Eine Exegese von Jdt 16, 1-17

Die theologische Bedeutung von Judits Lobgesang


Hausarbeit, 2016

33 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

1. Einleitung

2. Der Text

3. Abgrenzung

4. Strukturanalyse

4.1 Strukturübersicht

4.2 Strukturbeschreibung

4.3 weitere Analysen

5. Inhaltsanalyse

5.1 Semantische Analyse

5.2 Äquivalenzen und Kontraste

5.3 Sprechaktanalyse

5.4 Pragmatik

5.5 Auswertung

6. Gattungskritik

7. Kontexteinbettung

7.1 Jdt 16,1-17 im Buch Judit

7.2 Jdt 16,1-17 im Kontext der Bibel

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis:


1. Einleitung

 

In der Bibel gibt es wenig Frauengestalten, die wie Judit ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Aus diesem Grund ist Judit auch heute noch ein Vorbild für viele Frauen, das die Kunst, Musik und Literatur der ganzen Welt in allen Zeiten beeinflusst hat[1]. In der Liturgie wird Judit deshalb hauptsächlich an Marienfesten gelesen.

 

Diese exegetische Arbeit befasst sich mit der Perikope Jdt 16,1-17. Herausgestellt wird dabei die Erklärung von V. 2a: „Denn der Herr ist ein Gott, der den Kriegen ein Ende setzt“.

 

Die Arbeit beschäftigt sich mit der These, dass Gott ausnahmslos allen Menschen hilft, die an ihn glauben. Das Ziel ist es dabei, dass jeder der sie, genau wie das Buch Judit liest, erkennt, dass unser Gott den Kriegen ein Ende setzen kann.

 

Der Text für diese Arbeit stammt aus der Einheitsübersetzung, wie auch alle anderen Texte, mit denen im Laufe der Arbeit gearbeitet wird.[2]

 

2. Der Text

 

Zur besseren Übersicht wird der Text in Äußerungseinheiten gegliedert wiedergegeben:

 

1 a Judit sang:

b Stimmt ein Lied an für meinen Gott unter Paukenschall,

c singt für den Herrn unter Zimbelklang!

d Preist ihn

e und singt sein Lob,

f rühmt seinen Namen

g und ruft ihn an!

 

2 a Denn der Herr ist ein Gott,

aR der den Kriegen ein Ende setzt;

b er führte mich heim in sein Lager inmitten des Volkes

c und rettete mich aus der Gewalt der Feinde.

 

3 a Assur kam von den Bergen des Nordens mit seiner unzählbaren Streitmacht;

b die Masse der Truppen verstopfte die Täler,

c sein Reiterheer bedeckte die Hügel.

 

4 a Brandschatzen wollten sie mein Gebiet,

b die Jugend morden mit scharfem Schwert,

c den zarten Säugling am Boden zerschmettern,

d die Kinder als Beute verschleppen,

e als billigen Raub die Mädchen entführen.

 

5 a Doch der Herr,

aR der Allmächtige,

a gab sie preis,

b er gab sie der Vernichtung preis durch die Hand einer Frau.

 

6 a Ihr Held fiel nicht durch die Kraft junger Männer,

b nicht Söhne von Riesen erschlugen ihn,

c noch traten ihm hohe Recken entgegen.

d Nein, Judit,

dR Meraris Tochter,

 d bannte seine Macht mit dem Reiz ihrer Schönheit.

 

7 a Sie legte ihr Witwengewand ab,

aI um den Bedrängten in Israel zu helfen.

b Sie salbte ihr Gesicht mit duftendem Öl,

 

8 a sie schmückte ihre Haare mit einem Diadem

b und zog ein Leinenkleid an,

bI um ihn zu verführen.

 

9 a Ihre Sandalen bezauberten sein Auge.

b So schlug ihre Schönheit sein Herz in Bann.

c Das Schwert traf seinen Nacken mit Wucht.

 

10 a Die Perser erschraken vor ihrer Kühnheit,

b die Meder erstarrten vor ihrem Mut.

 

11 a Jubel erfüllte mein armes Volk -

b sie aber gerieten in Schrecken,

c die Meinen waren schwach -

d sie aber packte Entsetzen.

e Die einen stimmten den Schlachtruf an -

f die anderen ergriffen die Flucht.

 

12 a Erbärmliches Volk!

b Man stieß sie nieder

c und schlug sie nieder wie Kinder von Ehebrecherinnen;

d sie kamen um durch das Heer meines Herrn.

 

13 a Ich singe meinem Gott ein neues Lied;

bV Herr,

b du bist groß und voll Herrlichkeit.

c Wunderbar bist du in deiner Stärke,

d keiner kann dich übertreffen.

 

14 a Dienen muss dir deine ganze Schöpfung.

b Denn du hast gesprochen und alles entstand.

c Du sandtest deinen Geist,

cI um den Bau zu vollenden.

d Kein Mensch kann deinem Wort widerstehen.

 

15 a Meere und Berge erbeben in ihrem Grund,

b vor dir zerschmelzen die Felsen wie Wachs.

c Doch wer dich fürchtet,

cR der erfährt deine Gnade.

 

16 a Zu gering ist jedes Opfer,

 

 aI um dich zu erfreuen,

 

 b alle Fettstücke sind nichts beim Opfer für dich.

c Wer den Herrn fürchtet,

cR der ist groß für immer.

 

17 a Doch weh den Völkern,

aR die mein Volk bekämpfen.

b Am Tag des Gerichts straft sie der allmächtige Herr,

c er schickt Feuer und Würmer in ihr Gebein;

d in Ewigkeit sollen sie heulen vor Schmerz.

 

3. Abgrenzung

 

Die Perikope Jdt 16,1-17 ist eine eigene Sinneinheit und lässt sich sinnvoll von seinem Kontext abgrenzen. Diese These möchte ich im Folgenden erläutern:

 

Zwischen Jdt 15,14 und Jdt 16,1 gibt es einen Wechsel in der Erzählperspektive. Anstatt in der dritten Person wird ab 16,1[3] in der ersten Person Singular gesprochen. Im vorliegenden Text spricht somit kein Erzähler, sondern Judit persönlich. Nach der Perikope wechselt die Perspektive in 16,18 wieder zurück zur Erzählperspektive. Genauso verhält es sich im Texttyp. Die Perikope ist ein Hymnus, wohingegen Vor- und Nachtext Erzählungen sind.

 

Der letzte Satz in 16,17, spricht ebenfalls für eine Abgrenzung, denn dort springt der Text von einer gegenwartsbezogenen Perspektive in eine Prospektive, wohingegen es in der Erzählung in 16,18, wie auch schon in 15,8-14, retrospektiv weitergeht. Dieser Sprung in die Zukunft wirkt deshalb so abschließend, da der darauffolgende Satz somit nicht nur eine andere Rede-, sondern auch eine andere Zeitstruktur aufweist.

 

Lokal hebt sich die Perikope auch vom Nachfolgetext ab, denn Judit und ihre Gefolgschaft machen sich in Jdt 15,8-14 und auch in der Perikope noch auf den Weg nach Jerusalem (Vgl. 16,11.18) und in 16,18 sind sie schon dort. Dieser lokale Wechsel lässt auch auf einen zeitlichen Wechsel schließen, denn Judit und ihre Gefolgschaft sind zu Fuß von Betulia, das gegenüber von Jesreel liegt (Vgl. Jdt 7,3), nach Jerusalem gegangen (16,11).

 

 

Auch ein Wechsel der Personenkonstellation ist in der Perikope zu erkennen. Das Israelische Volk, das in 15,14 gemeinsam mit Judit das Danklied singt und in 16,18 mit ihr in Jerusalem ankommt, übernimmt in der Perikope selbst keine aktive Rolle. In 16,1a erfährt man nur, dass Judit singt. Man kann den Sprecherwechsel von Judit und dem Volk zwar durch die Pronomen interpretieren, aber er wird im Text nicht gekennzeichnet, was so wirkt, als wäre das Volk in der Perikope nicht anwesend.

 

Durch die differente Erzählperspektive der Perikope hebt sich auch die Wortwahl von den angrenzenden Texten ab. Während in 15,1-14 sieben und in 16,18-20 nur drei Adjektive vorkommen, stehen in 16,1-17 siebzehn, was die Perikope persönlicher und spannender macht und den Leser dazu verleitet, sich mit Judit zu identifizieren. Dasselbe bewirken die Gefühle, die dadurch in der Perikope zum Ausdruck gebracht werden, wie zum Beispiel die detailreiche Aufforderung zum Lobgesang in 16,1, der siegreiche Ausruf in 16,12 oder die Androhung von Gottes Gericht in 16,17.

 

An den Textgrenzen zeigen sich eine wechselnde Erzählperspektive, wechselnder Texttyp und Zeitstruktur, sowie einen Orts-, Zeit- und Personenkonstellationswechsel, wie auch eine Veränderung im Ausdruck. Diese Argumente begründen eine Abgrenzung der Perikope von seinen umstehenden Texten. Die Perikope ist als alleinstehende Sinneinheit inhaltlich verständlich und weist zudem eine starke, durchgehend unauffällige Kohärenz auf. Sie folgt einer für den Leser nachvollziehbaren Argumentationsstruktur. Eine weitere Abgrenzung innerhalb der Perikope erscheint demnach nicht sinnvoll.

 

4. Strukturanalyse

 

4.1 Strukturübersicht

 

 

4.2 Strukturbeschreibung

 

Nachdem die Perikope nun als eigene Sinneinheit abgegrenzt ist, kann sie in Einzelabschnitte gegliedert werden. In der folgenden Beschreibung wird von einer Gliederung in drei Teilen ausgegangen.[4]

 

Judits Lobgesang gliedert sich in drei Abschnitte nach dem groben Rahmen-Schema „A B C A“: Eine Exposition in 16,1-2, die zum Hauptteil der Perikope (16,3-12) hinführt, bildet mit dem Schluss in 16,13-17 einen Rahmen um die Geschehnisse im Hauptteil. Die mit „A“ gekennzeichnete Rahmenhandlung der Perikope ist gegenwartsbezogen, behandelt die Erzählzeit, wohingegen der mit „B-C“ gekennzeichnete Mittelteil die erzählte Zeit behandelt, also retrospektiv ist. Das bedeutet, dass die Zeitstruktur der Perikope anachronisch ist, denn die Textreihenfolge weicht von der zeitlichen Reihenfolge ab, wie man im folgenden Schaubild erkennen kann.

 

 

Somit wird durch den Wechsel der Zeitstrukturen die Gliederung der Perikope begründet.

Der erste Abschnitt der Perikope beginnt mit der vierfachen Aufforderung Judits an das Volk[5], einen Lobgesang auf Gott zu singen (16,1b) A, was durch einen wiederholten Imperativ deutlich gemacht wird. Der Imperativ ist typisch für die besprechende Rede, in der die Rahmenhandlung steht. Die Aufforderung wird mit einem Argument begründet (16,2a) A’, das durch die Beschreibung im Hauptteil näher erklärt und im Schluss wiederaufgenommen wird (16,13a) A’, weshalb man hier von einer Rahmenhandlung um die Zentrumstat sprechen kann. Die in 16,2 anlautende Begründung zum Lobgesang wird erst in 16,13b-17 ausführlich erklärt und bestätigt.

 

Das wird deutlich, indem Judit im Schlussteil über die Begründung „Denn der Herr ist ein Gott, der den Kriegen ein Ende setzt“ (16,2a) hinausgeht und Gott allgemein, losgelöst von den Geschehnissen des Hauptteils, als lobenswert beschreibt. Das macht sie in einer vierfachen Charakterisierung Gottes. („groß“, „voll Herrlichkeit“, „wunderbar“ und „in deiner Stärke“ V. 16,13b-c), die Bezug auf die vierfache Aufforderung in V. 1 nimmt. A’.

 

In 16, 14-17 wird die Begründung für den Lobgesang in drei theologischen Motiven (A’’), die den eigentlichen Höhepunkt der Judit-Erzählung bilden, bestätigt, indem sie Gottes Allmacht und Herrschaft über Geschichte und Natur veranschaulichen[6]: 1. Die Schöpfungstheologie (14-15b), die dadurch deutlich gemacht wird, dass Gottes Macht sich in seiner Schöpfung manifestiert und ihm somit seine ganze Schöpfung, Menschen wie auch die Natur, dienen muss. 2. Durch das Motiv der Gottesfurcht in 15c-16, denn Gott ist gnädig zu denen, die ihn fürchten (wobei vor allem Ehrfurcht gemeint sein muss) und anerkennen. Er ist also nicht nur mächtig, sondern auch liebevoll gegenüber seiner Schöpfung. Und 3. Gottes Gerechtigkeit, die in V. 17 mit einer Drohung an Feinde des Volkes Israel beschrieben wird. Denn am Tag des Gerichts, der an einem zufälligen Zeitpunkt oder nach dem Tod sein kann, wird Gott in das Geschehen der Menschen eingreifen, um die Ungerechten zu verdammen und die Treuen/Gerechten zu belohnen.[7] V. 17 ist der einzige Vers der Perikope, der prospektiv geschrieben ist, was veranschaulicht, dass die Drohung an ein unbestimmtes Kollektiv gerichtet, das die Leben der Gottesfürchtigen bedroht.[8]

 

So schließt sich der Rahmen des Lobgesanges auf Gott mit Bestätigungen der Aufforderung in 16,1.

 

Der Mittelteil der Perikope ist demnach von einem Rahmen umgeben, der ihn hervorhebt. In diesem Mitteilteil wird nämlich der Grund für den Lobgesang beschrieben: Gott stand einer Frau hilfstätig bei, die fest an ihn geglaubt hat.

 

Die Beschreibung der Geschehnisse, sind wie der Titel schon ausdrückt, ein Rückblick. Dieser ist in erzählender Rede geschrieben, was die Identifikation mit dem bedrohten Israelischen Volk oder Judit selbst durch die Verwendung der ersten Person leicht macht. Denn Judit, die Sprecherin der Perikope, ist der erzählten Zeit nachzeitig positioniert, sie blickt auf diese aus der Gegenwart zurück. Deshalb spricht man hier von einer Zeitraffung, denn die Erzählzeit, die in zehn Verse passt (V. 3-12) ist deutlich kleiner als die eigentlich erzählte Zeit.

 

Die Beschreibung der Geschehnisse beginnt mit dem Grund, der den Geschehnissen vorausging: Der Beschreibung der Bedrohung für das Volk (V. 3-4) B. Dem Grund folgt in V. 5-6 das Zeugnis, dass die Tat durch eine Frau geschah, was Spannung für die folgenden Verse aufbaut C und zu diesen hinführt. Die Verse 7-12, behandeln dementsprechend die Handlungen und Folgen, die dem Grund aus V. 3-4 nachfolgen. Diese gliedern sich ebenfalls in drei Teile, was dem Spannungsaufbau dient: Zuerst werden die Vorbereitungen auf die Tat beschrieben (V. 7-8) C’. Denen folgt die Vollstreckung der Tat (V. 9), die bereits in V. 5-6 anlautete C und zum Schluss werden die Folgen der Tat dargestellt (V. 10-12) C’’, die Gegenüberstellung von Sieg und Niederlage der zwei Völker (V. 11). Die eigentliche Tat, die dem ganzen Lobgesang vorausgeht, nimmt lediglich einen Vers ein, wohingegen die restlichen Verse des Mittelteils jeweils Paarverse sind (3-4. 5-6. 7-8. 10-12). Die Parallelstruktur des Mittelteils wird demnach nur von V. 9 unterbrochen, was ihn hervorhebt und als etwas Besonderes kennzeichnet. Gleichzeitig wird dadurch die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Schönheitsvorbereitungen Judits und die Folgen der Tat gelenkt, da diese ausführlicher beschrieben werden, als die Tat selbst[9]. Das mag daran liegen, dass Judit in dieser Erzählung als jüdisches Vorbild dargestellt wird und ein Mord, egal wie gut er begründet sein mag, nicht in die Rolle eines Vorbildes passt.

 

Die Gliederung der Perikope in drei Teile, die Begründung des Gotteslobs in drei Punkten, wie auch die dreiteilige Beschreibung der Tat Judits ist ein typisches Strukturmuster des Alten Testaments. Die Zahl drei, die auch Zahl des Himmels genannt wird, bedeutet die intensivste Verstärkung und somit Verdeutlichung von Einzelkräften, die man auch bei der Tat Judits beobachten kann.

 

4.3 weitere Analysen

 

Zur Analyse der Personenkonstellation lässt sich vor allem sagen, dass sie durch eine „Leerstelle“, also dem Wegbleiben von erwarteten Personen, auffällt. Die aktive Hauptperson der Perikope ist ganz klar Judit, was schon durch die Redeeinleitung in 16,1a bestätigt wird. Jedoch erwartet man in Anlehnung an den Vortext („und alles Volk sang den Lobpreis mit, im Wechsel mit ihr“ V. 15,14) und auch den Nachtext, in dem Judit mit dem Volk in Jerusalem ankommt (Vgl. Pluralform V. 18 ), dass auch das Volk in der Perikope eine aktive Rolle spielt. In der Perikope steht aber nicht geschrieben, wann oder ob das Volk in den Lobgesang miteinsteigt. Wenn man jedoch die Redesituation genauer betrachtet, erkennt man, dass ab V. 5 bis V. 10 (in der Übersicht rot markiert) die Pronomen wechseln, was auf einen Wechsel des Sprechers schließen lässt. In V. 1-4 erkennt man somit deutlich, dass Judit spricht. In 1b, 2b-c und 4a, genau wie in 11a.c, 12d, 13a und 17a wird das Pronomen der ersten Person benutzt. In den Versen 5 bis 10 wiederum, werden ausschließlich Pronomen der dritten Person genannt: 7a.b, 8a, 9a.b, 10a.b. Ebenso steht in V. 5b die neutrale dritte Person: „durch die Hand einer Frau“. In V. 6d ist es sogar noch deutlicher, denn da wird anstatt eines ‚ich’ Judits Name genannt. Dieser Wechsel der Pronomen könnte also auf einen Perspektivwechsel von Judit und dem Volk schließen und damit auf einen Wechselgesang[10]. Barbara Schmitz führt jedoch an, dass der Wechsel der Pronomen auch ein stilistisches Mittel sein kann, dass typisch für einen Psalm ist, um das Gebet lebendiger zu gestalten und den Lesern eine neutrale Sichtweise auf die Dinge zu bieten, die in der Verwendung der ersten Person nicht möglich ist und ließ die Frage deshalb unbeantwortet,[11] woran ich mich anschließen möchte. Ansonsten lässt sich feststellen, dass das Volk eine passive Anwesenheit in der Perikope innehat, denn es ist auf jeden Fall der Adressat von Judits Loblied und Bestandteil der poetischen Erzählung im Mittelteil der Perikope. Gott nimmt ebenfalls eine Rolle in der Perikope ein, denn ab V. 13b bis V. 16b wird er direkt mit ‚Du’ angesprochen, was die passive Anwesenheit Gottes verdeutlicht.

 

Bei der Analyse von Orts- und Zeitwechsel, lässt sich ebenfalls eine „Leerstelle“ feststellen, denn es wird kein Ort und auch kein Voranschreiten der Zeit in der Perikope erwähnt. Dennoch erfährt man aus dem Vortext, dass Judit und das Volk in Bewegung (15,11.13) und im angrenzenden Nachtext bereits in Jerusalem (16,18) sind. Der Tatsache, dass sie sich auf den Weg machen, kann man entnehmen, dass ein Orts- und damit auch ein Zeitwechsel innerhalb der Perikope stattgefunden haben muss (Vgl. Abbildung in 2.1).

 

Mehrere Verse der Perikope sind im typisch alttestamentlichen ‚Parallelismus Membrorum’ verfasst, was soviel bedeutet wie gleicher Sinn in zwei Versen. Davon gibt es drei verschiedene Formen strukturbildender Stilmittel, die alle in der Perikope vertreten sind.

 

Die Verse 1b und 1c sind ein synonymer Parallelismus, denn sie drücken den gleichen Sinn aus. Beide Verse fordern das Volk auf, ein Loblied auf Gott zu singen. Pauken und Zimbeln gehören zur selben Instrumenten-Gruppe und können deshalb für einen identischen Gebrauch stehen. Ebenfalls synonyme Parallelismen sind die Verse 1d-e und 1f-g, 10a und 10b, 13b und 13c, sowie 16a und 16b. Die zweite Form ist die des synthetischen Parallelismus, den man in V. 2a-aR findet. Denn V. 2a „Denn der Herr ist ein Gott“ ist ein grammatikalisch korrekter Satz und kann alleinstehen, ergibt aber erst mit seiner Ergänzung in 2aR „der den Kriegen ein Ende setzt“ die Bedeutung, die maßgebend für die Interpretation der Geschehnisse wichtig ist. Die dritte Form ist die des antithetischen Parallelismus. Diese findet man gleich dreimal in V. 11: 11a und 11b, 11c und 11d, sowie in 11e und 11f. Antithetisch bedeutet, dass die beiden zusammengehörigen Verse jeweils das Gegenteil des anderen ausdrücken. Das wird in der Perikope durch die Gegenüberstellung der zwei Völker deutlich gemacht: Die einen Jubeln vor Freude, die anderen geraten in Schrecken. Parallelismen sind typisch für das Buch Judit und gleichzeitig auch ein typisches Merkmal der Psalmen, was in Punkt 6 dieser Arbeit noch einmal aufgegriffen wird.

 

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Eine Exegese von Jdt 16, 1-17
Untertitel
Die theologische Bedeutung von Judits Lobgesang
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
33
Katalognummer
V387317
ISBN (eBook)
9783668615632
ISBN (Buch)
9783668615649
Dateigröße
701 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bibel, Exegese, Religion, Katholische Religion
Arbeit zitieren
Sara Heeger (Autor:in), 2016, Eine Exegese von Jdt 16, 1-17, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387317

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