zu Sachgütern stellt sich der Export von Dienstleitungen aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften als problematisch dar. Zunächst ist der Export von Dienstleistungen auf handelbare Dienstleistungen beschränkt. Darunter sind jene Dienstleistungen zu verstehen, die sich auf Telefon- oder Datennetzen bzw. Trägermedien speichern lassen[38]. Die Dienstleistung Messe ist nicht speicherfähig und lässt sich daher nicht im eigentlichen Sinne ins Ausland exportieren. Unter dem indirekten Export kann in der Messewirtschaft die Durchführung von internationalen Messen im Inland verstanden werden (funktionale Internationalisierung)[39]. Dies stellt den ersten Schritt der Internationalisierung dar. Da im Messewesen Anbieter-Nachfrager-Mobilität[40] existiert, kann statt der Bezeichnung Export der Begriff Third-country trade verwendet werden. Third-country trade impliziert, dass durch die Entsendung von Mitarbeitern aus dem Stammland Messen auf Drittmärkten veranstaltet werden können[41].

 

Als nachfolgenden Schritt zur Internationalisierung kann die Durchführung von Auslandsbeteiligungen angesehen werden. Auslandsbeteiligungen sind meist durch Gemeinschaftsstände realisierte Messen, die durch die Bundesregierung unterstützt werden und der Exportförderung deutscher Unternehmen dienen[42]. Der Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der deutschen Wirtschaft (AUMA) kooperiert dabei mit dem Bundministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) sowie dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV). Jährlich werden so mehrere hundert Gemeinschaftsstände im Ausland gefördert.

 

Die nächste Stufe nimmt die Lizenzvergabe ein. Unter Lizenzierung ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der inländische Lizenzgeber ausländischen Lizenznehmern immaterielle Vermögenswerte zeitlich begrenzt gegen ein Entgelt zur Verfügung stellen, zu verstehen[43]. Im Messewesen handelt es sich bei den Vermögenswerten um Produkt- und Markenlizenzen[44]. Zu den Voraussetzungen, die im Falle einer Lizenzierung erfüllt sein müssen, zählt das Vorhandensein von verwertbaren und durchsetzbaren gewerblichen Schutzrechten. Der Lizenzgeber muss über eine einzigartige, vermarktbare Marke oder Innovation verfügen und das Nutzungsrecht an dieser Marke muss im ausländischen Markt geschützt werden können. Zudem ist die Wahl des Lizenznehmers entscheidend. Dies kann entweder durch den Lizenznehmer (passiv) oder durch den Lizenzgeber (pro-aktiv) geschehen. Zu den weiteren Charakteristika der Lizenzierung gehört das Know-how-Gefälle zwischen Lizenzgeber und -nehmer. Der Lizenzgeber verfügt über immaterielle Vermögenswerte, die der Lizenznehmer benötigt, wohingegen der Lizenznehmer gegenüber dem Lizenzgeber ein höheres Marktwissen hat[45].

 

Das Franchising gehört zu den vertikalen Vertriebssystemen und verpflichtet den Franchise-Nehmer durch eine vertragliche Regelung „ […] dazu, als selbständiger Unternehmer mit eigenem Kapitaleinsatz selbsterstellte Waren oder Dienstleistungen nach einem vom Franchise-Geber kreierten und im einzelnen festgelegten Absatzprogramm am Markt anzubieten“[46]. Dabei handelt es sich häufig um Beschaffungs-, Absatz-, Management- und Organisationskonzepte, die der inländische Franchise-Geber dem Franchise-Nehmer überlässt und im Gegenzug Weisungs- und Kontrollrechte sowie eine Gebühr (franchise fee) erhält[47]. Im Gegensatz zur Lizenzierung betrifft der Markteintritt via Franchise die gesamten Unternehmensaktivitäten, da ein gesamtes Unternehmenskonzept zur Verfügung gestellt wird[48]. Messegesellschaften nutzen diese Markteintrittsform bisher noch nicht.

 

Verfügt ein ausländischer Markt über ein hinreichend großes Marktpotenzial und gute Gewinnchancen, aber eine 100%ige Kapitalbeteiligung durch ein Unternehmen ist aufgrund verschiedener Gegebenheiten (ausländische Gesetzeslage, innerbetriebliche Restriktionen usw.) nicht durchführbar, eignet sich zunächst die Gründung einer Kooperation[49].

 

Kooperationen stellen die nächste Stufe der Internationalisierung dar und können u.a. in Joint Ventures und strategische Allianzen unterteilt werden. Beide Kooperationsformen haben gemeinsam, dass sich mindestens zwei rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Partner dazu entschließen, zusammenzuarbeiten um ihre Ziele gemeinsam besser generieren zu können. Eine Kooperation kann im Zuge der Internationalisierung die gemeinsame Erschließung des Auslandsmarktes als Ziel haben[50].

 

Beim Joint Venture entsteht durch eine Kooperation ein neues Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, in die die Partner neben Kapital auch Vermögenswerte, Personal und Know-how fließen lassen können. Beim Joint Venture fallen weitere Entscheidungsmöglichkeiten u.a. hinsichtlich des Kooperationsbereichs (einzelne, mehrere Bereiche oder die gesamte Wertschöpfungskette), des Standorts (Sitz im Stammland eines der Partner oder in einem Drittland) und der Kapitalbeteiligung (gleiche oder ungleiche Anteile der Partner) an[51]. Dabei können die Partner aus einer Branche (horizontale Kooperation), aus verschiedenen Wertschöpfungsstufen (vertikale Kooperation) oder aus unterschiedlichen Branchen (laterale Kooperation) stammen[52].

 

Im Messewesen gelten Zusammenschlüsse von zwei Messegesellschaften oder einer Messegesellschaft und einem Verband als horizontale Kooperation. Vertikale Kooperationen können zwischen Messegesellschaften und Zulieferern – beispielsweise Messebauunternehmen – geschlossen werden. Laterale Kooperationen finden zwischen Messegesellschaften und Unternehmen aus messefremden Branchen statt.

 

Im Gegensatz zum Joint Venture wird im Zuge der Zusammenarbeit im Sinne einer strategischen Allianz keine Gemeinschaftsunternehmung gegründet und es kommt nicht zur Kapitalbeteiligung[53]. Strategische Allianzen zielen auf eine Verbesserung der Wettbewerbsposition ab, indem sie ihre Stärken vereinigen und ihre Schwächen kompensieren[54].

 

Die nächste Form des Markteintritts stellt die Auslandsniederlassung dar. Sie ist ein rechtlich unselbstständiges Engagement und es kann zwischen Betriebsstätte, Filiale, Repräsentanz und Branch Office (Zweigniederlassung) unterschieden werden. Die ersten drei Formen sind wirtschaftlich unselbstständige Niederlassungen, während das Branch Office wirtschaftlich selbstständig ist. Niederlassungen können auf einzelne Funktionsbereiche beschränkt sein oder sich auf die gesamte Wertschöpfungskette beziehen. Der Begriff Betriebsstätte wird generell für Produktionsbetriebe im Ausland verwendet. Da Messen aber die Charakteristika einer Dienstleistung aufweisen, wird im weiteren Verlauf der Arbeit von Repräsentanz und Branch Office gesprochen. Beide Formen tragen den Namen der Muttergesellschaft und verbleiben zu 100% im Eigentum der Muttergesellschaft[55].

 

Eine Repräsentanz besteht meist nur aus einem kleinen Büro mit wenigen Mitarbeitern, die der Anbahnung von Geschäften und der Kontaktpflege dienen[56]. Im Gegensatz zum Branch Office darf das Repräsentationsbüro keine wirtschaftlichen Aktivitäten durchführen, sondern zu seinen Aufgaben zählen u.a. die Marktbeobachtung, das Erstellen von Projektstudien, Marketing und Werbung für die Dienstleistungen des Mutterhauses sowie Kundenberatung[57].

 

Als letzte Stufe der Internationalisierung können Unternehmen Tochtergesellschaften gründen. Differenzieren lassen sich Tochtergesellschaften anhand mehrerer Parameter. Zunächst ist zu entscheiden, ob eine Tochtergesellschaft durch eine Neugründung oder durch eine Akquisition entstehen soll. Hinsichtlich des Eigentums ist zwischen Mehrheitsbeteiligungen oder vollbeherrschten Tochtergesellschaften zu unterscheiden. Mehrheitsbeteiligungen sind charakterisiert als Beteiligung an ausländischen Unternehmen mit einem Anteil von 50,1% bis 99,9% des Kapitals oder der Stimmrechte. Auch hier ist zu klären, ob sie die gesamte Wertschöpfungskette oder nur spezielle Stufen dieser Kette umfassen sollen[58].

 

Die Frage nach der richtigen Markteintrittsstrategie lässt sich nicht verallgemeinern und auf alle Messegesellschaften übertragen. Jedes Unternehmen sollte unter Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Zielmärkte, der eigenen Ziele, ihrer innerbetrieblichen Ressourcen, sowie anhand einer Chancen-Risiko-Analyse entscheiden, welche Markteintrittsform für ihr Unternehmen geeignet und besonders erfolgversprechend ist.

 

2.3 Chancen und Risiken des Markteintritts

 

Die Chancen und Risiken, die sich aus einem Markteintritt ergeben, sind eng verbunden mit den Internationalisierungsmotiven und der jeweiligen Markteintrittsform.

 

Zu den Chancen der Internationalisierung für Messegesellschaften zählt zunächst die optimale Ansprache der Aussteller und Besucher. Dies wird u.a. ermöglicht durch den Wegfall von Sprach- und Kulturbarrieren[59].

 

Indem Messegesellschaften auf ausländischen Märken präsent sind, können sie deutschen Ausstellern – insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen – dabei helfen, auf diesen Märkten Fuß zu fassen. Gleichzeitig können sie zusätzliche Standflächen und Einnahmen über neue Kundengruppen generieren, wenn diesen aufgrund von rechtlichen Rahmenbedingungen (beispielsweise Visa-Regelungen) oder aus Kostengründen der Weg zu deutschen Messen versperrt ist. Im Zuge dessen können sie auf Grund geringerer Angebotsdichte, die durch eine höhere Nachfrage hervorgerufen wird, höhere Quadratmetererlöse erzielen und erhalten einen Imagegewinn als serviceorientierter Dienstleister[60]

 

Durch regionale Fachmessen im Ausland können Messegesellschaften den Veranstaltungsturnus verkürzen und damit ihre Kundenbindung verstärken, was wiederrum positive Auswirkungen auf den Standort im Stammland haben kann. Führen deutsche Messegesellschaften im Ausland eine Satellitenmesse (Ableger) der Leitmesse durch, können Aussteller und Besucher für den Heimatstandort gewonnen werden, wenn sie von der Qualität der Leitmesse überzeugt werden und daraufhin an dieser selbst teilnehmen möchten. Dadurch kommt es zu einer Erhöhung der Internationalität von Messen in Deutschland und in Folge dessen zur Standortsicherung im Inland (Synergieeffekte)[61].

 

Die Risiken, die im internationalen Geschäft auftreten können, lassen sich in politische und wirtschaftliche Risiken unterteilen. Zu den politischen Risiken zählen beispielsweise das Enteignungsrisiko und das Sicherheitsrisiko. Wirtschaftliche Risiken wiederum können nach makroökonomischen und mikroökonomischen Gesichtspunkten differenziert werden. Darunter fallen u.a. konjunkturelle Schwankungen und Währungsrisiken[62].

 

Für Messegesellschaften kann es zu Bedeutungsverlusten der internationalen Leitmessen in Deutschland kommen (Kannibalisierungseffekte), da Aussteller und Besucher es vorziehen ausländische Messen, die für sie geringere Ausgaben und eine kürzere Anreise bedeuten, zu besuchen[63].

 

Außerdem können sogenannten Me-too-Strategien von Konkurrenten durchgeführt werden, die versuchen das Messekonzept nachzuahmen[64].

 

Zu beachten ist weiterhin, dass ein Markteintritt finanzielle Risiken auf Grund bestehender Markteintrittsbarrieren beinhalten kann. Die finanziellen Mittel, die dabei im Ausland investiert werden, stehen außerdem der Absicherung des Standorts im Inland nicht mehr zur Verfügung[65].

 

Damit eine Messeveranstaltung erfolgreich im Ausland umgesetzt werden kann, sollten diese nicht lediglich geklont werden, sondern unter Beachtung des regionalen Kontextes durchgeführt werden[66].

 

Fin de l'extrait de 40 pages

Résumé des informations

Titre
Internationalisierung von Messegesellschaften. Markteintritt deutscher Messegesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten
Université
University of Cologne
Cours
Messewirtschaft
Note
1,7
Auteur
Année
2011
Pages
40
N° de catalogue
V387188
ISBN (ebook)
9783668619791
ISBN (Livre)
9783668619807
Taille d'un fichier
964 KB
Langue
allemand
Mots clés
Messe, Messewirtschaft, Internationalisierung, Messewesen, Strategie, Unternehmensentwicklung, Markteintritt
Citation du texte
Cécile Felicitas Virnich (Auteur), 2011, Internationalisierung von Messegesellschaften. Markteintritt deutscher Messegesellschaften in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387188

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